Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-260091/2/Wei/Bk

Linz, 06.12.1994

VwSen-260091/2/Wei/Bk Linz, am 6. Dezember 1994 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Wolfgang Weiß über die Berufung des R M, vertreten durch Dr. F G und Dr. S S Rechtsanwälte in W vom 19. November 1993 gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 22. Oktober 1993, Zl. 501/Wa-119/92i, wegen einer Verwaltungsübertretung nach § 137 Abs 3 lit d) Wasserrechtsgesetz 1959 - WRG 1959 (BGBl Nr. 215/1959 idF BGBl Nr. 252/1990) zu Recht erkannt:

I. Die Berufung wird mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, daß der Spruch wie folgt zu lauten hat:

R M ist schuldig, er hat in L am 25. August 1992 als der für die Kanalisationsarbeiten im Bereich der Kleingartensiedlung H/J verantwortliche Polier der Fa. W-B Baugesellschaft m.b.H. dadurch die ihn gemäß § 31 Abs 1 WRG 1959 treffende Sorgfaltspflicht außer Acht gelassen, daß er den Arbeiter J S am frühen Morgen anwies, das über Nacht in die Baugrube, in der frisch betoniert worden war, eingetretene und durch Zementschlempe verunreinigte Wasser aus einem kurz zuvor errichteten Schacht mittels Tauchpumpe abzupumpen und über eine Böschung in den nahegelegenen Dießenleitenbach abzuleiten, und durch diese Ableitung der kontaminierten Baugrubenwässer im Ausmaß von ca 1300 l eine Gewässerverunreinigung des Dießenleitenbaches bewirkt, in dem es infolge des sehr hohen pH-Wertes des eingeleiten Wassers zu einem ausgedehnten Fischsterben kam.

x hat dadurch die Verwaltungsübertretung des § 137 Abs 3 lit d) WRG 1959 begangen und wird über ihn wegen dieser Verwaltungsübertretung nach dem Strafrahmen des § 137 Abs 3 WRG 1959 eine Geldstrafe von S 5.000,-- verhängt und für den Fall der Uneinbringlichkeit gemäß § 16 Abs 1 und 2 VStG eine Ersatzfreiheitsstrafe von 2 Tagen festgesetzt.

Gemäß § 64 Abs 1 und 2 VStG hat er als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens erster Instanz 10 % der verhängten Strafe, das sind S 500,--, zu leisten.

II. Im Berufungsverfahren hat der Berufungswerber als weiteren Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens den Betrag von S 1.000,--, zu bezahlen.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs 4 AVG 1991 iVm § 24 VStG 1991, §§ 64 Abs 1 und 2 VStG 1991.

Entscheidungsgründe:

1.1. Mit dem oben bezeichneten Straferkenntnis vom 22.

Oktober 1993 hat die belangte Behörde den Berufungswerber (Bw) wie folgt schuldig erkannt und bestraft:

"Herr R M, wh. in S bei O, am frühen Morgen, im Zuge von Kanalisationsarbeiten im Bereich der geplanten Kleingartensiedlung in L nähe H bzw. J, Baugrubenwässer, die aus einer Baugrube bzw. aus einem in dieser Baugrube befindlichen Schacht gepumpt wurden und die einen sehr hohen pH-Wert, hohe Leitfähigkeit und eine hohe Karbonathärte sowie eine im Vergleich dazu geringe Gesamthärte aufwiesen und die aufgrund durchgeführter Betonierungsarbeiten mit Zementschlempe verunreinigt waren, in den D zur Ableitung gebracht, wodurch es im D zu einem Fischsterben kam.

