Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-251249/19/Kü/Hu

Linz, 31.05.2006

 

 

 

VwSen-251249/19/Kü/Hu Linz, am 31. Mai 2006

DVR.0690392

 

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Thomas Kühberger über die Berufung von Frau W W vertreten durch Rechtsanwalt Mag. Dr. H B gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 27. Mai 2005, Zl. 0062670/2004, wegen Übertretungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 20. April 2006 zu Recht erkannt:

 

  1. Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.
  2.  

  3. Die Berufungswerberin hat keinen Kostenbeitrag zu leisten.

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51/1991 idgF iVm §§ 24, 45 Abs.1 Z1 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG), BGBl. Nr.52/1991 idgF.

zu II.: § 66 VStG

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Der Bürgermeister der Landeshauptstadt Linz hat mit Straferkenntnis vom 27. Mai 2005, Zl. 0062670/2004, über die Berufungswerberin (im Folgenden Bw) wegen Übertretungen des § 3 Abs.1 iVm § 28 Abs.1 Z1 lit.a Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG) iVm § 9 VStG zwei Geldstrafen von jeweils 500 Euro, im Fall der Uneinbringlichkeit Ersatzfreiheitsstrafen von jeweils 34 Stunden verhängt, weil sie es als Sachwalterin der Frau PK, somit als gemäß § 9 VStG nach außen vertretungsbefugtes Organ und private Arbeitgeberin zu verantworten hat, dass in L die türkischen Staatsangehörigen AD, und FG, zumindest am 7.10.2004 mit dem Verkleben von Isolierplatten an der Hausfassade des oa. Hauses beschäftigt wurden (als Entlohnung wurde mündlich eine Wohnung ohne Kaution im Hause zugesichert), obwohl für diese weder eine Beschäftigungsbewilligung oder Zulassung als Schlüsselkraft erteilt, noch eine Anzeigebestätigung oder Arbeitserlaubnis oder ein Befreiungsschein oder ein Niederlassungsnachweis ausgestellt war.

 

Begründend wurde ausgeführt, dass der im Spruch dargestellte Sachverhalt aufgrund der Aktenlage sowie des Ergebnisses des durchgeführten Beweisverfahrens erwiesen sei. Die im Spruch angeführten Ausländer seien zumindest am 7.10.2004 unerlaubt mit Fassadenarbeiten beschäftigt worden.

 

Die Behörde sei zum Schluss gekommen, dass die Erstaussage des Hausmeisters unmittelbar bei der Betretung nachträglich aufgrund des Abhängigkeitsverhältnisses Vermieter - Mieter abgeschwächt worden sei und die Bw sehr wohl, wie sie auch bei der Erstaussage vor der Behörde eingestanden hätte, von der Beschäftigung der beiden Ausländer gewusst habe, die Beschäftigung somit geduldet habe, ohne sich vorher vom Vorliegen arbeitsmarktrechtlicher Bewilligungen zu überzeugen. Diesbezüglich habe sie zumindest fahrlässig gehandelt.

 

Zur Strafhöhe wurde festgehalten, dass der Strafrahmen gesetzlich normiert sei und die Übertretung nicht als geringfügig im Sinne des Gesetzes eingestuft werden könnte. Als strafmildernd sei die bisherige Unbescholtenheit, als straferschwerend die Nichtanmeldung zur Sozialversicherung zu werten. Bei Berücksichtigung der Vermögens-, Einkommens- und Familienverhältnisse (monatliches Nettoeinkommen von 570 Euro, keine Sorgepflichten) sei bei entsprechender Berücksichtigung sämtlicher gemäß §19 VStG maßgebender Bemessungsgründe die verhängte Strafe dem Unrechtsgehalt der Tat sowie dem Verschulden angemessen.

 

2. Dagegen wurde rechtzeitig vom Rechtsvertreter der Bw Berufung erhoben und beantragt, das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen, in eventu die verhängte Strafe angemessen herab zu setzen.

