Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-251286/2/Kü/Hu

Linz, 09.03.2006

 

 

 

VwSen-251286/2/Kü/Hu Linz, am 9. März 2006

DVR.0690392

 

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Thomas Kühberger über die Berufung des Herrn A W, E, F, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. H K, H, A, vom 13. September 2005 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Schärding vom 29. August 2005, Zl. SV96-13-2005, wegen Übertretung des Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetz, zu Recht erkannt:

 

 

  1. Der Berufung wird insofern stattgegeben, als von der Verhängung einer Strafe abgesehen wird und dem Berufungswerber gleichzeitig unter Hinweis auf die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens eine Ermahnung erteilt wird.
  2.  

  3. Es entfallen sämtliche Verfahrenskosten.

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51/1991 idgF iVm §§ 24, 21 Abs.1 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG), BGBl. Nr.52/1991 idgF.

zu II.: § 66 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Schärding vom 29. August 2005, SV96-13-2005, wurde über den Berufungswerber (im Folgenden: Bw) eine Geldstrafe von insgesamt 360 Euro (zwei Fakten zu je 180 Euro), im Fall der Uneinbringlichkeit von insgesamt 12 Stunden wegen Verwaltungsübertretungen nach § 7b Abs.3 iVm Abs.9 und § 7b Abs.5 iVm Abs.9 Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetz (AVRAG) verhängt, weil er als der zur Vertretung nach außen Berufene der Firma H Service W mit dem Sitz in A, Postfach ..., die deutsche Staatsangehörige I S, geb. ... und die russische Staatsangehörige E M, geb. ..., in der Zeit vom 18.3.2005 bis zur Feststellung durch Organe des Zollamtes Wels am 31.3.2005 bei den Sanitärräumlichkeiten im Keller der Autobahnraststätte "Servus Europa" in xx, als betriebsentsandte Arbeitnehmerinnen beschäftigt hat, ohne

  1. deren Beschäftigung spätestens eine Woche vor Arbeitsaufnahme (11.3.2005) der Zentralen Koordinationsstelle für die Kontrolle der illegalen Beschäftigung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz und dem Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetz des Bundesministeriums für Finanzen gemeldet zu haben;
  2. dafür Unterlagen über die Anmeldung der Arbeitnehmer, für die keine Sozialversicherungspflicht bestand, zur Sozialversicherung sowie eine Abschrift der Meldung gemäß den Absätzen 3. und 4. am Arbeits(Einsatz)ort im Inland bereit zu halten.

 

Begründend wurde von der Behörde nach Darstellung des Ermittlungsverfahrens und der Rechtsgrundlagen ausgeführt, dass die Tatsache, dass die beiden Dienstnehmerinnen bei den Sanitärräumlichkeiten im Keller der Autobahnraststätte "Servus Europa" als betriebsentsandte Arbeitnehmerinnen beschäftigt gewesen seien und die dabei vorgeschriebenen Meldungen nicht erstattet und die vorgeschriebenen Unterlagen nicht bereit gehalten worden seien, nicht bestritten worden sei. Das objektive Tatbild sei daher von vornherein gegeben und stehe nicht zur Debatte.

 

Es wäre lediglich zu überprüfen gewesen, in wie weit schuldhaftes Verhalten anzulasten gewesen sei. Das Beweisverfahren habe in diese Richtung zu keinem Ergebnis geführt. Weder die ordnungsgemäße Anmeldung der beiden Dienstnehmerinnen in Deutschland nach den dort geltenden arbeits- bzw. sozialrechtlichen Bestimmungen noch die Bereitschaft zur nachträglichen Vornahme der gewünschten Meldungen bzw. Nachreichung der entsprechenden Unterlagen nach österreichischem Recht würden das Vorliegen eines Rechtsirrtums erblicken lassen. Nach herrschender Judikatur gehe demnach dieser Umstand zu seinen Lasten. Die erkennende Behörde gehe nämlich davon aus, dass der Bw als Arbeitgeber mit Sitz in einem anderen Mitgliedsstaat des europäischen Wirtschaftsraumes als Österreich bei der Entsendung von Arbeitnehmern nach Österreich gewisse Erkundigen hätte anstellen müssen. Da er diese Sorgfaltspflicht jedoch nicht walten ließ, liege Fahrlässigkeit vor.

