Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-260145/2/Wei/Bk

Linz, 13.11.1995

VwSen-260145/2/Wei/Bk Linz, am 13. November 1995 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Wolfgang Weiß über die Berufung des B S, vom 11. November 1994 gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 19. Oktober 1994, Zl. 501/Wa-17/93i-Str, wegen einer Verwaltungsübertretung nach dem § 137 Abs 3 lit d) Wasserrechtsgesetz 1959 -WRG 1959 (BGBl Nr. 215/1959 idF BGBl Nr. 252/1990) zu Recht erkannt:

I. Aus Anlaß der Berufung wird das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Strafverfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 1 VStG eingestellt.

II. Die Verpflichtung zur Leistung von Beiträgen zu den Kosten des Strafverfahrens entfällt.

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs 4 AVG 1991 iVm § 24 VStG 1991, § 66 Abs 1 VStG 1991.

Entscheidungsgründe:

1.1. Mit dem oben bezeichneten Straferkenntnis vom 19. Oktober 1994 hat die belangte Behörde den Berufungswerber (Bw) wie folgt schuldig erkannt und bestraft:

"Herr B S, wohnhaft in H hat in der Zeit zwischen 7.5.1992 und 9.5.1992 als Arbeitnehmer der Fa. K GmbH mit dem Sitz in T bei der E-Tankstelle in L Arbeiten an den Saugleitungen durchgeführt, wobei u.a. neue Saugleitungen gelegt und eine alte Saugleitung aufgelassen wurden, und hat dabei durch Außerachtlassung der erforderlichen Sorgfalt die alte Saugleitung, nämlich die Verbindungsleitung zwischen dem südöstlich gelegenen, unterirdischen, 30.000 l fassenden Lagertank für Super-Benzin und einem ca. 20 m entfernt liegenden Domschacht, nicht abblindiert.

Dadurch kam es im August 1992 bei der Durchführung einer Druckprobe beim o.a. Lagertank für Super-Benzin (die Druckprobe wurde am 13.8.1992 durchgeführt) zum Austritt von ca. 7.300 l Super-Benzin, welches bei dieser Druckprobe über die nicht abblindierte Saugleitung in den nicht flüssigkeitsdicht ausgebildeten Domschacht gelangte, in weitere Folge dort versickerte und zu einer erheblichen Verunreinigung des Grundwassers führte.

Der Beschuldigte hat somit entgegen § 31 Abs. 1 Wasserrechtsgesetz 1959, BGBl. Nr. 215/1959 i.d.F.d. BGBl.

Nr. 252/1990, wonach jedermann, dessen Anlagen, Maßnahmen oder Unterlassungen eine Einwirkung auf Gewässer herbeiführen können, mit der im Sinne des § 1297, zutreffendenfalls mit der im Sinne des § 1299 ABGB gebotenen Sorgfalt seine Anlagen so herzustellen, instandzuhalten und betreiben oder sich so zu verhalten hat, daß eine Gewässerverunreinigung vermieden wird, die den Bestimmungen des § 30 zuwiderläuft und nicht durch eine wasserrechtliche Bewil ligung gedeckt ist, bei der Durchführung der Arbeiten an der E-Tankstelle in L, nicht die erforderliche Sorgfalt bei der Durchführung dieser Arbeiten, nämlich der Umlegung von Saugleitungen, aufgewendet, sodaß er das erforderliche Abblindieren einer aufgelassenen Saugleitung nicht durchgeführt hat, wodurch es in der Folge im August 1992 zu dem oben beschriebenen Austritt von Super-Benzin und zur Verunreinigung des Grundwassers, somit zu einer Gewässerverunreinigung, kam, die den Bestimmungen des § 30 zuwiderläuft und nicht durch eine wasserrechtliche Bewilligung gedeckt ist.

Er hat hiedurch eine Verwaltungsübertretung nach § 137 Abs. 3 lit. d i.V.m. § 31 Abs. 1 Wasserrechtsgesetz 1959, BGBl. Nr. 215/1959 i.d.g.F., begangen und wird wegen dieser Verwaltungsübertretung gemäß § 137 Abs. 3 über ihn eine Geldstrafe von S 7.000,-- verhängt.

