Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-260262/19/WEI/An

Linz, 24.11.2004

 

 

 VwSen-260262/19/WEI/An Linz, am 24. November 2004

DVR.0690392
 
 
 
 

E R K E N N T N I S
 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Wolfgang Weiß über die Berufung der M M, geb., P, B, gegen den Spruchpunkt a) des Straferkenntnisses der Bezirkshauptmannschaft Gmunden vom 5. Juli 2000, Zl. Wa 96-14/05-2000/SF/HI, wegen einer Verwaltungsübertretung nach dem § 137 Abs 2 Z 6 Wasserrechtsgesetz 1959 - WRG 1959 (BGBl Nr. 215/1959 idFd WRG-Novelle 1999 BGBl I Nr. 155/1999) zu Recht erkannt:

 

I. Aus Anlass der Berufung wird das angefochtene Straferkenntnis im Spruchpunkt a) aufgehoben und das Strafverfahren nach § 45 Abs 1 Z 1 VStG eingestellt.

 

II. Die Verpflichtung zur Leistung von Beiträgen zu den Kosten des Strafverfahrens im Spruchpunkt a) entfällt.
 
Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs 4 AVG 1991 iVm § 24 VStG 1991; § 66 Abs 1 VStG 1991.
 

Entscheidungsgründe:

 

1.1. Mit dem bezeichneten Straferkenntnis der belangten Behörde wurde die Berufungswerberin (Bwin) wie folgt schuldig gesprochen und bestraft:

 

"Sie haben am 13.3.2000 bei Ihrer Liegenschaft P in der Gemeinde B,

 

a) die in beiden WC`s anfallenden Abwässer über einen Überlauf der 2 - 3 m3 großen Senkgrube und in weiterer Folge über einen Ableitungsstrang, welcher auch geringfügig auf einem Grundstück des Nachbarn Herrn A K, P, liegt, ohne Zustimmung des Herrn A K und ohne Bewilligung in den D eingeleitet

 

b) die Grauwässer (Bade-, Wasch- und Küchenwässer) aus beiden Wohneinheiten direkt und ohne jegliche Vorreinigung in den in der Siedlungsstraße gelegenen verrohrten D ohne Bewilligung eingeleitet."

Dadurch erachtete die belangte Behörde § 137 Abs 2 Z 6 iVm §§ 32 und 33g WRG 1959 idgF als verletzte Rechtsvorschriften und verhängte wegen dieser Verwaltungsübertretung "gemäß § 137 Abs. 2 Z 6 WRG. 1959" (richtig: Strafrahmen des § 137 Abs 2 WRG 1959) je eine Geldstrafe von ATS 1.000,-- und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 3 Stunden.

 

1.2. Gegen dieses Straferkenntnis richtet sich die am 4. August 2000 rechtzeitig bei der belangten Behörde eingebrachte Berufung vom 3. August 2000, mit der erschließbar die Aufhebung des Straferkenntnisses und Einstellung des Strafverfahrens angestrebt wird.

 

Über den Spruchpunkt b) des angefochtenen Straferkenntnisses hat der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich bereits mit Erkenntnis vom 30. Oktober 2001, Zl. VwSen-260262/13/WEI/Bk, entschieden. In Bezug auf den Spruchpunkt a) hatte der Oö. Verwaltungssenat mit Eingabe vom 16. Jänner 2001 einen Gesetzesprüfungsantrag beim Verfassungsgerichtshof wegen verfassungsrechtlicher Bedenken gegen den § 33g WRG 1959 idF BGBl I Nr. 155/1999 am 22. Jänner 2001 eingebracht. Nunmehr wurde dem Oö. Verwaltungssenat am 2. August 2004 der Beschluss des Verfassungsgerichtshofes vom 30. Juni 2004, Zl. G 37/01-11, zugestellt, mit dem der Gesetzesprüfungsantrag zurückgewiesen wurde. Deshalb hat der Oö. Verwaltungssenat über die noch aufrechte Berufung zu Spruchpunkt a) des angefochtenen Straferkenntnisses zu entscheiden.

