Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-260239/2/WEI/Bk

Linz, 28.01.2000

VwSen-260239/2/WEI/Bk Linz, am 28. Jänner 2000

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Wolfgang Weiß über die Berufung der S, gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 14. Dezember 1998, Zl. 501/WA98252B, wegen einer Verwaltungsübertretung nach dem § 137 Abs 3 lit g) Wasserrechtsgesetz 1959 - WRG 1959 (BGBl Nr. 215/1959 idF BGBl Nr. 252/1990) zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Strafverfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 1 VStG eingestellt.

II. Die Verpflichtung zur Leistung von Beiträgen zu den Kosten des Strafverfahrens entfällt.

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs 4 AVG 1991 iVm § 24 VStG 1991; § 66 Abs 1 VStG 1991.

Entscheidungsgründe:

1.1. Mit dem bezeichneten Straferkenntnis des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz wurde die Berufungswerberin (Bwin) wie folgt schuldig gesprochen und bestraft:

"Die Beschuldigte, Frau S, geboren am , wohnhaft: A, hat es als handelsrechtliche Geschäftsführerin der 'T.' mit dem Sitz in Wien und somit als gemäß § 9 Verwaltungsstrafgesetz (VStG) verwaltungsstrafrechtlich verantwortliches, zur Vertretung nach außen berufenes Organ der 'T.' zu vertreten, daß von der 'T, auf dem Grundstück Nr. , KG K, jedenfalls in der Zeit zwischen 29.04.1998 und 12.08.1998 ein Gebrauchtwagenmarkt auf der unbefestigten bzw. lediglich geschotterten Fläche des genannten Grundstückes betrieben wurde, wobei die anfallenden Oberflächenwässer ohne Reinigungsmaßnahmen im unbefestigten Boden versickerten.

Dieses Versickernlassen von Oberflächenwässern des Gebrauchtwagenmarktes erfolgte ohne die hiefür erforderliche wasserrechtliche Bewilligung gemäß § 32 Abs. 1 und Abs. 2 lit. c Wasserrechtsgesetz 1959, BGBl. Nr. 215/1959 i.d.g.F., wonach Einwirkungen auf Gewässer, die unmittelbar oder mittelbar deren Beschaffenheit beeinträchtigen, insbesondere Maßnahmen, die zur Folge haben, daß durch Eindringen (Versickern) von Stoffen in den Boden das Grundwasser beeinträchtigt wird, nur nach wasserrechtlicher Bewilligung zulässig sind, obwohl es sich bei der oben beschriebenen Maßnahme (Versickerung von den auf der Fläche des Gebrauchtwagenmarktes anfallenden Oberflächenwässern in den unbefestigten bzw. lediglich geschotterten Boden) aufgrund der Verunreinigung der Oberflächenwässer durch Tropfverluste von KFZ, Abrieb von KFZ etc. wegen des Fehlens einer entsprechenden Filterschicht um eine über das Maß der Geringfügigkeit hinausgehende Einwirkung auf Gewässer (Grundwasser) handelt, die nach dem natürlichen Lauf der Dinge zur Folge hat, daß durch Eindringen (Versickern) von Stoffen in den Boden das Grundwasser verunreinigt wird.

Die Beschuldigte hat hiedurch eine Verwaltungsübertretung gemäß § 137 Abs. 3 lit. g i.V.m. § 32 Abs. 1 und Abs. 2 lit. c Wasserrechtsgesetz 1959 (WRG 1959), BGBl. Nr. 215/1959 i.d.g.F., begangen und wird über sie wegen dieser Verwaltungsübertretung gemäß § 137 Abs. 3 Einleitungssatz WRG 1959 eine Geldstrafe von S 10.000,-- verhängt.

Im Falle der Uneinbringlichkeit der Geldstrafe tritt an deren Stelle eine Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von 1 Tag 10 Stunden.

Die Beschuldigte hat gemäß § 64 Abs. 2 VStG als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens 10.v.H. der verhängten Strafe, das sind S 1.000,-- zu leisten."

