Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-260088/4/Wei/Bk

Linz, 30.08.1994

VwSen-260088/4/Wei/Bk Linz, am 30. August 1994 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch seine dritte Kammer (Vorsitzender Dr. Fragner, Berichter Dr. Weiß, Beisitzerin Mag. Bissenberger) über die Berufung des E B, geb. ..., P, vertreten durch Dr. H K, Rechtsanwalt in L, M, vom 18. Oktober 1993 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn vom 30. September 1993, Zl. Wa 96/16/1991/G, wegen einer Verwaltungsübertretung nach dem § 137 Abs 3 lit d) Wasserrechtsgesetz 1959 - WRG 1959 (BGBl Nr. 215/1959 idF BGBl Nr. 252/1990) zu Recht erkannt:

I. Aus Anlaß der Berufung wird das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Strafverfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 2 VStG eingestellt.

II. Die Leistung von Beiträgen zu den Kosten des Strafverfahrens entfällt.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs 4 AVG 1991 iVm § 24 VStG 1991, § 66 Abs 1 VStG 1991.

Entscheidungsgründe:

1.1. Mit dem oben bezeichneten Straferkenntnis vom 30.

September 1993 hat die belangte Behörde den Berufungswerber (Bw) wie folgt schuldig erkannt und bestraft:

"Sie haben am 12.1.1991 um ca. 16.15 Uhr die aus ihrem S in P, E, anfallenden Abwässer, welche mit Blut vermengt waren und eine hohe Konzentration an organischen Inhaltsstoffen aufgewiesen haben, in den zwischen den Anwesen E und E gelegenen Gießgraben abgeleitet, wodurch es zu einer das Maß der Geringfügigkeit bei weitem überschreitenden Verunreinigung des Gießgrabens gekommen ist. (Siehe Untersuchungsergebnis der am 12.1.1991 um 16.57 Uhr im Gießgraben, ca. 150 m nördlich des Anwesens E, entnommenen Wasserprobe.) Sie haben somit durch Außerachtlassung der zur Reinhaltung der Gewässer gebotenen Sorgfaltspflicht eine Gewässerverunreinigung bewirkt.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:

§ 31 Abs. 1 iVm. § 137 Abs. 3 lit. d Wasserrechtsgesetz 1959 idF. BGBl.Nr. 252/1990" Wegen dieser Verwaltungsübertretung verhängte die belangte Behörde gemäß § 137 Abs 3 WRG 1959 eine Geldstrafe in Höhe von S 25.000,-- und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 84 Stunden. Als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens erster Instanz wurden S 2.500,-vorgeschrieben.

1.2. Gegen dieses Straferkenntnis, das dem Rechtsvertreter des Bw am 4. Oktober 1993 zugestellt worden ist, richtet sich die am 18. Oktober 1993 zur Post gegebene - und damit rechtzeitige - Berufung vom 18. Oktober 1993, mit der das Straferkenntnis "seinem ganzen Inhalte nach" angefochten wird.

2.1. In der Begründung ihres Straferkenntnisses führt die belangte Behörde aus, daß die Verwaltungsübertretung durch die Zeugenaussage des Gendarmeriebeamten sowie durch die Analyse der gezogenen Wasserprobe des Amtssachverständigen für Chemie und die zeugenschaftlichen Angaben mehrerer Personen aus der Nachbarschaft erwiesen sei. Es stehe demnach fest, daß Abwässer des Schlachtbetriebes des Bw, die stark organisch belastet waren, am betreffenden Tag in den Gießgraben abgeflossen sind.

Den Bestreitungen des Bw hielt die belangte Behörde die Aussage des Gendarmeriebeamten und die für glaubwürdig befundenen Angaben der Zeugen entgegen, wonach die im Gießgraben vorgefundenen Abwässer von keinem anderen Betrieb herrühren konnten. Weiters bestätige auch die Probenanalyse, daß die gezogene Wasserprobe stark organisch belastet war.

Für die belangte Behörde habe kein Anlaß bestanden, die Zeugenangaben und den Analysenbericht zu bezweifeln. Es sei erwiesen, daß die festgestellte Verunreinigung des Gießgrabens durch Abwässer aus dem Betrieb des Bw erfolgt ist. Der Umstand, daß das Abfließen nicht direkt beobachtet werden konnte, ändere daran nichts.