Der Beschuldigte hat somit entgegen § 31 Abs. 1 Wasserrechtsgesetz 1959, wonach jedermann, dessen Anlagen, Maßnahmen oder Unterlassungen eine Einwirkung auf Gewässer herbeiführen können, mit der im Sinne des § 1297, zutreffendenfalls mit der im Sinne des § 1299 ABGB gebotenen Sorgfalt, seine Anlagen so herzustellen, instandzuhalten und zu betreiben oder sich so zu verhalten hat, daß eine Gewässerverunreinigung vermieden wird, die den Bestimmungen des § 30 leg.cit. zuwiderläuft und nicht durch eine wasserrechtliche Bewilligung gedeckt ist, bei der Ableitung von Baugrubenwässern, die im Zuge von Kanalisationsarbeiten im Bereich der geplanten Kleingartensiedlung in Linz, am D nähe H bzw. J angefallen sind, nicht die erforderliche Sorgfalt angewendet, sodaß es zur Ableitung von - in der oben bereits beschriebenen Art - verunreinigten und toxischen Baugrubenwässern in den D kam, somit zu einer Gewässerverunreinigung, die den Bestimmungen des § 30 zuwiderläuft und welche auch nicht durch eine wasserrechtliche Bewilligung gedeckt ist." Durch dieses Verhalten erachtete die Strafbehörde die Verwaltungsübertretung nach § 137 Abs 3 lit d) iVm § 31 Abs 1 WRG 1959 als verwirklicht und verhängte eine Geldstrafe von S 5.000,-- und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von 2 Tagen. Als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens wurde ein Betrag von S 500,-- vorgeschrieben.

1.2. Gegen dieses Straferkenntnis, das dem Bw zu Handen seines Rechtsvertreters am 9. November 1993 zugestellt worden ist, richtet sich die am 22. November 1993 - und damit rechtzeitig - zur Post gegebene Berufung vom 19.

November 1993, mit der die Aufhebung des angefochtenen Straferkenntnisses und die Einstellung des Strafverfahrens beantragt wird.

2.1. Die belangte Strafbehörde ging vom folgenden entscheidungswesentlichen Sachverhalt aus:

Im August 1992 hatte die Fa W-B Baugesellschaft m.b.H.

Kanalisationsarbeiten im Bereich der Kleingartensiedlung H/J in L am D durchzuführen. Der Bw war der für die Baustelle verantwortliche Vorarbeiter bzw Polier. In den Tagen vor dem 25. August 1992, wahrscheinlich am Vortag, waren Betonierungsarbeiten in einer Baugrube im ufernahen Bereich des D durchgeführt worden. Dabei trat Grundwasser (Uferfiltrat bzw Hangsickerwasser) in die Baugrube und in einen dort befindlichen Schacht ein. Um weitere Kanalverlegungsarbeiten durchführen zu können, beauftragte der Bw am Morgen des 25. August 1992 einen Arbeiter, den mit schlammigem Wasser gefüllten Schacht auszupumpen, wobei das Wasser mittels Tauchpumpe und Schlauch aus dem Schacht in den D eingeleitet wurde. Der beauftragte Arbeiter J S pumpte ca 1.300 l schlammiges Wasser aus dem Schacht und ließ es über eine Böschung in den D rinnen. Im Bereich der Einleitungsstelle fand die Polizei anläßlich des Lokalaugenscheins schlammiges Material vor.

Die eingeleiteten Baugrubenwässer waren mit Zementschlempe verunreinigt und wiesen einen sehr hohen pH-Wert, hohe Leitfähigkeit sowie eine hohe Karbonathärte, im Vergleich dazu aber geringe Gesamthärte auf. Durch die Einleitung in den D wurde auf eine Strecke von über 100 m ein Fischsterben verursacht, bei dem jedenfalls 1000 Fische verendeten. Die Fische erlitten eine Ammoniumautointoxikation, da sie nach Einleitung der verschmutzten Baugrubenwässer wegen des hohen pH-Wertes im Dießenleitenbach das durch den eigenen Stoffwechsel gebildete Ammoniak nicht mehr ausscheiden konnten.

In rechtlicher Hinsicht stellte die belangte Strafbehörde auf § 137 Abs 3 lit d) iVm § 31 Abs 1 WRG 1959 ab und führte näher aus, daß der Bw durch sein sorgfaltswidriges Verhalten die Verunreinigung eines Gewässers bewirkt habe.

2.2. Die Berufung bekämpft das Straferkenntnis seinem gesamten Umfange nach und wendet sich gegen die Feststellung, der Bw hätte am 25. August 1992 einen Arbeiter beauftragt den in der Baugrube befindlichen Schacht zu leeren. Im Gegensatz dazu habe das Beweisverfahren eindeutig ergeben, daß das Wasser weder trüb noch schmutzig, sondern vielmehr klar und völlig unbedenklich war. Es hätten sich keinerlei Anhaltspunkte für eine Verschmutzung oder sonstige negative Auswirkungen auf den D ergeben.

Diesbezüglich verweist der Bw auf seine Stellungnahme vom 22. Februar 1993 sowie auf die Aussage des Zeugen Dr.