1.2. Gegen dieses Straferkenntnis, das der Bwin zu Handen ihrer Rechtsvertreter am 28. Dezember 1998 zugestellt wurde, richtet sich die am 8. Jänner 1999 rechtzeitig eingebrachte Berufung vom 7. Jänner 1999, mit der die Aufhebung des Straferkenntnisses und die Einstellung des Strafverfahrens beantragt wird.

2. Aus der Aktenlage ergibt sich der folgende wesentliche S a c h v e r h a l t :

2.1. Mit Mitteilung vom 29. April 1998 wird vom Amtssachverständigen des Tiefbauamtes der belangten Behörde offenbar aus Anlass einer gewerberechtlichen Überprüfung über einen Lokalaugenschein vom 27. April 1998 auf dem gegenständlichen Betriebsareal auf Grundstück Nr. der KG K berichtet. Unter Bezugnahme auf den mit einem Ansuchen um Betriebsanlagengenehmigung eingereichten Plan wird geschildert, dass die Stellflächen in Betonverbundsteinausführung mit Entwässerung in Rasenmulden ausgeführt werden und die Verkehrsflächen geschottert verbleiben sollten. Entgegen der Betriebsanlagengenehmigung vom 10. Dezember 1996 wäre keine projektsgemäße Gestaltung erfolgt. Das gesamte Betriebsareal war noch zur Zeit des Lokalaugenscheines lediglich geschottert.

Der Amtssachverständige verweist in der Folge auf einen Leitfaden des Landeshauptmannes vom 10. September 1997 zur Parkplatz- und Straßenwässerbeseitigung. Danach wäre beim Betrieb eines Autoabstellplatzes auf einer unbefestigten Fläche in der Regel eine mehr als geringfügige Einwirkung auf das Grundwasser zu erwarten, weil beim Fehlen einer mindestens 30 cm starken Mutterbodenschichte keine ausreichende Reinigungswirkung für die durch Tropfverluste verunreinigten Niederschlagswässer gegeben sei. Die derzeitige Oberflächengestaltung könnte daher nicht akzeptiert werden. Feststellungen über konkret vorgefundene oberflächliche Verunreinigungen oder Missstände hat der Sachverständige allerdings nicht getroffen.

Am 12. August 1998 stellte die belangte Behörde an Ort und Stelle einen unveränderten Zustand fest (vgl Aktenvermerk vom 12.08.1998).

2.2. Mit Aufforderung zur Rechtfertigung vom 21. August 1998 hat die belangte Behörde ein Tatverhalten wie im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses angelastet und der Bwin eine Einschätzung des monatlichen Nettoeinkommens von S 20.000,-- bei fehlenden Sorgepflichten für den Fall mitgeteilt, dass sie sich zu ihren persönlichen Verhältnissen nicht äußert. Nach Akteneinsicht durch ihre Rechtsvertreter wurde die Stellungnahme vom 16. September 1998 erstattet, in der ausgeführt wurde, dass die Vorwürfe nicht nachvollzogen werden könnten. Die geschotterte und verdichtete Fläche entspräche den üblichen Maßnahmen bei Oberflächenversiegelung von Altstoffdeponien. Außerdem ergäbe sich aus dem detaillierten Gutachten des Dipl.-Ing. Dr. techn. W, das im Strafverfahren gegen E und H zu 22 Ur 247/92 des LG Linz eingeholt wurde und der belangten Behörde bekannt wäre, dass das Erdreich unter der Schotterfläche in erheblichem Maße kontaminiert wäre. Dabei wäre festgestellt worden, dass diese Kontamination mit Kohlenwasserstoffen im tieferen Untergrund nicht von der Oberfläche durch Versickerung bzw Elution herrührte. Verunreinigungen der oberen Schicht wären nicht tief in den Boden eingedrungen und versickert, da dies durch den Rückhaltemechanismus des Bodenmaterials ausgeschlossen worden wäre. Auch wäre es zu keinen messtechnisch nachweisbaren Kontaminationen des Grundwassers und der Traun gekommen. Vereinfacht ausgedrückt könnte man sagen, dass die paar Tropfen Öl, die allenfalls einer Kontrolle durch die Bwin entgehen könnten, im Hinblick auf die Bodenbeschaffenheit der Liegenschaft keine wie auch immer geartete Gefährdung darstellten und daher eindeutig als bloß geringfügige Einwirkungen iSd § 32 WRG 1959 anzusehen wären. Im Bereich des Urfahrer Jahrmarktgeländes stellte die Stadt Linz einen Parkplatz zur Verfügung, der offensichtlich die gleiche Oberflächenbehandlung wie der gegenständliche Autoabstellplatz erfahren hätte. Für diesen Platz wäre ebenso wenig um eine wasserrechtliche Bewilligung angesucht worden, wie für die Autoabstellplätze der Bundesheerkaserne E und der Firma D in der Industriezeile und viele andere mehr.

