Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-260142/2/Wei/Bk

Linz, 08.11.1995

VwSen-260142/2/Wei/Bk Linz, am 8. November 1995 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Wolfgang Weiß über die Berufung des B C, Geschäftsführer, vom 18. Oktober 1994 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Gmunden vom 30.

September 1994, Zl. 96-55/15-1992/SF/RG, wegen Verwaltungsübertretungen nach dem § 137 Abs 3 lit g) und dem § 137 Abs 2 lit w) Wasserrechtsgesetz 1959 - WRG 1959 (BGBl Nr. 215/1959 idF BGBl Nr. 252/1990) zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und die Strafverfahren werden gemäß § 45 Abs 1 Z 1 VStG eingestellt.

II. Die Verpflichtung zur Leistung von Kostenbeiträgen entfällt.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs 4 AVG 1991 iVm § 24 VStG 1991, § 66 Abs 1 VStG 1991.

Entscheidungsgründe:

1.1. Mit dem oben bezeichneten Straferkenntnis vom 30.

September 1994 hat die belangte Behörde den Berufungswerber (Bw) wie folgt schuldig erkannt und bestraft:

"Sie haben als verwaltungsstrafrechtlich verantwortlicher Geschäftsführer der A Chemie GmbH. & Co.KG., B bei der Beaufsichtigung der Abwasserbeseitigung des Betriebes in B nicht die notwendige Sorgfalt aufgewendet, sodaß 1. entgegen den Auflagen im wasserrechtlichen Bewilligungsbescheid der Bezirkshauptmannschaft Gmunden vom 18.09.1970, Wa-681-1970, eine Einwirkung auf ein Gewässer dadurch vorgenommen wurde, daß a) am 22.09.1992 und am 13.11.1992 entgegen Punkt 3. des Amtsgutachtens der Verhandlungsschrift vom 14.09.1970, Wa-681-1970, welche einen wesentlichen Bestandteil des obzitierten Bescheides darstellt, toxisches Abwasser in den Sickerschächten 1 und 2 zur Versickerung gebracht wurde.

b) bei der Produktion eine Änderung der Abwasserart und Abwassermenge vorgenommen wurde [Spruchabschnitt I., e)].

2. bis zum 30.11.1992 der Wasserrechtsbehörde keine Wasseruntersuchungsbefunde im Sinne des § 134 Wasserrechtsgesetz 1959 vorgelegt wurden." Durch die so umschriebenen Tatanlastungen erachtete die Strafbehörde zu 1. a) und b) je § 137 Abs 3 lit g) iVm § 32 Abs 1 und 2 WRG 1959, zu 2. den § 137 Abs 2 lit w) iVm § 134 WRG 1959 als verletzte Rechtsvorschriften und verhängte folgende Strafen:

Zu 1. a) Geldstrafe S 5.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 60 Stunden); zu 1. b) Geldstrafe S 2.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 24 Stunden); zu 2. Geldstrafe S 500,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 6 Stunden).

Als Beiträge zu den Kosten der Strafverfahren wurden gemäß dem § 64 VStG je 10 % der verhängten Geldstrafe, daher S 500,--, S 200,-- und S 50,-- festgesetzt. Überdies hat die belangte Behörde an Barauslagen für die Wasseranalyse den Betrag von S 13.410,-- vorgeschrieben.

1.2. Gegen dieses Straferkenntnis, das dem Bw am 4. Oktober 1994 zugestellt worden ist, richtet sich die am 18. Oktober 1994 - und damit rechtzeitig - zur Post gegebene Berufung vom 18. Oktober 1994, mit der das Straferkenntnis zur Gänze angefochten und erschließbar seine Aufhebung und die Einstellung der Strafverfahren angestrebt wird.

2. Aus der Aktenlage ergibt sich der folgende S a c h v e r h a l t :

2.1. Mit Bescheid vom 18. September 1970, Zahl Wa-681-1970, hat die belangte Behörde ein von Herrn A A eingereichtes Projekt zur Errichtung einer Abwasserbeseitigungsanlage auf der Parzelle , KG A, Gemeinde B, bestehend aus einer DreikammerKläranlage (System EBW, Type 300/11) mit Nutzinhalt von 11,00 m3, einem Benzinabscheider (System EBW, Type BA 3), einem Schlammfang (System EBW, Type BASF) sowie zwei Sickerschächten (Type EBW), und die Versickerung mechanisch vorgereinigter Abwässer nach Maßgabe der Projektsunterlagen und der mitfolgenden Verhandlungsschrift unter Vorschreibungen bewilligt. Dabei verweist der Spruch auf die "im Amtsgutachten in der Verhandlungsschrift vom 14.9.1970 unter Abschnitt A, Ziffer 1 - 10 angeführten Bedingungen und Auflagen" und sieht überdies im Punkt I. a) bis i) weitere Vorschreibungen vor.

Die gegenständlich relevanten Buchstaben lauten:

a) Die wasserrechtliche Bewilligung wird gemäß § 21 Abs 1 WRG 1959 befristet bis zur Möglichkeit des Anschlusses an die Ortskanalisation mit zentraler Abwasserreinigung erteilt.

b) Das Maß der Wasserbenutzung wird auf die im Amtsgutachten, Abschn. A, Ziffer 2 angeführten Mengen begrenzt.

e) Eine Änderung der bewilligten Anlage, der Abwasserart oder Abwassermenge bedarf einer neuerlichen wasserrechtlichen Bewilligung.

Abschnitt A des Amtsgutachtens in der Verhandlungsschrift vom 14. September 1970, auf den der Spruch des Bewilligungsbescheides verweist, lautet:

1. Die Anlage ist projektgemäß auszuführen, soferne nicht im folgenden Änderungen vorgeschrieben werden. Die Detailvorschriften der ÖNORMen, insbesondere der ÖNORM B 2501, B 2502 und B 2503 sind zu beachten.