R.

Dieser Zeuge habe in seiner Stellungnahme vom 7. Mai 1992 angegeben, daß es durchaus möglich sei, daß das Baugrubenwasser relativ klar erscheine. Eine eventuell lehmige Substanz hätte durch den Betrieb der Pumpe aufgewirbelt werden können. Der Maurergeselle x, den der Bw am 25. August 1992 in der Früh beauftragt hatte, das im Schacht vorhandene Wasser herauszupumpen, hatte auch keinerlei Bedenken. Sonst hätte er das Auspumpen nicht durchgeführt oder seine Bedenken geäußert. Die Erstbehörde hätte diesen Zeugen dazu einvernehmen müssen, worin zweifellos eine Mangelhaftigkeit des Verfahrens zu sehen sei. Es werde jedenfalls beantragt diesen Zeugen zu vernehmen. Es existiere über dessen angebliche Angaben lediglich ein Wahrnehmungsbericht in der Anzeige der Bundespolizeidirektion Linz. Durch die unterlassene Zeugenaussage habe die Erstbehörde zumindest unrichtiges Ermessen ausgeübt.

Auch im Verwaltungsstrafverfahren gelte der Grundsatz "in dubio pro reo". Die Würdigung der Aussage des Zeugen Dr.

x durch die Erstbehörde sei unverständlich. Es hätte eine Feststellung nach der für den Bw günstigsten Variante erfolgen müssen. Tatsächlich habe der Bw nicht gegenüber Dr.

x angegeben, daß in der Baugrube am Vortag betoniert worden wäre. Der Schacht wäre jedenfalls "überhaupt nicht von uns betoniert" und es wären "von uns im dortigen Bereich auch keine Betonierungsmaßnahmen gesetzt" worden, "zumal vor dem Auspumpen". Es handelte sich um einen Fertigteilschacht, der bereits zirka 2 Wochen vor dem Versetzen auf der Baustelle im Werk produziert worden wäre.

Eine Gewißheit über die tatsächliche Verunreinigung des Wassers mit Zement sei ohnehin auch bisher nicht gegeben.

Schon in seinem Bericht vom 2. September 1992 hätte Dr.

x nur eine diesbezügliche Vermutung darlegen können.

Daran habe sich zwischenzeitig nichts geändert, wie sich aus der späteren Aussage dieses Zeugen ergebe. Aufgrund der Tatsache, daß es sich um einen Fertigteilschacht handelte, der schon einige Zeit davor eingesetzt worden wäre, hätte der Bw nicht damit rechnen müssen, daß allenfalls eine Betonschlempe entstehen und in den Bach abgeleitet werden würde. Man könne nämlich begründet davon ausgehen, daß sich nach zwei Wochen kein Beton mehr lösen kann. Außerdem sei die Betonoberfläche, mit der das Wasser in Berührung kam, nur sehr klein gewesen.

Zusammenfassend führt die Berufung aus, daß es für den Bw in keiner Form erkennbar gewesen wäre, daß sich in dem für ihn klaren Wasser - dieser Umstand werde weitgehend vom Zeugen Dr. R bestätigt - Schadstoffe befinden könnten, die zu einem Fischsterben führen. Es sei dem Bw daher auch kein schuldhaftes Verhalten vorzuwerfen.

Gegen die Strafbemessung wendet der Bw ein, daß die über ihn verhängte Geldstrafe von S 5.000,-- bei weitem zu hoch bemessen sei. Gerade im Hinblick auf seine bisherige Unbescholtenheit und den damit verbundenen ordentlichen Lebenswandel hätte man mit einer geringeren Geldstrafe völlig das Auslangen gefunden. Besonders berücksichtigenswert seien auch seine Sorgepflichten für Gattin und 4 Kinder.

2.3. Die belangte Behörde hat ihre Verwaltungsstrafakten und die Berufung zur Entscheidung vorgelegt und in ihrer Stellungnahme das Straferkenntnis verteidigt.

3.1. Der unabhängige Verwaltungssenat hat nach Einsicht in die vorgelegten Verwaltungsakten und unter Berücksichtigung des Berufungsvorbringens festgestellt, daß der entscheidungswesentliche Sachverhalt schon nach der Aktenlage hinreichend geklärt erscheint. Die Durchführung einer Berufungsverhandlung hätte keine neuen Ergebnisse erbracht. In der Berufung wurden die wesentlichen Abläufe weder bestritten noch begründete Beweisanträge gestellt. In erster Linie waren Rechtsfragen zu beurteilen.

