Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-260173/2/Wei/Bk

Linz, 18.03.1996

VwSen-260173/2/Wei/Bk Linz, am 18. März 1996 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Wolfgang Weiß über die Berufung des R R, F, G, vertreten durch Dr. F H und Dr. O U, Rechtsanwälte in V, F, vom 23. März 1995 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Gmunden vom 14.

März 1995, Zl. Wa 96-38/05-1994/SF/OT, wegen Verwaltungsübertretungen nach dem § 137 Abs 2 lit l) und dem § 137 Abs 2 lit o) Wasserrechtsgesetz 1959 - WRG 1959 (BGBl Nr. 215/1959 idF BGBl Nr. 252/1990) zu Recht erkannt:

I. Aus Anlaß der Berufung wird das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und werden die Strafverfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 2 VStG eingestellt.

II. Die Verpflichtung zur Leistung von Beiträgen zu den Kosten der Strafverfahren entfällt.

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs 4 AVG 1991 iVm § 24 VStG 1991, § 66 Abs 1 VStG 1991.

Entscheidungsgründe:

1.1. Mit dem oben bezeichneten Straferkenntnis vom 14. März 1995 hat die belangte Behörde den Berufungswerber (Bw) wie folgt schuldig erkannt und bestraft:

"Sie haben 1. vor dem 24.02.1993 eine Anschüttung im Hochwasserabflußbereich des F im nordöstlichen Teil des Grundstückes 25/2, KG. T, Gemeinde G, und 2. vor dem 02.11.1992 eine Verrohrung eines Gerinnes auf demselben Grundstück durchgeführt und diesen Zustand bis zum 18.07.1994 belassen." Durch die so umschriebenen Tatanlastungen erachtete die Strafbehörde zu 1.) § 137 Abs 2 lit l) iVm § 38 WRG 1959 und zu 2.) § 137 Abs 2 lit o) iVm §§ 41 Abs 2 und § 105 Abs 1 lit m) WRG 1959 als verletzte Rechtsvorschriften und verhängte wegen dieser Verwaltungsübertretungen "gemäß § 137 Abs. 2 lit. l) und o) WRG. 1959" (richtig: nach dem Strafrahmen des § 137 Abs 2 WRG 1959) je Geldstrafen in Höhe von S 2.000,-- und für den Fall der Uneinbringlichkeit je Ersatzfreiheitsstrafen von 24 Stunden. Als Beitrag zu den Kosten der Strafverfahren wurden einheitlich S 400,-vorgeschrieben.

1.2. Gegen dieses Straferkenntnis, das dem Bw zu Handen seiner Rechtsvertreter am 17. März 1995 zugestellt worden ist, richtet sich die am 27. März 1995 - und damit rechtzeitig - zur Post gegebene Berufung vom 23. März 1995, in der die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens, hilfsweise die Umwandlung der Strafe in eine Ermahnung beantragt wird.

2. Aus der Aktenlage ergibt sich der folgende wesentliche S a c h v e r h a l t :

2.1. Anläßlich einer Besprechung an Ort und Stelle am 2.

November 1992 wurde festgestellt, daß der Freybach entgegen der Baubewilligung der Stadtgemeinde G vom 13. August 1992, Zl. BauR 1-153/9-0158-1992/H.K., nicht durch eine Furt - wie vom Vertreter der Wildbach- und Lawinenverbauung vorgeschlagen - sondern mit 2 Rohrsträngen im Durchmesser von 800 mm überbrückt worden war (vgl Aktenvermerk vom 02.11.1992). Im Widerspruch dazu ist im angefochtenen Straferkenntnis von einem kleinen wasserführenden Gerinne mit zwei parallel verlaufenden Rohrsträngen, Durchmesser 800 mm, an der nordöstlichen Grenze des Grundstückes Nr. KG T, die Rede. Diese Verrohrung wäre zum Zwecke der Herstellung einer Zufahrt zum neu errichteten Wohnhaus hergestellt worden.