2. Zur Ableitung dürfen nur folgende Abwasserarten und Abwassermengen gelangen:

a) Häusliche Abwässer, uzw. Fäkal- und Küchenabwässer sowie seifenhältige Abwässer in der Menge von 2,000 m3/Tag b) Abwässer aus dem Betrieb in der Menge von 5,600 m3/Tag c) benzin- und ölverschmutzte Abwässer in der Menge von 1,500 m3/Tag 3. Gifte, Mineralöl und Mineralölprodukte, wie Benzin, Benzol, Öle aller Art und dgl., andere feuergefährliche Flüssigkeiten oder Stoffe, ebenso Flüssigkeiten und Stoffe in Konzentrationen, die die Gesundheit von Mensch und Tier gefährden oder den Gemeingebrauch beeinträchtigen und die Fischerei schädigen könnten, sowie solche mit jonisierender Strahlung dürfen weder abgeleitet, noch versickert oder verrieselt werden.

4. Die Beseitigung der beschriebenen Abwässer in den Untergrund darf nur nach vorheriger Reinigung in nachstehender Reinigungsanlage erfolgen:

a) Kläranlage mit 3 Kammern, Nutzinhalt 11,0 m3 (0,85 m3/EGW) b) Benzinabscheider mit Schlammfang, Leistung 3,0 l/sec.

normal, 6,0 l/sec. maximal Falls sich während des Betriebes ergeben sollte, daß eine klaglose Versickerung der Abwässer nicht gewährleistet ist, ist die Einleitung der geklärten Abwässer in den Sickerschacht durch Abmauerung des Überlaufes zu unterbinden und die Anlage als flüssigkeitsdichte Senkgrube zu verwenden.

5. Niederschlagswasser sowie benzin- und ölverschmutzte Abwässer dürfen in die Kläranlage nicht eingeleitet werden.

6. Die Anlage ist tragfähig abzudecken, die einzelnen Kammern der Reinigungsanlage einschließlich der Revisionsschächte der Kanalanlage sind jederzeit leicht zugänglich zu halten und dürfen daher nicht mit Erde oder anderem Material überschüttet oder verbaut werden.

7. Die Abwasserbeseitigungsanlage ist über Dach zu entlüften.

8. Kläranlage und sonstige Reinigungsanlagen sind ständig sorgfältig zu warten und instandzuhalten, je nach Bedarf, jedoch mindestens 1 Mal jährlich, zu räumen.

Das Räumgut darf nicht in Wohngebieten oder im Hochwasserabflußbereich von Gewässern abgelagert und nicht in ein Gewässer eingebracht werden. Der Faulschlamm ist nach Kompostierung tunlichst landwirtschaftlicher Verwertung oder gärtnerischen Zwecken zuzuführen oder unschädlich an behördlich genehmigten Plätzen abzulagern.

Das Räumgut des Benzinabscheiders ist unschädlich zu sammeln, zu verwerten oder zu verbrennen.

Diese Vorschreibung ist in der Betriebs- und Wartungsvorschrift aufzunehmen. Eine Ausfertigung der wasserrechtlich bewilligten Wartungsvorschrift ist an geeigneter Stelle in dauerhafter Form anzuschlagen.

9. Über die Wartung der Anlage ist ein Betriebsbuch zu führen.

10. Die Wartung der Anlage obliegt dem Berechtigten, soferne er hiefür nicht eine geeignete, verläßliche und ausreichend informierte Person und fallweise deren Wechsel der Behörde bekannt gibt.

2.2. Aus dem Befund des damaligen Amtssachverständigen für Wasserbau ergibt sich zum Gegenstand der Bewilligung:

Nach Punkt 3 war Zweck der Anlage die Beseitigung der Abwässer aus dem Wohnhaus und der gewerblichen Betriebsanlage für die Erzeugung chemischer Produkte, welche Gebäude und Anlagen auf der Grundparzelle Nr. der KG A noch zu errichten waren.

Punkt 4 behandelt den Abwasseranfall und seine Zusammensetzung. Die häuslichen Abwässer wurden auf 4 ständige Bewohner (à 150 l = 0,6 m3/Tag = 4 EGW) und 28 Bedienstete (à 50 l = 1400 m3/Tag = 9 EGW) bezogen. Abwässer aus der Reinigung von Leergebinden waren in einer Menge von 5,6 m3/Tag, benzin- und ölverschmutzte Abwässer in einer Menge von 1,5 m3/Tag vorgesehen. Eine weitergehende Beschreibung erfolgte nicht. Die mechanisch gereinigten Abwässer sowie Waschwässer sollten getrennt in 2 Sickerschächten versickert werden (Punkt 6). Die Anschlußmöglichkeit an eine bewilligte Kanalisation mit zentraler Abwasserreinigung wurde in ca 10 Jahren erwartet (Punkt 8).

2.3. Am 22. September 1992 haben Amtssachverständige der Abteilung Umweltschutz auf dem Betriebsgelände der Firma A Abwasserproben aus den Sickerschächten und der 1. Kammer der Faulanlage gezogen. Es handelte sich dabei offenbar nur um Stichproben. In allen Proben wurden beträchtliche Belastungen durch anionaktive und nichtiongene Detergantien (=waschaktive Substanzen) festgestellt, wobei die Analyse einen Wert von bis zu 280 mg/l ergab. Auch aliphatische Kohlenwasserstoffe und organische Lösungsmittel wie Aceton und Iso-Butanol, die als signifikant für die betrieblichen Abwässer angesehen wurden, waren nachzuweisen.

Aromatische Lösungsmittel wie Toluol, Chlorbenzol, Ethylbenzol und O-Xylol waren im Spurenbereich. Nach Ansicht der Abteilung Umweltschutz liegt der Nachweis vor, daß weiterhin betriebliche Abwässer in das Grundwasser versickern. Die im Gebiet wegen Fehlens einer systematischen Kanalisation vermehrt vorhandene Versickerung häuslicher Abwässer entspreche nicht dem Stand der Technik.

Unerwünschte Abwasserversickerungen verletzten gröblichst die Forderung nach der Reinhaltung des Grundwassers zum Zwecke der Verwendung als Trinkwasser.