3.2. Das Berufungsvorbringen kann nach Ansicht des unabhängigen Verwaltungssenates die sorgfältige und folgerichtige erstbehördliche Beweiswürdigung nicht erschüttern. Die Berufung bestreitet weitgehend substanzlos die Kausalität des vom Bw veranlaßten Schachtauspumpens und behauptet entgegen allen Beweisergebnissen und entgegen der allgemeinen Lebenserfahrung die Vornahme von Betonierungsarbeiten. Der Grundsatz "in dubio pro reo" wird als verletzt erachtet, weil die belangte Strafbehörde festgestellt hat, daß die Baugrubenwässer trüb bzw schlammig waren. Der Bw strebt die Tatsachenfeststellung an, daß er klares Wasser (Grundwasser) in den Dießenleitenbach abpumpen ließ. Daraus will er dann in rechtlicher Hinsicht zu seinen Gunsten ableiten, daß für ihn der Schadstoffgehalt des Baugrubenwassers nicht erkennbar gewesen wäre, weshalb ihm kein schuldhaftes Verhalten vorgeworfen werden könne.

3.3. Der unabhängige Verwaltungssenat tritt der überzeugenden erstbehördlichen Beweiswürdigung bei. Der Bericht des Dr. R, Amtssachverständiger für Biologie, vom 2. September 1992 sowie die Laboruntersuchungen (vgl die chemische Analyse vom 1.9.1992 und die toxikologischen Untersuchungen mittels Fischleberzellkulturtest und Leuchtbakterientest vom 26. und 28.8.1992) der gezogenen Wasserproben und die Untersuchung der Bundesanstalt für Fischereiwirtschaft vom 1. September 1992 beweisen eindeutig die Verursachung des Fischsterbens infolge der Giftigkeit des mit Zement- bzw Betonschlempe verunreinigten Baugrubenwassers, das über Weisung des Bw in den D abgepumpt worden ist. Dazu kommen noch die Anzeige des Wachzimmers O vom 25.8.1992 und die Strafanzeige der kriminalpolizeilichen Abteilung der Bundespolizeidirektion Linz mit Übersichtsskizze und angefertigten Lichtbildern auf den Aktblättern 58 bis 62 des vorgelegten Aktes. Vor allem die Lichtbilder Nr. 6 und 7 auf Blatt 60 dokumentieren eindrucksvoll die Verunreinigungen mit Betonschlempe im Endbereich der verwendeten Schlauchleitung und damit der Austrittsstelle des Wassers.

Daraus ist ersichtlich, daß das in den D abgepumte Wasser aus der Baugrube eher einen trüben und schlammigen als einen klaren Eindruck beim Bw hinterlassen haben muß. Außerdem muß die Tauchpumpe Schlamm bzw Schwebstoffe aufgewirbelt haben, die dann das Wasser trüb erscheinen ließen. Jedenfalls konnten dem Bw die groben Verunreinigungen auf der Böschung zum D nicht verborgen geblieben sein. In seiner ersten Aussage vor der Kriminalpolizei (vgl Akt, 47: Niederschrift vom 27.8.1992) hat der Bw noch zugestanden, daß auch Sandschlamm in den Bach gelangt ist. Auch dieser zugestandene Umstand spricht typischerweise für eine Auswaschung von frischem Beton.

Der als Zeuge vernommene Amtssachverständige Dr. R (vgl Aktblätter 36 und 37: Niederschrift vom 7.5.1993) erklärte zum deutlich sichtbaren Schwemmkegel im Abflußbereich zum D, daß daraus nicht unbedingt (also zwingend) abgeleitet werden könne, daß das Wasser in der Baugrube trüb und nicht relativ klar gewesen sei. Schwebstoffe, die zu einer Trübung des Wassers führten, müssen trotz des angenommenen Ausschwemmens bzw Auslaugens von frischem Beton nicht vorhanden gewesen sein. Allerdings können durch den Betrieb der Pumpe Schwebstoffe aufgewirbelt worden sein.