Am 24. Februar 1993 führte die belangte Behörde unter Beiziehung eines Amtssachverständigen für Wasserbautechnik und eines Vertreters der Wildbach- und Lawinenverbauung Gebietsbauleitung Salzkammergut, eine wasserrechtliche Überprüfungsverhandlung zur Frage durch, ob die Hochwasserabflußverhältnisse des F durch Baumaßnahmen des Bw beeinträchtigt wurden (vgl näher Verhandlungsschrift vom 24.02.1993 zur Zahl Wa-2035/07-1992/Ha/Ra). Die Befundaufnahme ergab, daß auf dem Grundstück KG T, Material in einem Graben, der Hochwasserabflußbereich des F ist, gelagert worden war. Durch die vorgenommene Anschüttung wurde für den Hochwasserfall Überschwemmungs- und Vermurungsgefahr angenommen. Nach Einbau eines Hebewerkes in die Abwasserbeseitigungsanlage sollten die Anschüttungen nach Angaben des Bw und seiner Gattin wieder beseitigt werden. Dies wäre bei Schönwetter im Frühjahr vorgesehen.

Im Befund wurde auch das Problem der konsenslosen Herstellung eines Rohrdurchlasses bestehend aus 2 Rohrsträngen im Durchmesser von 800 mm angesprochen und darauf hingewiesen, daß laut Baubescheid nur die Herstellung einer 0,5 m über der Gerinnehöhe gelegenen Furt erlaubt gewesen wäre. Die Rohrstränge könnten nach Auskunft des Vertreters der Wildbach- und Lawinenverbauung nicht belassen werden, weil mit Hochwassermengen von 3 m3/s zu rechnen und eine Verklausung der Rohre mit Überschwemmung der angrenzenden Flächen zu erwarten wäre.

Die im Ausmaß nicht näher beschriebenen Anschüttungen wurden im Bereich der gelben Gefahrenzone des F vorgenommen. Der Vertreter der Wildbach- und Lawinenverbauung forderte die Wiederherstellung des ursprünglichen Zustandes, um eine erhöhte Gefährdung der Grundnachbarn bei der zu erwartenden Schneeschmelze hintanzuhalten.

2.2. Mit Bescheid vom 26. Februar 1993, Zl.

Wa-2035/08-1992/Ha/St, hat die belangte Behörde im Spruchabschnitt I. dem Bw sowie C und M R durch einstweilige Verfügung gemäß § 122 WRG 1959 bis zum 10. März 1993 aufgetragen, die im Hochwasserabflußbereich des F hergestellte Anschüttung im nordöstlichen Bereich des Grundstückes KG T, soweit zu entfernen, daß eine in OSO-WNW-Richtung verlaufende Mulde mit einer Breite von 3,00 m und einer Tiefe von 0,5 m geschaffen wird, wobei das Aushubmaterial zum Nachbargrundstück KG T, aufzudämmen wäre.

Einer allfälligen Berufung wurde die aufschiebende Wirkung gemäß § 64 Abs 2 AVG aberkannt.

Im Spruchabschnitt II. wurde den oben genannten Grundeigentümern zur Herstellung des gesetzmäßigen Zustandes bis zum 31. Mai 1993 aufgetragen a) die Anschüttung im nordöstlichen Bereich des Grundstückes KG T, Gemeinde G, sowie b) die im Zuge der Zufahrt zum Wohnhaus der Verpflichteten hergestellte Verrohrung zu entfernen und den früheren Zustand wieder herzustellen.

Für den Bereich der früheren Anschüttung wurde auch vorgeschrieben, die Böschungsflächen zu besämen.

Die gegen den bezeichneten Bescheid der belangten Behörde vom 26. Februar 1993 eingebrachte Berufung hat der Landeshauptmann von Oberösterreich mit Bescheid vom 3.

Dezember 1993, Zl. Wa-102317/5-1993/Spi/Mb, abgewiesen. Die im Spruchabschnitt II. vorgesehene Frist zur Durchführung des wasserpolizeilichen Auftrages wurde aus Anlaß der Berufung mit 31. März 1994 neu festgesetzt.

2.3. Mit Schreiben vom 5. Mai 1994 hat die belangte Behörde gemäß § 4 VVG unter Hinweis auf die noch nicht erfüllte Verpflichtung aus dem erteilten wasserpolizeilichen Auftrag zur Herstellung des gesetzmäßigen Zustandes die Ersatzvornahme angedroht, falls nicht binnen der Nachfrist von 2 Monaten die Leistungen erbracht werden. Nach dem Aktenvermerk vom 18. Juli 1994 über einen Lokalaugenschein vom gleichen Tag wurden die angeordneten Maßnahmen noch immer nicht erfüllt.

