Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-260270/2/WEI/Ni

Linz, 26.02.2002

VwSen-260270/2/WEI/Ni Linz, am 26. Februar 2002

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Wolfgang Weiß über die Berufung des Franz W, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft S vom 18. Jänner 2001, Zl. Wa 96 wegen einer Verwaltungsübertretung nach dem § 137 Abs 3 Z 10 iVm § 31 Abs 1 Wasserrechtsgesetz 1959 - WRG 1959 (BGBl Nr. 215/1959 idFd WRG-Novelle 1999, BGBl I Nr. 155/1999) zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Strafverfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 1 VStG eingestellt.

II. Die Verpflichtung zur Leistung von Beiträgen zu den Kosten des Strafverfahrens entfällt.

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs 4 AVG 1991 iVm § 24 VStG 1991; § 66 Abs 1 VStG 1991.

Entscheidungsgründe:

1.1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde der Berufungswerber (Bw) wie folgt schuldig erkannt und bestraft:

"Sie haben es zu verantworten, dass durch die Außerachtlassung der Sie gemäß § 31 Abs. 1 Wasserrechtsgesetz 1959 idgF. (WRG) treffenden Sorgfaltspflicht und somit durch auffallende Sorglosigkeit entgegen der Bestimmung des § 1299 des allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuches eine Gewässerverunreinigung, welche den Bestimmungen des § 30 WRG zuwiderläuft und nicht durch eine wasserrechtliche Bewilligung gedeckt ist, bewirkt wurde, da Sie beim Befüllen des Erdtankes auf dem Gelände des Lagerhauses nicht mit der erforderlichen Sorgfalt darauf geachtet haben, dass keine Gewässerverunreinigung eintritt. Dadurch sind ca. 500 bis 600 Liter Dieselöl über ein unterirdisches Rohr zu einer Waggon-Entladestelle und durch einen im Abfüllschacht angekuppelten Gummischlauch ausgelaufen und in weiterer Folge über einen Regenwasserschacht in den Regenwasserkanal und weiters in ein unbenanntes Gerinne und anschließend in den Otterbach gelangt.

Tatort: Lagerhaus

Tatzeit: 4. Juni 2000, ca. 10.00 Uhr

Verwaltungsübertretung:

§ 31 Abs. 1 iVm. § 137 Abs. 3 Z 10 Wasserrechtsgesetz 1959 idgF."

Wegen dieser Verwaltungsübertretung verhängte die belangte Strafbehörde gemäß § 137 Abs 3 Einleitung WRG 1959 idgF eine Geldstrafe in Höhe von S 5.000,-- (363,36 Euro) und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 30 Stunden. Als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens wurden S 500,-- (36,34 Euro) vorgeschrieben.

1.2. Gegen dieses Straferkenntnis, das dem Bw am 9. Februar 2001 zugestellt wurde, richtet sich die am 23. Februar 2001 rechtzeitig zur Post gegebene Berufung vom 22. Februar 2001, die am 26. Februar bei der belangten Behörde einlangte. Die Berufung strebt die Aufhebung des Straferkenntnisses und Einstellung des Strafverfahrens an.

2. Aus der Aktenlage ergibt sich der folgende wesentliche S a c h v e r h a l t :

2.1. Nach der Anzeige der Gendarmerie S am Inn vom 12. Juli 2000, an die Staatsanwaltschaft wurde am 24. Juni 2000 um 10.35 Uhr der Gendarmerieposten von der Stadtfeuerwehr S über eine Ölverschmutzung im Otterbach verständigt, da es im Lagerhaus S zu einem Ölaustritt gekommen war.

Bei ihren Ermittlungen stellten die Gendarmeriebeamten fest, dass der Tanklastzug der Firma M mit angekuppeltem Abfüllschlauch an der Tankstelle stand. Der Bw hatte Diesel in den Erdtank der Tankstelle abgefüllt, wobei etwa 500 bis 600 Liter austraten. Beim Erdtank handelte es sich um einen 80.000 Liter-Tank, der sowohl über einen Schacht bei der Tankinsel als auch über einen Schacht im Bereich der ca. 30 m entfernten Waggon-Ölentladestelle beim Schleppgeleise befüllt werden konnte. Im Bereich des Schleppgeleises wurden kontaminierter Schotter und Erdreich im Ausmaß von 60 m3 ausgehoben. Der Vorplatz des Lagerhauses wurde mit Ölbindemitteln behandelt und danach gereinigt. Das Dieselöl gelangte über den Regenwasserkanal und ein unbenanntes Gerinne in den Otterbach. Die Feuerwehr errichtete mehrere Ölsperren, die letzte im Otterbach kurz vor der Einmündung in die Pram. Eine genaue Höhe des Schadens ist nicht aktenkundig.

