Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-260110/2/Wei/Bk

Linz, 23.03.1995

VwSen-260110/2/Wei/Bk Linz, am 23. März 1995 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Wolfgang Weiß über die Berufung des H D, vom 2.

Februar 1994 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Gmunden vom 19. Jänner 1994, Zl.

Wa 96-7/03-1991/Ha, wegen einer Verwaltungsübertretung nach dem § 137 Abs 2 lit o) Wasserrechtsgesetz 1959 - WRG 1959 (BGBl Nr. 215/1959 idF BGBl Nr. 252/1990) zu Recht erkannt:

I. Aus Anlaß der Berufung wird das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Strafverfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 2 VStG eingestellt.

II. Die Leistung von Beiträgen zu den Kosten des Strafverfahrens entfällt.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs 4 AVG 1991 iVm § 24 VStG 1991, § 66 Abs 1 VStG 1991.

Entscheidungsgründe:

1.1. Mit dem oben bezeichneten Straferkenntnis vom 19.

Jänner 1994 hat die belangte Behörde den Berufungswerber (Bw) wie folgt schuldig erkannt und bestraft:

"Sie haben am 7.1.1991 auf den in Ihrem Eigentum stehenden Grundstücken und , Kat.Gem. K, Gemeinde K, ein namenloses Gerinne auf einer Länge von 10 m verrohrt und diesen Zustand mindestens bis zum 23.3.1993 belassen, ohne im Besitze einer wasserrechtlichen Bewilligung zu sein." Durch die so umschriebene Tat erachtete die Strafbehörde den § 137 Abs 2 lit o) iVm §§ 41 Abs 2 und 105 Abs 1 lit m) WRG 1959 als verletzte Rechtsvorschriften und verhängte "gemäß § 137 Abs. 2 lit. o) WRG. 1959 i.d.g.F." eine Geldstrafe von S 2.000,-- und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 12 Stunden. Als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens wurde der Betrag von S 200,-vorgeschrieben.

1.2. Gegen dieses Straferkenntnis, das der Bw am 25. Jänner 1994 eigenhändig übernommen hat, richtet sich die Berufung vom 2. Februar 1994, die am 3. Februar 1994 - und damit rechtzeitig - bei der belangten Behörde einlangte.

2.1. Dem Straferkenntnis liegt folgender S a c h v e r h a l t zugrunde:

Die belangte Behörde nahm als erwiesen an, daß der Bw am 7.

Jänner 1991 ohne wasserrechtliche Bewilligung ein namenloses Gerinne auf den Grundstücken und , KG K Gemeinde K, auf eine Länge von 10 m verrohrt und bis 23.3.1993 belassen habe.

In seiner niederschriftlichen Rechtfertigung vom 10. April 1991 bestritt der Bw die angelastete Tat nicht, brachte jedoch vor, daß er die Bewilligungspflicht nicht kannte. Das Gerinne diene primär zur Ableitung von Drainagewässern und das Bachbett trockne bei länger ausbleibenden Niederschlägen fast aus. Bereits früher habe ein verrohrter Durchlaß von ca 5m im gegenständlichen Bereich im Zuge einer Wegquerung bestanden. Durch die Verrohrung sollte eine bessere Bearbeitung der landwirtschaftlich genutzten Grundstücke erreicht werden. Er habe quasi auch als Kompensation früher - anläßlich einer Golfplatzerrichtung - verrohrte Gerinneabschnitte wieder freigelegt.

Aktenkundig ist ferner der Bescheid der belangten Behörde vom 30. Dezember 1993, Zl. Wa-1782/12-1992/Ba/St, mit dem unter Vorschreibung von Nebenbestimmungen ua die wasserrechtliche Bewilligung für eine Verrohrung in der Länge von 6 m im Bereich des Grundstückes Nr. KG K sowie eine Verrohrung von 5 m eines namenlosen Gerinnes zwischen den Grundstücken und je KG K, Gemeinde K erteilt worden ist. Das Ansuchen um nachträgliche Bewilligung einer vorhandenen Verrohrung in der Länge von 21 m eines namenlosen Gerinnes im Bereich des Grundstückes , KG K wurde abgewiesen. Im Spruchpunkt II. wurde gemäß § 138 Abs 1 - gemeint lit a) - WRG 1959 die Entfernung der Verrohrung mit der Länge von 21 m und die Wiederherstellung des früheren Zustandes bis zum 31. Dezember 1995 vorgeschrieben.

