Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-260030/7/Gf/Hm

Linz, 10.09.1992

VwSen-260030/7/Gf/Hm Linz, am 10. September 1992 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Alfred Grof über die Berufung des Ing. Gerald M, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Braunau vom 26. Mai 1992, Zl. Wa96/28/1991, nach der am 10. September 1992 im Beisein der Schriftführerin Martina Horvatits durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird gemäß § 24 VStG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Strafverfahren gemäß § 45 Abs. 1 Z. 1 VStG eingestellt.

II. Gemäß § 66 Abs. 1 VStG entfällt die Verpflichtung zur Leistung von Beiträgen zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde sowie zu den Kosten des Verfahrens vor dem unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e:

1.1. Mit Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Braunau vom 26. Mai 1992, Zl. Wa96/28/1991, wurde über den Beschwerdeführer eine Geldstrafe von 5.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe: 7 Tage) verhängt, weil bei einer am 1. August 1991 vorgenommenen Überprüfung der Betriebsanlage der Fa. Claus Josef R festgestellt worden sei, daß die betrieblichen Abwässer entgegen der im Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 2. Juni 1992, Zl. Wa-2543/3-1989/Spi/Wab, enthaltenen Auflage im Ablauf der biologischen Kläranlage 0,87 mg Blei pro Liter und 2,77 mg Fluorid pro Liter aufgewiesen hätten; durch die Einleitung dieser betrieblichen Abwässer in den Weißenbach sei eine unzulässige Einwirkung auf ein öffentliches Gewässer vorgenommen worden, weshalb der Beschwerdeführer als das zur Vertretung nach außen befugte Organ zu bestrafen gewesen sei.

1.2. Gegen dieses dem Beschwerdeführer am 9. Juni 1992 zugestellte Straferkenntnis wendet sich die vorliegende, am 23. Juni 1992 zur Post gegebene Beschwerde.

2.1. Im angefochtenen Straferkenntnis führt die belangte Behörde begründend aus, daß die dem Beschwerdeführer zur Last gelegte Tat durch die Analyse der am 1. August 1991 gezogenen Probe durch das Amt der O.ö. Landesregierung als erwiesen anzusehen sei. Hingegen könne die diesbezügliche strafrechtliche Verantwortlichkeit des Beschwerdeführers nicht deshalb entfallen, weil dieser - jeweils zu anderen Zeitpunkten - die ohnehin bescheidmäßig vorgeschriebenen Untersuchungen durchführen ließ bzw. auch von einem Organ des Gewässerverbandes Mattig Proben gezogen worden seien und jene jeweils keine Grenzwertüberschreitungen gezeigt hätten.

2.2. Dagegen bringt der Beschwerdeführer vor, daß der belangten Behörde die Analyseergebnisse betreffend die Probenziehung vom 1. August 1991 gar nicht vorgelegen seien und - weil von dieser das beantragte Gutachten eines chemischen Sachverständigen nicht eingeholt worden sei - deshalb für den Beschwerdeführer diese auch nicht nachvollziehbar seien. Außerdem stünde zu befürchten, daß sich der die Untersuchung am 1. August 1991 durchgeführt habende Amtssachverständige nicht an die hiefür geltenden Ö-Normen gehalten hätte, weil sich anders die Diskrepanz in den - sich allerdings auf unterschiedliche Probenziehungen beziehenden - Meßergebnissen zwischen dem vom Beschwerdeführer beauftragten Unternehmen und dem Analyseergebnis des Amtssachverständigen nicht erklären lasse. Zudem hätte der Amtssachverständige die Probe nicht bloß - der bescheidmäßigen Auflage entsprechend - aus dem Raffinerieteilstrom, sondern erst nach dessen Zusammenführung mit dem Teilstrom aus der Hütte entnommen. Schließlich treffe den Beschwerdeführer deshalb, weil er auflagengemäß ein autorisiertes Unternehmen mit der ständigen Überwachung der Funktionsfähigkeit der Abwasseranlage betraut habe und dabei nie eine Grenzwertüberschreitung festgestellt worden sei, auch kein Verschulden, weil ein einsichtiger und besonnener Mensch an seiner Stelle nicht anders gehandelt hätte; eine zeitlich lückenlose Überwachung sei nämlich in der Praxis schon rein technisch gar nicht möglich.

Aus allen diesen Gründen wird die Aufhebung des angefochtenen Straferkenntnisses sowie die Einstellung des Strafverfahrens beantragt.

3. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungsakt der Bezirkshauptmannschaft Braunau zu Zl. Wa96/28/1991 sowie im Wege der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung, zu der der Beschwerdeführer als Partei sowie Mag. Dr. Herbert R vom Amt der O.ö. Landesregierung als sachverständiger Zeuge erschienen sind.

Im Zuge dieser Verhandlung wurde folgender entscheidungswesentlicher Sachverhalt festgestellt:

Die verfahrensgegenständliche biologische Kläranlage wird aus drei Teilsträngen, nämlich aus einem Kühlabwasser-, einem Sanitärabwasser- und einem Waschabwasserteilstrom gespeist. Diese drei Teilströme werden im Klärwasserbekken gesammelt und nach der Reinigung über einen gemeinsamen Ablauf in den Weißenbach geleitet.