Zur Bestellungsurkunde vom 4. Dezember 1989 betreffend die Bestellung des Betriebsleiters E E zum Verantwortlichen "in puncto Schlächterei und Fleischzerlegung" hat die belangte Strafbehörde festgestellt, daß damit die Belange der Abwasserbeseitigung nicht von dieser Person zu vertreten sind. Da es früher schon zu ähnlichen Verunreinigungen des Gießgrabens gekommen wäre, hätte dem Bw das Problem der Abwasserbeseitigung bekannt sein müssen. Er habe offenkundig nicht ausreichend vorgesorgt, daß Abwässer nicht abfließen und eine Verunreinigung des Gießgrabens herbeiführen können. Dies zeige auch die Häufigkeit der Verunreinigungen, wobei den Angaben der Nachbarn, daß es viel häufiger zu Ableitungen und Verunreinigungen gekommen sei, besondere Bedeutung zukomme. Der Bw habe damit wenigstens fahrlässiges Verhalten zu verantworten.

Bei der Strafbemessung berücksichtigte die Strafbehörde einschlägige Vormerkungen und meinte, daß offenbar auch empfindliche Geldstrafen den Bw nicht zu mehr Sorgfalt bei der Abwasserbehandlung bewegen können. Es bedürfe daher einer noch strengeren Bestrafung, um ihn zu einem rechtmäßigen Verhalten zu bringen. Der Milderungsgrund des § 35 Z 18 (richtig: § 34 Z 18) StGB komme dem Bw nicht zugute, da erst kürzlich wegen Ableitung von Abwässern sogar dem Gericht Anzeige hätte erstattet werden müssen.

Schließlich sei auch zu berücksichtigen, daß es zu einer erheblichen Verunreinigung des Gießgrabens gekommen war und die öffentlichen Interessen des Gewässerschutzes stark beeinträchtigt wurden. Der anzuwendende Strafrahmen in Höhe von S 100.000,-- sei entsprechend auszuschöpfen.

Bezüglich der persönlichen Verhältnisse des Bw ging die belangte Behörde von der in ihrer Aufforderung zur Rechtfertigung vom 27. Juni 1991 bekanntgegebenen und unwidersprochen gebliebenen Schätzung aus. Danach legte sie ihrer Entscheidung zugrunde: ca. S 20.000,-Monatseinkommen, Besitzer eines Schlachtbetriebes und einer Landwirtschaft, für Gattin und vier Kinder sorgepflichtig.

2.2. In der Berufung wird dem Straferkenntnis entgegengehalten, daß die Verunreinigung in einem Tümpel festgestellt worden sei, der sich rund 200 Meter vom Schlachthaus des Bw entfernt auf dem Grundstück des Anzeigers F B und jenseits einer öffentlichen Straße befunden hätte, die sich somit zwischen dem Schlachthaus und dem Tümpel befunden hätte. Obwohl von den erhebenden Gendarmeriebeamten in bezug auf die Entfernung des Tümpels vom Schlachthaus gänzlich verschiedene Entfernungsangaben gemacht worden wären und die geschilderte örtliche Situation eher gegen eine Verunreinigung durch Abwässer aus dem Schlachtbetrieb des Bw spreche, zumal es sich beim sogenannten Gießgraben um kein fließendes Gerinne sondern um eine Abflußmulde handle, die die meiste Zeit über trocken sei und durch eine Weide führe, habe die belangte Behörde den Anträgen auf Durchführung eines Lokalaugenscheines keine Folge gegeben. Der Bw erblickt darin einen Verfahrensmangel, weil ohne Besichtigung der Örtlichkeit keine verläßliche Beurteilung erfolgen könne, ob die Verunreinigung des doch in beträchtlicher Entfernung vom Schlachthaus gelegenen Tümpels von Schlachtabwässern herrührt oder nicht. Dies gelte umso mehr, als sich der Gießgraben in einem landwirtschaftlich genutzten Bereich befinde und die Strecke zwischen Schlachthaus und Tümpel über eine Weide führe, auf der ständig Pferde und bisweilen auch Rinder weiden. Die beiden Anwesen E und E seien landwirtschaftliche Betriebe mit entsprechenden Mistablagerungsstätten und Bereichen, über die ständig Rinder getrieben werden, sodaß die festgestellte Gewässerverunreinigung auch durchaus natürliche landwirtschaftliche Ursachen haben könne und keineswegs allein auf Abwässer des Betriebes des Bw zurückzuführen sei.