Mit Aufforderung zur Rechtfertigung vom 29. August 1994, zugestellt am 5. September 1994, wurden dem Bw die Verwaltungsübertretungen gemäß § 137 Abs 2 lit l) und lit o) WRG 1959 im Sinne des angefochtenen Straferkenntnisses angelastet.

In der Stellungnahme vom 13. September 1994 bestritt der Bw entgegen den durchgeführten Lokalaugenscheinen die Anschüttung im Hochwasserabflußbereich und brachte vor, daß zum Schutze von Fröschen vor Austrocknung lediglich eine Fliese von 20 x 20 cm vor ein Rohr gelegt worden wäre.

Jemand habe offenbar eine übertriebene Sachverhaltsmitteilung gemacht. Dieser pauschalen Bestreitung hielt die belangte Strafbehörde die Sachverhaltsfeststellungen anläßlich der Lokalaugenscheine entgegen. In rechtlicher Hinsicht bejahte sie die Bewilligungspflicht der Maßnahmen nach § 38 Abs 1 und § 41 Abs 2 WRG 1959.

2.4. In der Berufung wird zum Vorwurf der Anschüttung im Hochwasserabflußbereich des F im nordöstlichen Teil des Grundstückes KG T, vor dem 24. Februar 1993 ausgeführt, daß dieser klar widerlegbar wäre, weil im nordöstlichen Teil dieses Grundstückes keine wie immer geartete Veränderungen vorgenommen worden wären. Ausschließlich im südwestlichen Teil des Grundstückes wäre - wenn überhaupt - eine Veränderung vorgenommen worden. Anläßlich des Lokalaugenscheines am 24. Februar 1993 wäre nicht festgestellt worden, daß Hochwasser zum Haus des K R teilweise abgelenkt werde, sondern daß auf Grund umfangreichster Anschüttungen im oberen Bereich (oberhalb der Liegenschaft S) der ursprüngliche Hochwasserabflußbereich nicht mehr vorhanden sei. Anläßlich der Verhandlung habe man auch beschlossen, daß Änderungen nur von "oben nach unten" auf sämtlichen Liegenschaften sinnvoll wären.

Die Verrohrung wäre deshalb durchgeführt worden, weil dem Bw anläßlich der Bauverhandlung aufgetragen worden wäre, statt der vorgesehenen zwei Rohre ein großes Rohr mit einem großen Durchmesser in der Furt zu verlegen. Das Straferkenntnis sei daher für den Bw nicht einsichtig, weil er sich nur an die Vorgabe im Bauverfahren gehalten hätte. Jedenfalls hätte er im guten Glauben gehandelt.

2.5. Die belangte Strafbehörde hat ihren Verwaltungsstrafakt zur Berufungsentscheidung vorgelegt, ohne eine Gegenschrift zu erstatten.

3. Der unabhängige Verwaltungssenat hat nach Einsicht in die vorgelegten Verwaltungsakten festgestellt, daß einige Sachverhaltselemente im Hinblick auf das Berufungsvorbringen noch aufklärungsbedürftig wären. Da aber schon nach der vorliegenden Aktenlage das Straferkenntnis aufzuheben war, erübrigte sich die Durchführung einer Berufungsverhandlung.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

4.1. Gemäß § 137 Abs 2 lit l) WRG 1959 begeht eine Verwaltungsübertretung und ist nach dem Einleitungssatz, sofern die Tat nicht nach Abs 3, 4 oder 5 einer strengeren Strafe unterliegt, mit einer Geldstrafe bis zu S 30.000,-zu bestrafen, wer entgegen § 38 besondere bauliche Herstellungen ohne wasserrechtliche Bewilligung vornimmt.

§ 38 Abs 1 WRG 1959 sieht ua eine wasserrechtliche Bewiligungspflicht für die Errichtung und Abänderung von Brücken, Stegen, Uferbauten und anderen Anlagen innerhalb der Grenzen des Hochwasserabflusses fließender Gewässer vor.