2.3. Die belangte Behörde erließ in weiterer Folge das angefochtene Straferkenntnis vom 14. Dezember 1998. In der Begründung nahm sie Bezug auf den vom wasserfachtechnischen Amtssachverständigen am 27. April 1998 durchgeführten Ortsaugenschein auf dem Grundstück Nr. der KG K und schilderte dessen Ausführungen. Außerdem wurde ein wasserpolizeilicher Auftrag vom 12. August 1998 zur Einstellung der Verwendung der unbefestigten Flächen zum Betrieb eines Gebrauchtwagenmarktes bis 30. September 1998 erwähnt, gegen den allerdings fristgerecht Berufung eingebracht worden war. Die belangte Behörde gab weiter die rechtsfreundlich vertretene Stellungnahme der Bwin wieder und zitierte schließlich aus dem aktenkundigen Gutachten des Dipl.-Ing. Dr. techn. W vom 20. Juli 1993 zu Bodenverunreinigungen auf dem gegenständlichen Grundstück. Danach stellte die belangte Behörde fest, dass der im Spruch dargestellte Sachverhalt als erwiesen erscheine. Der Betrieb eines Gebrauchtwagenmarktes ohne wasserrechtliche Bewilligung für das Versickernlassen von Oberflächenwässer sei auch nicht bestritten worden.

Im Rahmen der rechtlichen Beurteilung ging die belangte Behörde von einer Bewilligungspflicht nach § 32 Abs 1 und 2 lit c) WRG 1959 aus. Die früheren Kontaminationen würden nichts ändern, da jede zusätzliche Verunreinigung geeignet sei, nachteilige Folgen im Sinne einer vermehrten Gefahr der Verunreinigung des Grundwassers herbeizuführen. Außerdem übersehe die Bwin, dass auch nach dem Gutachten des Dipl.-Ing. Dr. G die nicht sehr tief in den Boden eingedrungenen Mineralölverunreinigungen der oberen Schichten eine abstrakte Gefährdung des Grundwassers durch den Betrieb des Abstellplatzes bedeuteten. Allfällige andere Abstellplätze in L könnten nicht von der Bewilligungspflicht befreien. Der objektive Tatbestand wäre daher erfüllt. Den beim Ungehorsamsdelikt vorgesehenen Schuldentlastungsbeweis iSd § 5 Abs 1 VStG hätte die Bwin mit ihrer Rechtfertigung nicht erbracht.

2.4. In der Berufung wird bemängelt, dass der Schluss des wasserfachtechnischen Amtssachverständigen auf das Fehlen einer mindestens 30 cm starken Mutterbodenschicht ohne Prüfung des Untergrundes bzw ohne Probebohrung nicht nachvollzogen werden könne. Das Fehlen dieser Mutterbodenschicht sei im Straferkenntnis allerdings auch nicht festgestellt worden. Auf Grund des Gutachtens von Dipl.-Ing. Dr. G sei davon auszugehen, dass wegen der Bodenstruktur keine wie immer geartete Einwirkung auf Gewässer (Grundwasser) durch Tropfverluste herbeigeführt werden. Strafbar sei nur ein Sachverhalt, der eine Einwirkung auf Gewässer bedeutet. Nach den klaren Bestimmungen des WRG 1959 könne es dabei nicht um hypothetische Annahmen gehen. Eine Einwirkung sei auf Grund des Gutachtens von Dipl.-Ing. Dr. G ausgeschlossen. Nach diesem Gutachten und den örtlichen Gegebenheiten entspräche es keinesfalls dem natürlichen Verlauf der Dinge, dass allfällige Tropfverluste von abgestellten Kfz das Grundwasser nachteilig beeinflussten.