Für den Fall der Uneinbringlichkeit der Geldstrafe tritt an deren Stelle eine Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von 3 Tagen.

Der Beschuldigte hat gemäß § 64 Abs. 1 und 2 Verwaltungsstrafgesetz als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens 10 v.H. der verhängten Strafe, das sind S 700,--, zu leisten." 1.2. Gegen dieses Straferkenntnis, das dem Bw am 3. November 1994 durch Hinterlegung beim Zustellpostamt zugestellt worden ist, erhob dieser bei der belangten Strafbehörde mündlich am 11. November 1994 - und damit rechtzeitig Berufung, die niederschriftlich dokumentiert wurde. Mit seinem Vorbringen bekämpft er erkennbar den Schuldspruch und strebt die Aufhebung des Straferkenntnisses und Einstellung des Strafverfahrens an.

2. Aus der Aktenlage ergibt sich der folgende wesentliche S a c h v e r h a l t:

2.1. Am. 13. August 1992 wurde eine routinemäßige Dichtheitsprüfung eines 30.000 l fassenden Lagertanks für Superbenzin auf dem Gelände der E-Tankstelle M in L mit 0,3 bar Überdruck über ca 90 min. vorgenommen, wobei es zu einem ständigen Druckabfall kam, dessen Ursache vorerst nicht eruiert werden konnte. Im Tank waren damals etwa 23.000 l. Der Tankstellenpächter bemerkte am 17. August 1992, daß ihm eine größere Menge Superbenzin fehlte und verständigte davon die Fa. K am nächsten Tag. Nach Bilanzierung des Tankinhaltes wurde festgestellt, daß etwa 7.300 l Superbenzin fehlten. Bei weiteren Untersuchungen stellte man fest, daß es über eine stillgelegte Verbindungsleitung zwischen dem Tank und einem rund 20 m entfernten Domschacht am Ende dieser Leitung zum Austritt des Superbenzins gekommen war, weil das Ende der Leitung nicht blindiert war und im Zuge der Druckprobe Superbenzin aus der Leitung gedrückt worden war.

Am 8. und 9. Mai 1992 führte die Fa. K Ges.m.b.H.

durch den Bw und einen weiteren Arbeiter Umbauarbeiten am Superbenzintank durch, wobei auch die gegenständliche Saugleitung vorübergehend stillgelegt wurde. Wegen der fehlenden Abflanschung (Blindierung) kam es bei der späteren routinemäßigen Druckprobe zum Benzinaustritt in den nicht flüssigkeitsdichten Domschacht und in weiterer Folge zur Versickerung der gesamten Austrittsmenge in den Boden und ins Grundwasser. Nach Angaben des Ing. P, techn.

Angestellter der Fa. E Austria AG, soll an der nicht blindierten Austrittsstelle keine Gewinde und am tankseitig gelegenen Ende keine Steckscheibe angebracht worden sein.

2.2. Das Superbenzin drang rasch in tiefere Schichten ein.

Mit einer grundwasserstromanwärts situierten Rammsonde konnte am 20. August 1992 festgestellt werden, daß auf dem 7,2 m unter Geländeoberkante befindlichen Grundwasser bereits Superbenzin in Phase vorlag, weil es den Grundwasserstaubereich schon erreicht hatte. Mit mündlich verkündetem Bescheid vom 21. August 1992, Zahl 501/Wa(b), ordnete der Bürgermeister der Landeshauptstadt Linz als Wasserrechtsbehörde gemäß § 31 Abs 3 WRG 1959 im Spruchpunkt I.

folgende Sofortmaßnahmen an:

1) Installierung einer entsprechend dimensionierten Boden Luft-Absaugeanlage für die Dekontamination der ungesättigten Bodenzone im Bereich der Kraftstoffaustrittsstelle. Der Absauganlage ist eine entsprechende Luftreinigungsanlage nachzuschalten (Aktivkohlefilteranlage bzw. Bio-Filter).

2) Errichtung eines entsprechenden grundwasserstromabwärts situierten Sperrbrunnens, um eine weitere Ausbreitung der Kraftstoffkontamination hintanzuhalten.