 

1.3. Die eingebrachte Berufung zu Spruchpunkt a) lautet:

 

"Es ist nicht richtig, dass meine Abwasserreinigungsanlage einen Nutzinhalt von nur 2 - 3 m3 aufweist. Der Grubenraum erstreckt sich auch noch unter das Vorhaus. Diese Tatsache ist nach Beseitigung des Grubeninhaltes eindeutig feststellbar.

Das tatsächliche Ausmaß des Grubenraumes beträgt ca 7 - 8 m3 und entspricht meiner Meinung nach sehr wohl einer Abwasserreinigungsanlage im Sinne des § 33g. Abs. 1 des WRG. Die Entsorgung meiner Grube erfolgt durch ein autorisiertes Unternehmen (Fa. N, S) und werden nachweislich 6 m3 entsorgt und bezahlt.

In Ihrem Schreiben wird auch angeführt, dass die Abwässer über meinen Ableitungskanal ohne Zustimmung des Hrn. A K, P, über sein Grundstück in den D eingeleitet werden.

Dazu wird angemerkt:

Meine Abwässer werden durch einen Überlaufkanal in den verrohrten R und weiter zum D auch über das Grundstück des Hrn. A K abgeleitet. Die Verrohrung des R wurde mit Bescheid der BH Gmunden v. 21.10.1993, Wa-1244/18-1992/St wasserrechtlich bewilligt. Die von Hrn. A K, P beantragte Verrohrung des R wurde errichtet, um Schäden an seinem Haus und seine Wiesen zu vermeiden. Im Zuge des Baues dieser Verrohrung wurde mein bestehendes Überlaufrohr sehr wohl mit ausdrücklicher Zustimmung des Hr. K A in die Bachverrohrung eingeleitet. Ich selber habe auf seinem Grundstück überhaupt keinen Einfluss über die Bauarbeiten gehabt. Die gegenständliche Verrohrung wurde auch durch mein Grundstück durchgeführt. Ich war auch damit einverstanden, obwohl ich zur gegenständlichen wasserrechtlichen Verhandlung nicht eingeladen wurde."

 

2. Aus der Aktenlage ergibt sich der folgende wesentliche S a c h v e r h a l t :

 

Bei einem wasserrechtlichen Lokalaugenschein am 13. März 2000 wurde die Abwassersituation der Liegenschaft P in B überprüft und beanstandet (vgl Niederschrift vom 13.3.2000, Zl. Wa10-2236/04-1999/B/PF). Aus dem Befund des wasserbautechnischen Amtssachverständigen in der bezeichneten Niederschrift geht hervor, dass die Liegenschaft P, B, von drei Personen ständig bewohnt wird, wobei die in zwei WC`s anfallenden Abwässer in eine Senkgrube mit Nutzinhalt von 2 bis 3 m3 eingeleitet werden, welche einen Überlauf mit Ableitungsstrang in den D besitzt. Die Grauwässer (Bad-, Wasch- und Küchenwässer) gelangten nicht über diese Anlage in den D. In der Senkgrube befindet sich ein Ablaufknie, wodurch eine Grobabscheidung erfolgt, die als mechanische Vorreinigung angesehen werden könne. Diese Abwasserbeseitigungsanlage entsprach nicht mehr dem Stand der Technik. Die bestehende Sammelgrube könnte nach Meinung des Amtssachverständigen nicht als Kläranlage angesehen werden. Die Senkgrube werde ein bis zweimal jährlich durch ein konzessioniertes Entsorgungsunternehmen entleert (jeweils ca. 2 m3). Mit der Realisierung eines "Detailprojekts P" der Stadtgemeinde B sei zu rechnen, dass der Anschluss an die Ortskanalisation in 2 bis 3 Jahren möglich ist.

 

Die Bwin hat dazu selbst vorgebracht, dass ihre Abwässer durch einen Überlaufkanal in den verrohrten R und weiter in den D abgeleitet werden. Entgegen den Feststellungen der Strafbehörde behauptet die Bwin ein Ausmaß der Senkgrube von 7 bis 8 m3, was einer Abwasserreinigungsanlage im Sinne des § 33g Abs 1 WRG 1959 entspreche. Sie lasse nachweislich 6 m3 durch ein autorisiertes Unternehmen entsorgen. Unbestritten ist, das sich die Bwin hinsichtlich der Einwirkung auf den D nicht auf eine wasserrechtliche Bewilligung berufen kann.

