Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-260129/5/Wei/Bk

Linz, 06.07.1994

VwSen-260129/5/Wei/Bk Linz, am 6. Juli 1994 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Wolfgang Weiß über die Berufung des J H, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 4. März 1994, Zl. Wa-408-1990, wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 137 Abs 3 lit g) Wasserrechtsgesetz 1959 - WRG 1959 (BGBl Nr. 215/1959 idF BGBl Nr. 252/1990) zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Strafverfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 1 VStG 1991 eingestellt.

II. Die Leistung von Beiträgen zu den Kosten des Strafverfahrens entfällt.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs 4 AVG 1991 iVm § 24 VStG 1991; § 66 Abs 1 VStG 1991.

Entscheidungsgründe:

1.1. Mit dem oben bezeichneten Straferkenntnis vom 4. März 1994 hat die belangte Behörde den Berufungswerber (Bw) wie folgt schuldig erkannt:

"Sie haben in der Zeit vom 9.2. - 16.2.1994 die häuslichen Abwässer aus der Liegenschaft R, Gem. F, Grst. , KG S, in die V eingebracht, ohne hiefür eine wasserrechtliche Bewilligung zu besitzen.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:

§ 137 Abs 3 lit. g des Wasserrechtsgesetzes 1959, i.d.g.F.

der WRG.-Novelle 1990, BGBl.Nr. 252, i.V.m. § 32 Abs 1 und 2 leg.cit." Wegen dieser Verwaltungsübertretung hat die belangte Behörde eine Geldstrafe von S 1.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 48 Stunden) verhängt und einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens von S 100,-- vorgeschrieben.

1.2. Gegen dieses Straferkenntnis, das dem Bw im Wege der Ersatzzustellung am 17. März 1994 zugestellt worden ist, richtet sich die am 30. März 1994 bei der belangten Behörde eingelangte, rechtzeitige Berufung vom 29. März 1994.

2.1. Aus der Aktenlage ergibt sich im wesentlichen der folgende unstrittige Sachverhalt:

Mit Bescheid der belangten Behörde vom 7. Oktober 1991 wurde festgestellt, daß das unter Postzahl im Wasserbuch des Bezirkes V eingetragene Wasserbenutzungsrecht für die Ableitung der häuslichen Abwässer aus dem Wohnhaus R, Gemeinde F, erloschen ist. Die gegen diesen Bescheid eingebrachte Berufung wurde vom Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft mit Bescheid vom 8. Jänner 1992, Zl. 511.013/02-I 5/91, abgewiesen. Die vorgeschriebenen Löschungsvorkehrungen, die Faulanlage zu entleeren, zu reinigen und mit Schottermaterial zu verfüllen oder die Anlage als Teil einer künftigen Senkgrube mit Zustimmung der Baubehörde weiterzuverwenden, wurden nicht durchgeführt. Die häuslichen Abwässer werden weiterhin in die V abgeleitet.

Mit Schreiben der belangten Behörde vom 16. Februar 1994 wurde der im Spruch des Straferkenntnisses umschriebene Sachverhalt angelastet und zur Rechtfertigung aufgefordert.

Bei der Einvernahme am 2. März 1994 gab der Bw bekannt, die Marktgemeinde F hätte mit Schreiben vom 6.

Dezember 1993 mitgeteilt, daß die Gemeinde P wegen der Errichtung eines Kanales am 17. September 1993 um wasserrechtliche Bewilligung beim Amt der o.ö.

Landesregierung angesucht habe. Der Baubeginn könne für das Jahr 1995 erwartet werden. Eine solche Mitteilung hat auch die belangte Behörde mit Schreiben des Bürgermeisters von F vom 6. Dezember 1993, Zl. Bau - 713 - 1993/Neu, erhalten, dem zu entnehmen ist, daß das von der Gemeinde Pöndorf eingereichte Kanalprojekt Schwaigern auch die Liegenschaften in Rudlberg einschließt. Außerdem geht aus diesem Schreiben hervor, daß im Zuge der Erweiterung einer bestehenden Kläranlage eine Senkgrubenübernahmestelle errichtet werde, die voraussichtlich 1995 in Betrieb gehen könne.