3) Im Sperrbrunnen ist durch eine entsprechend leistungsfähige Unterwasserpumpe eine Grundwasserabsenkung herzustellen, sodaß durch den Absenktrichter die Kraftstoffkontamination in Phase stabilisiert werden kann.

4) Sollte mit dem errichteten Sperrbrunnen das Auslangen nicht gefunden werden, müßten weitere Maßnahmen ergriffen werden.

5) Das für die Grundwasserabsenkung abzupumpende Grundwasser darf in der Anfahrphase nur über Zwischenbehälter nach Sichtkontrolle in den öffentlichen Kanal eingeleitet werden.

6) Im Dauerbetrieb ist entsprechend der Abwasseremissionsverordnung für die Wasserableitung in den öffentlichen Kanal für die Summe der Kohlenwasserstoffe ein Einleitgrenzwert von 20 mg/l und für flüchtige aromatische Kohlenwasserstoffe von 0,1 mg/l einzuhalten.

7) Im 1. Monat ist in wöchentlichen Abständen das in den öffentlichen Kanal abzuleitende Wasser auf die unter Punkt 6) angeführten Parameter untersuchen zu lassen.

Während der anschließenden Sanierungsphase sind in 2-monatlichen Abständen diese Untersuchungen durchzuführen.

8) Um die Ausdehnung der bereits eingetretenen Kontamination und die Wirksamkeit des Absenktrichters überprüfen zu können, sind grundwasserstromabwärts und grundwasserseitwärts weitere Rammsonden niederzubringen.

9) Ende November ist ein Zwischenbericht über die Wirksamkeit der bisher getroffenen Maßnahmen und ein Projektsvorschlag über die Fortführung der Sanierungsmaßnahmen der Behörde unaufgefordert vorzulegen.

10) Sämtliche gefährliche Abfälle, die im Zuge der Sanierung anfallen, sind entsprechend den gesetzlichen Bestimmungen zu entsorgen. Die Begleitscheine sind der Wasserrechtsbehörde unaufgefordert vorzulegen.

2.3. Der weitere Verlauf der Sanierungsmaßnahmen ergibt sich im einzelnen aus dem im gerichtlichen Strafverfahren zu 24 Vr 345/93, 24 Ur 35/93, gegen Ing. W. P und den Bw eingeholten Gutachten des Dipl.-Ing. Dr. W. G, Zivilingenieur für Maschinenbau, vom 7. Jänner 1994, Seiten 8 bis 24 und 25 bis 29. Die Strafbehörde stellte fest, daß die Sanierung bereits 2 Jahre in Anspruch genommen hätte und im Zeitpunkt des erlassenen Straferkenntnisses in der Endphase gewesen wäre.

Im Bereich der für die Ausbreitung im Grundwasser relevanten Sonde S2 waren die Schadstoffkonzentrationen bereits am 7. September 1992 unter den behördlich festgelegten Sanierungsgrenzen, was die optimale Wirkung des Sperrbrunnens dokumentiert. Aufgrund des eng eingegrenzten Grundwasserkontaminationsbereiches, in dem sich keine Nutzungsrechte für Grundwasser befanden, trat nach Ansicht des Sachverständigen keine (konkrete) Gefahr für Leib und Leben einer größeren und ebensowenig kleineren Zahl von Menschen oder für den Bestand an Tieren und Pflanzen in einem größeren Gebiet ein (vgl Gutachten, Seite 26).

Im Bereich des Bohrloches BL2/2 lagen im Untergrund noch am 28. Mai 1993 Schadstoffkonzentrationen oberhalb der angeordneten Sanierungsgrenzen vor. Um eine erneute Kontamination des Grundwassers hintanzuhalten, waren die Einrichtungen zur Dekontamination weiter zu betreiben und weitere analytische Untersuchungen durchzuführen (vgl Gutachten, Seite 26). Die Gesamtkosten der Schadensbehebung betragen nach Angaben der Firma K Ges.m.b.H. etwa S 4,500.000,--, welche Größenordnung der gerichtlich bestellte Sachverständige nach seinen Erfahrungen bestätigte (vgl Gutachten, Seite 27).

