Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-260160/5/Wei/Bk

Linz, 29.11.1995

VwSen-260160/5/Wei/Bk Linz, am 29. November 1995 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Wolfgang Weiß über die Berufung des H S, vertreten durch Dr. S H, Rechtsanwalt in G vom 1. Dezember 1994 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen vom 16. November 1994, Zl. Wa 96-22-6-1994-Ra, wegen einer Verwaltungsübertretung nach dem § 137 Abs 2 lit f) iVm § 31 Abs 2 Satz 1 Wasserrechtsgesetz 1959 - WRG 1959 (BGBl Nr.

215/1959 idF BGBl Nr. 252/1990) zu Recht erkannt:

I. Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis vollinhaltlich bestätigt.

II. Der Berufungswerber hat im Berufungsverfahren als weiteren Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens den Betrag von S 1.000,-- zu leisten.

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs 4 AVG 1991 iVm § 24 VStG 1991, §§ 64 Abs 1 und 2 VStG 1991.

Entscheidungsgründe:

1.1. Mit dem oben bezeichneten Straferkenntnis vom 16.

November 1994 hat die belangte Behörde den Berufungswerber (Bw) wie folgt schuldig erkannt und bestraft:

"Herr H S, wohnhaft in S, hat es als Eigentümer und Betriebsführer des in E Gemeinde G etablierten Pommes-frites-Erzeugungsbetriebes am 18.7.1994 unterlassen, über das ihm an diesem Tag gegen 4.00 Uhr früh von einem Bediensteten gemeldete bzw. in der Folge von ihm persönlich wahrgenommene Abfließen von Heizöl in ein Gewässer (Quellgerinne, welches in den Werksbach der Klingermühle mündet) der Bezirksverwaltungsbehörde, bei Gefahr in Verzug dem Bürgermeister oder der nächsten Dienststelle des öffentlichen Sicherheitsdienstes zu melden.

Herr H S ist somit als gem. § 31 Abs. 1 WRG.

1959 Verpflichteter nicht der im § 31 Abs. 2 WRG. 1959 vorgesehenen Verständigungspflicht nachgekommen." Die belangte Strafbehörde erachtete den § 137 Abs 2 lit f) iVm § 31 Abs 1 und 2 WRG 1959 als verletzte Rechtsvorschrift und verhängte wegen dieser Verwaltungsübertretung nach dem Strafrahmen des § 137 Abs 2 WRG 1959 eine Geldstrafe in Höhe von S 5.000,-- und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 55 Stunden. Als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens wurden S 500,--, ds 10 % der Geldstrafe, vorgeschrieben.

1.2. Gegen dieses Straferkenntnis, das dem Bw zu Handen seines ausgewiesenen Rechtsvertreters am 17. November 1994 zugestellt worden ist, richtet sich die am 1. Dezember 1994 - und damit rechtzeitig - zur Post gegebene Berufung gleichen Datums, mit der die Aufhebung des Straferkenntnisses und die Einstellung des Strafverfahrens beantragt wird.

2. Aus der Aktenlage ergibt sich der folgende wesentliche S a c h v e r h a l t:

2.1. Am 19. Juli 1994 zeigte eine unbekannte Frau der Gendarmerie G an, daß schon wieder Öl von der Firma des Bw in den Bach rinne. Nach ersten Ermittlungen der Gendarmerie fand ein Lokalaugenschein durch die belangte Behörde in Gegenwart des Bw statt. Vermutlich aufgrund eines technischen Gebrechens war im Öllagerraum des Bw eine größere Menge Heizöl ausgelaufen. Der Betriebsschlosser Stumpfl erklärte, daß er schon ca 500 l Öl in leere 200 l Blechfässer geschöpft hatte (Niederschrift vom 2.8.1994).