Der Bw, der die Ableitung der häuslichen Abwässer über eine Dreikammer-Faulanlage in die V nicht bestritten hat, erklärte, daß der derzeitige Zustand bis zur Herstellung des Kanales nicht verändert werde. Es könne für den kurzen Zeitraum als Übergangslösung die teure Investition einer Senkgrube nicht zugemutet werden.

Aus dem Aktenvermerk vom 2. März 1994 geht hervor, daß Bürgermeister S von der Gemeinde P der belangten Behörde bekanntgab, daß die Wasserrechtsverhandlung über das Kanalprojekt für Herbst 1994 erwartet werde und daß die Ortschaft B Priorität habe. Derzeit sei mit der Kanalerrichtung in den nächsten 3 Jahren nicht zu rechnen.

2.2. In rechtlicher Hinsicht hat die belangte Behörde nach Darstellung der §§ 32 Abs 1 und 2, 137 Abs 3 lit g) WRG 1959 ausgeführt, daß durch die Ableitung der häuslichen Abwässer in die Vöckla trotz erloschener Bewilligung eine Einbringung von Stoffen in flüssigem Zustand und somit eine Einwirkung auf ein Gewässer vorgenommen werde. Das Argument der Errichtung eines Kanales in absehbarer Zeit sei nicht geeignet den strafbaren Tatbestand aufzuheben. Der gesetzmäßige Zustand könne nach den Bestimmungen des Wasserrechtsgesetzes nur durch die Einstellung der Abwasserableitung hergestellt werden.

Straferschwerende oder strafmildernde Gründe seien keine festgestellt worden. Bei der Beurteilung des Ausmaßes des Verschuldens habe die belangte Behörde berücksichtigt, daß die widerrechtliche Ableitung der Abwässer trotz genauer Kenntnis der Gesetzwidrigkeit erfolge. Ohne nähere Angaben wird behauptet, daß die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse bei der Bemessung der Geldstrafe berücksichtigt worden wären.

2.3. Die Berufung enthält folgende wörtliche Begründung:

1. Wir hatten zum Zeitpunkt der Errichtung unseres Hauses eine 3-Kammer-Kläranlage errichtet, die damals dem Stand der Technik entsprach. Da die Ortschaft R abseits des Einzugsbereiches der Kläranlage F liegt, war noch bis vor einigen Jahren eine Kanalisation dieses Bereiches nicht vorgesehen. Deshalb wurde von uns im guten Glauben diese Entsorgungsmöglichkeit gewählt, die uns auch von der Baubehörde damals empfohlen wurde.

2. Die Marktgemeinde F hat eine Vereinbarung mit der Gemeinde P dahingehend getroffen, daß die Ortschaft R in das Kanalprojekt S miteingebunden wird. Eine Kanalanschlußmöglichkeit wird daher bereits im Jahr 1995 gegeben sein (siehe Schreiben des Marktgemeindeamtes F v. 6.12.93).

3. Derzeit gibt es keine Übernahmemöglichkeit, die wirtschaftlich zumutbar ist. Der Umbau der bestehenden 3Kammer-Kläranlage in eine Senkgrube ist auf Grund des geringen Fassungsvermögens im Hinblick auf die Menge der anfallenden Haushaltsabwässer nicht rentabel. Außerdem ist eine Übernahme der Senkgrubeninhalte durch die Kläranlage F erst nach Fertigstellung des Erweiterungsbaues im Jahr 1995 möglich.

4. Es ist weiters nicht bewiesen, daß tatsächlich eine Verschmutzung des öffentl. Vgewässers stattgefunden hat. Dies wird nur vermutet und es konnten keine entsprechenden Beweismittel vorgebracht werden, in der die behauptete Verschmutzung bestätigt ist.

5. Dadurch, daß durch die 3-Kammer-Kläranlage ohnehin eine fast völlige Vorklärung erfolgt, ist nur eine äußerst geringe Verschmutzung des öffentl. Vgewässers gegeben. Weiters erlauben wir uns darauf hinzuweisen, daß auch Großkläranlagen keine völlige Reinigung der Abwässer garantieren.

Aus diesen angeführten Gründen ersuchen wir die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck, das Straferkenntnis vom 4.3.94, Zl.Wa-408-1990 ersatzlos aufzuheben.