2.4. Nach dem Antrags- und Verfügungsbogen im Gerichtsakt gab der zuständige Staatsanwalt die mit 9. März 1994 datierte Erklärung ab, daß zur weiteren strafgerichtlichen Verfolgung des Bw und des Ing. W P wegen § 181 StGB kein Grund gefunden worden wäre (§ 90 StPO). Eine entsprechende Mitteilung des Untersuchungsrichters wurde am 18. März 1994 abgefertigt. Mit Schreiben vom 5. April 1994 forderte die Strafbehörde den Gerichtsakt im Hinblick auf die Weiterführung des zuvor gemäß § 30 Abs 2 VStG bis zur rechtskräftigen Entscheidung im strafgerichtlichen Verfahren unterbrochenen Strafverfahrens an. Nach einer schriftlichen Stellungnahme des Bw vom 1. August 1994 erging in weiterer Folge das angefochtene Straferkenntnis.

Der Bw bestätigte die Durchführung von Umbauarbeiten, bestritt aber, die ordnungsgemäße Blindierung nicht vorgenommen zu haben. Bei den Arbeiten wäre eine ordnungsgemäße Druckprüfung durchgeführt worden, weshalb eine unblindierte Leitung hätte auffallen müssen. Am 30. Juli 1992 wäre er von der Fa. K gekündigt worden. Er habe ab diesem Zeitpunkt nicht mehr an der Tankstelle gearbeitet. Der Zeuge E, der Mitarbeiter des Bw war, gab bei seiner Einvernahme am 25. Februar 1993 an, daß er sich nicht mehr erinnern könne, ob er überhaupt an der gegenständlichen Saugleitung gearbeitet habe. Die belangte Strafbehörde kam in weiterer Folge infolge der Aussagen des Zeugen Ing. P, wonach bis zum 13. August 1992 keinerlei andere Arbeiten an der Tankstelle durchgeführt worden waren, und der Tatsache, daß die Abflanschung fehlte, zum folgerichtigen Schluß, daß der Fehler nur im Zuge der vom Bw durchgeführten Arbeiten im Mai 1992 unterlaufen sein konnte.

Dafür sprach auch, daß kein Gewinde an der aufgelassenen Saugleitung vorhanden war. Im einzelnen wird auf die Beweiswürdigung der Strafbehörde verwiesen.

2.5. In seiner niederschriftlich am 11. November 1994 festgehaltenen Berufung behauptete der Bw abermals, daß er die Abflanschung und die Druckprobe durchgeführt hätte. Die Abflanschung hätte er im Domschacht durch Anbringen einer Steckscheibe an der Saugleitung vorgenommen. Danach hätte er die Druckprobe durchgeführt, die nur bei vorhandener Steckscheibe ein positives Ergebnis erbringen hätte können.

Daß es dennoch zum Benzinaustritt gekommen war, erklärte sich der Bw wie folgt:

Er habe am fraglichen Arbeitstag den Zeugen E beauftragt, zusammenzuräumen und wäre dabei nicht mehr anwesend gewesen, weil ihn seine Frau früher abgeholt hätte.

Anläßlich eines Gesprächs mit E Anfang Jänner 1993 habe er ihn ausdrücklich befragt, ob er etwa die Steckscheibe entfernt hatte. Dies habe er nach anfänglichem Zögern zugestanden. Die bei diesem Gespräch anwesende Frau des Bw könnte diese bestätigen. Er habe dies bisher deshalb nicht angegeben, weil er Herrn E nicht "hineinreiten" hätte wollen. Im Hinblick auf die verhängte Strafe und die drohenden Regreßforderungen (Sanierungskosten von mindestens S 4,500.000,--) habe er sich nunmehr entschlossen, die volle Wahrheit anzugeben.

Das Entfernen der Steckscheibe durch E wäre vermutlich aus Unwissenheit erfolgt, weil er zum damaligen Zeitpunkt erst 2 bis 3 Wochen bei der Fa. K als Leasingkraft beschäftigt und daher mit dem Arbeitsablauf nicht vollständig vertraut war. Die zeugenschaftliche Einvernahme der genannten Personen sowie des Tankstellenpächters H wurde beantragt.

