Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-260022/10/Gf/Hm

Linz, 06.07.1992

VwSen - 260022/10/Gf/Hm Linz, am 6. Juli 1992 DVR.0690392 - & -

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch seine Kammer unter dem Vorsitz von Dr. Kurt Wegschaider und den Berichter Dr. Alfred Grof sowie den Beisitzer Dr. Gustav Schön als Stimmführer über die Berufung des Johann K gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Braunau vom 5. März 1992, Zl. Wa96/217/1990/Dr.G, zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird gemäß § 24 VStG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG stattgegeben und das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben.

II. Gemäß § 66 Abs. 1 VStG entfällt die Verpflichtung zur Leistung von Beiträgen zu den Kosten des Strafverfahrens.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e:

1. Der vorliegenden Beschwerde liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

1.1. Mit Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Braunau vom 5. März 1992, Zl. Wa96/217/1990/Dr.G, wurde über den Beschwerdeführer eine Geldstrafe in Höhe von 15.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe: 5 Tage) verhängt, weil er in der Zeit zwischen dem 2. September 1981 und dem 10. April 1990 ohne behördliche Genehmigung seine wasserrechtliche Bewilligung dahingehend abgeändert hätte, daß er unmittelbar neben seinem Hof einen weiteren Teich in Hanglage errichtete; dadurch hätte er die Bestimmung des § 10 Abs. 2 i.V.m. § 137 Abs. 3 lit. b des Wasserrechtsgesetzes, BGBl.Nr. 215/1959 i.d.F. BGBl.Nr. 252/1990, verletzt, weshalb der Beschwerdeführer zu bestrafen gewesen sei.

1.2. Gegen dieses dem Beschwerdeführer am 3. April 1992 zugestellte Straferkenntnis richtet sich die vorliegende, am 16. April 1992 - und damit rechtzeitig - zur Post gegebene Beschwerde.

2.1. Im angefochtenen Straferkenntnis führt die belangte Behörde begründend aus, daß der Sachverständige des Gewässerbezirkes Braunau in seinem Gutachten eindeutig zum Ausdruck gebracht hätte, daß aus einer Schotterwaschanlage schwebstoffhältiges Wasser in den bewilligungslos angelegten Teich - aufgrund seiner Hanglage - gelangt sei. Es sei daher als erwiesen anzunehmen gewesen, daß dieser Teich als Nachklärbecken für die Schotteranlage gedient hätte uns somit eine bewilligungslose Änderung dieser Anlage vorgenommen worden sei.

2.2. Dagegen bringt der Beschwerdeführer vor, daß zwischen der Schotterwaschanlage und dem neuangelegten Teich jedenfalls keine bewußte Verbindung hergestellt worden sei, sondern das Überlaufen der Waschwässer vielmehr auf höherer Gewalt beruhte. Daher habe der Beschwerdeführer hiefür auch nicht verwaltungsstrafrechtlich einzustehen.

Aus diesen Gründen wird die Aufhebung des angefochtenen Straferkenntnisses, in eventu die Herabsetzung der Strafe beantragt.

3. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungsakt der Bezirkshauptmannschaft Braunau zu Zl. Wa96/217/1990; da aus diesem bereits ersichtlich war, daß das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben ist, konnte von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung abgesehen werden.

4. In der Sache selbst hat der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erwogen:

4.1. Gemäß § 137 Abs. 3 lit. b i.V.m. § 10 Abs. 2 des Wasserrechtsgesetzes, BGBl.Nr. 215/1959, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. 252/1990, begeht u.a. derjenige eine Verwaltungsübertretung, der ohne die erforderliche wasserrechtliche Bewilligung eine dem Eingriff in das Grundwasser dienende Anlage ändert.

Diese Bestimmung ist gemäß Art. IV der Wasserrechtsgesetznovelle 1990, BGBl.Nr. 252/1990, am 1. Juli 1990 in Kraft getreten.

Die erste Verfolgungshandlung wurde im gegenständlichen Fall am 31. Jänner 1991 (Aufforderung des Bezirkshauptmannes von Braunau an den Beschuldigten zur Rechtfertigung, Zl. Wa96/217/1990/G) gesetzt. Bereits in dieser Aufforderung wurde der Tatzeitraum - wie auch im angefochtenen Straferkenntnis - auf die Zeit zwischen dem 2. September 1981 und dem 10. April 1990 eingeschränkt.