2.2. In rechtlicher Hinsicht ging die belangte Behörde von einem bewilligungspflichtigen Regulierungswasserbau in einem Privatgewässer gemäß § 41 Abs 2 WRG 1959 aus, wobei sie begründend ausführte, daß die Verrohrung von Gerinnen neben einer Beeinträchtigung im Hochwasserfalle auch die ökologische Funktionsfähigkeit des Gewässers wesentlich beeinträchtige.

Die Errichtung von Schutz- und Regulierungswasserbauten ohne wasserrechtliche Bewilligung sei gemäß § 137 Abs 2 lit o) WRG 1959 strafbar. Der Bw habe bewilligungspflichtige Maßnahmen gesetzt. Seine Rechtfertigung gehe ins Leere, weil Unkenntnis des Gesetzes nur dann als unverschuldet angesehen werden könne, wenn jemandem die Verwaltungsvorschrift trotz Anwendung der nach seinen Verhältnissen erforderlichen Sorgfalt unbekannt geblieben ist. Abgesehen davon, daß die wasserrechtliche Bewilligungspflicht für die Verrohrung von Gerinnen allgemein bekannt sei, hätte sich der Bw durch einfache Rückfrage bei der Behörde von der Rechtslage überzeugen können.

Bei der Strafbemessung wertete die belangte Behörde als mildernd, daß der Bw wegen desselben Delikts noch nicht bestraft worden ist. Auf § 19 VStG sei Bedacht genommen worden. Die verhängte Strafe erscheine schuldangemessen.

2.3. In der Berufung erklärt der Bw, daß ihm die "Aussprache des Straferkenntnis" unerklärlich sei. Nach seiner Erinnerung sei ihm zugesagt worden, von einem Straferkenntnis abzusehen, wenn er ein Projekt vorlege. Das habe er getan und es sei auch abgehandelt worden. Gegen die Projektsauflagen habe er Berufung eingelegt, weil er glaube, daß ein Irrtum der belangten Behörde gegeben sei. Näheres stehe in seiner Berufung, die er aber nicht beigelegt hat.

Um so unverständlicher sei es für ihn, daß nun aus heiterem Himmel ein Straferkenntnis komme, wo das laufende Verfahren noch gar nicht abgeschlossen sei. Aus diesem Grund beantrage er die Aussetzung des Straferkenntnisses.

2.4. Die belangte Behörde hat ihren Verwaltungsstrafakt zur Berufungsentscheidung vorgelegt. Eine Gegenschrift wurde nicht erstattet.

3. Der unabhängige Verwaltungssenat hat nach Einsicht in die vorgelegten Verwaltungsakten festgestellt, daß das angefochtene Straferkenntnis schon nach der Aktenlage wegen eingetretener Strafbarkeitsverjährung aufzuheben ist. Eine Berufungsverhandlung war daher entbehrlich.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

4.1. Gemäß § 137 Abs 2 lit o) WRG 1959 begeht eine Verwaltungsübertretung und ist nach dem Einleitungssatz, sofern die Tat keiner strengeren Strafe unterliegt, mit einer Geldstrafe bis zu S 30.000,-- zu bestrafen, wer Schutz- und Regulierungswasserbauten ohne wasserrechtliche Bewilligung (§ 41 Abs 1 und 2) errichtet.

Geht man mit der Strafbehörde davon aus, daß es sich bei dem namenlosen Gerinne um einen Bach handelt, der als privates Gewässer iSd § 3 WRG 1959 anzusehen ist, so kam für die Verrohrung dieses Baches grundsätzlich eine Bewilligungspflicht gemäß § 41 Abs 2 WRG 1959 in Betracht.