Nach der Schätzung des Vertreters der belangten Behörde standen beim Entreffen der Amtsorgane im Öllagerraum noch 100 l Heizöl, wobei an den Wänden der um ein Vielfaches höhere Höchststand des ausgeflossenen Heizöls deutlich erkennbar war. Durch die flüssigkeitsdurchlässige Mauer des Öllagerraumes gelangten größere Mengen Heizöl in den Heizraum, in dessen südlichen Bereich ein Schacht zur Ableitung von Kondenswasser errichtet worden war. Im Heizhaus stand mit Öl vermischtes Kondenswasser (siehe Lichtbild 9). Über diesen Schacht und eine Maueröffnung gelangte das Öl-Wasser-Gemisch in einen ca 110 m langen Kanal, der in einen unbenannten Bach führt, welcher wiederum nach ca 470 m Länge in den sog. Werksbach der Klingermühle mündet. Bei der Mündung des Kanals in den Bach war noch während des Lokalaugenscheins deutlich Öl erkennbar. Im unbenannten Bach konnte man auf eine Länge von 200 m deutlich Öl schwimmen sehen und waren die Pflanzen entlang des Baches mit Öl verschmiert. Nach diesen 200 m befand sich eine mit Holzstäben mangelhaft errichtete Ölsperre. Nach weiteren 50 m war kaum mehr schwimmendes Öl ersichtlich (vgl Gendarmerieanzeige, Seite 3). Auf den von der Gendarmerie Gaspoltshofen angefertigten Lichtbildern sind die Ölverunreinigungen hinreichend dokumentiert.

Der Vertreter der belangten Behörde ordnete detaillierte Sofortmaßnahmen zur Vermeidung weiteren Schadens an (vgl näher Aktenvermerk vom 19.7.1994), die der Bw sofort in Angriff nehmen wollte. Um 16.00 Uhr waren im Gerinne eine größere Zahl von ordentlichen Ölsperren errichtet und Bindemittel eingefüllt, auch die Schließung der Maueröffnung im Heizkesselhaus war im Gange.

2.2. Der Betriebsschlosser S informierte den Bw über das Auslaufen des Heizöls am 18. Juli 1994 um 04.00 Uhr.

Auch das Sickeröl im Heizhaus, das teilweise über den Kanal in den Bach gelangte, bemerkte der Bw (vgl Niederschrift vom 20.07.1994). Entgegen den Angaben des S und den oben angeführten realistischen Schätzungen aufgrund der an Ort und Stelle vorgefundenen Hinweise, meinte der Bw, daß insgesamt lediglich 150 bis 200 l Heizöl ausgeflossen, wovon 150 l im Tankraum wieder aufgesammelt worden wären. Eher bagatellisierend erklärte der Bw weiter, daß in den Bach seiner Meinung nach nur ca. 10 l Heizöl geflossen wären.

Eine Anzeige hätte er wegen der getroffenen Sofortmaßnahmen nicht vorgenommen.

Aktenvermerken vom 10. und 15. Oktober 1991 zum Akt Wa/1574/1991 der belangten Behörde ist zu entnehmen, daß bereits am 10. Oktober 1991 Heizöl aus dem Heizhaus in den unbenannten Bach an der gleichen Stelle wie beim gegenständlichen Vorfall abgeflossen war. Nach den insoweit unbestrittenen Feststellungen im Straferkenntnis ereignete sich auch vom 1. auf 2. Juni 1994 ein Ölunfall im Betrieb des Bw. Über den Umfang der Verständigungspflicht, die der Behörde zumindest ein lenkendes Eingreifen ermöglichen soll, sei der Bw bei den vorangegangenen Ölunfällen ausdrücklich informiert worden. Obwohl die unverzügliche Information dringend angebracht gewesen wäre und die eigenständigen Maßnahmen des Bw nur notdürftig und äußerst mangelhaft waren (vgl Aktenvermerk vom 19.7.1994), hat der Bw abermals keine Meldung vorgenommen.

2.3. Mit Aufforderung zur Rechtfertigung vom 27. September 1994 hat die belangte Strafbehörde im Zusammenhang mit dem gegenständlichen Vorfall neben näher beschriebenen Übertretungen nach § 31 Abs 1 WRG 1959 auch angelastet, daß der Bw als der gemäß § 31 Abs 1 WRG 1959 Verpflichtete der nach § 31 Abs 2 WRG 1959 vorgeschriebenen Verständigungspflicht nicht nachgekommen war.

In der Rechtfertigung vom 4. November 1994 bekämpfte der Bw in der Hauptsache die vorgeworfenen Sorgfaltsverstöße, die im Berufungsverfahren nicht mehr relevant sind. Zur unterlassenen Anzeige wird in aktenwidriger Weise behauptet, daß alle Sofortmaßnahmen gesetzt worden wären, weswegen es zu keiner Gewässerverunreinigung gekommen wäre. Es hätte keine Gefahr im Verzug bestanden, welche entsprechende Anzeigen notwendig gemacht hätten. Jedenfalls liege ein Verschulden nicht vor.