 

Als strafmildernd sei die bisherige Unbescholtenheit zu werten. Erschwerend seien keine Umstände zu berücksichtigen. Eine Anwendung der Bestimmung des § 20 VStG komme nicht in Betracht, weil die Milderungsgründe die Erschwerungsgründe nicht beträchtlich überwiegen. Die Anwendung des § 21 VStG komme für die Behörde nicht in Betracht, da das Verschulden nicht als geringfügig zu werten sei und auch die Folgen der Übertretung nicht unbedeutend seien. Diese Annahme werde dadurch untermauert, dass Verstöße gegen das Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetz auch im Zusammenhang mit dem Ausländerbeschäftigungsgesetz aufgrund der allgemeinen Beschäftigungsproblematik einen doch schwerwiegenden Unrechtsgehalt aufweisen würden. Bei entsprechender Berücksichtigung sämtlicher gemäß § 19 VStG maßgebender Bemessungsgründe erscheine daher die verhängte Strafe dem Unrechtsgehalt der Tat sowie dem Verschulden angemessen.

 

2. Dagegen wurde rechtzeitig vom Rechtsvertreter des Bw Berufung eingebracht und beantragt, der Berufung Folge zu geben und das angefochtene Straferkenntnis eingehend abzuändern und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 VStG einzustellen. In eventu wurde beantragt, gemäß § 21 Abs.1 VStG von der Verhängung einer Strafe abzusehen und mit einer bescheidmäßigen Ermahnung vorzugehen.

 

Zum Berufungsgrund der Mangelhaftigkeit des Verfahrens wurde ausgeführt, dass der Bw im Wesentlichen in seiner Rechtfertigung darauf hingewiesen habe, dass die subjektive Tatseite der Verwaltungsübertretung nicht erfüllt sei und darüber hinaus ein Vorgehen im Sinne des § 21 Abs.1 VStG angezeigt gewesen wäre.

 

Die Frage, ob ein Rechtsirrtum vorliege, könne wohl nur dann festgestellt werden, wenn im Rahmen des Beweisverfahrens die beteiligten Personen einvernommen werden würden. Der Hinweis der belangten Behörde auf den Umstand, dass die Bundesrepublik Deutschland ebenso wie Österreich Mitgliedsstaat des Europäischen Wirtschaftsraumes sei und hier die Einholung gewisser Erkundigungen "erwartet werden könne", reiche zur Frage, ob ein Rechtsirrtum vorliege, mit Sicherheit nicht aus. Es wäre daher angezeigt gewesen, diesbezüglich die beteiligten Personen zumindest im festgestellten Sachverhalt einzuvernehmen.

 

Warum die belangte Behörde eine Anwendung des § 21 VStG ausschließe, sei gänzlich unerklärlich und die diesbezüglichen nur sehr kurz gehaltenen Ausführungen gänzlich unzureichend. Tatsache sei, dass die Behörde selbst zur Ansicht gelangt sei, dass lediglich fahrlässiges Verhalten, nicht aber vorsätzliches Handeln vorliege. Auch wurde festgestellt, dass strafmildernd die Unbescholtenheit zu werten sei, erschwerend sei kein Umstand. All diese Feststellungen müssten unweigerlich zu dem Ergebnis führen, dass die Anwendung des § 21 VStG zu diesem Sachverhalt geradezu geboten, ja vielmehr zwingend vorzunehmen sei.

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Schärding hat den bezughabenden Verwaltungsstrafakt zur Berufungsentscheidung vorgelegt.

 

Da keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, ist der Unabhängige Verwaltungssenat zur Entscheidung durch sein nach der Geschäftsverteilung zuständiges Mitglied berufen (§ 51c VStG).

 

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme. Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte insofern abgesehen werden, als der Sachverhalt vom Bw nicht bestritten wurde, sondern lediglich die rechtliche Beurteilung des Sachverhaltes in Zweifel gezogen wurde und überdies keine 500 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde. Darüber hinaus ist festzuhalten, dass vom rechtsfreundlich vertretenen Bw auch keine mündliche Verhandlung beantragt wurde.

 

Aus dem Akt ist ersichtlich, dass die deutsche Staatsangehörige I S und die russische Staatsangehörige E M Dienstnehmerinnen der Firma H Service W mit Sitz in A, sind. Die beiden Dienstnehmerinnen sind nach den in Deutschland geltenden arbeits- bzw. sozialrechtlichen Bestimmungen ordnungsgemäß angemeldet. Von der Firma H Service W wurden die beiden Dienstnehmerinnen in der Zeit vom 18.3.2005 bis 31.3.2005 an der Autobahnraststätte "Servus Europa" in 4975 Suben, Etzelshofen 125, mit der Reinigung der Toiletteanlagen im Keller beschäftigt. Die tägliche Arbeitszeit betrug 22 Stunden. Die Firma H Service W als Arbeitgeber hat über diese Tätigkeit der zentralen Koordinationsstelle des Bundesministeriums für Finanzen keine Meldung erstattet. Im Zuge der Kontrolle der beiden Dienstnehmerinnen durch Vertreter des Zollamtes Wels am 31.3.2005 wurden keine im § 7b Abs.5 AVRAG bezeichneten Unterlagen am Einsatzort bereit gehalten.