Im Hinblick auf die tatbestandlichen Voraussetzungen dieser Bewilligungspflicht erscheinen aber die Feststellungen des Straferkenntnisses für eine erschöpfende rechtliche Beurteilung nicht ausreichend. Die Behörde hat nicht einmal klargestellt, ob es sich bei diesem Bach um ein fremdes Privatgewässer handelt. Die Frage der möglichen Einwirkungen ist nämlich in bezug auf öffentliche oder fremde private Gewässer aufzuwerfen und zu beantworten.

Darüber hinaus ist bei Berücksichtigung des ergangenen Bewilligungsbescheides festzustellen, daß dort von einer 21 und nicht 10 m langen Verrohrung eines namenlosen Gerinnes die Rede ist. Selbst nach Lektüre des Bewilligungsbescheides vom 30. Dezember 1993 kann sich der unabhängige Verwaltungssenat kein klares Bild machen. Es wäre an der Strafbehörde gelegen, die Tatfrage im Straferkenntnis nachvollziehbar darzustellen.

4.2. Abgesehen von diesen Begründungs- und Darstellungsmängeln hat die Strafbehörde möglicherweise eine ausdrückliche Aussage ist unterblieben rechtsirrtümlich angenommen, daß gegenständlich ein Dauerdelikt vorliegt. Dies kommt im Spruch des Straferkenntnisses insofern zum Ausdruck, als auf die Herstellung der Verrohrung am 7. Jänner 1991 und auf die Aufrechterhaltung dieses Zustandes bis mindestens 23. März 1993 (für diesen Umstand fehlen entsprechende Tatsachenfeststellungen) abgestellt worden ist.

Dazu ist klarzustellen, daß das Delikt der konsenslosen Errichtung von Schutz- und Regulierungswasserbauten gemäß dem § 137 Abs 2 lit o) WRG 1959 ein Zustandsdelikt und kein Dauerdelikt darstellt. Es ist mit Abschluß des Baus der Wasseranlage vollendet. Das Bestehenlassen des konsenslosen Zustands ist nicht Gegenstand des Straftatbestandes und damit auch kein strafbares Verhalten. Dafür gibt es im Deliktskatalog des § 137 WRG 1959 auch keinen anderen Straftatbestand. Das Betreiben - was immer man darunter verstehen mag - einer solchen konsenslos errichteten Wasseranlage ist nicht strafbar.

4.3. Zur Verjährungsfrage:

Gemäß § 137 Abs 9 Satz 2 WRG 1959 beginnt die Verjährung bei Errichtung oder Änderung einer Wasseranlage ohne wasserrechtliche Bewilligung erst nach Beseitigung des konsenslosen Zustandes. Nach dem Satz 1 des § 137 Abs 9 leg cit ist die Verfolgung einer Person abweichend von der für die Verfolgungsverjährung geltenden Regelfrist des § 31 Abs 2 VStG unzulässig, wenn gegen sie binnen einem Jahr von der Behörde keine Verfolgungshandlung vorgenommen worden ist.

Diese Jahresfrist beginnt demnach bei konsenslos errichteten Wasseranlagen erst mit Beseitigung des konsenslosen Zustandes, dh etwa mit nachträglich erteilter Bewilligung oder mit nachträglichem Wegfall der Bewilligungspflicht, zu laufen.