Die Unterabteilung Gewässerschutz - Toxikologielabor führte Toxizitätsteste durch (MICROTOX-Test nach DIN 38412). Beim biologischen Testverfahren mit Leuchtbakterien nach DIN 38412 wurden die ermittelten GL-Werte (Giftfaktor Leuchtbakterien) der Proben (SS1 = 493, SS2 = 41, und DKA = 1389) als sehr toxisch und extrem toxisch beurteilt.

Das biologische Testverfahren mit R1-Fischleber-Zellkulturen nach dem DIN-Entwurf vom 29.4.1991 ergab Gz-Werte (=Giftfaktor Zellkultur) von 64, 32 und 8. Dabei wurde darauf hingewiesen, daß ein Gz-Wert über 2 bedeute, daß die untersuchte Probe toxisch ist.

Am 13. November 1992 wurden anläßlich eines Lokalaugenscheines neuerlich Proben aus den Sickerschächten genommen. Der Leuchtbakterientest ergab GL-Werte von 152 und 705. Dazu wurde angeführt, daß Abwässer mit einem GL-Wert von größer als 100 erfahrungsgemäß extrem toxisch auf Wasserorganismen wirken. Der R1-Fischleber-Zellkultur-Test ergab Gz-Werte von 16 und 64. In der Äußerung des Amtssachverständigen vom 20. November 1992 wurde angeführt, daß die analysierten Parameter (Analysewerte nicht aktenkundig) in ähnlichen Bereichen lägen wie bei der Probe vom 22. September 1992. Außerdem wurde ohne nähere Begründung festgehalten, daß aufgrund der Analysedaten der Konsens nicht eingehalten werde.

2.4. Der Bw hat zu diesen Untersuchungsergebnissen durch Herrn Dipl.-Ing. H E M, Zivilingenieur für technische Chemie, von der Firma O Umweltmanagement die Stellungnahme vom 29. November 1993 eingebracht. Darin wird zunächst betont, daß keine Gifte abgeleitet werden. Das Unternehmen, das dem Lebensmittelgesetz unterliege, verfüge über keine Giftlizenz, weil eine solche nicht benötigt werde. Die Tatsache, daß die Abwässer mit CSB/BSB Verhältnissen von 1,75 bis 2,03 in ihrer Abbaubarkeit nahe dem häuslichen Abwasser mit 1,67 lägen, wie die Analysenbefunde der Unterabteilung Gewässerschutz auswiesen, bedeute, daß die behauptete Giftigkeit nicht gegeben sein könne und die Tests offensichtlich nicht aussagekräftig gewesen wären. Im übrigen werde in den Emissionsverordnungen der Parameter Fischgiftigkeit als Toxizitätskriterium angeführt.

Benzin- und Ölabscheider hätten dem jeweiligen Stand der Technik entsprechend unterschiedliche Wirkungsgrade, womit zwangsläufig nicht unterschreitbare Restkonzentrationen verbunden wären, die in den einschlägigen ÖNORMEN angeführt sind. Es sei davon auszugehen, daß ein im Jahr 1970 bewilligter und als Stand der damaligen Technik anzusehender Ölabscheider entsprechende Restkonzentrationen zuließ. Das Amtsgutachten konnte im Abschnitt A Punkt 3. (vgl oben 2.2.) nur über solche Restkonzentrationen hinausgehende Konzentrationen betroffen haben, da es ansonsten in sich unschlüssig gewesen wäre.

Die amtlichen Analysen der Unterabteilung Gewässerschutz wiesen Werte aus, wie sie mit Anlagen des Standes der Technik 1993 erreichbar seien. Das bedeute, daß die mit Bescheid aus 1970 bewilligten Werte erheblich unterschritten worden wären. Weiters stehe fest, daß im Benzin ein gewisser Anteil an Aromaten wie Benzol enthalten ist und daß die Bewilligung der Ableitung über Benzinabscheider zwangsläufig auch eine Ableitung von Aromaten beinhalte. Es könne kein Verstoß gegen das Amtsgutachten gesehen werden.

Die Firma Anzenberger habe auf umweltfreundliche und biologisch abbaubare Produkte umgestellt und durch Umstellung auf Handelsprodukte gegenüber der Produktion zum Zeitpunkt der Bewilligung die betriebseigene Produktion auf etwa 50 % reduziert, ohne daß sich an der Produktion selbst, abgesehen davon, daß umweltfreundlichere Produkte hergestellt werden, wesentliches geändert hätte.

Zur Anlastung, der Bw habe bis zum 1. Februar 1993 der Bezirkshauptmannschaft Gmunden keinen Wasseruntersuchungsbefund vorgelegt, obwohl ihm das mit Schreiben vom 10.

Dezember 1992, Wa-2233/04-1992, aufgetragen wurde, wird auf den § 137 Abs 4 lit h) WRG 1959 verwiesen und betont, daß eine einzige Mahnung keinesfalls als wiederholt bezeichnet werden könne. Außerdem wird angeführt, daß im Zuge der (vom Amt der o.ö. Landesregierung) durchgeführten Wasserrechtsverhandlung vom 30. November 1992 Befunde vorgelegt worden wären. Da nach dem Bescheid vom 15.

Dezember 1992, Wa-100928/16-1992, der Landeshauptmann Waserrechtsbehörde erster Instanz ist, sei der Untersuchungsbefund der zuständigen Behörde vor der ersten Mahnung vorgelegt worden. In Entsprechung des Bescheides vom 15. Dezember 1992 sei jegliche Versickerung betrieblicher Abwässer unverzüglich eingestellt worden, weshalb die geforderten Befunde mangels entsprechendem Abwasser nicht mehr vorgelegt werden könnten.

2.5. Der Amtssachverständige für Chemie hat zu diesem Vorbringen mit Schreiben vom 17. Februar 1994 ergänzend Stellung genommen und dabei die eigene Äußerung vom 20.

November 1992 deutlich relativiert. Folgende wesentliche Aussagen sind dieser Stellungnahme zu entnehmen:

Der Amtssachverständige konnte mangels vorhandener Unterlagen nicht beurteilen, welche Ausgangsstoffe dem Bewilligungsbescheid vom 18. September 1970 zugrundegelegt wurden.