Kein Chemiker und umso weniger ein Laie könne durch bloßen Augenschein feststellen, ob ein verunreinigtes Wasser, sei es auch rotbraun verfärbt, mit Blut vermengt ist und welche Ursachen eine hohe Konzentration an organischen Inhaltsstoffen habe. Dies sei laut Auskunft eines vom Beschuldigten befragten Fachmannes nicht einmal einem Chemiker ohne entsprechende Blutanalyse beispielsweise durch eine sogenannte Billi Rubinprobe möglich. Die rotbraune Verfärbung könne durchaus auch eisen- oder manganhaltige Stoffe zur Ursache haben. Die organischen Inhaltsstoffe könnten auch von Fäkalien stammen, wie sie sich im landwirtschaftlichen Bereich auf jeder Wiese und auf jedem Weg befinden können, wo Tiere weiden oder zur Weide getrieben werden. Insoweit sei der Analysenbericht des Amtssachverständigen für Chemie keineswegs exakt und lasse insbesondere die Möglichkeit unerörtert, ob nicht auch landwirtschaftliche Fäkalien die festgestellte Gewässerverunreinigung bewirkt haben können.

Daß es sich bei der Verunreinigung nicht um Abwässer aus dem Betrieb des Bw handeln könne, ergebe sich insbesondere daraus, daß direkt im Anschluß an das Schlachthaus drei flüssigkeitsdichte Senkgruben sämtliche Schlachtabwässer aufnehmen, sodaß es gar nicht möglich sei, daß solche Schlachtabwässer in den Gießgraben abfließen. Dies hätte die Behörde durch einen Lokalaugenschein einwandfrei feststellen können. Auch hätte sie beantragte Sachverständigengutachten einholen müssen, die ergeben hätten, daß die Verunreinigung auch durch landwirtschaftliche Fäkalien geschehen sein konnte. Es stehe fest, daß entgegen der Annahme des Amtssachverständigen für Chemie keine Blutreste auf bloßes Anschauen hin hätten festgestellt werden können. Auch in der Nichtbeiziehung des beantragten Sachverständigen werde ein Verfahrensmangel erblickt.

Aus all diesen Gründen beantragt der Bw, das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das Strafverfahren einzustellen.

2.3. Die belangte Behörde hat mit Schreiben vom 25. Oktober 1993 ihren Verwaltungsstrafakt mit der Berufungsschrift zur Berufungsentscheidung vorgelegt. Eine Gegenschrift wurde nicht erstattet.

3. Der unabhängige Verwaltungssenat hat nach Einsicht in die vorgelegten Verwaltungsakten und unter Berücksichtigung der Berufung festgestellt, daß das angefochtene Straferkenntnis schon nach der Aktenlage aufzuheben ist.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

Gemäß § 31 Abs 3 erster Satz iVm § 31 Abs 2 VStG darf ein Straferkenntnis nicht mehr gefällt werden, wenn seit dem Zeitpunkt, an dem die strafbare Tätigkeit abgeschlossen worden ist oder das strafbare Verhalten aufgehört hat, drei Jahre vergangen sind.

Die Dreijahresfrist ist bereits am 12. Jänner 1994 abgelaufen. Deshalb ist Strafbarkeitsverjährung gemäß § 31 Abs 3 VStG eingetreten und war das Strafverfahren wegen dieses Strafaufhebungsgrundes gemäß § 45 Abs 1 Z 2 VStG einzustellen. Der erkennende Verwaltungssenat, der die späte Erledigung der Strafsache durch die Erstbehörde nicht zu vertreten hat, konnte wegen anderer Geschäftsfälle nicht vor Ablauf der Strafbarkeitsverjährung entscheiden.

Auf das Berufungsvorbringen war nicht mehr einzugehen.

5. Da das Strafverfahren einzustellen war, entfällt für den Bw gemäß § 66 Abs 1 VStG die Verpflichtung zur Leistung von Beiträgen zu den Kosten des Strafverfahrens.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. F r a g n e r

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