2.4. In der Berufung verweist der Bw zunächst auf ein angebliches gerichtliches Strafverfahren beim Landesgericht Wels, das zu 4 St 1383/94 anhängig wäre und daher die Strafbefugnis der belangten Behörde ausschlösse.

In weiterer Folge erhob er seine Ausführungen in der nicht aktenkundigen Rechtfertigung vom 3. November 1994 ausdrücklich zum Berufungsvorbringen. Das folgende Vorbringen betrifft hauptsächlich die rechtliche Beurteilung. Im Ergebnis wird die Ansicht vertreten, daß sich der gesamte Sachverhalt als Unfall bzw höhere Gewalt darstelle und daß es eine Überspitzung des Sorgfaltsmaßstabes bedeuten würde, während der umfangreichen Aufräumungsarbeiten auch noch Verständigungen zu verlangen.

Da eine Person nicht zwei Dinge auf einmal machen könnte und eine gesetzliche Priorität der Maßnahmen zur Vermeidung der Gefahr bestünde, wäre eine nachherige Verständigungspflicht nicht mehr erforderlich gewesen.

2.5. Die belangte Behörde hat ihren Verwaltungsstrafakt zur Berufungsentscheidung vorgelegt und im Vorlageschreiben ihr Straferkenntnis verteidigt.

3. Der unabhängige Verwaltungssenat hat nach Einsicht in die vorgelegten Verwaltungsakten und auch nach Berücksichtigung des Berufungsvorbringens festgestellt, daß der entscheidungswesentliche Sachverhalt aufgrund des strafbehördlich durchgeführten Beweisverfahrens hinreichend geklärt erscheint. Die Berufung hat keinerlei entscheidungsrelevante Beweisthemen vorgebracht.

4. In rechtlicher Hinsicht hat der unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

4.1. Gemäß § 137 Abs 2 lit f) WRG 1959 begeht eine Verwaltungsübertretung und ist, sofern die Tat nicht nach Abs 3, 4 oder 5 einer strengeren Strafe unterliegt, mit einer Geldstrafe bis S 30.000,-- zu bestrafen, wer als nach § 31 Abs 1 Verpflichteter oder als Lenker, Beifahrer oder Halter eines Tankfahrzeuges die in § 31 Abs 2 vorgesehenen Maßnahmen unterläßt.

Gemäß § 31 Abs 1 WRG 1959 ist jedermann, dessen Anlagen, Maßnahmen oder Unterlassungen eine Einwirkung auf Gewässer herbeiführen können, zu jenem Maß an Sorgfalt verpflichtet, daß eine nicht bewilligte Gewässerverunreinigung vermieden wird.

Nach § 31 Abs 2 Satz 1 WRG 1959 hat der nach Abs 1 Verpflichtete schon bei der eingetretenen Gefahr einer Gewässerverunreinigung unverzüglich die zur Vermeidung einer Verunreinigung erforderlichen Maßnahmen zu treffen und die Bezirksverwaltungsbehörde, bei Gefahr im Verzug den Bürgermeister oder die nächste Dienststelle des öffentlichen Sicherheitsdienstes zu verständigen.

Der Bw ist als Unternehmer und Leiter seines Pommes-fritesErzeugungsbetriebes für betriebliche Maßnahmen sowie die Funktionsfähigkeit der Betriebsanlagen, zu denen auch der Öllagerraum mit seinen Einrichtungen zählt, verantwortlich.

Es ist nach der Gesetzeslage und der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes klargestellt, daß der Bw unabhängig von der Frage, ob ihm konkret eine Sorgfaltswidrigkeit angelastet werden kann, als ein iSd § 31 Abs 1 Verpflichteter anzusehen ist (vgl näher mit zahlreichen Judikaturnachweisen Raschauer, Kommentar zum Wasserrecht [1993], Rz 10 zu § 31 WRG). Die belangte Strafbehörde hat daher mit Recht betont, daß die Verständigungspflicht unabhängig von einem allfälligen Verschulden besteht. Auch der Zweck dieser Meldepflicht wurde von der Strafbehörde zutreffend dargestellt.