Unter Anlagen iSd § 38 WRG 1959 versteht der Verwaltungsgerichtshof alles, was durch die Hand des Menschen "angelegt", also errichtet wird (vgl VwSlg 5070 A/1959; VwGH 11.6.1991, 90/07/0107; VwGH 29.6.1995, 94/07/0071). Auch Anschüttungen entlang des Ufers fließender Gewässer fallen unter diesen weiten Anlagenbegriff (vgl näher Raschauer, Kommentar zum Wasserrecht [1993], Rz 2 zu § 38 WRG).

Gemäß § 38 Abs 3 WRG 1959 gilt als Hochwasserabflußgebiet das bei 30jährlichen Hochwässern überflutete Gebiet.

Nach dem Befund in der Niederschrift vom 24.2.1993 über einen Lokalaugenschein hatte der Bw im Zuge der Bauführung für sein Eigenheim Material im Hochwasserabflußbereich des F auf der Grundparzelle KG T, gelagert. Nach Auskunft der Ehegatten R sollten die Anschüttungen bereits im Frühjahr 1993 nach Einbau des Hebewerkes in die Abwasserbeseitigungsanlage wieder beseitigt werden. Im Gutachten führte der Amtssachverständige aus, daß die Anschüttungen im gelben Gefahrenzonenbereich des F lägen und bei Abluß größerer Wassermengen zB bei Schneeschmelze die Beeinträchtigung einer Nachbarliegenschaft zu erwarten wäre.

Deshalb erachtete er die Herstellung einer Abflußmulde in der Breite von 3 m bei einer Maximaltiefe von 0,5 m für erforderlich. Eine genaue örtliche Beschreibung der Lage der Anschüttung wurde im Befund leider nicht vorgenommen.

Die Berufung bestreitet nun, daß im nordöstlichen Teil des Grundstückes Veränderungen vorgenommen worden wären. Das weitere Vorbringen ist allerdings nicht nachvollziehbar.

Wenn überhaupt, dann wären Veränderungen im südwestlichen Teil vorgenommen worden. In weiterer Folge ist von Anschüttungen im oberen Bereich (oberhalb der Liegenschaft S) die Rede, ohne daß die klargestellt wird, inwiefern deshalb die Ausführungen des Amtssachverständigen unrichtig erscheinen. Mit diesem unschlüssigen Vorbringen konnte sich der Bw nicht iSd § 5 Abs 1 Satz 2 VStG vom Ungehorsamsdelikt nach § 137 Abs 2 lit l) WRG 1959 entlasten. Allerdings hätte die genaue Lage der Anschüttung auf dem Grundstück des Bw noch näherer Aufklärungen durch die belangte Behörde bedurft.

4.2. Gemäß § 137 Abs 2 lit o) WRG 1959 begeht eine Verwaltungsübertretung und ist nach dem Einleitungssatz, sofern die Tat keiner strengeren Strafe unterliegt, mit einer Geldstrafe bis zu S 30.000,-- zu bestrafen, wer Schutz- und Regulierungswasserbauten ohne wasserrechtliche Bewilligung (§ 41 Abs 1 und 2) errichtet.

Die Strafbehörde ging offenbar davon aus, daß es sich bei dem namenlosen Gerinne um einen Bach handelt, der als privates Gewässer iSd § 3 WRG 1959 anzusehen ist. Für Verrohrungen kommt eine Bewilligungspflicht gemäß § 41 Abs 2 WRG 1959 in Betracht, wenn es deren Aufgabe ist, das Gerinne zu beeinflussen und das anliegende Gelände vor Überflutungen und Vermurungen zu bewahren (vgl näher Grabmayr/Rossmann, Das österreichische Wasserrecht, 2. A [1978], 262 f Anm 1 und mwN Raschauer, Kommentar zum Wasserrecht [1993], Rz 2 zu § 41 WRG). Dient die Verrohrung nicht dem Zweck auf das Abflußregime des Gewässers Einfluß zu nehmen, so liegt allenfalls eine Bewilligungspflicht nach § 38 WRG vor. Im vorliegenden Fall wurde die Verrohrung bloß zum Zweck der Herstellung einer Zufahrt anstelle einer Furt hergestellt, weshalb die Bewilligungspflicht nach § 41 Abs 2 WRG überhaupt fraglich erscheint. Der Landeshauptmann von Oberösterreich geht in seiner Berufungsentscheidung vom 3.

Dezember 1993, Zl. Wa-102317/5-1993/Spi/Mb, auch bezüglich der Verrohrung von einer Bewilligungspflicht nach § 38 WRG 1959 aus.