Der Zeuge hat am 1. August 1991 aus dem außerhalb des befestigten Betriebsgeländes befindlichen Ablauf eine Wasserprobe gezogen, deren Analyse durch die Unterabteilungen Gewässerschutz bzw. Immissionsschutz des Amtes der O.ö. Landesregierung u.a. einen Bleigehalt von 0,87 mg/l und einen Fluoridgehalt von 2,77 mg/l ergab. Der Zeuge, dem zum Zeitpunkt der Probenziehung bekannt war, daß sich die im Bescheid des Landeshauptmannes von O.ö. vom 2. Juni 1989, Zl. Wa-2543/3-1989/Spi/Wab, unter Punkt 1. lit. ab) enthaltene Auflage, bei Blei einen Grenzwert von 0,5 mg/l und bei Fluorid einen Grenzwert von 1,0 mg/l nicht zu überschreiten, explizit nur auf den Teilstrom für die Waschwässer bezieht, schloß, daß die im Ablauf der Kläranlage vorgefundende Grenzwertüberschreitung nur aus dem Teilstrom der Waschwässer resultieren könne und erstattete demgemäß Anzeige an den Bezirkshauptmann von Braunau, der in der Folge das angefochtene Straferkenntnis erließ.

Bei seiner Einvernahme in der mündlichen Verhandlung konnte der Zeuge jedoch nicht ausschließen, daß die im Ablauf der Kläranlage festgestellte Grenzwertüberschrei tung auch durch Glassplitter, Glasabrieb oder Glasstaub aus dem Sanitärabwasserstrom oder davon herrührte, daß sich im Schlamm der Kläranlage Glaspartikel abgelagert haben.

4. In der Sache selbst hat der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erwogen:

4.1. Gemäß § 137 Abs. 3 lit. g i.V.m. § 32 Abs. 1 des Wasserrechtsgesetzes, BGBl.Nr. 215/1959, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. 252/1990 (im folgenden: WRG), begeht derjenige eine Verwaltungsübertretung und ist dieser mit Geldstrafe bis zu 100.000 S zu bestrafen, der entgegen einer wasserrechtlichen Bewilligung eine Einwirkung auf Gewässer vornimmt.

Nach Punkt 1. lit. ab) des Bescheides des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 2. Juni 1989, Zl. Wa2543/3-1989/Spi/Wab, wurde für den Beschwerdeführer das Maß der Wasserbenutzung in qualitativer Hinsicht derart festgesetzt, daß für die Waschwässer die Konzentration von Blei den Wert von 0,5 mg/l und die Konzentration von Fluoriden den Wert von 1,0 mg/l im Teilstrom der betrieblichen Abwässer nach der Sandfiltration nicht übersteigen darf.

4.2. Wie das Beweisverfahren ergeben hat (s.o., 3.), konnte anläßlich einer Betriebskontrolle am 1. August 1991 festgestellt werden, daß die betrieblichen Abwässer im Ablauf der biologischen Kläranlage an diesem Tag pro Liter eine Konzentration von 0,87 mg Blei und von 2,77 mg Fluorid aufwiesen. Diese Werte liegen zwar offensichtlich über jener Maximalgrenze, die mit Punkt 1. lit ab) des Bescheides des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 2. Juni 1989, Zl. Wa-2543/3-1989/Spi/Wab, festgesetzt wurde; sie wurden jedoch lediglich im Ablauf der biologischen Kläranlage und nicht im Teilstrom der betrieblichen Abwässer und somit nicht in jenem Bereich festgestellt, auf den sich die bescheidmäßige Auflagenvorschreibung bezieht. Da lediglich eine gewisse Wahrscheinlichkeit dafür spricht, jedoch nicht mit Gewißheit erwiesen werden konnte, daß die Grenzwertüberschreitung tatsächlich aus dem Teilstrom der betrieblichen Abwässer herrührt - weil diese auch durch Sanitärabwässer oder durch in der Kläranlage abgelagerten Schlamm verursacht worden sein könnte -, war gemäß Art. 6 Abs. 2 MRK im Zweifel davon auszugehen, daß der Beschwerdeführer die ihm zur Last gelegte Verwaltungsübertretung nicht begangen hat.

4.3. Aus diesem Grund war daher der vorliegenden Berufung gemäß § 24 VStG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG stattzugeben, das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das Strafverfahren gemäß § 45 Abs. 1 Z. 1 VStG einzustellen.

5. Bei diesem Verfahrensergebnis war dem Beschwerdeführer gemäß § 66 Abs. 1 VStG weder ein Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde noch ein Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorzuschreiben.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

H i n w e i s:

Gegen diesen Bescheid kann von den Parteien des Verfahrens (§ 51d VStG) innerhalb von sechs Wochen ab Zustellung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden; diese muß von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. Grof 6

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