4.2. Aufgrund dieser Einschränkung hätte die belangte Behörde die Strafnorm des § 137 Abs. 3 lit. b des Wasserrechtsgesetzes - da diese erst nach der Tat in Kraft getreten ist - gemäß § 1 Abs. 2 VStG nur dann anwenden dürfen, wenn diese für den Beschwerdeführer günstiger als die zuvor diesen strafbaren Tatbestand regelnde Bestimmung gewesen wäre. Dies trifft jedoch offensichtlich schon deshalb nicht zu, weil der Strafrahmen nach § 137 Abs. 1 i.V.m. § 10 Abs. 2 des Wasserechtsgesetzes i.d.F. vor der Wasserrechtgesetznovelle 1990 lediglich bis 20.000 S reichte, nunmehr aber § 137 Abs. 3 (lit. b i.V.m. § 10 Abs. 2) des Wasserrechtsgesetzes für gleichartige Delikte eine Strafhöhe bis zu 100.000 S vorsieht.

Gleiches gilt hinsichtlich des Verhältnisses der Bestimmung des § 137 Abs. 9 des Wasserrechtsgesetzes i.d.g.F. zu § 137 Abs. 4 des Wasserrechtsgesetzes i.d.F. vor der Wasserrechtsgesetznovelle 1990: Da sich die frühere Bestimmung für den Beschwerdeführer insofern als günstiger erweist, als nach dieser i.V.m. § 31 Abs. 2 VStG eine kürzere (nämlich die normale) Verfolgungsverjährungsfrist von sechs Monaten gilt, wäre im Verfahren vor der belangten Behörde sohin diese Rechtsvorschrift anzuwenden gewesen.

Nach der früheren Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes wäre die Berufungsbehörde zwar berechtigt, auch noch nach dem Ablauf der Verfolgungsverjährungsfrist die verletzte Verwaltungsvorschrift bzw. die Strafsanktionsnorm richtigzustellen (vgl. z.B. VwGH v. 23.3.1984, 83/02/0159; v. 22.5.1985, 85/03/0081); diese Rechtsprechung bezog sich jedoch darauf, daß die Berufungsbehörde als eine echte Oberbehörde der das Straferkenntnis erlassen habenden Erstbehörde fungiert und in diesem Sinne auch als Strafverfolgungsbehörde tätig wird. Der unabhängige Verwaltungssenat ist jedoch - wenngleich nach der Systematik des VStG mißverständlich als Berufungsbehörde qualifiziert - schon von Verfassungs wegen nicht als eine derartige Oberbehörde, sondern als eine außerhalb der Organisation der Behörden der allgemeinen staatlichen Verwaltung stehende, in erster Linie mit der Aufgabe der Sicherung der Gesetzmäßigkeit der öffentlichen Verwaltung betraute Einrichtung anzusehen (vgl. Art. 129 B-VG; siehe dazu auch R. Walter - H. Mayer, Grundriß des österreichischen Bundesverfassungsrechts, 7. Auflage, Wien 1992, RN 927/3, und R. Thienel, Das Verfahren der Verwaltungssenate, 2. Auflage, Wien 1992, 25 f). Mit dieser verfassungsmäßigen Vorgabe, wonach der unabhängige Verwaltungssenat als ein unabhängiges und unparteiisches Gericht i.S.d. Art. 6 Abs. 1 MRK anzusehen ist, vor dem sich die Strafbehörde einerseits und der Beschuldigte als Beschwerdeführer andererseits gleichgeordnet gegenüberstehen, ist sonach die Funktion des O.ö. Verwaltungssenates als eine auch strafverfolgende Behörde im Sinne eines öffentlichen Anklägers von vornherein unvereinbar; diese Aufgabe kommt vielmehr ausschließlich der im Verfahren vor dem unabhängigen Verwaltungssenat ihrerseits Parteistellung genießenden belangten Behörde (und allenfalls deren Oberbehörden) zu.

4.3. Bei verfassungskonformer Interpretation der Bestimmungen des VStG kommt es sonach dem unabhängigen Verwaltungssenat im Gegensatz zu den früheren Ober- als Berufungsbehörden der allgemeinen staatlichen Verwaltung in Ermangelung einer strafverfolgenden Funktion schon von vornherein (d.h. insbesondere ohne Rücksichtnahme auf eine allenfalls bereits eingetretene Verfolgungsverjährung) nicht zu, die im angefochtenen Straferkenntnis als verletzt angesehene Verwaltungsvorschrift bzw. die verletzte Strafsanktionsnorm zu korrigieren. Vielmehr war das angefochtene Straferkenntnis schon aus diesem Grunde aufzuheben.

5. Bei diesem Verfahrensergebnis war gemäß § 66 Abs. 1 VStG weder für das Verfahren vor der belangten Behörde noch für das Verfahren vor dem unabhängigen Verwaltungssenat ein Kostenbeitrag vorzuschreiben.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

H i n w e i s :

Gegen diesen Bescheid kann von den Parteien des Verfahrens (§ 51d VStG) innerhalb von sechs Wochen ab Zustellung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Linz, am 6. Juli 1992 Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. G r o f 6

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