Im Hinblick auf die tatbestandlichen Voraussetzungen der Bewilligungspflicht nach § 41 Abs 2 WRG 1959 erscheinen im übrigen die Feststellungen des Straferkenntnisses für eine erschöpfende rechtliche Beurteilung nicht ausreichend. Die Behörde hat nicht einmal klargestellt, ob es sich bei diesem Gerinne um ein fremdes Privatgewässer handelt oder nicht.

Darauf kommt es bei Privatgewässern nach § 41 Abs 2 WRG 1959 aber an. Die Frage der möglichen Einwirkungen ist nämlich in bezug auf öffentliche oder auf fremde private Gewässer aufzuwerfen und zu beantworten.

4.3. Neben diesen Darstellungsmängeln hat die Strafbehörde hinsichtlich der Tatzeit eine bedenkliche Spruchfassung vorgenommen. Die Angabe eines strafbaren Verhaltens im Spruchpunkt 1. "vor dem 24.02.1993" und im Spruchpunkt 2.

"vor dem 02.11.1992" ist unzureichend, weil damit der tatsächliche Tatzeitraum nicht hinreichend bestimmt wird. Es bleibt nämlich offen, wann die Tatausführung begonnen und geendet haben soll. Dies entspricht nicht dem Erfordernis iSd § 44a Z 1 VStG der eindeutigen Umschreibung der Zeit des Tatvorwurfes (vgl etwa die Judikatur bei Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 4. A [1990], 950 E 33). Damit kann aber auch der Lauf von Verjährungsfristen nicht genau beurteilt werden.

Der Hinweis im Spruch des Straferkenntnisses, daß der durch die Tatanlastungen beschriebene Zustand bis zum 18. Juli 1994 belassen worden wäre, läßt vermuten - eine ausdrückliche Stellungnahme fehlt - , daß die Strafbehörde in den vorliegenden Fällen rechtsirrtümlich von Dauerdelikten ausging und im Hinblick auf den Endtermin 18. Juli 1994 kein Verjährungsproblem sah. Dazu ist zunächst klarzustellen, daß es sich sowohl beim Delikt der konsenslosen baulichen Herstellung entgegen § 38 WRG 1959 nach dem § 137 Abs 2 lit l) WRG 1959 als auch beim Delikt der konsenslosen Errichtung von Schutz- und Regulierungswasserbauten gemäß dem § 137 Abs 2 lit o) WRG 1959 um ein Zustandsdelikt und nicht um ein Dauerdelikt handelt. Diese Delikte sind mit dem Abschluß der baulichen Herstellungen bzw der Errichtung der Wasseranlagen vollendet. Das Bestehenlassen des konsenslosen Zustands ist nicht Gegenstand des Straftatbestandes und damit auch kein strafbares Verhalten. Im Deliktskatalog des § 137 WRG 1959 ist für das Bestehenlassen des konsenslosen Zustandes kein eigener Straftatbestand vorgesehen. Das Betreiben - was immer man darunter verstehen mag - einer solchen konsenslos errichteten Wasseranlage ist nicht strafbar.

4.4. Gemäß § 137 Abs 9 Satz 2 WRG 1959 beginnt die Verjährung bei Errichtung oder Änderung einer Wasseranlage ohne wasserrechtliche Bewilligung erst nach Beseitigung des konsenslosen Zustandes. Nach dem § 137 Abs 9 Satz 1 leg.cit.

ist die Verfolgung einer Person abweichend von der für die Verfolgungsverjährung geltenden Regelfrist des § 31 Abs 2 VStG unzulässig, wenn gegen sie binnen einem Jahr von der Behörde keine Verfolgungshandlung vorgenommen worden ist.

Diese Jahresfrist beginnt demnach bei konsenslos errichteten Wasseranlagen erst mit Beseitigung des konsenslosen Zustandes, dh etwa mit nachträglich erteilter Bewilligung oder mit nachträglichem Wegfall der Bewilligungspflicht, zu laufen.