Zu den Einwänden gegen den Toxizitätstest hielt er fest, daß das BSB/CSB5-Verhältnis nicht alleine ausschlaggebend für eine toxische Wirkung sei. Selbst im Falle eines günstigen CSB/BSB5-Verhältnisses könne bei vorhandenen toxischen Stoffen eine "Giftigkeit" des Abwassers vorliegen. Zum Zusammenhang zwischen Fischtoxizität und R1-Fischleber-Zellkulturtest wird auf die an sich nicht aktenkundige Verhandlungsschrift vom 30. November 1992 im Verfahren Wa-100928/16-1992/Spi/Mb verwiesen. Eine Beschreibung des R1-Fischleber-Zellkulturtests befindet sich aber im Strafakt. Danach werde der von der Allgemeinen Abwasseremissionsverordnung geforderte GF-Wert durch den Gz-Wert mit einer Wahrscheinlichkeit von ca 90% ersetzt. Das Verfahren werde analog dem 7. DIN-Norm-Entwurf 38412-L (Stand 29.4.1991) durchgeführt. Der Zellkulturtest werde bereits seit 1981 als Alternative eingesetzt, um Fischtests zu reduzieren oder ganz zu ersetzen. Verwiesen wird auf 1985 veröffentlichte Untersuchungen von AHNE über die Verwendung von Fischzellkulturen und Fischen (Goldorfe), bei denen dieser bis zu 89 % Übereinstimmung beobachtet hätte.

Der Amtssachverständige für Chemie bestätigte, daß mit Anlagen aus dem Jahr 1970 andere Grenzwerte (Restkonzentrationen) zu erreichen sind. Es gelangten aber auch Stoffe zur Ableitung, die mit dem Leichtstoffabscheider nicht abzutrennen sind, was zum Teil auch darauf zurückgeführt werden könne, daß diese Tatsache nach damaligem Kenntnisstand nicht bekannt oder bewußt war. Die Aussage, die Meßwerte entsprächen dem Stand der Technik, könne nicht geteilt werden. Es sei maximal die Aussage zulässig, daß die Werte den mit Altanlagen "erzielbaren Grenzwerten" entsprechen.

Auch bei verbessernden Produktionsänderungen wäre eine neuerliche wasserrechtliche Bewilligung notwendig gewesen.

Eine Beurteilung, ob die neuen Produkte umweltfreundlicher sind, könne aus fachlicher Sicht mangels Unterlagen über die "Vorproduktion" nicht erfolgen.

2.6. Der Amtsarzt der belangten Behörde nahm aus medizinischer Sicht Stellung. Eine massive chemische Belastung sah er in erster Linie in den aliphatischen Kohlenwasserstoffen und den Detergenzien. Der Grenzwert für aliphatische Kohlenwasserstoffe laut österreichischem Lebensmittelbuch, Codexkapitel B1, Trinkwasser betrage 0,1 mg/l (Analysenergebnisse 8,5 mg/l und 20,5 mg/l) und für Detergenzien (anionaktive Tenside) ebenfalls 0,1 mg/l (Analysenergebnis bis 280 mg/l). Diese Substanzen führen bei Versickerung zu einer Beeinträchtigung des Grundwassers und zur möglichen Genußuntauglichkeit. Die biologischen Toxizitätsteste (Zellkulturtest und Leuchtbakterien) könnten aus humanmedizinischer Sicht nicht näher interpretiert werden.

2.7. Mit Aufforderung zur Rechtfertigung vom 19. Oktober 1993, Zahl Wa 96-55/05-1992/Sch/Ne, und in der Niederschrift vom 11. November 1993 hat die belangte Behörde folgende Tatanlastungen vorgenommen:

Sie haben 1) am 13.11.1992 entgegen Punkt 3. der Verhandlungsschrift der Bezirkshauptmannschaft Gmunden vom 14.9.1970, Wa-681-1970, wie Abwasserproben aus den Sickerschächten 1 und 2 ergaben, toxisches und extrem toxisches Abwasser abgeleitet. Der Gl-Wert im Sickerschacht 1 betrug (153) und im Sickerschacht 2 (705). Abwässer mit einem Gl-Wert von >100 wirken extrem toxisch auf Wasserorganismen.

der Gz-Wert im Sickerschacht 1 betrug (16) und im Sickerschacht 2 (64). Ein Gz-Wert über 2 bedeutet, daß die untersuchte Probe toxisch ist.

2) bis zum 1. Februar 1993 der Bezirkshauptmannschaft Gmunden keinen Wasseruntersuchungsbefund vorgelegt, obwohl Ihnen dies mit Schreiben vom 10. Dezember 1992, Wa-2233/04-1992, aufgetragen wurde.

Mit Straferkenntnis vom 30. September 1994 wurde der Vorwurf 1) auf den 22. September 1992 erweitert und erstmals eine Produktionsänderung ohne zeitliche Angaben angelastet. Auch der Vorwurf zu Punkt 2) wurde abgeändert und die Nichtvorlage von Wasseruntersuchungsbefunden iSd § 134 WRG 1959 bis zum 30.11.1992 angelastet.

2.8. In der Berufung bestreitet der Bw die angelasteten Verwaltungsübertretungen. Der quantitative Konsens sei eingehalten worden und aus qualitativer Sicht sei keine ausreichende Begründung erfolgt. Der Begriff der Toxizität im Sinne des Bescheides vom 18. September 1970 könne nicht mit den erst in jüngster Zeit festgelegten Testverfahren (MICROTOX, R1-Fischleber-Zellkulturtest) begründet werden.

Das Testverfahren mit Leuchtbakterien nach DIN 38412 (L 34) sei erst unter Berücksichtigung aller ökologischen Zusammenhänge für eine Gesamtbeurteilung heranzuziehen, zumal mit 79 % der Fälle eine statistische Homogenität zum Fischtest gegeben sei, mit 13 % Leuchtbakterien empfindlicher und in 8 % Fische empfindlicher als Leuchtbakterien reagierten. Die statistischen Zusammenhänge erlaubten keine Korrelation, zumal andere Interaktionen in der Befundaufnahme bisher nicht hinlänglich dargestellt und gutachtlich interpretiert worden wären. Die vorgelegten Werte ergeben einen Hinweis auf Toxizität, seien aber nicht als Beweis anzusehen.