3. Der unabhängige Verwaltungssenat hat nach Einsicht in die vorgelegten Verwaltungsakten unter Berücksichtigung des Berufungsvorbringens festgestellt, dass der Sachverhalt, von dem die belangte Behörde ausgegangen ist, bis auf die Interpretation des Gutachtens von Dr. G nicht strittig ist. Auf der Grundlage dieses Gutachtens werden vom erkennenden Mitglied des Oö. Verwaltungssenates für die Sache bedeutsame Umstände wie folgt zusammengefasst:

Der Gerichtsgutachter Dipl.-Ing. Dr. G wurde im Strafverfahren gegen E und H wegen §§ 180, 181 StGB beauftragt, ein Gutachten zu Bodenverunreinigungen zu erstatten. Befundaufnahme fand am 15. April 1993 und 18. Mai 1993 im Rahmen von Lokalaugenscheinen auf dem Grundstück Nr. der KG K statt. Der Abstellplatz wurde im Nordwesten von T und im Nordosten von der W begrenzt und war von der W Straße über eine Zufahrtsrampe zugänglich. Auf dem Areal wurden 150 bis 200 Pkw und einige Busse für Motoren, Getriebe, Reifen und Behälter, ein Flugdach zwischen zwei Bussen für gelagerte Batterien und ein Bagger als Hebezeug für Kfz vorgefunden. Vor dem Bagger befand sich eine Manipulationsfläche im Ausmaß von 12 x 12 m, die nach vorliegenden Unterlagen früher erhebliche Ölkontaminationen aufwies. Augenscheinlich kontaminiertes Erdreich wurde schon im Jahr 1992 abgetragen und auf anderen Grundstücken abgelagert und einplaniert. Das Gelände liegt zwischen Magerbach und Traun im ehemaligen Überschwemmungsgebiet der Traun. Der Gerichtssachverständige entnahm Bodenproben und führte Eluatanalysen durch.

Im Gutachtensteil (vgl Gutachten, Seiten 20 ff) erklärt der Sachverständige, dass bei den vorhandenen Mineralölverunreinigungen zwischen solchen in den oberen Erdschichten und jenen in der Tiefe zu unterscheiden sei. In den oberen Schichten wären lokal äußerst unterschiedliche Kontaminationen vorhanden. Die in tieferen Bereichen festgestellten Kohlenwasserstoffe rührten auf Grund des festgestellten Bohrkernes aller Wahrscheinlichkeit nach nicht von der Kontamination der Oberfläche und der anschließenden Versickerung bzw Elution her.

Im Bereich des ehemaligen Abstellplatzes des Baggers hätte die Konzentration von 0 bis 2 m abgenommen und von 2 bis 3 m wieder erheblich zugenommen. Diese Zunahme in der Tiefe konnte nach Ansicht des Sachverständigen nicht auf das Eindringen und Versickern von Mineralölen aus dem Betrieb L zurückgeführt werden, sondern dürfte "altersbedingt untergrundmäßig" hervorgerufen worden sein. Die großflächigen Mineralölverunreinigungen der oberen Schichten im Bereich des Baggers wären auf Grund des "Rückhaltemechanismus (Aufnahmekapazität des Bodenmaterials)" nicht sehr tief in den Boden eingedrungen und versickert. Eine abstrakte Gefährdung des Grundwassers durch den Betrieb des Autoabstellplatzes liege vor.

Auf Grund der hydrogeologischen Verhältnisse sei als gesichert anzunehmen, dass das Grundwasser in direkter Verbindung mit dem T steht und als Begleitwasser der Traun zu sehen ist. Danach stellt der Gerichtssachverständige im Ergebnis fest (Gutachten, Seite 25), dass es auf Grund der Zusammenhänge (Wasserführungsmengen der Traun und Aufnahmevermögen des Bodenmaterials) durch die vorliegenden Bodenkontaminationen zu keinen messtechnisch nachweisbaren Kontaminationen des Grundwassers und der Traun gekommen, somit eine konkrete Gefährdung nicht nachweisbar wäre.