2.4. Die belangte Behörde hat die eingebrachte Berufung mit dem Verwaltungsstrafakt zur Entscheidung vorgelegt und von einer Berufungsvorentscheidung abgesehen. Auch eine Gegenschrift wurde nicht erstattet.

3. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat bereits nach Einsichtnahme in die vorgelegten Verwaltungsakten festgestellt, daß das angefochtene Straferkenntnis voraussichtlich aufzuheben sein wird. Nach ergänzender Einholung von baubehördlichen Unterlagen des Bürgermeisters der Marktgemeinde Frankenmarkt stand fest, daß mit Aufhebung und Einstellung des Strafverfahrens vorzugehen ist, ohne daß die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung notwendig gewesen wäre.

Im Baubewilligungsbescheid vom 11. August 1980, Zl.

Bau-153/9-1286/1979/Ai., betreffend den Neubau eines Wohnhauses wird als Auflage Nr. 6 ausgeführt:

"6. Vor den Einbau der Kläranlage ist von der BH-Vöcklabruck eine wasserr.Bewilligung zu erwirken." Die baubehördliche Verhandlungsschrift vom 20. August 1979 stellt im Befund einleitend fest, daß die Errichtung des Einfamilienhauses auf der Parzelle , KG S, laut dem vorliegenden Einreichplan wie folgt durchgeführt werden wird. In weiterer Folge wird bemerkt, daß die Ableitung der Abwässer in eine Kläranlage erfolgen soll. Eine nähere Beschreibung dieser Kläranlage erfolgte nicht.

Über h. Anfrage teilte der Bürgermeister der Marktgemeinde F mit, daß die errichtete Dreikammer-Kläranlage von der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck wasserrechtlich bewilligt und entsprechend diesem Bescheid errichtet und betrieben worden wäre. Eine eigene baubehördliche Bewilligung für diese Kläranlage wäre nicht erforderlich gewesen, da Kläranlagen dann nicht baubewilligungspflichtig seien, wenn eine wasserrechtliche Bewilligung erforderlich ist. Beanstandungen habe es bisher keine gegeben.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

4.1. Gemäß § 137 Abs 3 lit g) WRG 1959 begeht eine Verwaltungsübertretung und ist, sofern die Tat nicht einer strengeren Strafe nach Abs 4 oder 5 unterliegt, mit Geldstrafe bis zu S 100.000,-- zu bestrafen, wer ohne die gemäß § 32 Abs 1 und 2 erforderliche wasserrechtliche Bewilligung oder entgegen einer solchen eine Einwirkung auf Gewässer vornimmt.

Mit Bescheid vom 12. Dezember 1979, Wa-1018-1979, wurde die wasserrechtliche Bewilligung zur Ableitung der häuslichen Abwässer aus dem Wohnhaus R, F, in die V nach teilbiologischer Vorreinigung in einer Dreikammer-Faulanlage mit ca 5 m 3 Nutzinhalt bis längstens 31.

Dezember 1990 befristet erteilt. Die Kläranlage erschien für 5 ständig anwesende Personen ausreichend bemessen (vgl Verhandlungsschrift vom 12. November 1979, Seite 2). Mit Bescheid vom 15. Dezember 1980, Wa-892-1980, hat die belangte Behörde festgestellt, daß die errichteten Abwasseranlagen im wesentlichen mit der erteilten Bewilligung übereinstimmen. Mit Bescheid vom 7. Oktober 1991, Wa-408-1990/Wi, hat die belangte Behörde das Erlöschen des Wasserbenutzungsrechtes festgestellt und Vorkehrungen gemäß § 29 WRG 1959 vorgeschrieben, die Faulanlage entweder bis 1.

Juni 1992 zu beseitigen oder mit Zustimmung der Baubehörde als Teil einer Senkgrube weiterzuverwenden. Mit Bescheid vom 8. Jänner 1992, Zl. 511.013/02-I 5/91, hat der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft eine dagegen eingebrachte Berufung abgewiesen.