 

Zur Begründung würde zunächst auf das gesamte erstinstanzliche Vorbringen verwiesen. Bei richtiger Würdigung dieses Vorbringens hätte das gegen die Bw eingeleitete Verwaltungsstrafverfahren eingestellt werden müssen.

 

Weiters werde die zeugenschaftliche Einvernahme des AS zum Beweis dafür beantragt, dass die Bw keine Kenntnis von den in Rede stehenden Tätigkeiten der genannten Herren gehabt habe, ebenso wenig vom Fehlen entsprechender Arbeitspapiere. Durch die Aussage des Zeugen würde auch bestätigt werden, dass kein dem AuslBG unterliegendes Dienstverhältnis oder dienstnehmerähnliches Verhältnis zwischen der Bw und den genannten Personen zustande gekommen sei.

 

Hilfsweise würde die angemessene Herabsetzung der verhängten Strafe unter Hinweis auf die verwaltungsstrafrechtliche Unbescholtenheit beantragt.

 

3. Der Bürgermeister der Landeshauptstadt Linz hat die Berufung samt den bezughabenden Verwaltungsstrafakt zur Entscheidung vorgelegt; eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen.

Da keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, ist der Unabhängige Verwaltungssenat zur Entscheidung durch sein nach der Geschäftsverteilung zuständiges Mitglied berufen (§ 51c VStG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme und Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 20. April 2004, in welcher der beantragte Zeuge Herr A S und die beiden beschäftigten türkischen Staatsangehörigen als Zeugen einvernommen wurden.

 

Danach steht folgender Sachverhalt fest:

Die Bw ist Verwalterin der Liegenschaft K, die im Eigentum ihrer Mutter, Frau K P, steht. Der türkische Staatsangehörige A S wird von der Bw bei dieser Liegenschaft als Hausmeister beschäftigt und erhält für diese Tätigkeit 600 Euro im Monat. Herr S, der auch im Haus wohnt, erledigt sämtliche anfallenden Reparaturarbeiten, Gartenarbeiten und sonstigen Arbeiten in diesem Haus. Im Oktober 2004 war Herr S damit beschäftigt, die Fassade des Hauses zu renovieren und einen Vollwärmeschutz anzubringen. Als gelernter Maurer waren diese Arbeiten für ihn kein Problem.

 

Genau zu dieser Zeit waren auch zwei türkische Bekannte des Herrn S, nämlich AD und FG auf Wohnungssuche, da ihr bisheriger Vermieter das Haus, in dem sie wohnten, verkaufen wollte. Aus diesem Grunde haben die beiden Türken auch Herrn S ersucht, ihnen bei der Wohnungssuche behilflich zu sein, da sie wussten, dass in dem Haus, wo er selbst wohnt, eine Wohnung frei werde. Am 7.10.2004 sind deshalb die beiden Türken bei Herrn S beim Haus K erschienen und haben diesen gedrängt, mit ihnen zur Bw als Vermieterin zu fahren. Zum Zeitpunkt, zu dem die beiden Türken beim Haus K erschienen sind, war Herr S damit beschäftigt, Dämmplatten an die Fassade aufzukleben und hat er sich dazu einen Kübel voll Kleber angerührt. Herr S hat den beiden Türken mitgeteilt, dass er zu arbeiten habe und erst später mit ihnen zur Bw fahren könne. Die beiden Türken haben ihm aber die Dringlichkeit ihrer Wohnungssituation dargelegt und so auf ihn eingewirkt, dass S seine Arbeit unterbrochen hat und sich umziehen gegangen ist. Während dieser Zeit haben sich die beiden Türken von sich aus Arbeitskleidung angezogen und den restlich angerührten Kleber verarbeitet, indem sie Fassadenplatten an das Haus Kürnbergweg 6 angebracht haben. Diese Arbeiten wurden von den beiden Türken freiwillig erledigt, ohne dass ihnen jemand die Arbeit angeordnet hat oder dass sie dafür eine Entlohnung erwartet hätten.