2.6. Die belangte Behörde hat ihre Verwaltungsakten zur Berufungsentscheidung vorgelegt und von der Erlassung einer Berufungsvorentscheidung abgesehen. Auch eine Gegenschrift wurde nicht erstattet.

3. Der unabhängige Verwaltungssenat hat nach Einsicht in die vorgelegten Verwaltungsakten festgestellt, daß das angefochtene Straferkenntnis bereits nach der Aktenlage aufzuheben ist. Eine Berufungsverhandlung war daher entbehrlich.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

4.1. Gemäß § 137 Abs 3 lit d) WRG 1959 begeht eine Verwaltungsübertretung, sofern die Tat nicht nach Abs 4 oder 5 strengerer Strafe unterliegt, und ist nach dem Einleitungssatz mit einer Geldstrafe bis zu S 100.000,-- zu bestrafen, wer durch Außerachtlassung der ihn gemäß § 31 Abs 1 treffenden Sorgfaltspflicht eine Gewässerverunreinigung bewirkt.

Nach § 31 Abs 1 WRG 1959 hat jedermann, dessen Anlagen, Maßnahmen und Unterlassungen eine Einwirkung auf Gewässer herbeiführen können, mit der im Sinne des § 1297 oder zutreffendenfalls des § 1299 ABGB gebotenen Sorgfalt seine Anlagen so herzustellen, instandzuhalten und zu betreiben oder sich so zu verhalten, daß eine Gewässerverunreinigung vermieden wird, die den Bestimmungen des § 30 WRG 1959 zuwiderläuft und nicht durch eine wasserrechtliche Bewilligung gedeckt ist.

Gemäß § 30 Abs 2 WRG 1959 wird unter Verunreinigung der Gewässer jede Beeinträchtigung der natürlichen Beschaffenheit des Wassers in physikalischer, chemischer und biologischer Hinsicht (Wassergüte) und jede Minderung des Selbstreinigungsvermögens verstanden.

Das Erfolgsdelikt des § 137 Abs 3 lit d) WRG 1959 setzt den Eintritt einer Gewässerverunreinigung voraus. Nach der strengen Richtlinie des § 30 Abs 2 WRG 1959 genügt schon jede Beeinträchtigung der Wassergüte. Durch die gegenständlich unbestrittene erhebliche Verunreinigung des Grundwassers mit Superbenzin am 13. August 1992 und in den darauffolgenden Tagen und zumindest Wochen ist der Erfolgseintritt evident.

4.2. Was die Außerachtlassung der gebotenen Sorgfalt betrifft, teilt der unabhängige Verwaltungssenat grundsätzlich die Ausführungen der Strafbehörde in Punkt 5.3. der Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses. Der als Vorarbeiter fungierende Bw wußte nach seiner eigenen Einlassung, daß die stillgelegte Saugleitung abzuflanschen bzw zu blindieren und zur Sicherheit eine Druckprobe durchzuführen war. Er behauptet allerdings, daß er diese Sorgfaltsmaßnahmen ordnungsgemäß vorgenommen hätte. In der Berufung bringt er erstmals vor, daß er sich am fraglichen Tag nach der Druckprobe, es müßte der 9. Mai 1992 gewesen sein, vorzeitig von der Tankstelle M in L entfernt und seinem unerfahrenen Mitarbeiter E, der erst seit zwei bis drei Wochen beschäftigt war, aufgetragen hätte, zusammenzuräumen. Dieser habe in der Folge aus Unwissenheit die vom Bw angebrachte Steckscheibe entfernt, wodurch es später zum Schadensereignis kommen konnte.