2.2. Der Bw schilderte der Gendarmerie sein Vorgehen in der mit ihm aufgenommenen Niederschrift vom 30. Juni 2000 (Beilage 5 zur Gendarmerieanzeige). Er hatte 30.000 Liter Dieselöl geladen und begann gegen 08.45 Uhr mit den Vorbereitungen für das Befüllen des Erdtanks beim Abfüllschacht an der Tankstelle. Durch eine Messung mittels Peilstab erkannte der Bw, dass 50.000 Liter im Tank waren. Er ging daraufhin ins Büro des Lagerhauses, wo er einem Angestellten mitteilte, dass er nicht die gesamte Ladung in den Erdtank einfüllen könnte, da der Tank eine Sicherung gegen Überfüllung aufwies. Darauf wurde ihm gesagt, dass er den Rest in einen abgestellten Tankwagen des Lagerhauses einfüllen könne. In weiterer Folge schloss er den Abfüllschlauch am Tanklastkraftwagen und am Einfüllstutzen des Erdtanks an und ließ das Dieselöl in den Erdtank abrinnen, ohne die eingebaute Pumpe zu verwenden. Der Diesel rann gleichmäßig in den Erdtank und der Bw wartete auf das Ansprechen der Überfüllsicherung, wobei er auch noch eine weitere Peilung bei etwa 70.000 Litern vornahm.

Dazu stellt die Gendarmerie fest, dass an der Innenseite der Schachtabdeckung bei der Tankinsel ein Hinweisschild angebracht ist, dass bei der Befüllanlage eine Überfüllsicherung (Beschreibung "Füllstop-Automatik" in Beilage 3) eingebaut ist. Nach der aktenkundigen Beschreibung ist die "Füllstop-Automatik" eine Vorrichtung, die bei allen Arten von Flüssigkeitsbehältern die Einfüllleitung beim Erreichen des maximal zulässigen Füllniveaus automatisch schließt und ein Überfüllen der Behälter verhindert.

Der Bw ließ weiterhin Diesel in den Erdtank rinnen. Dabei beobachtete er, dass sich der Durchfluss kaum verringerte, weshalb er annahm, dass das Ventil der Überfüllsicherung noch nicht geschlossen war. Gegen 10.45 Uhr machte ein Lagerhauskunde den Bw darauf aufmerksam, dass am Vorplatz des Lagerhauses eine Flüssigkeit herunterrinne. Der Bw konnte von seiner Position aus bei der Tankinsel den Vorplatz des Lagerhauses nicht einsehen, weil der Tankwagen die Sicht versperrte (vgl dazu die der Anzeige angeschlossene Lichtbildbeilage). Daraufhin unterbrach er sofort den Abfüllvorgang und hielt Nachschau. Der Bw erkannte die bereits eingetretene Verschmutzung des Vorplatzes mit Dieseltreibstoff und entdeckte in etwa 30 m Entfernung im Bereich der Waggon-Abfüllanlage hinter mehreren Verkaufsständern einen abgelegten Schlauch, aus dem Diesel ausgetreten war. Dieser Schlauch diente am Vortag dem Lagerhausarbeiter W zum Abfüllen von Dieseltreibstoff aus einem Waggon über den Abfüllschacht bei der Ölentladestelle in den Erdtank. W kuppelte den Abfüllschlauch vom Waggon, nicht aber im Abfüllschacht ab und legte ihn auf Metallstreben hinter Werbetafeln unverschlossen ab. Auf diese Weise konnte am nächsten Tag Dieselöl über die unterirdische Zuleitung vom Erdtank zum Abfüllschacht der Ölentladestelle und in weiterer Folge über den nicht abgekuppelten Schlauch austreten. Eine weitere Peilung des Bw ergab einen Füllstand des Erdtanks von etwa 75.900 Litern. Nach der Tankwagenuhr war eine Menge von 26.500 Litern Dieselöl in den Erdtank abgefüllt worden. Somit dürften etwa 500 bis 600 Liter Dieselöl ins Freie ausgeflossen sein.