 

Die beiden Türken haben deshalb gearbeitet, da sie von S Unterstützung und Hilfe für den Bezug der im Haus K freistehenden Wohnung erwartet haben. Außerdem haben sie erwartet, dass sich S bei der Bw als Vermieterin entsprechend für sie einsetzt. Die Bw hat von den Arbeiten der beiden Türken nichts gewusst.

 

Dieser Sachverhalt ergibt sich aus den widerspruchsfreien Ausführungen der drei in der mündlichen Verhandlung vernommenen Zeugen. Der Zeuge S schildert glaubwürdig, dass er zwar der deutschen Sprache mächtig ist und sich sehr gut unterhalten kann, er Deutsch allerdings nicht lesen kann. Er selbst gibt an, dass er den Zollorganen bei der Kontrolle den Sachverhalt so wie auch in der mündlichen Verhandlung dargestellt geschildert hat. Er hat seine Ausführungen gegenüber den Zollorganen deshalb auch unterschrieben, da er gemeint hatte, dass seine Aussage auch in dieser Form verstanden worden sei. Da er allerdings Deutsch nicht lesen kann, hat er trotzdem diese Aussage unterschrieben.

 

Beide anderen türkischen Zeugen geben übereinstimmend und für den Unabhängigen Verwaltungssenat glaubwürdig an, dass sie die Bw nicht kennen und sie die Fassadenarbeiten nur deshalb gemacht haben, damit S mit ihnen zur Vermieterin zwecks Anmietung der freistehenden Wohnung fährt. Aufgrund der Aussagen der Zeugen in der mündlichen Verhandlung ergibt sich für den Unabhängigen Verwaltungssenat ein insgesamt schlüssiges Bild. Weiters ist festzuhalten, dass sich die Aussagen von S vor der Behörde erster Instanz mit seinen Angaben in der mündlichen Verhandlung lückenlos decken und keine Widersprüchlichkeiten aufgetreten sind.

 

Insgesamt war daher den Zeugen Glauben zu schenken und daher festzustellen, dass die Bw die Arbeiten nicht angeordnet hat und die beiden Türken für ihre Arbeiten keine Entlohnung erhalten haben.

 

5. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

 

Gemäß § 3 Abs.1 AuslBG darf ein Arbeitgeber, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, einen Ausländer nur beschäftigen, wenn ihm für diesen eine Beschäftigungsbewilligung, eine Zulassung als Schlüsselkraft oder eine Entsendebewilligung erteilt oder eine Anzeigebestätigung ausgestellt wurde oder wenn der Ausländer eine für diese Beschäftigung gültige Arbeitserlaubnis oder einen Befreiungsschein oder einen Niederlassungsnachweis besitzt.

 

Nach § 2 Abs.2 AuslBG gilt als Beschäftigung die Verwendung

  1. in einem Arbeitsverhältnis,
  2. in einem arbeitnehmerähnlichen Verhältnis, sofern die Tätigkeit nicht aufgrund gewerberechtlicher oder sonstiger Vorschriften ausgeübt wird,
  3. in einem Ausbildungsverhältnis, einschließlich der Tätigkeiten nach § 3 Abs.5 leg.cit.
  4. nach den Bestimmungen des § 18 leg.cit. oder
  5. überlassener Arbeitskräfte im Sinne des § 3 Abs.4 des Arbeitskräfteüberlassungsgesetzes, BGBl.Nr. 196/1988.

 

Das AuslBG ist durch spezifische Rechtsbegriffe gekennzeichnet, die über den Arbeitnehmer- und Arbeitgeberbegriff des Arbeitsvertragsrechtes hinausgehen. Zweck dieser in § 2 AuslBG definierten Begriffe ist es, Gesetzesumgehungen zu verhindern, die dadurch bewirkt werden könnten, dass die Vertragspartien auf Rechtsbeziehungen ausweichen, die nicht dem typischen Arbeitsvertrag entsprechen. Es kommt daher für die Anwendbarkeit des AuslBG nicht auf die formellen Rechtsbeziehungen, sondern darauf an, dass der betreffende Sachverhalt faktisch einen der Tatbestände in § 2 Abs.2 bis 4 AuslBG erfüllt.