 

3. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis aufgenommen durch Einsicht in die vorgelegten Akten, aus denen bereits abzuleiten war, dass der entscheidungswesentliche Sachverhalt unbestritten feststeht.

 

4. In der Sache hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

 

4.1. Gemäß § 137 Abs 2 Z 6 (ähnlich früher § 137 Abs 3 lit g) WRG 1959 idF BGBl I Nr. 155/1999 begeht eine Verwaltungsübertretung und ist nach dem Einleitungssatz mit Geldstrafe bis zu ATS 200.000,--, im Falle der Uneinbringlichkeit mit Ersatzfreiheitsstrafe bis zu 4 Wochen, zu bestrafen,

 

wer ohne Bewilligung oder entgegen einer solchen eine gemäß § 32 bewilligungspflichtige Einwirkung auf Gewässer oder eine gemäß § 32b bewilligungspflichtige Indirekteinleitung vornimmt.

 

Nach § 32 Abs 1 WRG 1959 sind Einwirkungen auf Gewässer, die unmittelbar oder mittelbar deren Beschaffenheit (§ 30 Abs 2) beeinträchtigen, nur nach wasserrechtlicher Bewilligung zulässig. Bloß geringfügige Einwirkungen, insbesondere der Gemeingebrauch (§ 8) sowie die ordnungsgemäße land- und forstwirtschaftliche Bodennutzung (§ 32 Abs 8), gelten bis zum Beweis des Gegenteils nicht als Beeinträchtigung.

 

Gemäß § 32 Abs 2 lit a) WRG 1959 bedarf die Einbringung von Stoffen in festem, flüssigem oder gasförmigem Zustand in Gewässer mit den dafür erforderlichen Anlagen einer Bewilligung nach Maßgabe des Absatz 1. Geringfügige Einwirkungen liegen nur vor, wenn sie einer zweckentsprechenden Nutzung des Gewässers nicht entgegenstehen. Darunter ist eine Nutzung zu verstehen, die dem Ziel der Reinhaltung iSd § 30 Abs 1 WRG 1959 nicht widerspricht (vgl mwN Raschauer, Kommentar zum Wasserrecht, 1993, § 32 Rz 14; Rossmann, Wasserrecht, 2. A, 1993, 112, Anm 3).

 

4.2. Nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ist die Bewilligungspflicht nach § 32 WRG dann gegeben, wenn nach den allgemeinen praktischen Erfahrungen des täglichen Lebens und nach dem natürlichen Lauf der Dinge mit einer Einwirkung auf Gewässer zu rechnen ist (vgl VwGH 18.3.1994, 93/07/0187 = ZfVB 1995/3/1123 unter Hinweis auf Vorjudikatur; weiter Nachw bei Rossmann, Wasserrecht, 2. A, 1993, 114, Anm 6 zu § 32). Der Nachweis des Eintritts einer Gewässerverunreinigung (Erfolgseintritt) ist nicht notwendig. In einem jüngeren Erkenntnis ist im gegebenen Zusammenhang davon die Rede, dass mit nachhaltigen Einwirkungen auf die Beschaffenheit der Gewässer zu rechnen sein muss (vgl VwGH 23.4.1998, 96/07/0227).