Der R1-Fischleber-Zellkulturtest lag im Zeitpunkt der Prüfung nur im DIN Norm Entwurfstadium vor und könne schon deshalb nicht als Stand der Technik angesehen werden. Er scheide schon deshalb und ungeachtet der Tatsache, daß erhebliche statistische Unsicherheiten bei diesem Testverfahren bekannt seien, als objektives Maßkriterium aus.

Im Hinblick auf die nicht festgelegte Definition der "Giftigkeit" sei die Interpretation des Amtssachverständigen für Chemie zum CSB/BSB5-Verhältnis wissenschaftlich angreifbar.

Der Bw kritisiert ferner, daß zwischen der Qualität des Abwassers und dem analysierten Material aus den Sickerschächten nicht unterschieden wurde. Der Betrieb verwende weder aromatische Lösungsmittel noch halogenierte Kohlenwasserstoffe zur Erzeugung seiner Produkte. Soweit organische Lösungsmittel nachgewiesen worden wären, deren Konzentration allerdings noch nicht mitgeteilt wurde, empfiehlt der Bw dringend Untersuchungen des Grundwasserstromes. Es sei zwischen dem betrieblichen Abwasser und dem vorgefundenen im Sickerschacht zu unterscheiden. Auch eine tatsächlich bewiesene Beeinträchtigung des Grundwassers vermißt der Bw ebenso wie ein früheres behördliches Einschreiten für den Fall der Grundwasserbeeinträchtigung.

Zum Spruchpunkt 1. b) stellt der Bw fest, daß eine Änderung der bewilligten Anlage nicht vorgenommen worden wäre. Eine Änderung der Abwasserart sei nicht vorgenommen worden, zumal sich der Geschäftsgegenstand der Firma nicht geändert habe.

Das Abwasser sei qualitativ und quantitativ nur positiv beeinflußt worden, indem zahlreiche Produkte zugekauft wurden. Dem Gutachten des Amtssachverständigen für Chemie habe der Bw ausführlich erwidert. Der Bewilligungsbescheid vom 18. September 1970 enthalte keine qualitativen Hinweise, "sodaß die Begründung des Nichtzutreffens der Analogie eines umweltfreundlichen Produktes und somit auch apostrophierenden Abwassers ins Leere geht".

Zu den geforderten Wasseruntersuchungsbefunden verweist der Bw darauf, daß am 13. September 1971 der wasserrechtliche Überprüfungsbescheid der belangten Behörde ergangen wäre, der zu keinerlei Beanstandung geführt hätte. Der Bw habe erst mit dem Jahre 1984 den Betrieb übernommen. Das Versehen der Nichtübermittlung des monierten Befundes könne nicht als Verletzung der Sorgfaltspflicht bei der Beaufsichtigung der Abwasserbeseitigungsanlage für den gesamten Betriebszeitraum angesehen werden.

2.9. Die belangte Strafbehörde hat ihren Verwaltungsstrafakt zur Entscheidung über die Berufung vorgelegt und von einer Berufungsvorentscheidung abgesehen. Eine Gegenschrift wurde nicht erstattet.

3. Der unabhängige Verwaltungssenat hat nach Einsicht in die vorgelegten Verwaltungsakten und unter Berücksichtigung des Berufungsvorbringens festgestellt, daß der entscheidungsrelevante Sachverhalt unbestritten ist und in erster Linie Rechtsfragen zu beurteilen sind. Eine Berufungsverhandlung war entbehrlich.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

4.1. Gemäß § 137 Abs 3 lit g) WRG 1959 begeht eine Verwaltungsübertretung und ist nach dem Einleitungssatz mit einer Geldstrafe bis zu S 100.000,-- zu bestrafen, wer ohne die gemäß § 32 Abs 1 und 2 WRG 1959 erforderliche wasserrechtliche Bewilligung oder entgegen einer solchen eine Einwirkung auf Gewässer vornimmt.

Nach § 32 Abs 1 WRG 1959 sind Einwirkungen auf Gewässer, die unmittelbar oder mittelbar deren Beschaffenheit (§ 30 Abs 2) beeinträchtigen, nur nach wasserrechtlicher Bewilligung zulässig. Bloß geringfügige Einwirkungen, insbesondere der Gemeingebrauch (§ 8) sowie die ordnungsgemäße land- und forstwirtschaftliche Bodennutzung (Abs 8), gelten bis zum Beweis des Gegenteils nicht als Beeinträchtigung.

Nach § 32 Abs 2 lit a) bedarf die Einbringung von Stoffen in festem, flüssigem oder gasförmigem Zustand in Gewässer (Einbringungen) mit den dafür erforderlichen Anlagen jedenfalls der Bewilligung im Sinne des Absatz 1.

4.2. Im Fall des Tatvorwurfes nach Spruchpunkt 1. a) kommt die auf einen rechtskräftigen Bewilligungsbescheid abstellende Tatbildalternative des § 137 Abs 3 lit g) WRG 1959 - wer entgegen einer wasserrechtlichen Bewilligung eine Einwirkung auf Gewässer vornimmt - in Betracht. Dabei bedarf es der Auslegung des Bewilligungsbescheides, der aufgrund der gesetzlichen Verweisung die Maßstäbe vorgibt.

Die belangte Strafbehörde stützt ihren Tatvorwurf etwas ungenau auf Punkt 3. (gemeint: Abschnitt A Punkt 3.) des Amtsgutachtens in der Verhandlungsschrift vom 14. September 1970, die mit dem Bewilligungsbescheid übermittelt wurde.

Der Spruch des Bewilligungsbescheides vom 18. September 1970 verweist deutlich erkennbar und damit unbedenklich auf die Vorschreibungen in diesem Amtsgutachten.

Nach dieser allgemein gehaltenen Bestimmung, die von der Strafbehörde als Auflage aufgefaßt wird, dürfen Gifte, Mineralöl und Mineralölprodukte wie Benzin, Benzol, Öle aller Art und dgl., andere feuergefährliche Flüssigkeiten oder Stoffe, ebenso Flüssigkeiten und Stoffe in Konzentrationen, die die Gesundheit von Mensch und Tier gefährden oder den Gemeingebrauch beeinträchtigen oder die Fischerei schädigen könnten, sowie solche mit ionisierender Strahlung dürfen weder abgeleitet, noch versickert oder verieselt werden.