Wenn die belangte Behörde bei dieser Beweislage keine Feststellung zu Gunsten des Bw traf, sondern davon ausging, daß das Baugrubenwasser schlammig war, kann darin keine Verletzung des Zweifelsgrundsatzes gesehen werden. Denn dieser ist nur beachtlich, wenn die Beweisergebnisse alternative Feststellungen zulassen, die gleichermaßen wahrscheinlich sind. Das ist aber gegenständlich nicht der Fall gewesen, weil die Beweise viel eher - wenn auch nicht gerade zwingend - auf eine schlammige Konsistenz des Baugrubenwassers hinweisen. Die Strafbehörde konnte daher ohne Verfahrensmangel die für den Bw ungünstigere Variante ihrer Entscheidung zugrundelegen. Dafür sprach auch die in der Anzeige des Wachzimmers O wiedergegebene Äußerung des beantragten Zeugen S J, der anläßlich der ersten polizeilichen Ermittlungen am 25.

August 1992 zugab, daß er über Auftrag des Poliers ca 1300 l schlammigen Wassers aus dem Schacht gepumpt und über eine Wiese in den D habe rinnen lassen (vgl Aktblatt 45).

3.4. Angesichts der erdrückenden Beweislage war es auch kein Verfahrensmangel, von einer förmlichen Vernehmung des J S abzusehen. In den sonstigen Beweisergebnissen des erstbehördlichen Verfahrens fanden die Feststellungen der Strafbehörde eine hinreichende Stütze. Außerdem hatte der Bw die Einvernahme des J S, dessen Aussage zur Aufklärung des relevanten Sachverhalts ohnehin nicht erforderlich war, nicht einmal beantragt. Erstmals im Berufungsverfahren wird ein solcher Antrag mit der spekulativen Begründung gestellt, daß dieser keine Bedenken gehabt hätte, das vorhandene Wasser auszupumpen. Wäre das Wasser bedenklich gewesen, hätte er sich wenigstens geäußert.

Damit hat aber die Berufung kein relevantes Beweisthema bezeichnet, das eine Einvernahme des J S erforderlich erscheinen ließe. Es spielt keine Rolle, was sich der angewiesene Arbeiter J S gedacht hat, als er den Auftrag erhielt, das Baugrubenwasser auszupumpen.

Es kommt nur darauf an, was der Bw als verantwortlicher Polier hätte sehen und bedenken müssen.

4. In der Sache hat der unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

4.1. Gemäß § 137 Abs 3 lit d) WRG 1959 begeht eine Verwaltungsübertretung und ist nach dem Einleitungssatz des Abs 3, sofern die Tat nicht einer strengeren Strafe nach Abs 4 oder 5 unterliegt, mit einer Geldstrafe bis zu S 100.000,-- zu bestrafen, wer durch Außerachtlassung der ihn gemäß § 31 Abs 1 treffenden Sorgfaltspflicht eine Gewässerverunreinigung bewirkt.

Nach § 31 Abs 1 WRG 1959 hat jedermann, dessen Anlagen, Maßnahmen oder Unterlassungen eine Einwirkung auf Gewässer herbeiführen können, mit der im Sinne von § 1297 ABGB (gewöhnlicher Sorgfaltsmaßstab) oder von § 1299 ABGB (Sorgfaltsmaßstab für fachkundige Personen) gebotenen Sorgfalt seine Anlagen so herzustellen, instandzuhalten und zu betreiben oder sich so zu verhalten, daß eine Gewässerverunreinigung vermieden wird, die den Bestimmungen des § 30 (Begriff der Reinhaltung) zuwiderläuft und nicht durch eine wasserrechtliche Bewilligung gedeckt ist.

§ 31 Abs 1 WRG 1959 bestimmt eine allgemeine wasserrechtliche Sorgfaltspflicht für jedermann, wobei der Sorgfaltsmaßstab nach Lage des Falles verschieden sein kann (vgl näher Raschauer, Kommentar zum Wasserrecht [1993], Rz 3 ff zu § 31 WRG). § 137 Abs 3 lit d) WRG 1959 ist daher ein fahrlässiges Erfolgsdelikt, das derjenige begeht, der eine Gewässerverunreinigung auf objektiv und subjektiv sorgfaltswidrige Weise herbeiführt.