Zur Ableitung häuslicher Abwässer hat sich der Verwaltungsgerichtshof schon mehrfach im Zusammenhang mit der Bekämpfung wasserpolizeilicher Aufträge geäußert. So wurde schon Anfang der 70er Jahre die Einbringung von Küchenabwässern (Geschirrspülabwässern) in einen Bach als mit nachteiligen Einwirkungen nicht bloß geringfügiger Art verbunden angesehen (vgl VwGH 25.2.1972, Zl. 2037, 2038/71). Auch die Versickerung von in einer Dreikammer-Kläranlage behandelten Abwässern dreier Einfamilienhäuser wurde als bewilligungspflichtig angesehen (vgl VwGH 25.11.1980, Zl. 2827/80). Um die bewilligungspflichtige Versickerung in den Untergrund von mechanisch gereinigten häuslichen Abwässern mehrerer Wohnobjekte nach jeweils bloß mechanischer Vorreinigung in Kläranlagen ging es im Erkenntnis vom 29. Jänner 1991, Zl. 90/07/0153, 0154, 0155, wobei die Beeinträchtigung eines nahe gelegenen Grundwasserwerkes zu befürchten war. Im Erkenntnis vom 23. April 1991, Zl. 91/07/0037, hielt der Verwaltungsgerichtshof die Direkteinleitung ungeklärter häuslicher (auch fäkalkontaminierter) Abwässer aus einem Fünfpersonenhaushalt über ein verrohrtes Oberflächengerinne in einen Bach für nicht bloß geringfügig, sondern bewilligungspflichtig nach § 32 Abs 2 lit a) WRG 1959. Schließlich hat der Verwaltungsgerichtshof zur Einleitung von ungereinigten Bad- und Küchenabwässern eines Zweipersonenhaushalts in einen Sickerschacht (Sickergrube) ausgesprochen, dass diese Versickerung bzw Sickergruben privater Haushalte einer wasserrechtlichen Bewilligung nach § 32 Abs 2 lit c) WRG 1959 bedarf (vgl VwGH 31.1.1995, 95/07/0008 unter Hinweis auf Raschauer, Kommentar zum Wasserrecht, 1993, Rz 7 zu § 32 WRG). Aus der Sachverhaltschilderung dieses Erkenntnisses geht zur Grundwassergefährlichkeit hervor, dass der Grundwasserstand im Bereich des Sickerschachtes sehr hoch lag, weshalb auf Dauer nachteilige Auswirkungen zu befürchten waren.

 

Auf Grund dieser Rechtslage besteht grundsätzlich kein Zweifel, dass die fortlaufende Einleitung häuslicher Abwässer in ein Gewässer der wasserrechtlichen Bewilligung nach dem § 32 Abs 1 und 2 lit a) WRG 1959 bedarf. Die Ableitung von ungereinigten Abwässern kann angesichts der wassergefährlichen Belastung mit chemischen Reinigungsmitteln nicht toleriert werden, auch wenn es sich dabei nur um die Haushaltswässer von wenigen Personen handelt. Mit gewisser Dauer kann diese dem heutigen technischen Standard widersprechende Vorgangsweise nach dem natürlichen Lauf der Dinge nicht ohne Auswirkungen auf die Beschaffenheit des Gewässers bleiben.

 

4.3. Der Oö. Verwaltungssenat hat aber im Berufungsverfahren auch die Bewilligungsfiktion des § 33g Abs 1 WRG 1959 idF BGBl I Nr. 155/1999 zu beachten:

 

Gemäß § 33g Abs 1 WRG 1959 idF der WRG-Novelle 1999 galten Abwasserreinigungsanlagen mit Ableitung oder Versickerung kommunaler Abwässer mit einem maximalen täglichen Schmutzwasseranfall von kleiner oder gleich 10 EGW60, die am 1. Juli 1990 bestanden haben, als bewilligt (§ 32), wenn sie nachweislich ordnungsgemäß betrieben und instandgehalten werden. Diese Bewilligung endet, sofern die Frist nicht durch Verordnung nach Abs. 2 verlängert wird, am 31. Dezember 2005 längstens aber mit Inkrafttreten einer Maßnahmenverordnung gemäß § 33f für die in einem betroffenen Gebiet liegenden Anlagen.

 

Bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 33g Abs 1 WRG 1959 müsste man von der (gesetzlichen) Bewilligung der angelasteten Einwirkung iSd § 32 WRG 1959 ausgehen, weshalb die angelastete Verwaltungsübertretung zu verneinen und das Straferkenntnis im Spruchpunkt a) aufzuheben wäre.