Der Bw hat sich um den wasserbehördlichen Konsens für die weitere Ableitung in die V bis zu einer Anschlußmöglichkeit der Ortschaft R an eine Kanalisation der Nachbargemeinde P bemüht und auf die fehlenden Entsorgungsmöglichkeiten hingewiesen. Eine weitere wasserrechtliche Bewilligung wurde aber nicht erteilt, weil der Stand der Technik mittlerweile eine vollbiologische Klärung erfordert. Die belangte Behörde hat vielmehr mit Schreiben vom 16. Februar 1994 das Strafverfahren eingeleitet.

Unbestritten ist die auch nach dem Erlöschen der Bewilligung erfolgende weitere Ableitung der häuslichen Abwässer über die bestehenden Anlagen in die V. Diese Einleitung erfolgt an sich ohne die gemäß § 32 Abs 1 und 2 lit a) WRG 1959 erforderliche Bewilligung. Der Verwaltungsgerichtshof hat die Ableitung der Abwässer eines FünfPersonen-Haushaltes nicht als geringfügig und damit als bewilligungspflichtig angesehen (vgl VwGH 23.4.1991, 91/07/0037 = ÖWWV 1991, 250). Dennoch kann die Verwaltungsübertretung des § 137 Abs 3 lit g) WRG 1959 nicht herangezogen werden. Die belangte Behörde hat nämlich die geänderte Rechtslage übersehen, die seit der Wasserrechtsnovelle 1993 (vgl Art VII des BGBl Nr. 185/1993, kundgemacht am 16. März 1993) durch die neueingeführte Übergangsbestimmung des § 33g WRG 1959 gilt. Mit dieser hat der Gesetzgeber rückwirkend wesentliche Erleichterungen für bestehende Kleinanlagen und Indirekteinleiter geschaffen.

4.2. § 33g Abs 1 WRG 1959 lautet wie folgt:

"Anlagen zur Ableitung oder Versickerung kommunaler Abwässer mit einem maximalen täglichen Schmutzwasseranfall von kleiner oder gleich 10 EGW 60 , die am 1. Juli 1990 bestanden haben, gelten als bewilligt (§ 32), wenn sie baubehördlich bewilligt wurden und bewilligungsgemäß betrieben und instandgehalten werden. Diese Bewilligung endet bei Anlagen mit zumindest teilbiologischer Abwasserbehandlung am 31. Dezember 1998, bei anderen Anlagen am 31. Dezember 1996, längstens aber mit Inkrafttreten einer Verordnung gemäß § 33f Abs 3 für die im Grundwassersanierungsgebiet liegenden Anlagen. Auf solche Anlagen findet § 33c keine Anwendung." Nach dem Ausschußbericht (zitiert bei Rossmann, Wasserrecht, 2. A [1993], 150 f und Raschauer, Kommentar zum Wasserrecht [1993], § 33g Rz 2) sollen mit der durch § 33g WRG 1959 eingeführten Übergangsregelung Probleme und unbillige Härten, die infolge der durch die Wasserrechtsnovelle 1990 wesentlich verschärften Gewässerschutzvorschriften entstanden sind, für jene Kleineinleiter, die bislang als bloß geringfügig und damit bewilligungsfrei angesehen wurden, vermieden werden. Mit der Regelung werden bestehende, der Bauordnung entsprechende Anlagen generell bewilligt, wobei die Bewilligungsdauer je nach Anlagentyp 1996 oder 1998 endet. Damit soll ein deutliches Signal gesetzt werden, daß zwar die Anlagenbetreiber nicht kriminalisiert werden sollen, die Anlagen aber doch in absehbarer Zeit an den heutigen Standard herangeführt werden müssen.

