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des Landes Oberösterreich
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VwSen-260175/2/Wei/Bk

Linz, 25.03.1996

VwSen-260175/2/Wei/Bk Linz, am 25. März 1996 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Wolfgang Weiß über die Berufung des Dipl.-Ing. K P, Geschäftsführer, U, vertreten durch Dr.

O H und Kollegen, Rechtsanwälte in R, vom 21. März 1995 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen vom 2. März 1995, Zl. Wa-1002-16-1993, wegen einer Verwaltungsübertretung nach dem § 137 Abs 2 lit h) Wasserrechtsgesetz 1959 - WRG 1959 (BGBl Nr. 215/1959 idF BGBl Nr. 252/1990) zu Recht erkannt:

I. Aus Anlaß der Berufung wird das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Strafverfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 1 und Z 2 VStG eingestellt.

II. Die Verpflichtung zur Leistung von Beiträgen zu den Kosten des Strafverfahrens entfällt.

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs 4 AVG 1991 iVm § 24 VStG 1991, § 66 Abs 1 VStG 1991.

Entscheidungsgründe:

1.1. Mit dem oben bezeichneten Straferkenntnis vom 2. März 1995 hat die belangte Behörde den Berufungswerber (Bw) wie folgt schuldig erkannt und bestraft:

"Die A P Maschinenfabrik Ges.m.b.H. in G hat am 22.09.1992 betriebliche Abwässer aus der Optos-Anlage der Landmaschinenfabrik in einem das Ausmaß der Bewilligung vom 10.01.1985 überschreitenden Umfang und somit ohne die gemäß § 32 Abs.4 WRG 1959 erforderliche wasserrechtliche Bewilligung in die Ortskanalisation der Stadtgemeinde G eingebracht.

Sie haben dadurch als das zur Tatzeit nach außen vertretungsbefugte Organ in Ihrer Eigenschaft als handelsrechtlicher Geschäftsführer dieser Gesellschaft eine Verwaltungsübertretung nach § 137 Abs.2 lit.h) in Verbindung mit § 32 Abs.4 WRG 1959, dem Bescheid des Landeshauptmannes von O.ö. vom 10.01.1985, Wa-332/1/1985 sowie § 9 Abs.1 Verwaltungsstrafgesetz 1991 begangen." Wegen dieser Verwaltungsübertretung verhängte die belangte Behörde "gemäß § 137 Abs.2 WRG 1959 und § 9 Abs.1 VStG" eine Geldstrafe von S 2.000,-- und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 22 Stunden.

Als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens wurden S 200,-- vorgeschrieben.

1.2. Gegen dieses Straferkenntnis, das dem Bw zu Handen seiner Rechtsvertreter am 7. März 1995 zugestellt worden ist, richtet sich die rechtzeitige Berufung vom 21. März 1995, mit der in erster Linie die Aufhebung des angefochtenen Straferkenntnisses und die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens angestrebt wird.

2. Aus der Aktenlage ergibt sich folgender S a c h v e r h a l t :

2.1. Mit Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 10. Jänner 1985, Zl. Wa-332/1-1985/Fo, wurde der P Ges.m.b.H. in G (nunmehr A P M Ges.m.b.H.), im Spruchabschnitt I die wasserrechtliche Bewilligung für die Beseitigung der im Betrieb G anfallenden betrieblichen Abwässer aus der Optos-Anlage, ausgenommen der im Spritzlackiererei, durch Ableitung in die systematische Kanalisation der Stadtgemeinde G und für den Betrieb der dafür dienenden Anlagen unter Vorschreibungen erteilt. Das Maß der Wasserbenutzung wurde mit maximal 4 m3 insgesamt pro Tag beschränkt, wobei im Zulauf zur Erfassung ein Wasserzähler zu installieren war.

Im Spruchabschnitt II wurde der P GesmbH aufgetragen, ab sofort eine Ableitung von Abwässern aus der Spritzlackiererei sowohl in den Vorfluter als auch in die systematische Kanalisation zu unterlassen.