4.2. Der objektive Sorgfaltsmaßstab geht von der Modellfigur eines einsichtigen und besonnenen Menschen aus dem Verkehrskreis des Täters aus und ist auf die konkrete Situation bei der Handlungsvornahme zu beziehen (vgl näher mwN Kienapfel, Grundriß des österreichischen Strafrechts, AT 5. A [1994], Z 25 Rz 7 ff; Leukauf/Steininger, Kommentar zum StGB, 3. A [1992] § 6 Rz 6). Es handelt sich dabei um eine je nach Verkehrskreis differenzierte Maßfigur (vgl näher Burgstaller, Das Fahrlässigkeitsdelikt im Strafrecht [1974] 54 ff). Letztlich geht es um jene Sorgfalt, die man von einem pflichtbewußten Menschen aus dem Verkehrskreis des Täters in der konkreten Situation billigerweise erwarten kann (vgl Leukauf/Steininger, Kommentar zum StGB, 3. A, § 6 Rz 12).

Im gegebenen Zusammenhang schließt sich der unabhängige Verwaltungssenat grundsätzlich den rechtlichen Wertungen der Strafbehörde zur Frage der Sorgfaltswidrigkeit des Verhaltens des Bw an. Es ist vor allem davon auszugehen, daß jedenfalls ein für Kanalisationsarbeiten verantwortlicher Polier wissen muß, daß nach dem Eintritt von Grundwasser (Hangwasser oder Uferfiltrat) in eine Baugrube durch Ausschwemmen oder Auslaugen von frischem Beton eine nachteilige chemische Veränderung des Wassers auftritt, die das Abpumpen einer größeren Menge des kontaminierten Wassers in einen nahegelegenen Bach wegen der Gefahren für die Biosphäre unverantwortlich erscheinen läßt.

Der O.ö. Verwaltungssenat hat eine Umformulierung des Spruches vorgenommen, um die wesentlichen Gesichtspunkte zu verdeutlichen und Redundanzen zu vermeiden.

4.3. Es ist von vornherein nicht glaubhaft, daß ein ordnungsgemäß ausgebildeter Baupolier um die Problematik der Auswaschung von unausgehärtetem Beton nicht wüßte. Sollte dies beim Bw der Fall gewesen sein, kann ihn dieser Umstand dennoch in objektiver Hinsicht nicht entlasten.

Unterdurchschnittliche Fähigkeiten und Kenntnisse führen nicht zur Herabsetzung der objektiven Sorgfaltsanforderungen (vgl Kienapfel, AT Z 25 Rz 14a; ders, Grundriß des österreichischen Strafrechts, Besonderer Teil I, 3. A [1990], § 80 Rz 22; Leukauf/Steininger, Kommentar zum StGB, 3. A, § 6 Rz 13). Im Rahmen der subjektiven Sorgfaltswidrigkeit, die in der Regel von der objektiven indiziert wird, könnte der Bw zwar mangelnde Kenntnisse und damit die für ihn persönlich nicht erkennbaren Sorgfaltsanforderungen in der gegebenen Situation einwenden.

Dieser Einwand entschuldigt aber nicht, weil ihm sog.

Einlassungs- oder Übernahmefahrlässigkeit anzulasten wäre.

Was zum allgemeinen Erfahrungs- und Wissensstand eines Baupoliers gehört, mußte sich der Bw aneignen, widrigenfalls er seine gefahrengeneigte Berufstätigkeit nicht hätte ausüben dürfen (vgl zum Ganzen Leukauf/Steininger, Kommentar zum StGB, 3. A, § 6 Rz 16 ff). Genau den gleichen Aspekt hat die belangte Strafbehörde unter Hinweis auf § 1299 ABGB angezogen, indem sie forderte, daß sich der Bw als verantwortlicher Vorarbeiter die erforderlichen Informationen hätte verschaffen müssen. Es sind keine Anhaltspunkte vorhanden, daß der Bw dazu nicht fähig oder ihm der Erwerb der Kenntnisse nicht zumutbar gewesen wäre.

Er hätte daher diesen Sorgfaltsmangel auch subjektiv zu vertreten.

Aufgrund der dargelegten Rechtslage spielt es letztlich gar keine Rolle, ob das Baugrubenwasser vor und während des Auspumpens klar erschien oder nicht. Denn ein einsichtiger und besonnener Kanalbauer hätte mit einer chemischen Verunreinigung durch Beton- bzw Zementschlempe gerechnet und deshalb keinesfalls die erhebliche Wassermenge von 1300 l in den noch dazu wenig Wasser führenden Dießenleitenbach einleiten lassen. War das Baugrubenwasser auch noch trüb bzw schlammig, so wären sogar von nichtfachkundigen Personen Bedenken zu erwarten gewesen.