Raschauer weist ausgehend von der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes auf die schon bisher bestehende Bewilligungspflicht der Ableitung von Abwässern eines Fünf-Personen-Haushaltes hin und bemerkt kritisch, daß jahrelange Vollzugsdefizite durch die Novelle 1993 nachträglich belohnt würden (vgl Raschauer, Kommentar zum Wasserrecht, § 33g Rz 2). Dem ist entgegenzuhalten, daß bis zur Wasserrechtsnovelle 1990 die nicht eindeutig lösbare Frage der Geringfügigkeit großzügiger gehandhabt werden konnte und die Grenzziehung sicherlich schwierig war. Was immer man aus rechtspolitischer Sicht von der Einführung des § 33g WRG 1959 halten mag. Der Gesetzgeber hat jedenfalls durch die Einführung des § 33g WRG 1959 in gewissem Gegensatz zur Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zum Ausdruck gebracht, daß er Anlagen zur Ableitung oder Versickerung kommunaler (= häuslicher; vgl dazu die Begriffsbestimmung des § 1 Abs 3 Z 2 Allgemeine Abwasser emissionsverordnung - AAEV , BGBl Nr. 179/1991) Abwässer ohne Rücksicht auf eine Vorreinigung! - bis zu einem täglichen Schmutzwasseranfall von 10 Einwohnergleichwerten als nach der Rechtslage vor der Wasserrechtsnovelle 1990 nicht bewilligungspflichtig und damit geringfügig ansieht.

Denn nur in diesem Fall können durch die Wasserrechtsnovelle 1990 unbillige Härten für Kleineinleiter entstanden sein.

Die gesetzliche Bewilligungsfiktion iSd § 32 WRG 1959 hat vier Voraussetzungen:

Die Anlage zur Ableitung oder Versickerung kommunaler Abwässer muß a) am 1. Juli 1990 bestanden haben, b) baubehördlich bewilligt sein, c) konsensgemäß betrieben und instandgehalten werden und d) der tägliche Schmutzwasseranfall darf 10 EGW 60 nicht übersteigen.

Nach § 1 Abs 1 letzter Absatz der 1. Emissionsverordnung für kommunales Abwasser (BGBl Nr. 180/1991, zuletzt geändert durch BGBl Nr. 537/1993) bezeichnet der Ausdruck "EGW 60 " eine Schmutzfracht von 60g BSB 5 pro Einwohnergleichwert und Tag. Der Abwasserparameter BSB 5 bezeichnet den biochemischen Sauerstoffbedarf in 5 Tagen, berechnet als O 2 (vgl Anlage A zur 1. Emissionsverordnung für kommunales Abwasser).

Die oben angeführten Voraussetzungen der Übergangsregelung des § 33g Abs 1 WRG sind - vorbehaltlich der im nächsten Punkt noch näher zu untersuchenden Frage der Baubewilligungspflicht - erfüllt. Die Kläranlage mit teilbiologischer Reinigung in einer Dreikammer-Faulanlage besteht nach der Aktenlage seit Anfang der Achtziger Jahre in unveränderter Funktion. Sie wurde sogar wasserrechtlich bewilligt. Beanstandungen sind nach dem Akteninhalt weder aus baubehördlicher noch aus wasserrechtlicher Sicht erfolgt. Deshalb ist grundsätzlich vom konsensgemäßen Betrieb und einer ordnungsgemäßen Instandhaltung auszugehen.

Aus dem Gutachten des wasserbautechnischen Amtssachverständigen (vgl Seite 2 der Verhandlungsschrift vom 12.11.1979) ergibt sich, daß häusliche Abwässer von maximal 5 Einwohnern bzw Einwohnergleichwerten (EGW) in einer Menge von 1,0 m 3 pro Tag projektsgemäß vorgesehen waren. Die gesetzlich zulässige Schmutzfracht von 10 EGW wird demnach bei weitem nicht erreicht.

4.3. Aus den beigeschafften baubehördlichen Unterlagen geht hervor, daß die Errichtung der Kläranlage (Dreikammer-Faulanlage) bei der Bauverhandlung betreffend den Neubau eines Wohnhauses besprochen und in einer Bescheidauflage erwähnt wurde. Eine nähere Beschreibung der Kläranlage hat die Baubehörde nicht vorgenommen. Wie aus der Anfragebeantwortung des Bürgermeisters der Gemeinde F hervorgeht, steht und stand die Baubehörde auf dem Standpunkt, daß eine baubehördliche Bewilligung für Kläranlagen, die wasserrechtlich bewilligungspflichtig sind, nicht erforderlich sei. Vom Gegenteil geht offenbar der Wasserrechtsgesetzgeber der Übergangsregelung des § 33g WRG 1959 aus. Der Ansicht der Baubehörde ist aber auch nach der O.ö. Bauordnung zu widersprechen.