2.2. Mit Schreiben vom 28. Oktober 1992 legte die A P Ges.m.b.H. den Überprüfungsbefund des Zivilingenieurs Dipl.-Ing. Dr. A B vom 8. Oktober 1992, Prot.Nr.:3886/92, betreffend die Abwasserbeseitigung aus der Optos-Anlage vor, wobei am 22. September 1992 eine Abwasserprobe vom Ablauf genommen wurde. Zum Maß der Wasserbenutzung führt der Befund eine Abwassermenge im Mittel von 8 bis 9 m3/d und mit Spitzen bis 12 m3/d an, obwohl seinerzeit (im Bescheid vom 10.1.1985) maximal 4 m3/d festgelegt wurden. Die Unterschiede wären darauf zurückzuführen, daß sich die Angaben der Herstellerfirma nicht bewährt hätten. Im Ergebnis wurde allerdings festgehalten, daß das Abwasser in der analysierten Zusammensetzung in eine öffentliche Kanalisation eingeleitet werden könne.

Nach dem Aktenvermerk der belangten Behörde vom 12. Jänner 1993 über eine Rücksprache mit Herrn O vom Büro Dris. B wären die Angaben über die Abwassermengen von Ing. Jürgen P gemacht worden und dürften dazu auch innerbetriebliche Aufzeichnungen vorliegen. Der Amtssachverständige für Chemie erklärte in seiner Äußerung vom 10. November 1992, daß nach dem Überprüfungsbericht die konsentierte Abwassermenge um das Doppelte bzw. das Dreifache überschritten worden ist und daß hinsichtlich der übrigen Parameter keine auffälligen Befunde vorlägen.

Mit Aufforderung zur Rechtfertigung vom 25. Jänner 1993 wurde dem Bw die Ableitung von Abwasser aus der Optosanlage in einer Menge von ca 9 m3/Tag, obwohl diese mit 4 m3/Tag im Bewilligungsbescheid begrenzt wurde, vorgeworfen. In der Rechtfertigung vom 11. Februar 1992 wird auf die erfolgte Einreichung eines neuen Abwasserprojekts hingewiesen, das eine Erhöhung der Abwassermenge vorsähe und sich mit verschiedenen Teilströmen befaßte. Man wäre bemüht, eine Reduktion der benötigten Wassermengen durch innerbetriebliche Maßnahmen zu erreichen. Mit Schreiben vom 29. April 1993 zog die A P Ges.m.b.H. den Konsensantrag vom 4. April 1991 auf Abänderung der wasserrechtlichen Genehmigung vom 10. Jänner 1985 zurück, weil es gelungen wäre, den Industrieabwasseranfall auf 4 m3/Tag zu senken.

2.3. Mit Schreiben vom 7. Mai 1993 teilte das Stadtamt G der belangten Behörde mit, daß keine Unterlagen vorlägen, aus denen die tatsächlich in die Kanalisation abgeleiteten Abwassermengen hervorgehen und daß eine pauschalierte Kanalbenützungsgebühr eingehoben werde.

Die A P Ges.m.b.H. hatte der Wasserrechtsabteilung des Amtes der o.ö. Landesregierung Aufzeichnungen über Abwassermengen nach dem Bewilligungsbescheid des Landeshauptmannes vom 10.

Jänner 1985 für das Jahr 1992 vorgelegt. Zu diesen Aufzeichnungen teilte Ing. Jürgen P über telefonische Rückfrage der belangten Behörde mit, daß es sich bei den angegebenen Zahlen (Angaben in m3) um die Wasserzulaufmenge und die Abwasserableitungsmenge aus der Optosanlage handelte (vgl Aktenvermerk vom 24.10.1994). Für den relevanten Tatzeitpunkt finden sich vom 21. auf den 22. September 1992 unter der Rubrik "WASSER ZU" die Angaben 9399 auf 9403 (Differenz 4 m3) und unter der Rubrik "WASSER AB" die Angaben 4514 auf 4519 (Differenz 5 m3).

In weiterer Folge erließ die belangte Behörde das angefochtene Straferkenntnis. Sie ging davon aus, daß nach den betriebsinternen Aufzeichnungen auch am 22. September 1992 die festgesetzte Maximalmenge von 4 m3/Tag deutlich überschritten wurde, da an diesem Tag 5 m3 Abwasser in die Ortskanalisation entsorgt worden wären. Außerdem wären nach diesen Aufzeichnungen im Wochendurchschnitt 35 m3 und im Tagesdurchschnitt 6 - 7 m3 Abwasser abgeleitet worden. Zu den Einwendungen in der Rechtfertigung vom 11. Februar 1993 führte die belangte Behörde aus, daß die innerbetrieblichen Bemühungen zur Reduzierung des Abwasseranfalles grundsätzlich positiv bewertet würden. Mit dem neuerlichen (nicht aktenkundigen) Bewilligungsbescheid vom 18. Jänner 1995 wäre das Ausmaß der Abwassermengen wieder mit 4 m3 pro Tag festgesetzt worden, was nichts über die tatsächlichen Abwassermengen zur Tatzeit aussagte.