In diesem Zusammenhang ist zu beachten, daß der Spruch zum einen ganz allgemein auf die Einhaltung der "Bedingungen und Auflagen" unter Abschnitt A Z 1 - 10 im Amtsgutachten und zum anderen zusätzlich im Spruchpunkt I. b) zum "Maß der Wasserbenutzung" auf die im Amtsgutachten, Abschnitt A Z 2, angeführten Mengen verweist. Diese Vorschreibung konkretisiert das Maß der Ableitung durch Angabe der Abwasserarten und Abwassermengen. Dabei wird qualitativ lediglich zwischen drei Abwasserarten unterschieden:

Häusliche Abwässer (Fäkal- und Küchenabwässer, seifenhaltige Abwässer), in der Menge von 2 m3/Tag, Abwässer aus dem Betrieb in der Menge von 5,6 m3/Tag sowie benzin- und ölverschmutzte Abwässer in der Menge von 1,5 m3/Tag.

Anforderungen bezüglich Konzentrationen und Frachten wurden nicht vorgeschrieben. Im Punkt 4. des Befundes werden häusliche Abwässer, (betriebliche) Abwässer aus der Reinigung von Leergebinden, benzin- und ölverschmutzte Abwässer genannt.

Im Abschnitt A Punkt 4. des Amtsgutachtens wird für "die Beseitigung der beschriebenen Abwässer in den Untergrund" nur eine Vorreinigung durch eine Kläranlage mit 3 Kammern (laut Befund: Mechanische Kläranlage, System EBW, Type 300/11) Nutzinhalt 11 m3, und einen Benzinabscheider mit Schlammfang (laut Befund: System EBW, Type BA 3 und BASF), Leistung 3,0 l/sec. normal und 6,0 l/sec. maximal, vorgeschrieben. Aus Abschnitt A Punkt 5. geht hervor, daß Niederschlagswasser sowie benzin- und ölverschmutzte Abwässer nicht in die Kläranlage eingeleitet werden dürfen.

Dem Befund (vgl Punkt 6 und 7) ist zu entnehmen, daß eine getrennte Versickerung der mechanisch gereinigten Abwässer und der Waschwässer in zwei Sickerschächten, System EBW, Tiefe 2 m, Durchmesser 1,5 m, bei gut sickerfähigem Untergrund und einem Grundwasserstrom in nordöstlicher Richtung etwa 5 m unterhalb der Bodenoberfläche zum Ischlfluß vorgesehen war.

4.3. Aus diesen Bestimmungen ist ersichtlich, daß eine Versickerung sämtlicher betrieblicher Abwässer ohne besondere qualitative Vorschreibungen bewilligt worden ist.

Weder aus der Sicht des Produktionsprozesses noch bezüglich einzelner Parameter wurden bestimmte Eigenschaften des anfallenden Abwassers vorgeschrieben. Lediglich der vorgesehene Benzin- oder Leichtstoffabscheider mit Schlammfang wirkt einschränkend. Die oben dargestellte Vorschreibung in Abschnitt A Punkt 3. bezüglich der Gifte, Mineralöle und Mineralölprodukte etc. ist nach Ansicht des unabhängigen Verwaltungssenates mangels Bestimmtheit nicht geeignet, besondere qualitative Anforderungen zu stellen.

Auch wenn es sich in Wahrheit nicht um eine Auflage im technischen Sinn handelt, die als bloße Nebenbestimmung den Hauptinhalt des Bewilligungsbescheides unberührt ließe (vgl Antoniolli/Koja, Allgemeines Verwaltungsrecht [1986], 512 f), vermag diese Vorschreibung inhaltlich nichts am erteilten weitreichenden Konsens zu ändern, weil es insofern entscheidend auf die versäumte Festlegung von Grenzwerten ankommt. Im Hinblick auf das Bestimmtheitsgebot und die Garantiefunktion des Strafrechts kann mit leerformelhaften Klauseln weder Versäumtes nachgeholt noch ein unzulässiger dynamischer Verweis auf den zukünftigen Stand der Technik bewirkt werden.

Wie der Amtssachverständige für Chemie bereits in seiner Äußerung vom 17. Februar 1994 anführte, kann mangels vorhandener Unterlagen nicht beurteilt werden, welche Ausgangsstoffe dem Bewilligungsbescheid vom 18. September 1970 zugrundelagen. Weder dem Befund noch dem Bescheid ist dazu Wesentliches zu entnehmen. Außerdem wurde bei der Bewilligung nicht berücksichtigt, daß Stoffe zur Ableitung gelangen, die über einen Leichtstoffabscheider nicht abzutrennen sind. Die von der Unterabteilung Gewässerschutz analysierten Werte der untersuchten Parameter sind auch nach Ansicht des Amtssachverständigen in einer Größenordnung, die den mit Altanlagen erzielbaren Werten entsprechen.

Der vorgeschriebene Benzin- und Ölabscheider entspricht in seinem Wirkungsgrad dem Stand der Technik des Jahres 1970 und läßt naturgemäß entsprechend hohe Restkonzentrationen zu. Dipl.-Ing. M, Zivilingenieur für technische Chemie, hat in seiner Stellungnahme auf diesen Umstand hingewiesen und mit Recht die Ansicht vertreten, daß Abschnitt A Punkt 3. des Amtsgutachtens bei schlüssiger Auslegung nur darüber hinausgehende Konzentrationen betreffen kann. Außerdem enthält Benzin einen gewissen Anteil an Aromaten wie Benzol.