 

Der Begriffe des Arbeitsverhältnisses iSd § 2 Abs.2 lit.a AuslBG ist dabei mit dem des Arbeitsverhältnisses iSd Arbeitsvertragsrechtes ident. Dieses ist gekennzeichnet durch persönliche und wirtschaftliche Abhängigkeit des Beschäftigten von einem Arbeitgeber mittels Weisungsgebundenheit. Nach neuerer Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes genügt hiefür auch eine bloß "funktionelle Autorität" des Arbeitgebers. Es reicht aus, dass der Arbeitnehmer irgendwie in einem von seinem Willen unabhängigen Arbeitsablauf eingegliedert ist und der Arbeitgeber potenziell die Möglichkeit hat, die Arbeit durch Weisungen zu organisieren.

 

Von einem Arbeitsverhältnis iSd § 2 Abs.2 AuslBG kann demnach in der Regel dann gesprochen werden, wenn z.B.

 

Aufgrund der Ergebnisse des Beweisverfahrens ist davon auszugehen, dass die beiden türkischen Staatsangehörigen zur Bw in keinerlei Vertragsbeziehung gestanden sind und von dieser auch keinen vermögensrechtlichen Vorteil für die Durchführung von Arbeiten versprochen erhalten haben. Die beiden türkischen Staatsangehörigen haben die Bw zum Kontrollzeitpunkt gar nicht gekannt und haben ihre Tätigkeiten freiwillig zur Unterstützung des Hausmeisters S durchgeführt und sich von diesem erwartet, dass er ihnen bei der Anmietung einer Wohnung behilflich ist.

 

Gemäß § 45 Abs.2 AVG iVm § 24 VStG hat die Behörde bei sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht. Die der Entlastung der Beschuldigten dienlichen Umstände sind gemäß § 25 Abs.2 VStG in gleicher Weise zu berücksichtigen wie die belastenden.

 

Belastend für die Bw ist die schriftlich festgehaltene Aussage des Hausmeisters im Zuge der Kontrolle, wonach die Bw davon Bescheid wisse, dass die beiden Türken bei der Renovierung des Hauses helfen und sie dafür im Haus K eine Wohnung mieten könnten, ohne dafür eine Kaution zu bezahlen. Dieser Umstand würde zumindest auf ein arbeitnehmerähnliches Verhältnis hindeuten. Entlastend für die Bw wirken hingegen die Zeugenaussagen der beiden beschäftigten Türken, welche diese im Rahmen der mündlichen Verhandlung unter Wahrheitspflicht stehend direkt vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat abgelegt haben. Beide gaben im Zuge der mündlichen Verhandlung an, dass sie die Bw gar nicht kennen und die Arbeiten nicht im Auftrag der Bw, sondern freiwillig durchgeführt haben und auch keine Entlohnung dafür erhalten haben. Weiters ist zu beachten, dass in der Folge von diesen beiden türkischen Staatsangehörigen die freie Wohnung im Haus K nicht bezogen wurde. Insgesamt geht der Unabhängige Verwaltungssenat davon aus, dass die in der Niederschrift am Kontrolltag enthaltenen Ausführungen des S im durchgeführten Ermittlungsverfahren sowohl bei der Erstbehörde als auch beim Unabhängigen Verwaltungssenat widerlegt wurden, weshalb insgesamt davon auszugehen ist, dass die der Bw im gegenständlichen Straferkenntnis angelastete illegale Beschäftigung von ausländische Arbeitern nicht bewiesen ist. Das Strafverfahren war daher gemäß § 45 Abs.1 Z1 VStG einzustellen.

 

6. Aufgrund der Einstellung des Strafverfahrens entfällt gemäß § 66 Abs.1 VStG auch die Verpflichtung zur Leistung von Beiträgen zu den Kosten des Strafverfahrens. Der diesbezügliche Ausspruch war daher in den Spruch aufzunehmen.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

Mag. Kühberger

 

 

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