2.4. In der Berufung wird behauptet, daß sich die aktenkundigen Aufzeichnungen der Firma auf die Gesamtmengen an Abwasser und nicht allein auf die Abwässer aus der OPTOS-Anlage bezögen. Da sich die Herstellerangaben in der Praxis nicht bewährten und außerdem zwischenzeitig dreischichtig hätte gearbeitet werden müssen, wäre ein Abänderungsantrag am 19. April 1988 eingebracht worden.

Trotz der Erhöhung des durchschnittlichen Wasserverbrauches, wäre im Ergebnis eine geringere Belastung eingetreten.

Die Bezugnahme auf den Bewilligungsbescheid vom 18. Jänner 1995, Wa-301050/44/Gra/Stu, wäre irreführend. Aus diesem ergäbe sich, daß sich das Abwasser aus mehreren Teilströmen zusammensetzt, weil Abwässer vom Waschplatz, aus der sog.

BUPI-Waschanlage und aus der OPTOS-Anlage behandelt werden.

Im Befund Dris. B wären die Abwassermengen aus der OPTOS-Anlage nicht separat ausgewiesen worden. Daher wird Mangelhaftigkeit des Verfahrens gerügt. Die Berufung bestreitet eine Überschreitung der genehmigten Abwassermenge aus der OPTOS-Anlage.

Außerdem wird unter Hinweis auf eine Delegierung der Aufgaben an absolut befähigte und ausgebildete Mitarbeiter "ein subjektives Verschulden" an einer allfälligen Verwaltungsübertretung in Abrede gestellt. An einem Verschulden mangelte es auch deshalb, weil sich die laufend vorgelegten Überprüfungsbefunde nicht nur auf die mit 4 m3/Tag genehmigte Abwassermenge aus der OPTOS-Anlage, sondern auf die Gesamtmenge aus diversen Teilströmen bezogen hätte.

Der Gesamtbereich der Abwässer sei mittlerweile mit Bescheid vom 18. Jänner 1995 rechtskräftig geregelt worden, wobei alle Auflagen eingehalten worden wären. Es bestünde keinerlei Bedürfnis, einen allfälligen Jahre zurückliegenden Formalverstoß zu ahnden. Die Herren Ing. F M und Ing. J P, die den gegenständlichen Bereich zu betreuen hatten, müßten als fachlich und charakterlich geeignet betrachtet werden.

Seitens der Firmenleitung wären laufende Belehrungen und Kontrollen vorgenommen worden.

2.5. Die belangte Behörde hat ihren Verwaltungsstrafakt vorgelegt und im Begleitschreiben ihr Straferkenntnis verteidigt und die Abweisung der Berufung beantragt.

3. Der unabhängige Verwaltungssenat hat nach Einsicht in die vorgelegten Verwaltungsakten festgestellt, daß das Straferkenntnis schon nach der Aktenlage aufzuheben ist.

Eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung war daher entbehrlich.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

4.1. Gemäß § 137 Abs 2 lit h) WRG 1959 begeht eine Verwaltungsübertretung und ist, wenn die Tat nicht einer strengeren Strafe nach den Abs 3 bis 5 unterliegt, mit einer Geldstrafe bis zu S 30.000,-- zu bestrafen, wer eine bewilligungspflichtige Einleitung in eine Kanalisation (§ 32 Abs 4) ohne Bewilligung oder entgegen einer solchen vornimmt.

Nach § 32 Abs 4 WRG 1959 idF der WR-Novelle 1990 bedarf keiner wasserrechtlichen Bewilligung, wer mit Zustimmung des Kanalisationsunternehmens Einbringungen in eine bewilligte Kanalisation vornimmt (Indirekteinleiter), wenn auf die einzuleitenden Abwässer und Stoffe bei der Bewilligung der Kanalisationsanlage Bedacht genommen wurde und eine Beeinträchtigung der Wirksamkeit der Reinigungsanlage, bauliche Schäden oder Beeinträchtigungen der Funktionsfähigkeit der Kanalisationsanlage oder zusätzliche Gefahren für das Wartungs- und Betriebspersonal nicht zu besorgen sind. Das (zustimmende) Kanalisationsunternehmen bleibt dafür verantwortlich, daß seine wasserrechtliche Bewilligung zur Einbringung in den Vorfluter weder überschritten noch die Wirksamkeit vorhandener Reinigungsanlagen beeinträchtigt wird.