4. In der Sache hat der unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

4.1. Zur Klarstellung wird bemerkt, dass beim gegebenen Tatzeitraum im Jahr 1998 das WRG 1959 in der Fassung der am 1. Juli 1997 in Kraft getretenen Wasserrechtsgesetznovelle Deponien (BGBl I Nr. 59/1997) und der am 1. Oktober 1997 zur Gänze in Kraft getretenen Wasserrechtsgesetz-Novelle 1997 (BGBl I Nr. 74/1997) anzuwenden ist. In der Sache ergeben sich dadurch allerdings keine wesentlichen Unterschiede für den vorliegenden Berufungsfall.

Gemäß § 137 Abs 3 lit g) WRG 1959 begeht eine Verwaltungsübertretung und ist nach dem Einleitungssatz mit Geldstrafe bis zu S 100.000,-- zu bestrafen,

wer ohne die gemäß § 32 Abs 1 und 2 WRG 1959 erforderliche wasserrechtliche Bewilligung oder entgegen einer solchen eine Einwirkung auf Gewässer vornimmt.

Nach § 32 Abs 1 WRG 1959 sind Einwirkungen auf Gewässer, die unmittelbar oder mittelbar deren Beschaffenheit (§ 30 Abs 2) beeinträchtigen, nur nach wasserrechtlicher Bewilligung zulässig. Bloß geringfügige Einwirkungen, insbesondere der Gemeingebrauch (§ 8) sowie die ordnungsgemäße land- und forstwirtschaftliche Bodennutzung (§ 32 Abs 8), gelten bis zum Beweis des Gegenteils nicht als Beeinträchtigung.

Gemäß § 32 Abs 2 lit c) WRG 1959 bedürfen Maßnahmen, die zur Folge haben, dass durch Eindringen (Versickern) von Stoffen in den Boden das Grundwasser verunreinigt wird, der Bewilligung im Sinne des Absatz 1.

Der Maßstab für die Reinhaltung der Gewässer ergibt sich aus der Zielvorschrift des § 30 Abs 2 WRG 1959, wonach jede Beeinträchtigung der natürlichen Beschaffenheit des Wassers und jede Minderung des Selbstreinigungsvermögens als Verunreinigung gilt.

Geringfügige Einwirkungen liegen nur vor, wenn sie einer zweckentsprechenden Nutzung des Gewässers nicht entgegenstehen. Darunter ist eine Nutzung zu verstehen, die dem Ziel der Reinhaltung iSd § 30 Abs 1 WRG 1959 nicht widerspricht (vgl mwN Raschauer, Kommentar zum Wasserrecht, 1993, § 32 Rz 14; Rossmann, Wasserrecht, 2. A, 1993, 112, Anm 3).

4.2. Nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ist die Bewilligungspflicht nach § 32 WRG dann gegeben, wenn nach den allgemeinen praktischen Erfahrungen des täglichen Lebens und nach dem natürlichen Lauf der Dinge mit einer Einwirkung auf Gewässer zu rechnen ist (vgl VwGH 18.3.1994, 93/07/0187 = ZfVB 1995/3/1123 unter Hinweis auf Vorjudikatur; weiter Nachw bei Rossmann, Wasserrecht, 2. A, 1993, 114, Anm 6 zu § 32). Der Nachweis des Eintritts einer Gewässerverunreinigung (Erfolgseintritt) ist nicht notwendig.