Selbst wenn diese Umstände zutreffen, erscheint das Verhalten des Bw sorgfaltswidrig. Er hätte als verantwortlicher Vorarbeiter die Pflicht gehabt, den unerfahrenen Mitarbeiter Eibensteiner über den Sinn der notwendigen Sicherheitsvorkehrungen zu unterweisen. In diesem Fall hätte dieser eingesehen, daß er die Steckscheibe beim Zusammenräumen vom Ende der Saugleitung nicht wieder entfernen darf. Außerdem wäre der Bw zumindest verpflichtet gewesen, eine abschließende Kontrolle durchzuführen und nicht alles dem Hilfsarbeiter zu überlassen. Von einem einsichtigen und besonnenen Menschen aus dem Verkehrskreis des Täters (zum allgemeinen Sorgfaltsmaßstab vgl mwN Leukauf/Steininger, Kommentar zu StGB, 3. A [1992], § 6 Rz 6 und Rz 12 f) also von einem verantwortungsbewußten Vorarbeiter für den potentiell gefahrenträchtigen Bereich Tankstellenanlagenbau, wären die oben beschriebenen Vorkehrungen, die den Schaden vermieden hätten, zu erwarten gewesen. Da kein geradezu atypischer Kausalverlauf vorliegt und keinerlei Anhaltspunkte dafür vorliegen, daß der Bw subjektiv zu diesem Maß an geforderter Sorgfalt nicht fähig gewesen wäre, hat der Bw nach Ansicht des unabhängigen Verwaltungssenates auch bei Zugrundelegung seiner modifizierten Verantwortung in der Berufung fahrlässig gehandelt und den Schaden verschuldet.

Dies gilt unabhängig davon, ob nicht zusätzlich auch der Zeuge Eibensteiner durch sein nach Darstellung des Bw eigenmächtiges Vorgehen das Schadenereignis fahrlässig verschuldet hat.

4.3. Dennoch kann der Bw nicht wegen der angelasteten Verwaltungsübertretung des § 137 Abs 3 lit d) WRG 1959 zur Verantwortung gezogen werden. Der Grund dafür liegt in der ausdrücklichen Subsidiaritätsklausel des § 137 Abs 7 WRG 1959, wonach eine Übertretung nach dem § 137 Abs 1 bis 5 WRG 1959 nicht zu bestrafen ist, wenn sie den Tatbestand einer gerichtlich strafbaren Handlung erfüllt. Das gegenständliche Verhalten des Bw erfüllt in seinen Auswirkungen entgegen der Ansicht der belangten Strafbehörde und entgegen der Einstellung durch die Staatsanwaltschaft Linz nach § 90 StPO den Tatbestand der fahrlässigen Beeinträchtigung der Umwelt nach § 181 StGB. Dies folgt aus nachstehenden Gründen:

4.3.1. Das Delikt des § 181 StGB verantwortet, wer fahrlässig entgegen einer Rechtsvorschrift oder einem behördlichen Auftrag eine der in § 180 StGB (vorsätzliche Beeinträchtigung der Umwelt) mit Strafe bedrohten Handlungen begeht.

Der im § 180 Abs 1 StGB genannte Deliktsfall der Verunreinigung von Gewässer, Boden oder Luft stellt teilweise auf die gegenständlich vom Sachverständigen verneinten konkreten Gefahren für Leib oder Leben einer größeren Zahl von Menschen oder für den Tier oder Pflanzenbestand in einem größeren Gebiet ab. Nach dem Gesetzeswortlaut genügt es aber im Ergebnis, daß diese konkreten Gefahren durch die Verunreinigung eintreten können (vgl dazu Leukauf/Steininger, Kommentar zum StGB, 3. A [1992], § 180 Rz 10 f). Damit wird auf eine Eignung der Handlung abgestellt, die beschriebenen konkreten Gefahren herbeizuführen. Diese Art von abstrakter Gefahr wird in der neueren Literatur den sog. potentiellen Gefährdungsdelikten zugeschrieben (vgl näher Schroll, Die Gefährdung bei Umweltdelikten, JBl 1990, 681 ff, 683).