Mit dem Bescheid vom 10. Jänner 1985, Wa-332/1-1985/Fo, erteilte der Landeshauptmann von Oberösterreich im Spruchabschnitt I. die Bewilligung zur Ableitung von Abwässern aus der Optos-Anlage im Ausmaß von maximal 4 m3/Tag, wobei nach dem Vorschreibungspunkt 1. zur Erfassung dieser Menge im Zulauf ein Wasserzähler zu installieren war.

Die belangte Behörde nimmt unter Berufung auf eine Überschreitung der nach dem Bescheid vom 10. Jänner 1985 konsentierten Höchstmenge den 1. Deliktsfall des § 137 Abs 2 lit h) WRG 1959 (Einleitung ohne Bewilligung) an. In Wahrheit läge beim gegebenen Tatvorwurf der 2. Deliktsfall (entgegen einer Bewilligung) vor, weil sich die angelastete Überschreitung der Maximalmenge erst aus dem Bescheidinhalt ergibt. Im Ergebnis liegt natürlich für diese Überschreitung keine Bewilligung vor. Der 2. Deliktsfall ist daher nur als ein Unterfall des ersten anzusehen. Die falsche Einordnung wäre berichtigungsfähig gewesen.

4.2. Die belangte Strafbehörde hat aber übersehen, daß nach Spruchpunkt I.1. des im Tatzeitpunkt maßgeblichen Bewilligungsbescheides die erlaubte maximale Ableitungsmenge von 4 m3 pro Tag durch einen Wasserzähler im Zulauf der Optos-Anlage zu erfassen war. Geht man mit der belangten Strafbehörde (vgl Aktenvernmerk vom 24.10.1994) davon aus, daß die Rubrik "WASSER ZU" in den aktenkundigen Aufzeichnungen die Wasserzulaufmenge zur Optos-Anlage betrifft und daß aufgrund der wasserrechtlichen Bewilligung - aus welchen nicht ganz nachvollziehbaren Gründen immer die maximale Abwassermenge durch eine Erfassung mittels Wasserzähler im Zulauf (!) definiert wurde, so erhellt daraus, daß am angelasteten 22. September 1992 eine Überschreitung dieser Maximalmenge nicht stattgefunden hatte, weil die Aufzeichnungen eine Änderung des Wasserzählers im Zulauf von 9399 auf 9403 und damit genau 4 m3 ausweisen.

Daß als Ablaufwert eine Differenz von 5 m3 aufscheint ist nach dem Bewilligungsbescheid vom 10. Jänner 1995 nicht maßgeblich. Es läßt sich nicht ausschließen, daß dafür auch andere Abwasserteilströme verantwortlich waren, die nicht Gegenstand des Bescheides sind. Möglicherweise wurden konsenslos andere Abwässer aus anderen Anlagen als der Optos-Anlage in die Kanalisation abgeleitet und alle Abwässerströme gemeinsam erfaßt. In diese Richtung gehen jedenfalls die Berufungsbehauptungen. Die belangte Behörde hat kein ausreichendes Ermittlungsverfahren zur Klärung dieser Umstände durchgeführt. Weitere Erörterungen erübrigen sich, weil längst Verfolgungsverjährung gemäß § 137 Abs 9 WRG 1959 eingetreten ist.

Aufgrund der dargestellten Sach- und Rechtslage kann nach Ansicht des erkennenden Verwaltungssenates der strafbehördliche Tatvorwurf nicht als erwiesen angesehen werden. Im übrigen ist mittlerweile auch Strafbarkeitsverjährung nach dem § 31 Abs 3 Satz 1 VStG eingetreten.

Die belangte Behörde legte ihre Akten erst nach rund zweieinhalb Jahren vor. Auf das Berufungsvorbringen war nicht mehr näher einzugehen.

5. Bei diesem Ergebnis entfällt gemäß § 66 Abs 1 VStG die Verpflichtung zur Leistung von Beiträgen zu den Kosten des Strafverfahrens.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. W e i ß

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