Beim Bewilligungstatbestand des § 32 WRG 1959 hat der Gesetzgeber projektsgemäß geplante und typische oder sonst vorhersehbare, regelmäßige oder dauerhafte Einwirkungen auf Gewässer mit nachteiligen Folgen vor Augen (vgl näher mwN Raschauer, Kommentar zum Wasserrecht, 1993, Rz 4, Rz 7 und insb Rz 13 zu § 32 WRG)

4.3. Nach dem angefochtenen Straferkenntnis hat die belangte Behörde sachverhaltsbezogen in Anlehnung an den Bericht ihres Amtssachverständigen für den Zeitraum vom 29. April bis 12. August 1998 das ohne Reinigungsmaßnahmen vorgesehene Versickernlassen von Oberflächenwässern beim Betrieb eines Gebrauchtwagenmarktes auf unbefestigter bzw. geschotterter Fläche auf dem Grundstück Nr. der KG K angelastet und daraus abgeleitet, dass im Hinblick auf eine angenommene Verunreinigung der Oberflächenwässer durch Tropfverluste und Abrieb von KFZ und wegen des Fehlens einer Filterschicht eine über das Maß der Geringfügigkeit hinausgehende Einwirkung auf das Grundwasser erfolgen werde. In der Begründung bezieht sich die belangte Behörde ausdrücklich auf Passagen im Gutachten des gerichtlichen Sachverständigen Dipl.-Ing. Dr. G vom 20. Juli 1993 zu den damals vorgelegenen Bodenverunreinigungen. Dieser Gutachter stellt für den damaligen Untersuchungszeitraum eine abstrakte Gefährdung des Grundwassers durch den Betrieb des Abstellplatzes im Bereich der durchgeführten Kernbohrungen fest (vgl dazu oben Punkt 3.).

Die belangte Behörde hat damit sinngemäß auch ihre Auffassung zum Ausdruck gebracht, dass für eine Bewilligungspflicht nach § 32 Abs 1 und 2 WRG 1959 bereits eine abstrakte Gefährdung ausreiche. Sie bezieht sich auch auf ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes, wonach schon kleine Verluste an Benzin oder Öl geeignet sind, das Grundwasser nachteilig zu beeinflussen (vgl VwGH 15.9.1987, 87/07/0089 = VwSlg 12535 A/1987). Der belangten Strafbehörde ist beizupflichten, wenn sie jede zusätzliche Maßnahme mit zu erwartenden nachteiligen Folgen für das Grundwasser auch bei Vorverunreinigungen für beachtlich hält und die Ansicht vertritt, dass allfällige ungeahndete Missstände auf anderen Abstellplätzen nichts an der wasserrechtlichen Bewilligungspflicht ändern können.

4.4. Im Übrigen kann der Oö. Verwaltungssenat aber die allzu pauschalen Feststellungen und Ansichten der belangten Behörde nicht teilen. Schon der Bericht des Amtssachverständigen vom 29. April 1998 über den Lokalaugenschein enthält keinerlei konkrete Angaben über Missstände, die als Einwirkungen auf das Grundwasser betrachtet werden könnten. Es ist nur die Rede von einem Gebrauchtwagenmarkt, der nicht - wie im Betriebsanlagenbescheid vorgesehen - mit Stellflächen in Betonverbundsteinausführung und Entwässerung in Rasenmulden betrieben wird. Die Fahrbewegungen (Aufstellen und Wegfahren von Gebrauchtwagen) sollten ohnehin auf geschotterten Verkehrsflächen stattfinden und die Waschvorgänge erfolgten außerhalb des Betriebsareals. Fallbezogen ging es demnach nur um fahrbereite Gebrauchtwägen, nicht aber auch um beschädigte KFZ oder Autowracks, in denen sich noch wassergefährliche Betriebsflüssigkeiten befinden. Auch von ungeschützten Manipulationsflächen, die der Ausschlachtung von Fahrzeugteilen dienten, war im Bericht des Tiefbauamtes keine Rede. Schließlich hat der Amtssachverständige nicht eine einzige Stelle des Betriebsareals bezeichnet, wo Spuren von Kohlenwasserstoffen vorgefunden oder gefährliche Flüssigkeiten unsachgemäß gelagert worden wären.