4.2. Der Bw hat es trotz Kenntnis der Verständigungspflicht aufgrund vorangegangener Ölunfälle entgegen der Vorschrift des § 31 Abs 2 Satz 1 unterlassen, eine Meldung zu machen, obwohl durch die große Menge des ausgelaufenen Heizöls nicht nur die konkrete Gefahr einer Gewässerverunreinigung bestand, sondern eine solche bereits am 18. Juli 1994 - wie durch den Akteninhalt hinreichend dokumentiert ist tatsächlich eingetreten war. Seine sinngemäße Einlassung, daß er eine Meldung wegen der von ihm getroffenen Sofortmaßnahmen nicht für nötig befunden hätte, kann ihn nicht entlasten, weil es darauf nach dem Gesetz nicht ankommt. Die Verständigungspflicht des § 31 Abs 2 Satz 1 WRG 1959 besteht kumulativ zur Pflicht, Sofortmaßnahmen zur Vermeidung oder Begrenzung (bei bereits eingetretener Verunreinigung) einer Gewässerverunreinigung vorzunehmen.

Es kann auch entgegen der Berufung überhaupt keine Rede davon sein, daß beide Pflichten nicht erfüllbar gewesen wären. Der geringe Zeitaufwand der telefonischen Meldung an eine Dienststelle wäre überhaupt nicht ins Gewicht gefallen.

Einen entsprechenden Auftrag hätte der Bw seiner Sekretärin oder einem sonstigen Mitarbeiter erteilen können, um sich selbst uneingeschränkt den Vermeidungsarbeiten widmen zu können. Die Berufung hat daher nur unbeachtliche Schutzbehauptungen vorgetragen.

4.3. Schließlich ist die Berufung auch mit dem Hinweis auf die fehlende Strafbefugnis der belangten Behörde wegen eines angeblichen gerichtlichen Strafverfahrens nicht im Recht. In sich unschlüssig erscheint dabei schon die Behauptung eines gerichtlichen Strafverfahrens unter bloßem Hinweis auf eine Geschäftszahl der Staatsanwaltschaft Wels (vgl 4 St 1383/94). Eine Geschäftszahl des Gerichts hat der Bw nicht einmal angeführt. Überdies betrifft diese Geschäftszahl der Staatsanwaltschaft nach Mitteilung der belangten Strafbehörde einen vom Verfahrensgegenstand verschiedenen Vorfall von Anfang Juni 1994 sowie die Ausbringung von Sonderabfall auf landwirtschaftlichen Grundstücken am 21. Juli 1994.

Abgesehen von der unrichtigen Tatsachenbehauptung kann der Berufungseinwand - worauf die belangte Strafbehörde zutreffend hinweist - schon deshalb nicht zielführend sein, weil die gemäß § 137 Abs 2 lit f) WRG 1959 strafbewehrte Verständigungspflicht des § 31 Abs 2 Satz 1 WRG 1959 als Ungehorsamsdelikt nicht Gegenstand eines gerichtlichen Strafverfahrens sein kann. Das Umweltstrafrecht der §§ 180 ff StGB kennt nur Gefährdungs- und Erfolgsdelikte. Der Fall der Subsidiaritätsklausel des § 137 Abs 7 WRG 1959, wonach die Übertretung nach § 137 Abs 1 bis 5 leg. cit. nicht zu bestrafen ist, wenn sie den Tatbestand einer gerichtlich strafbaren Handlung erfüllt, kann bei der gegenständlichen Meldepflicht von vornherein nicht eintreten.

4.4. Zur Strafbemessung hat die Berufung nichts vorgebracht.

Auch der erkennende Verwaltungssenat kann keine rechtswidrige Ausübung des Ermessens erkennen. Die Strafbehörde hat die Strafzumessungsfaktoren zutreffend dargestellt und eine tat- und schuldangemessene Strafe verhängt. Die dem Parteiengehör unterzogene und unbestritten gebliebene Schätzung des Monatseinkommens von S 30.000,-- bei fehlenden Sorgepflichten konnte bedenkenlos der Strafbemessung zugrundegelegt werden. Erschwerend war die Mißachtung der Meldepflicht trotz Kenntnis der Vorschrift. Mildernd waren keine Umstände. Wie aus dem Akt hervorgeht, ist der Bw schon wegen der Verwaltungsübertretung des § 137 Abs 3 lit d) WRG 1959 vorbestraft. Auch die gemäß § 16 Abs 1 und 2 VStG festgesetzte Ersatzfreiheitsstrafe von 55 Stunden entspricht verhältnismäßig der Geldstrafe und kann nicht beanstandet werden.

5. Bei diesem Ergebnis war dem Bw gemäß § 64 Abs 1 und 2 VStG im Berufungsverfahren ein weiterer Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens in Höhe von 20 % der verhängten Geldstrafe, ds S 1.000,--, vorzuschreiben.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. W e i ß

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