Aufgrund dieser Umstände ist mangels anderer Anhaltspunkte davon auszugehen, daß die Anlage der Firma A konsensgemäß betrieben wurde. Auf die durchgeführten chemischen Abwasseranalysen betreffend Parameter in den Abwasseremissionsverordnungen, die aufgrund der Rechtslage nach der Wasserrechtsnovelle 1990 vorgeschrieben wurden und besondere qualitative Eigenschaften des Abwassers vorsehen, sowie auf die Toxizitätsteste kam es gar nicht mehr an. Es war bei gegebener Rechtslage unvertretbar, den heutigen Stand der Technik im Wege eines unbestimmten Giftbegriffs als qualitativen Maßstab für eine Bewilligung des Jahres 1970 heranzuziehen. Die Lösung der Umweltprobleme von Altanlagen ist nicht im Verwaltungsstrafrecht, sondern in besonderen Administrativverfahren zu suchen, die die Wasserrechtsnovelle 1990 vorsieht. Nach § 21a WRG 1959 kann die Wasserrechtsbehörde in alle rechtskräftigen Bewilligungen nach dem WRG eingreifen (vgl § 21a Abs 5) und Anpassungen an den nunmehrigen Stand der Technik vorschreiben, wenn öffentliche Interessen nicht hinreichend geschützt sind. Außerdem betrifft der neue § 33c WRG 1959 die Sanierung von Altanlagen. Auch in diesem Zusammenhang ergeben sich Anpassungspflichten binnen bestimmter Fristen an die durch Verordnung des BMLF erlassenen Emissionswerte.

4.4. Der Vollständigkeit halber ist zur strittigen Frage der Feststellung der Giftigkeit festzuhalten, daß die Abwasseremissionsverordnungen an sich auf die Fischgiftigkeit (GF-Wert im Fischtest) abstellen und daß als Analysenmethode dafür die ÖNORM M 6263, Nov. 1987, vorgesehen ist. Nur die Verordnung über die Begrenzung von Abwasseremissionen aus Kühlsystemen und Dampferzeugern BGBl Nr. 1072/1994 sieht auch die Bakterientoxizität GL und als Analysenmethode DIN 38412-L34, März 1991, iVm DIN 38412-L341, Oktober 1993, ÖNORM M 6609, Juni 1993 vor. Der R1-Fischleber-Zellkulturtest ist überhaupt nicht vorgesehen.

Auch der unabhängige Verwaltungssenat bezweifelt mit dem Bw die Zulässigkeit über diesen Umwegtest die Fischgiftigkeit zu ermitteln, weil dieser Test nicht vom BMLF vorgesehen wurde und überdies den Fischtest nicht mit der notwendigen Sicherheit ersetzen kann. Die Annahme des Amtssachverständigen für Chemie, daß der Gz-Wert durch den GF-Wert mit einer 90%igen Wahrscheinlichkeit ersetzt werden könnte, beruht nur auf einer zitierten Untersuchung von AHNE aus 1985. Für einen anerkannten Stand der Technik iSd § 12a WRG 1959 (vgl "...... Entwicklungsstand fortschrittlicher technologischer Verfahren,..... , deren Funktionstüchtigkeit erprobt und erwiesen ist. ...") genügt das nicht. Außerdem hat der Amtssachverständige bei seinen Erläuterungen zum R1-Fischleber-Zellkulturtest zur Empfindlichkeit unter Berufung auf eine Untersuchung von AHNE und HALDER aus 1990 ausgeführt, daß sich bei 301 untersuchten Industrieabwasserproben Zellkulturen empfindlicher als Fische erwiesen haben, wobei mit dem Zellkulturtest 41% Toxizität und mit dem Fischtest nur 27% Toxizität erkannt worden wäre. Das bedeutet ein Verhältnis des Gz zum GF von etwa 1,5. Diese gesteigerte Empfindlichkeit um ein Drittel erscheint mit der angeblich 90%igen Wahrscheinlichkeit nicht vereinbar. Keinesfalls kann es aber zulässig sein, den in den Abwasseremissionsverordnungen des BMLF vorgesehenen ökotoxikologischen Kennwert der Fischgiftigkeit durch einen vom Amtssachverständigen eigenmächtig gewählten anderen Parameter zu ersetzen und solcherart noch empfindlichere Maßstäbe an die Toxizität anzulegen.

4.5. Der Tatvorwurf nach Spruchpunkt 1. b) ist schon deshalb unzulänglich, weil er keinerlei Zeitangabe enthält und auch sonst nicht ausreichend iSd § 44a Z 1 VStG konkretisiert ist. Die Berufung der Strafbehörde auf die an sich überflüssige Vorschreibung I. e) im Bewilligungsbescheid vom 18. September 1970, wonach eine Änderung der bewilligten Anlage, der Abwasserart oder Abwassermenge einer neuerlichen wasserrechtlichen Bewilligung bedarf geht fehl. Daß eine erhebliche, dh über das Maß der Geringfügigkeit hinausgehende, Änderung der Menge oder Beschaffenheit der bewilligten Einwirkungen auf Gewässer einer neuen Bewilligung bedarf, ergibt sich schon aus § 32 Abs 2 lit e) WRG 1959. Eine darüber hinausgehende Verpflichtung darf nicht durch eine Nebenbestimmung festgelegt werden. Eine solche Verpflichtung kann überhaupt nicht Gegenstand einer Auflage sein, weil sie mit der Hauptentscheidung nicht zusammenhängt und nach dem Gesetz schon abstrakt unzulässig wäre. Inhaltlich geht es daher bei diesem Tatvorwurf nicht um einen Auflagenverstoß, sondern vielmehr um den Vorwurf eines konsenslosen Betriebs durch nachträgliche Änderungen.

Für diesen Vorwurf fehlt freilich ein geeignetes Tatsachensubstrat. Mangels vorhandener Unterlagen und wegen der oben dargestellten hohen Unbestimmtheit des Bewilligungsbescheides vom 18. September 1970 kann nicht einmal behauptet werden, daß Ausgangsstoffe und Produkte der Produktionsbereiche Reinigungsmittel und Kosmetika, die im chemischen Betrieb der Firma A nach wie vor erzeugt werden, nicht unter die Bewilligung fallen. Eine Überschreitung der bewilligten Abwassermengen wurde nicht nachgewiesen. Die Unterschreitung des weitreichenden Konsenses durch Verringerung der Produktionsmenge und Herstellung umweltfreundlicherer Reinigungsmittel oder Kosmetika kann keinesfalls als konsenswidrig angesehen werden. Solange keine nicht bloß geringfügige (vgl § 32 Abs 1 WRG 1959) Verschlechterung zum bewilligten Zustand nach dem Stand des Jahres 1970 nachgewiesen wird, ist von einem konsensgemäßen Betrieb auszugehen. Die strafbehördliche Tatanlastung war demnach unvertretbar.