 

Der h. Antrag auf Gesetzesprüfung wegen verfassungsrechtlicher Bedenken wurde mit Beschluss des Verfassungsgerichtshofes vom 30. Juni 2004, Zl. G 37/01-11, zurückgewiesen. Der Verfassungsgerichtshof begründete dies vom Ergebnis her. Im Fall der Aufhebung der Norm des § 33g Abs 1 WRG 1959 würde ein an sich strafloses Verhalten der beteiligten Partei rückwirkend strafbar werden. Denn Art 140 Abs 7 B-VG sehe zwingend vor, dass eine als verfassungswidrig aufgehobene Norm im Anlassverfahren nicht mehr anzuwenden ist, und zwar auch dann nicht, wenn sich diese Nichtanwendung für die (beschwerdeführende) Partei des Ausgangsverfahrens als nachteilig erweise (Hinweis auf VfGH 10.10.2003, B 1492/01). Dem stünde aber das Rückwirkungsverbot des Art 7 Abs 1 Satz 1 EMRK entgegen. Daraus folgert der Verfassungsgerichtshof:

 

"Die angefochtene Bestimmung steht aus dem Blickwinkel des Grundrechts des Art. 7 Abs. 1 EMRK somit in einem untrennbaren Zusammenhang mit der vom UVS anzuwendenden Strafnorm: In diesem Zusammenhang gelesen, erfolgt die Einleitung von Abwässern in ein Gewässer nur dann bewilligungslos (und ist daher strafbar), wenn diese Einleitung weder im Einzelfall bewilligt ist noch als (generell) bewilligt gilt. Es erweist sich daher als unzulässig, aus einem solchen normativen Zusammenhang nur jene (gegebenenfalls) die Straflosigkeit bewirkende Bestimmung anzufechten, die Strafbestimmung im Übrigen aber unangefochten zu lassen. Der UVS wäre daher nur berechtigt, § 33g Abs. 1 WRG gemeinsam mit der von ihm anzuwendenden Strafnorm anzufechten. Auf Grund des dargelegten, grundrechtlich geprägten Zusammenhanges der Normen kann nämlich nur auf diese Weise ein Art. 7 Abs. 1 EMRK widersprechendes Ergebnis vermieden werden."

 

Für den Oö. Verwaltungssenat bedeutet dies im Ergebnis, dass eine Gesetzesanfechtung in einem Strafverfahren zum Nachteil des Beschuldigten nicht möglich erscheint, zumal im Hinblick auf die Nichtanwendbarkeit einer allenfalls aufzuhebenden Ausnahmebestimmung (Bewilligungsfiktion) im Anlassfall (gemäß Art 140 Abs 7 B-VG) ein unlösbarer Konflikt zum Rückwirkungsverbot des Art 7 Abs 1 EMRK entstünde. Die vom Verfassungsgerichtshof angebotene Lösung der gemeinsamen Anfechtung von Ausnahmebestimmung und Strafnorm erscheint dem erkennenden Mitglied des Oö. Verwaltungssenates allerdings nicht überzeugend, zumal der Sitz der Verfassungswidrigkeit jedenfalls nicht in der Strafnorm selbst liegt. Darüber kann auch der vom Verfassungsgerichtshof betonte grundrechtlich geprägte Zusammenhang der Normen nicht hinwegtäuschen. Durch die Aufhebung der Strafnorm wäre zwar das Rückwirkungsproblem gelöst. Darüber hinaus erzielte man aber ein über die Bedeutung des Anlassfalles weit hinausgehendes Ergebnis, wonach der gesamte Bereich konsensloser Einwirkungen auf Gewässer gemäß § 32 WRG 1959 überhaupt straflos werden würde. Ein solches Ergebnis konnte aber nicht der Sinn des vom Oö. Verwaltungssenat beantragten Gesetzesprüfungsverfahrens sein. Dies gilt umso mehr, als mittlerweile durch Art 7 Z 12 der Novelle BGBl I Nr. 109/2001 die Bestimmungen des § 33g Abs 1 und Abs 2 WRG 1959 völlig neu gefasst wurden und daher der Gesetzesprüfung nur historische Bedeutung zukäme. Das erkennende Mitglied hat auf Grund dieser Erwägungen davon abgesehen, einen an sich möglichen weiteren Antrag an den Verfassungsgerichtshof zu stellen.