Der Bw hatte keine Kenntnis davon, dass der Erdtank mit der Waggon-Abfüllanlage in Verbindung stand und dort noch ein unverschlossener Schlauch angekuppelt war. Wie durch die Lichtbildbeilage dokumentiert wird, konnte er von seinem Standort beim Abfüllschacht der Tankinsel für Dieseltreibstoff auch den oben genannten Umstand nicht erkennen.

2.3. Mit Schreiben vom 18. Dezember 2000, teilte die Staatsanwaltschaft der belangten Behörde mit, dass die Anzeige gegen den Bw und gegen W gemäß § 90 Abs 1 StPO zurückgelegt worden ist. Die belangte Strafbehörde legte daraufhin mit Aufforderung zur Rechtfertigung vom 8. Jänner 2001 dem Bw die Tat wie im angefochtenen Straferkenntnis zur Last.

Der Bw gab der belangten Behörde am 18. Jännner 2001 telefonisch bekannt, dass er nur auf die Niederschrift vom 30. Juni 2000 anlässlich seiner Befragung am Gendarmerieposten S verweisen könne, wo er den Hergang ausreichend dargelegt hätte.

Die belangte Strafbehörde erließ daraufhin das angefochtene Straferkenntnis vom 18. Jänner 2001.

2.4. In der Berufung wird vorgebracht, der Beschuldigte hätte entsprechend den Sicherheitsvorschriften mit größtmöglicher Sorgfalt während der Befüllung des Öltanks gehandelt. Er habe den Füllgrad des Öltanks überprüft, um Füllzeit und Füllmenge richtig einschätzen zu können. Der Tank hätte nur bis zum Ansprechen der Überfüllsicherung und damit bis zur maximal zulässigen Menge befüllt werden sollen. Diese Vorgangsweise sei üblich und auch im Sinne des Auftraggebers. Beim Zusammenspiel verschiedener mechanischer Einrichtungen erkläre die Messtoleranz von etwa 5 %, weshalb die Überfüllsicherung relativ spät zu wirken begonnen hätte. Dies erkläre auch, warum der Beschuldigte den Tankvorgang nicht bei Erreichen der 72.000 Liter abbrach. Das Dieselöl hätte aber nur austreten können, weil der Schacht zur Waggon-Entladestelle nicht ordnungsgemäß geschlossen war. Diese Gefahr hätte der Beschuldigte nicht erkennen können. Ein mögliches Gefahrenpotential auf Grund der unzulänglichen Konstruktion der Anlage hätte er keinesfalls abschätzen können. Er hätte vielmehr auf strenge Sicherheitsmaßstäbe vertrauen dürfen. Dabei wären bauliche Maßnahmen wie der Einbau von Rückschlagventilen oder Regelventilen vorzusehen gewesen. Unter den gegebenen technischen Bedingungen wäre der Vorfall jederzeit wieder möglich. Der Beschuldigte sei auch unbescholten im Sinne des Strafrechts und Gefahrengutgesetzes, woraus auf seine Zuverlässigkeit im Umgang mit gefährlichen Stoffen geschlossen werden könne.

3. Der Oö. Verwaltungssenat hat nach Einsicht in die vorgelegten Verwaltungsakten gefunden, dass das angefochtene Straferkenntnis schon nach der Aktenlage aus rechtlichen Gründen aufzuheben war.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

4.1. Gemäß § 137 Abs 3 Z 10 WRG 1959 idFd WRG-Novelle 1999 (BGBl I Nr. 155/1999) begeht eine Verwaltungsübertretung und ist nach dem Einleitungssatz mit einer Geldstrafe bis S 500.000,--, im Fall der Uneinbringlichkeit mit Ersatzfreiheitsstrafe bis zu sechs Wochen, zu bestrafen,

wer durch auffallende Sorglosigkeit oder vorsätzlich eine erhebliche, nicht durch eine Bewilligung gedeckte Gewässerverunreinigung bewirkt (§ 31 Abs 1).

Nach § 31 Abs 1 WRG 1959 hat jedermann, dessen Anlagen, Maßnahmen oder Unterlassungen eine Einwirkung auf Gewässer herbeiführen können, mit der im Sinne des § 1297 ABGB, zutreffendenfalls mit der im Sinne des § 1299 ABGB gebotenen Sorgfalt seine Anlagen so herzustellen, instand zu halten und zu betreiben oder sich so zu verhalten, dass eine Gewässerverunreinigung vermieden wird, die den Bestimmungen des § 30 WRG zuwiderläuft und nicht durch eine wasserrechtliche Bewilligung gedeckt ist.