Mit dem Hinweis, daß der Fertigteilschacht (genauer: die betonierten Fertigteile für den zu errichtenden Schacht) schon ca 2 Wochen vor dem Versetzen auf der Baustelle im Werk produziert worden wären, ist für den Bw nichts gewonnen, weil gerade anläßlich des "Versetzens" der Fertigteile, also des Ein- und Zusammenbaus der Fertigteile zu einem Schacht für den Kanalablaufstrang, Betonierungsarbeiten an Ort und Stelle durchgeführt werden müssen, von denen die belangte Behörde mit guten Gründen annahm, daß sie kurz vor dem Auspumpen des Schachtes und zwar wahrscheinlich am Vortag vorgenommen wurden (vgl Zeugenaussage Dris. R und Analyse der Wasserproben).

4.4. Der Eintritt des Erfolgs der Gewässerverunreinigung nach Einleitung der Baugrubenwässer in den D ist durch die polizeilichen Erhebungen und durch den Bericht des Amtssachverständigen Dr. R eindeutig erwiesen.

Aus den polizeilichen Anzeigen sowie dem Bericht Dris.

R geht hervor, daß eine größere Anzahl (mehrere hundert) toter Fische überwiegend kleiner als 10 cm den Anblick dominierten (vereinzelt wurden auch Bachforellen größer als 15 cm gefunden) und daß das Fischsterben unterhalb der Baustelle mindestens bis zur Mündung des Schießstättenbaches und damit über einige hundert Meter festzustellen war. Auch die ph-Wert empfindlichen Bachflohkrebse in den Algenbüscheln waren überwiegend abgestorben. Das Ausmaß der Gewässerverunreinigung iSd § 30 Abs 2 WRG 1959 war demnach ganz erheblich.

4.5. Zur erstbehördlichen Strafbemessung hat der Bw lediglich auf Umstände verwiesen, die von der Strafbehörde ohnehin ausreichend berücksichtigt wurden. Das gilt sowohl für den Milderungsgrund der Unbescholtenheit bzw des bisher ordentlichen Lebenswandels iSd § 34 Z 2 StGB als auch für die Berücksichtigung seiner persönlichen Verhältnisse. Auf sein Einkommen von S 18.000,-- netto und seine Sorgepflichten für Gattin und vier Kinder hat die belangte Behörde Bedacht genommen. Sie hat aufgrund dieser beachtlichen persönlichen Verhältnisse lediglich die geringe Strafe von S 5.000,-- und damit von 5 % des primären Strafrahmens gemäß § 137 Abs 3 WRG 1959 verhängt, obwohl das Ausmaß des Verschuldens und der mit der Tat verbundenen Schädigung der durch § 137 Abs 3 lit d) geschützten Interessen im konkreten Fall nicht als gering angesehen werden kann. Die Kriminalpolizei erstattete sogar Anzeige an die Staatsanwaltschaft. Das Umweltdelikt des § 181 (iVm § 180) StGB war deshalb nicht erfüllt, weil die qualifizierten tatbestandlichen Erfordernisse des § 180 Abs 1 Z 2 (Gefahr für den Tier- oder Pflanzenbestand in einem größeren Gebiet) und des § 180 Abs 2 StGB (nachhaltige, schwere Verunreinigung in großem Ausmaß) nicht erreicht wurden. Aus der Sicht des Verwaltungsstrafrechts kann angesichts des ausgedehnten Fischsterbens im Dießenleitenbach, dem nach den Schätzungen der Kriminalpolizei bis zu 1000 Tiere zum Opfer fielen, nur mehr von ganz erheblichen Folgen der Tat die Rede sein. Auch die ohne Bedenken erteilte Weisung, das kontaminierte Baugrubenwasser einfach in den Dießenleitenbach abzupumpen, war eine ziemlich leichtfertige Vorgangsweise. Der Unrechts- und Schuldgehalt der Tat hätte demnach eine wesentlich höhere Primärstrafe indiziert.