 

5. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

 

5.1. Hinsichtlich der einzuhaltenden Rechtsvorschriften wird auf die Begründung des erstinstanzlichen Straferkenntnisses verwiesen.

 

Vom Bw wird grundsätzlich nicht bestritten, dass er die Meldung nach § 7b Abs.3 AVRAG nicht erstattet hat und nicht die nach § 7b Abs.5 AVRAG notwendigen Unterlagen am Einsatzort bereit gehalten hat. Insofern ist davon auszugehen, dass der objektive Tatbestand der gegenständlichen Verwaltungsübertretung vom Bw erfüllt wurde.

 

5.2. Gemäß § 5 Abs.1 VStG genügt, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nichts anderes bestimmt, zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

 

Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs hat der Bw initiativ alles darzulegen, was für seine Entlastung spricht. Dies hat in erster Linie durch ein geeignetes Tatsachenvorbringen und durch Beibringen von Beweismitteln oder die Stellung konkreter Beweisanträge zu geschehen. Bloßes Leugnen oder allgemein gehaltene Behauptungen reichen für die "Glaubhaftmachung" nicht.

 

Der Bw macht geltend, einem Rechtsirrtum unterlegen zu sein, da ihm nicht bekannt war, dass er spätestens eine Woche vor Arbeitsaufnahme der zentralen Koordinationsstelle für die Kontrolle der illegalen Beschäftigung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz eine Meldung zu erstatten habe und ebenso wenig, dass er Unterlagen über die Anmeldung des Arbeitnehmers zur Sozialversicherung bereitstellen muss.

 

Dem ist allerdings entgegen zu halten, dass nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes einem Unternehmer sehr wohl zugemutet werden kann, Erkundigungen über die einzuhaltenden Vorschriften einzuholen. Insofern ist dem Bw vorwerfbar, dass er nicht vor der Betriebsentsendung der beiden Dienstnehmerinnen zur Autobahnraststätte in Suben Auskünfte über die einzuhaltenden Rechtsvorschriften bei den österreichischen Stellen eingeholt hat. Entgegen der Ansicht des Bw geht der Unabhängige Verwaltungssenat davon aus, dass die Unkenntnis der Verwaltungsvorschrift nicht erwiesenermaßen unverschuldet ist, weshalb der Bw keinem Rechtsirrtum unterlegen ist. Die gegenständliche Verwaltungsübertretung ist dem Bw daher auch subjektiv vorwerfbar.

 

5.3. Gemäß § 21 Abs.1 VStG kann die Behörde ohne weiteres Verfahren von der Verhängung einer Strafe absehen, wenn das Verschulden des Beschuldigten geringfügig ist und die Folgen der Übertretung unbedeutend sind. Sie kann den Beschuldigten jedoch gleichzeitig unter Hinweis auf die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens mit Bescheid ermahnen, sofern dies erforderlich ist, um den Beschuldigten von weiteren strafbaren Handlungen gleicher Art abzuhalten.

 

Dem Bw ist glauben zu schenken, wenn er meint, nicht daran gedacht zu haben die Bestimmungen des österreichischen Arbeitsmarktes im besonderen die Lohn- und Arbeitsbedingungen zu umgehen, sondern schlichtweg eine Anzeige vergessen zu haben. Dieses Vergessen kann zwar einen Unternehmer - wie bereits dargestellt - nicht entschuldigen, doch zeigen die Gesamtumstände des Falles, dass von einem mindern Grad des Versehens und somit von geringfügigem Verschulden auszugehen ist.

Im Hinblick auf die Tatsache, dass die beiden Dienstnehmerinnen nach deutschen arbeitsrechtlichen und sozialversicherungsrechtlichen Bestimmungen beschäftigt sind, der Bw sohin insgesamt mit der Beschäftigung in Österreich keine arbeitsrechtlichen Vorschriften umgehen wollte, kann davon ausgegangen werden, dass damit keine Wettbewerbsverzerrungen verbunden sind. Die Tat hat weder für den Arbeitsmarkt noch für die Ausländerinnen Folgen gezeigt. Insofern kann von unbedeutenden Folgen der Tat gesprochen werden.

Da somit nach Ansicht des Unabhängigen Verwaltungssenates beide Kriterien des § 21 Abs. 1 VStG vorliegen, hat der Bw einen Rechtsanspruch auf Anwendung dieser Bestimmung. Der Ausspruch einer Ermahnung ist aber erforderlich, um den Bw einen größere Verständnisbereitschaft für arbeitsmarktbehördliche Anliegen nahe zu legen und ihn künftig zur Einhaltung der arbeitsmarktrechtlichen Vorschriften anzuhalten. Es war somit wie im Spruch zu entscheiden.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

 

Mag. Kühberger

 

 

 

 

 

 

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