Schon § 137 Abs 4 WRG 1959 idF vor der Wasserrechtsnovelle 1990 sah eine vergleichbare Verjährungsvorschrift vor. Wie im Kommentar von Grabmayr/Rossmann, Das österreichische Wasserrecht, 2. A [1978], 646 Anm 8 zu § 137 WRG, berichtet wird, wurde diese Bestimmung durch die Wasserrechtsnovelle 1945 erstmals eingeführt, weil bei unbefugter Errichtung oder Änderung von Wasseranlagen selten oder fast nie innerhalb der damals noch dreimonatigen Verjährungsfrist eine Verfolgungshandlung vorgenommen und damit die Verjährung unterbrochen werden konnte. Ausschlaggebend war die Rechtsprechung des BGH (Slg 1033/1936), wonach die Verjährung der konsenslosen Errichtung mit Vollendung der Wasseranlage begann. Deshalb sollte in Abweichung von der üblichen Verfolgungsverjährung nach § 31 Abs 1 VStG auch beim Zustandsdelikt der bewilligungslosen Errichtung oder Änderung einer Wasseranlage die Verjährung - ähnlich wie bei einem Dauerdelikt - erst nach Beendigung des konsenslosen Zustandes in Lauf gesetzt werden, obwohl die Aufrechterhaltung dieses Zustands an sich nicht von der Strafnorm erfaßt wird. Lediglich der strafbare Betrieb einer konsenslosen Anlage wäre als Dauerdelikt anzusehen.

Diese von der allgemeinen Vorschrift des § 31 Abs 1 und 2 VStG abweichende Regelung betrifft demnach nur die Frage der Verfolgungsverjährung (vgl idS auch die Systematik bei Ringhofer, Verwaltungsverfahrensgesetze II [1992], 280 f Anm 6 ff zu § 31 VStG). Dies ergibt schon der systematische Zusammenhang. Die Strafbarkeitsverjährung des § 31 Abs 3 Satz 1 VStG wird dadurch nicht berührt. Sie beginnt auch bei Wasseranlagen ab dem verwiesenen Zeitpunkt des § 31 Abs 2 VStG, dh mit Abschluß der strafbaren Tätigkeit oder mit Eintritt des tatbestandsmäßigen Erfolges zu laufen.

Andernfalls könnte die konsenslose Errichtung oder Änderung einer Wasseranlage praktisch überhaupt nicht verjähren.

Derart weitreichende Folgen, die auch unter dem Aspekt des Sachlichkeitsgebotes des Gleichheitssatzes verfassungsrechtlich bedenklich erscheinen, hätte der Gesetzgeber zumindest ausdrücklich regeln müssen. Die oben dargestellten Motive des Gesetzgebers für die Einführung eines von der allgemeinen Regelung des VStG abweichenden Verjährungsbeginns bei Wasseranlagen gelten aber nicht für die Strafbarkeitsverjährung, die auch als absolute Verjährung bezeichnet wird (vgl etwa bei Ringhofer, Verwaltungsverfahrensgesetze II [1992], 288 E 43). Eine sachliche Rechtfertigung für die Anwendung des § 137 Abs 9 Satz 2 WRG 1959 auf die Strafbarkeitsverjährung ist nach Ansicht des unabhängigen Verwaltungssenates auch unter dem Gesichtspunkt der Erforderlichkeit einer vom VStG abweichenden Regelung gemäß Art 11 Abs 2 B-VG nicht erkennbar. Dementsprechend spricht auch die gebotene verfassungskonforme Interpretation gegen ein solches Ergebnis.

4.6. Die belangte Strafbehörde hat entweder in Verkennung der Deliktsnatur des § 137 Abs 2 lit o) WRG 1959 oder in Verkennung der maßgeblichen Rechtslage zur Verjährung gemäß § 31 Abs 3 Satz 1 VStG angenommen, daß sie auch noch nach mehr als 3 Jahren seit Abschluß der strafbaren Tätigkeit des Zustandsdelikts der konsenslosen Errichtung eines Schutzund Regulierungswasserbaus (Wasseranlage) ein Straferkenntnis erlassen dürfe. Sie hat damit ihr Straferkenntnis mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belastet.

Es war daher spruchgemäß das Straferkenntnis aufzuheben und die Einstellung des Strafverfahrens gemäß § 45 Abs 1 Z 2 VStG zu verfügen, ohne daß auf das Berufungsvorbringen eingegangen werden mußte.

5. Bei diesem Ergebnis entfällt gemäß § 66 Abs 1 VStG die Verpflichtung zur Leistung von Beiträgen zu den Kosten des Strafverfahrens.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. W e i ß

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