 

4.4. Da im gegenständlichen Fall auch nach Darstellung des Amtssachverständigen eine Grobabscheidung und damit mechanische Vorreinigung durch das Ablaufknie der Senkgrube stattfindet, hält es das erkennende Mitglied für vertretbar, die Anlage der Bwin als Abwasserreinigungsanlage primitiver Art zu betrachten, die unter das Regime des § 33g Abs 1 WRG 1959 idF BGBl I Nr. 155/1999 fällt. Denn diese Vorschrift sah keine Mindestanforderungen für eine Abwasserreinigung vor, sondern stellte im Wesentlichen nur auf die Beschränkung in der Größenordnung mit 10 EGW60 ab, welche Voraussetzung bei einem 3 Personenhaushalt jedenfalls gegeben war. Aus der Verwendung des Begriffs "ordnungsgemäß betrieben und instandgehalten" kann nämlich nur abgeleitet werden, dass die Anlage ihrer konstruktiven Funktion gemäß betrieben werden muss. Dies war offensichtlich auch der Fall. Auf Wertungen in behördlichen Bewilligungen (Baubewilligung oder abgelaufene wasserrechtliche Bewilligung) wie noch in der Vorfassung der WRG-Novelle 1997 (vgl BGBl I Nr. 74/1997) kam es beim anzuwendenden § 33g Abs 1 in der Fassung der WRG-Novelle 1999 nicht mehr an.

 

Das erkennende Mitglied vertritt daher entgegen der belangten Strafbehörde beim gegebenen Sachverhalt die Auffassung, dass sich die Bwin für den angelasteten Tatzeitpunkt auf die Bewilligungsfiktion des § 33g Abs 1 WRG 1959 idF BGBl I Nr. 155/1999 berufen und schon aus diesem Grund keine konsenslose Einleitung in den D begangen haben konnte.

 

4.5. Das Straferkenntnis leidet ferner auch an dem Mangel, dass sich der Tatvorwurf der Einleitung von Abwässern aus der Senkgrube in den D auf den 13. März 2000 beschränkt. Für diesen Tag steht nämlich nicht fest, in welchem Ausmaß Abwässer über einen Ableitungskanal direkt in den D gelangt sind. Aus der Niederschrift über den wasserrechtlichen Lokalaugenschein folgt, dass am 13. März 2000 mit Abwässern von drei Personen zu rechnen war. Aus der Aktenlage lässt sich dazu aber mengenmäßig nichts ableiten. Im Befund des Amtssachverständigen wies der D an der Einleitungsstelle augenscheinlich keine gröberen Verschmutzungen durch häusliche Abwässer auf (vgl Niederschrift vom 13.3.2000).

 

Die an einem einzigen Tag in den D gelangten Abwässer können nach Ansicht des erkennenden Mitglieds des Oö. Verwaltungssenates im gegebenen Fall im Zweifel nur geringfügig gewesen sein. Mangels jeglicher aktenkundiger Hinweise kann jedenfalls nicht davon ausgegangen werden, dass eine Geringfügigkeit der Einwirkung auf den D am 13. März 2000 überschritten worden wäre. Bloß geringfügige Einwirkungen gelten nach § 32 Abs 1 WRG 1959 bis zum Beweis des Gegenteils nicht als Beeinträchtigung der Beschaffenheit des Gewässers.

 

Die belangte Behörde hat verkannt, dass in der Regel nur ein gewisser Zeitraum konsensloser Einleitungen von häuslichen Abwässern verdeutlichen kann, dass insgesamt so nachhaltige Einwirkungen auf ein Gewässer vorliegen, dass eine Bewilligungspflicht iSd § 32 WRG 1959 unzweifelhaft erscheint. Beim gegebenen unzureichenden Tatvorwurf, an den der Oö. Verwaltungssenat im Berufungsverfahren gemäß § 66 Abs 4 AVG iVm § 24 VStG gebunden war, lag es von vornherein auf der Hand, dass der Oö. Verwaltungssenat von keiner das Maß der Geringfügigkeit übersteigenden Einwirkung ausgehen konnte.

 

5. Im Ergebnis war daher aus Anlass der Berufung das angefochtene Straferkenntnis auch im Spruchpunkt a) aufzuheben und das Strafverfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 1 VStG mangels einer strafbaren Verwaltungsübertretung einzustellen. Bei diesem Ergebnis entfiel gemäß § 66 Abs 1 VStG die Verpflichtung zur Leistung von Beiträgen zu den Kosten des Strafverfahrens.

 

Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.
 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.
 
 

Dr. W e i ß

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