4.6. Die belangte Behörde hat nach dem gemäß § 16 Abs 2 VStG heranzuziehenden Ersatzfreiheitsstrafrahmen von 2 Wochen eine Ersatzfreiheitsstrafe von 2 Tagen und damit relativ gesehen von über 14 % festgesetzt. Dies entspricht auch nach Ansicht des unabhängigen Verwaltungssenates durchaus dem Schuldgehalt der Tat. Der relative Unterschied zur primären Geldstrafe ist in den persönlichen Verhältnissen des Bw hinreichend begründet. Die beiläufig geäußerte Ansicht der belangten Behörde, wonach die primäre Geldstrafe und die subsidiäre Ersatzfreiheitsstrafe prinzipiell auch unverhältnismäßig festgesetzt werden dürften, teilt der unabhängige Verwaltungssenat allerdings nicht.

Nach der ständigen Judikatur des O.ö. Verwaltungssenates ist die Ersatzfreiheitsstrafe im Hinblick auf das verfassungsrechtliche Verhältnismäßigkeitsprinzip des Art 1 Abs 3 PersFrSchG 1988 (BGBl Nr. 684/1988) grundsätzlich in Relation zu der verhängten Geldstrafe festzusetzen, wobei das Verhältnis der höchstmöglichen Geldstrafe zur höchstmöglichen Ersatzfreiheitsstrafe maßgebend ist. Nur mit besonderer Begründung darf davon abweichend aufgrund der Umstände des Einzelfalls aus Rücksicht auf die schlechten persönlichen Verhältnisse des Täters eine unverhältnismäßige Ersatzfreiheitsstrafe bemessen werden, die aber noch im Rahmen der Schuld des Täters vertretbar erscheinen muß. Eine im Grundsatz davon abweichende Meinung ist spätestens seit dem PersFrSchG 1988, in dessen Art 1 Abs 3 das Verhältnismäßigkeitsprinzip und das Übermaßverbot besonders betont wird, aus verfassungsrechtlichen Gründen nicht vertretbar. Eine Unverhältnismäßigkeit kann auch nicht unter Hinweis darauf gerechtfertigt werden, daß kein fester gesetzlicher Umrechungsschlüssel besteht. Dies hat lediglich insofern Auswirkungen, als bei der verhältnismäßigen Umrechnung von der primären Geldstrafe in eine subsidiäre Ersatzfreiheitsstrafe eine gewisse Unschärfe verbleibt, weshalb ein mathematisch exaktes Ergebnis für die Angemessenheit nicht erforderlich ist.

Allfällige von der belangten Behörde zitierte, abweichende Erkenntnisse hat der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 5. November 1987, Zl. 87/18/0087, schon vor dem Inkrafttreten des PersFrSchG 1988 stark relativiert, wenn er unter Hinweis auf ein Vorjudikat vom 27. November 1979, Zl. 2554/79, feststellte, daß eine (besondere) Begründung erforderlich ist, wenn zwischen der Höhe der verhängten Geldstrafe und der angedrohten Ersatzfreiheitsstrafe ein im Verhältnis zur (jeweiligen) Höchststrafe erheblicher Unterschied besteht. Außerdem übersieht die belangte Strafbehörde in diesem Zusammenhang, daß der Verwaltungsgerichtshof lediglich eine Ermessensprüfung im Umfang der Kriterien des Art 130 Abs 2 B-VG vornimmt, während der unabhängige Verwaltungssenat gemäß § 66 Abs 4 AVG (iVm § 24 VStG) berechtigt und verpflichtet ist, seine Anschauung an die Stelle jener der Unterbehörde zu setzen und den angefochtenen Bescheid (Straferkenntnis) nach jeder Richtung abzuändern. Er kann daher selbst dann eine Neubemessung der Ersatzfreiheitsstrafe vornehmen, wenn kein Ermessensfehler der Strafbehörde vorliegt.

Gegenständlich war aber auch die Ersatzfreiheitsstrafe zu bestätigen, weil der belangten Strafbehörde im Ergebnis beizupflichten ist, daß der Unrechts- und Schuldgehalt durchaus eine Strafe im Bereich von 15 % des Strafrahmens gerechtfertigt hätte.

5. Bei diesem Ergebnis war dem Bw für das Berufungsverfahren vor dem unabhängigen Verwaltungssenat gemäß § 64 Abs 2 VStG ein weiterer Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens in Höhe von 20 % der verhängten Geldstrafe vorzuschreiben.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. W e i ß

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