Schon § 137 Abs 4 WRG 1959 idF vor der Wasserrechtsnovelle 1990 sah eine vergleichbare Verjährungsvorschrift vor. Wie im Kommentar von Grabmayr/Rossmann, Das österreichische Wasserrecht, 2. A [1978], 646 Anm 8 zu § 137 WRG, berichtet wird, wurde diese Bestimmung durch die Wasserrechtsnovelle 1945 erstmals eingeführt, weil bei unbefugter Errichtung oder Änderung von Wasseranlagen selten oder fast nie innerhalb der damals noch dreimonatigen Verjährungsfrist eine Verfolgungshandlung vorgenommen und damit die Verjährung unterbrochen werden konnte. Ausschlaggebend war die Rechtsprechung des BGH (Slg 1033/1936), wonach die Verjährung der konsenslosen Errichtung mit Vollendung der Wasseranlage begann. Deshalb sollte in Abweichung von der üblichen Verfolgungsverjährung nach § 31 Abs 1 VStG auch beim Zustandsdelikt der bewilligungslosen Errichtung oder Änderung einer Wasseranlage die Verjährung - ähnlich wie bei einem Dauerdelikt - erst nach Beendigung des konsenslosen Zustandes in Lauf gesetzt werden, obwohl die Aufrechterhaltung dieses Zustands an sich nicht von der Strafnorm erfaßt wird. Lediglich der strafbare Betrieb einer konsenslosen Anlage wäre als Dauerdelikt anzusehen.

Diese von der allgemeinen Vorschrift des § 31 Abs 1 und 2 VStG abweichende Regelung betrifft demnach nur die Frage der Verfolgungsverjährung (vgl idS auch die Systematik bei Ringhofer, Verwaltungsverfahrensgesetze II [1992], 280 f Anm 6 ff zu § 31 VStG). Dies ergibt schon der systematische Zusammenhang. Die Strafbarkeitsverjährung des § 31 Abs 3 Satz 1 VStG wird dadurch nicht berührt. Sie beginnt auch bei Wasseranlagen ab dem verwiesenen Zeitpunkt des § 31 Abs 2 VStG, dh mit Abschluß der strafbaren Tätigkeit oder mit Eintritt des tatbestandsmäßigen Erfolges zu laufen.

Andernfalls könnte die konsenslose Errichtung oder Änderung einer Wasseranlage praktisch überhaupt nicht verjähren.

Derart weitreichende Folgen, die auch unter dem Aspekt des Sachlichkeitsgebotes des Gleichheitssatzes verfassungsrechtlich bedenklich erscheinen, hätte der Gesetzgeber zumindest ausdrücklich regeln müssen. Die oben dargestellten Motive des Gesetzgebers für die Einführung eines von der allgemeinen Regelung des VStG abweichenden Verjährungsbeginns bei Wasseranlagen gelten aber nicht für die Strafbarkeitsverjährung, die auch als absolute Verjährung bezeichnet wird (vgl etwa bei Ringhofer, Verwaltungsverfahrensgesetze II [1992], 288 E 43). Eine sachliche Rechtfertigung für die Anwendung des § 137 Abs 9 Satz 2 WRG 1959 auf die Strafbarkeitsverjährung ist nach Ansicht des unabhängigen Verwaltungssenates auch unter dem Gesichtspunkt der Erforderlichkeit einer vom VStG abweichenden Regelung gemäß Art 11 Abs 2 B-VG nicht erkennbar. Dementsprechend spricht auch die gebotene verfassungskonforme Interpretation gegen ein solches Ergebnis.

4.5. In den vorliegenden Fällen hat die belangte Behörde zwar im Hinblick auf die Sonderregelung des § 137 Abs 9 WRG 1959 durch die Aufforderung zur Rechtfertigung vom 29.

August 1994 noch eine rechtzeitige Verfolgungshandlung vorgenommen, mittlerweile ist allerdings längst Strafbarkeitsverjährung eingetreten. Die Vorfälle lagen jedenfalls schon im Zeitpunkt der strafbehördlichen Entscheidung rund zweieinhalb Jahre zurück, weil in der Aufforderung zur Rechtfertigung von Oktober 1992 die Rede ist. Es war daher jedenfalls das Straferkenntnis aufzuheben und die Einstellung des Strafverfahrens gemäß § 45 Abs 1 Z 2 VStG zu verfügen.

5. Bei diesem Ergebnis entfällt gemäß § 66 Abs 1 VStG die Verpflichtung zur Leistung von Beiträgen zu den Kosten des Strafverfahrens.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. W e i ß

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