§ 41 Abs 4 lit h) O.ö. Bauordnung nimmt von der Bewilligungspflicht gemäß Abs 1 aus:

wasserrechtlich bewilligungspflichtige Schutz- und Regulierungswasserbauten, Entwässerungsanlagen und Wasserbenutzungsanlagen, soweit es sich hiebei um Bauten handelt, die nicht auch anderen Zwecken dienen.

Diese Bauten sind nach den einschlägigen wasserrechtlichen Vorschriften zu bestimmen, wobei wesentliche Voraussetzung nicht das Vorliegen einer wasserrechtlichen Bewilligung, sondern die wasserrechtliche Bewilligungspflicht ist. Diese ergibt sich für Schutz- und Regulierungswasserbauten aus § 41 WRG 1959, für Entwässerungsanlagen aus § 40 WRG 1959 und für Wasserbenutzungsanlagen aus § 9 WRG 1959 (vgl Neuhofer/Sapp, Kommentar zum O.ö. Baurecht, 3. A [1991], 181 Anm 9 zu § 41).

§ 9 WRG erfaßt nach hM aber nur Wasserbenutzungsanlagen im engeren Sinn. Dabei ist unter Wasserbenutzung der Gebrauch der Wasserwelle und ein damit unabdingbar zusammenhängender Gebrauch des Gewässerbettes anzusehen (vgl Neuhofer/Sapp, Kommentar zum O.ö. Baurecht, 3. A, 181 Anm 9 zu § 41; Raschauer, Kommentar zum Wasserrecht, § 9 Rz 4 und § 11 Rz 2; Rossmann, Wasserrecht, 2. A, 33 Anm 1 zu § 9). Eine Abwasseranlage ist keine Wasserbenutzungsanlage im engeren Sinn des § 9 WRG 1959. Sie fällt vielmehr unter die Bewilligungspflicht nach §§ 32 ff WRG 1959. Deshalb mußte der Gesetzgeber im § 32 Abs 6 WRG 1959 ausdrücklich anordnen, daß auf Einwirkungen, Maßnahmen und Anlagen, die nach § 32 Abs 1 bis 4 bewilligt werden, die für Wasserbenutzungen (Wasserbenutzungsanlagen) geltenden Bestimmungen des Wasserrechtsgesetzes sinngemäß Anwendung finden. Dieser ausdrückliche Verweis im Wasserrechtsgesetz hat aber keine Bedeutung für die Ausnahmen von der Bewilligungspflicht nach der O.ö. Bauordnung, weil diese nur auf Wasserbenutzungsanlagen im engeren Sinn, nicht aber auf solche Anlagen, die wie Wasserbenutzungsanlagen zu behandeln sind, abstellt. Erweiterte Ausnahmen von der Baubewilligungspflicht kann nur der Landesgesetzgeber schaffen.

4.4. Im Ergebnis ist daher festzustellen, daß die baulichen Anlagen zur Abwasserbeseitigung über eine Kläranlage (konkret teilbiologische Dreikammer-Faulanlage) nach der O.ö. Bauordnung bewilligungspflichtig sind. Da die gegenständliche Kläranlage - wenn auch sehr eingeschränkt im Bauverfahren behandelt worden ist, erscheint es bei der gebotenen gesetzeskonformen Interpretation des Baubewilligungsbescheides noch vertretbar, auch die Kläranlage als Gegenstand des Bauverfahrens und damit als baubehördlich bewilligt anzusehen.

Damit liegen aber sämtliche Voraussetzungen für die Bewilligungsfiktion des § 33g Abs 1 WRG 1959 vor. Da es sich um eine Anlage mit teilbiologischer Abwasserbehandlung handelt, endet die gesetzlich fingierte Bewilligung iSd § 32 WRG 1959 am 31. Dezember 1998. Bei dieser Sach- und Rechtslage kann entgegen der belangten Strafbehörde nicht von einer im Sinne des § 137 Abs 3 lit g) WRG 1959 bewilligungslosen Einbringung der häuslichen Abwässer in die V gesprochen werden, weshalb spruchgemäß zu entscheiden war.

5. Bei diesem Ergebnis entfällt auch gemäß § 66 Abs 1 VStG die Verpflichtung zur Leistung von Beiträgen zu den Kosten des Strafverfahrens.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. W e i ß

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