Dem gegenständlichen Vorwurf liegt offenbar nur der für Bewilligungsverfahren maßgebliche Leitfaden des Landeshauptmannes zur Abwässerbeseitigung bei Autoabstellflächen zugrunde, der bei Fehlen einer mindestens 30 cm starken Mutterbodenschicht idR eine mehr als geringfügige Einwirkung auf die Beschaffenheit des Grundwassers annimmt. Der Hinweis auf diesen Leitfaden konnte eine gewissenhafte Erhebung der fallbezogenen Umstände selbstverständlich nicht ersetzen. Vielmehr hätte es einer fachkundigen Befundaufnahme und Beurteilung des Einzelfalles bedurft. Es erscheint bei der gegebenen Akten- und Beweislage bedenklich, dass die belangte Strafbehörde offenbar ohne nähere Überprüfung der aktuellen Situation vor Ort zum Nachteil der Bwin von Einwirkungen auf das Grundwasser ausging. Die Feststellungen der belangten Behörde bewegen sich auf dem Niveau einer unzulässigen Vermutung zum Nachteil des Täters und verstoßen daher gegen die Unschuldsvermutung nach Art 6 Abs 2 EMRK. Dabei steht nach der Aktenlage nicht einmal fest und wurde im angefochtenen Straferkenntnis auch nicht ausdrücklich behauptet, dass die im Leitfaden des Landeshauptmannes genannte Voraussetzung des Fehlens einer mindestens 30 cm starken Mutterbodenschicht vorliegt. Vielmehr geht aus dem Gutachten des Dipl.-Ing. Dr. G aus 1993 eindeutig hervor, dass beim gegenständlichen Betriebsareal ein Rückhaltemechanismus infolge Aufnahmekapazität des Bodens existiert, weshalb die großflächigen Mineralölverunreinigungen der oberen Schichten nicht tief in den Boden eindringen konnten und eine konkrete Gefährdung des Grundwassers nicht nachweisbar war.

Im Ergebnis ist daher der erkennende Verwaltungssenat der Ansicht, dass mangels festgestellter wassergefährdender Missstände für die Tatzeit und im Hinblick auf die noch immer maßgeblichen Aussagen des Gerichtsgutachters zur Bodenbeschaffenheit - diese wurde vom Amtssachverständigen jedenfalls nicht untersucht - schon in tatsächlicher Hinsicht nicht von typischen Einwirkungen gesprochen werden kann, die sich nach dem natürlichen Verlauf der Dinge auf die Beschaffenheit des Grundwassers nachteilig auswirken.

Der Vollständigkeit halber ist noch anzumerken, dass die ohne konkreten Anlass gegebene abstrakte Möglichkeit des Auftretens von Tropfverlusten bei einzelnen Gebrauchtwägen keinesfalls für die objektive Tatbestandsmäßigkeit des § 137 Abs 3 lit g) iVm § 32 Abs 1 und 2 lit c) WRG 1959 ausreichen kann. Insofern ist der Berufung zuzubilligen, dass rein abstrakte Gefahren iSv hypothetischen Annahmen nicht dem gesetzlichen Wortlaut unterstellt werden können. Beim § 32 Abs 1 und 2 lit c) WRG 1959 geht es immerhin um unmittelbare oder mittelbare Einwirkungen durch Maßnahmen, die zur Folge haben, dass das Grundwasser durch Versickern von Stoffen verunreinigt wird. Bei der im gegebenen Fall vorgeworfenen Versickerung von Oberflächenwässern beim Betrieb eines Gebrauchtwagenmarktes, für den keine wassergefährlichen Missstände aktenkundig sind, kann nicht ernsthaft von einer relevanten Gefahrensituation gesprochen werden. Die vom Amtssachverständigen aufgezeigte Nichterfüllung des projektsgemäßen Zustandes nach dem ergangenen Betriebsanlagenbescheid vermag an der vorgenommenen Beurteilung nichts zu ändern. Insofern kommt lediglich eine hier nicht näher zu beurteilende Strafbarkeit nach gewerberechtlichen Vorschriften in Betracht.

5. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden. Bei diesem Ergebnis entfiel gemäß § 66 Abs 1 VStG die Verpflichtung zur Leistung von Beiträgen zu den Kosten des Strafverfahrens.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von S 2.500,-- (entspricht 181,68 Euro) zu entrichten.

Dr. W e i ß

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