Der Gerichtssachverständige hat lediglich eine konkrete Gefahr verneint. Die Frage nach der potentiellen Gefährdung blieb unbeantwortet. Dabei kommt es bei den gegebenen unveränderlichen Bezugspunkten (Emissionsmenge, Verdünnung durch den Grundwasserstrom, Brunnen im potentiellen Ausbreitungsbereich) darauf an, ob die bloße Möglichkeit der Herbeiführung einer deliktstypischen Gefahrensituation bestanden hätte. Alle für die Immissionssituation relevanten variablen Faktoren sind nicht zu berücksichtigen. Deshalb ändern Maßnahmen im Interesse der Gefahrenabwendung nichts an der tatsächlich bestehenden Gefahrensituation mit ihren potentiellen Auswirkungen. Für die Bejahung der Gefahren iSd § 180 Abs 1 StGB genügt bereits die mögliche Immissionssituation (vgl überzeugend Schroll, JBl 1990, 688 ff, insb 691 f). Der Sachverständige hätte demnach bei Beurteilung der allein maßgeblichen potentiellen Gefährdung durch das Versickern von 7.300 l Superbenzin, die wirksame Eingrenzung des Grundwasserkontaminationsbereiches durch den gegenständlich errichteten Sperrbrunnen außer Betracht lassen müssen, weil es sich dabei um eine variable Größe handelte.

Unter Abstrahierung davon hätte die hypothetische Gefahrensituation durch eine Prognoseentscheidung ermittelt werden müssen. Damit steht aus h. Sicht noch gar nicht fest, ob die Gefahrensituation des § 180 Abs 1 StGB nicht doch gegeben war.

4.3.2. Abgesehen davon, erscheint dem unabhängigen Verwaltungssenat die Ansicht der Strafbehörde nicht zutreffend, daß auch der Straftatbestand des § 181 iVm § 180 Abs 2 StGB nicht in Betracht käme. Nach § 180 Abs 2 StGB handelt ohne Rücksicht auf eine potentielle Gefährdung tatbildlich, wer entgegen einer Rechtsvorschrift oder einem behördlichen Auftrag nachhaltig, schwer und in großem Ausmaß ein Gewässer oder den Boden verunreinigt oder sonst beeinträchtigt und bewirkt, daß entweder die Verunreinigung für immer oder für lange Zeit (gemeint: mehrere Jahre; vgl Leukauf/Steininger, Kommentar zum StGB, 3. A [1992], § 180 Rz 22) anhält oder der zur Beseitigung erforderliche Aufwand den Betrag in Höhe von S 500.000,-- übersteigt.

Im gegenständlichen Fall ist durch das Versickern der großen Superbenzinmenge von 7.300 l eine schwere und nachhaltige Kontamination des Bodens und des Grundwassers entstanden.

Dies beweist schon die ziemlich lange Sanierungsdauer von mehr als zwei Jahren. Auch die festgestellten Sanierungskosten in der Größenordnung von 4,5 Millionen Schilling, die ein Vielfaches des Schwellwertes im § 180 Abs 2 StGB betragen, sprechen für sich. Daß im Bereich der Sonde S2 bereits am 7. September 1992 Werte unterhalb den wasserrechtsbehördlich bestimmten Sanierungsgrenzen gemessen wurden, bedeutet nur, daß die besonders gefahrenträchtige Ausbreitung des Benzins im Grundwasserstrom infolge des errichteten Sperrbrunnens unter Kontrolle war. Am Befund der nachhaltigen Kontamination des Grundwassers ändert das nichts. Im Boden wurden auch am 28. Mai 1993 noch Schadstoffkonzentrationen oberhalb der Sanierungsgrenzen gemessen. Die Boden-Luft Absaugung mußte weiterhin aufrechterhalten werden, damit nicht neuerliche Kontaminationen des Grundwassers eintreten. In einer solchen Situation kann an der nachhaltigen und schweren Umweltbeeinträchtigung kein vernünftiger Zweifel bestehen.

Aus den angeführten Gründen wurde durch das verfahrensgegenständliche Verhalten des Bw, das auch dem § 31 Abs 1 WRG 1959 widersprach, zumindest der Tatbestand des § 181 iVm § 180 Abs 2 Z 2 StGB verwirklicht, weshalb die Subsidiaritätsklausel des § 137 Abs 7 WRG 1959 eine Bestrafung wegen der Verwaltungsübertretung nach § 137 Abs 3 lit d) WRG 1959 ausschließt. Das angefochtene Straferkenntnis war daher aus Anlaß der Berufung aufzuheben und das Strafverfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 1 VStG einzustellen.

5. Bei diesem Ergebnis entfiel gemäß § 66 Abs 1 VStG die Verpflichtung zur Leistung von Beiträgen zu den Kosten des Strafverfahrens.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. W e i ß

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