4.6. Zum Spruchpunkt 2.

Gemäß § 137 Abs 2 lit w) WRG 1959 begeht eine Verwaltungsübertretung und ist nach dem Einleitungssatz mit einer Geldstrafe bis zu S 30.000,-- zu bestrafen, wer gemäß § 134 vorgeschriebene Befunde nicht fristgerecht vorlegt.

Bei dieser Strafbestimmung handelt es sich weitgehend um eine Blankett, dessen Inhalt sich erst durch nähere Betrachtung des § 134 WRG 1959 ergibt. Nach § 134 Abs 2 WRG 1959 haben im Sinne des § 32 WRG 1959 Wasserberechtigte das Maß ihrer Einwirkung auf ein Gewässer sowie den Betriebszustand und die Wirksamkeit der bewilligten Abwasserreinigungsanlagen auf ihre Kosten überprüfen zu lassen. Solche Überprüfungen haben nach § 134 Abs 3 in Zeitabständen von höchstens fünf Jahren zu erfolgen, sofern die Wasserrechtsbehörde unter Bedachtnahme auf besondere Umstände keine kürzeren Zeitabstände vorgeschrieben hat.

Dies war gegenständlich nicht der Fall. Gemäß § 134 Abs 5 Satz 1 WRG 1959 hat der Wasserberechtigte über das Ergebnis der Überprüfungen der Wasserrechtsbehörde einen Befund vorzulegen, dessen Nachprüfung sie veranlassen kann.

Dies bedeutet, daß Überprüfungsbefunde unaufgefordert vorgelegt werden müssen. Im Hinblick darauf, daß im § 137 Abs 2 lit w) WRG 1959 von "fristgerecht" die Rede ist und der § 134 Abs 2 WRG 1959 Zeitintervalle von höchstens fünf Jahren vorsieht, ist bei vernünftiger Auslegung davon auszugehen, daß die Prüfberichte innerhalb dieser Frist der Wasserrechtsbehörde vorgelegt werden müssen (vgl auch Raschauer, Kommentar zum Wasserrecht [1993], 561 Rz 7 zu § 137). Der Beginn der ersten Frist wird im § 134 WRG 1959 nicht ausdrücklich genannt. Man wird annehmen können, daß diese Frist idR beginnt, sobald die Bauvollendung erfolgt und die Bauvollendungsanzeige der Wasserrechtsbehörde angezeigt wurde, weil der Wasserberechtigte gemäß § 112 Abs 6 WRG 1959 erst nach dieser Anzeige mit dem Betrieb beginnen darf. Hat die Wasserrechtsbehörde im Bewilligungsbescheid die Inbetriebnahme von der wasserrechtlichen Überprüfung der Ausführung der Anlage nach § 121 WRG 1959 abhängig gemacht, so gilt dieser Zeitpunkt als Anfangstermin. Da das aber nicht der Fall war kommt es gegenständlich auf die Bauvollendungsanzeige an.

Die belangte Strafbehörde lastet nun pauschal an, daß bis 30. November 1992 keine Strafbefunde iSd § 134 WRG 1959 vorgelegt worden wären. Mit diesem unsubstantiierten und iSd § 44a Z 1 VStG auch unzureichend bestimmten Tatvorwurf, der den Inhalt der maßgeblichen Strafnorm gemäß § 137 Abs 2 lit w) iVm § 134 Abs 2, 3 und 5 Satz 1 WRG 1959 nicht zum Ausdruck bringt, verkennt die belangte Behörde die dargestellte Rechtslage, aus der folgt, daß jeweils erst nach Ablauf des Zeitraumes von fünf Jahren das Ungehorsamsdelikt der nicht rechtzeitigen Vorlage von Untersuchungsbefunden hergestellt wird. Nach Ablauf dieser Zeit kann das gesetzlich gebotene Tun für den in Rede stehenden Zeitraum nicht mehr nachgeholt werden. Die Unterlassung ist damit beendet, ein Dauerdelikt nicht denkbar.

Der erste Tatzeitraum beginnt ab Bauvollendungsanzeige. Da diese nicht aktenkundig ist, wird der Einfachheit halber auf die Fertigstellungsfrist bis 30. Juni 1971 im Bewilligungsbescheid vom 18. September 1970 abgestellt. Bei dieser Ausgangsbasis endet die erste Vorlagefrist für Prüfberichte am 30. Juni 1976. Sollten tatsächlich nie Untersuchungsbefunde vorgelegt worden sein, wovon die Strafbehörde auszugehen scheint, dann hätte mit dem letztgenannten Termin eine neue Frist begonnen und mit dem jeweiligen nächsten Endtermin eine weitere, die den zeitlichen Rahmen eines neuen Delikts vorgaben. Im Ergebnis bedeutet dies, daß nach dem 30. Juni 1991 der nächste Endtermin für die Befundvorlage der 30. Juni 1996 wäre.

Daraus ist ersichtlich, daß die Delikte bis 30. Juni 1991 schon wegen des ungenützten Ablaufes der einjährigen Verfolgungsverjährungsfrist nach § 137 Abs 9 Satz 1 WRG 1959, aber auch absolut nach § 31 Abs 3 Satz 1 VStG verjährt sind und der laufende Zeitraum für die Vorlage der Prüfberichte noch nicht abgelaufen ist.

4.7. Im Ergebnis waren daher sämtliche Tatanlastungen unberechtigt. Das angefochtene Straferkenntnis war aufzuheben und die Strafverfahren waren schon gemäß § 45 Abs 1 Z 1 VStG einzustellen.

5. Bei diesem Ergebnis entfällt gemäß § 66 Abs 1 VStG jede Verpflichtung zur Leistung von Kostenbeiträgen in den anhängigen Strafverfahren.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. W e i ß

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