4.2. Gemäß der Subsidiaritätsklausel des § 137 Abs 6 WRG 1959 idFd WRG-Novelle 1999 ist eine Übertretung nach Abs 1 bis 4 nicht zu bestrafen, wenn sie den Tatbestand einer gerichtlich strafbaren Handlung erfüllt. Nach dieser gesetzlich ausdrücklich angeordneten Subsidiarität kommt es nur darauf an, ob das eine Verwaltungsübertretung darstellende Verhalten zugleich unter einen gerichtlichen Straftatbestand zu subsumieren ist. Es wird nicht vorausgesetzt, dass es tatsächlich zu einer gerichtlichen Verurteilung und Bestrafung des Täters gekommen ist. Wesentlich ist nur, dass eine Tat auch Gegenstand eines gerichtlichen Strafverfahrens sein könnte.

Schon in der bisherigen Judikatur war klargestellt, dass im Fall einer ausdrücklich angeordneten Subsidiarität eine Ausnahme vom verwaltungsstrafrechtlichen Kumulationsprinzip besteht (vgl Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 5. A, 1996, E 5, 6, 10 und 11 zu § 30 VStG). Eine Bindung der Verwaltungsstrafbehörde besteht nur im Fall einer verurteilenden Entscheidung durch das Strafgericht. Bei Freispruch oder Einstellung hat die Strafbehörde hingegen nach der Judikatur selbständig zu prüfen, ob sie zur Ahndung einer Verwaltungsübertretung zuständig ist oder das Verwaltungsstrafverfahren wegen Vorliegens einer gerichtlich strafbaren Handlung einzustellen hat (vgl mwN Hauer/Leukauf, aaO, Anm 5 und E 3 zu § 30 VStG). Es kann daher durchaus vorkommen, dass ein in einer gerichtlichen Fehlentscheidung getroffener Freispruch im Hinblick auf die angeordnete Subsidiarität zur Einstellung der Verwaltungsstrafsache durch die Verwaltungsstrafbehörde zu führen hat, weil bei richtiger rechtlicher Beurteilung ein gerichtliches Strafurteil hätte ergehen müssen (vgl idS auch Messiner, StVO10,1999, Anm 30 zu § 99).

4.3. Im vorliegenden Fall steht fest, dass der dem angefochtenen Straferkenntnis zugrunde liegende Sachverhalt auch Gegenstand der strafrechtlichen Beurteilung durch die Staatsanwaltschaft war.

Nach der Regelung der §§ 90a ff StPO idFd StPO-Novelle 1999 gibt es nunmehr Möglichkeiten einer diversionellen - vom Anklagezwang des Legalitätsprinzips abweichenden - Erledigung von Anzeigen durch die Staatsanwaltschaft. Dabei handelt es sich nicht um Entkriminalisierung, sondern lediglich um eine kriminalpolitisch motivierte Verfahrensreform, mit der die Art und Weise der staatlichen Reaktion auf strafbares Verhalten geändert wurde (vgl Einführungserlass des BMJ zur StPO-Novelle 1999 vom 24.11.1999, Zl. JMZ 578.015/35-II 3/1999). Es geht demnach um an sich gerichtlich strafbare Handlungen, von deren Verfolgung der Staatsanwalt unter den gegebenen Voraussetzungen der §§ 90a ff StPO zurücktritt. Anders die Zurücklegung der Anzeige nach § 90 StPO, bei der die Staatsanwaltschaft aus rechtlichen und/oder tatsächlichen Gründen davon ausgeht, dass es für den Fall der Anklage zu keiner Verurteilung kommen wird.

Durch die Zurücklegung der Anzeige gemäß § 90 Abs 1 StPO hat die Staatsanwaltschaft zum Ausdruck gebracht, dass nach ihrer Ansicht kein gerichtlich strafbarer Tatbestand verwirklicht wurde. Die Gründe wurden nicht offen gelegt. Wie oben bereits dargelegt, hat die Strafbehörde in einem solchen Fall selbständig zu prüfen, ob eine gerichtlich strafbare Handlung vorliegt oder nicht.

Im gegenständlichen Fall ist an das Delikt der fahrlässigen Beeinträchtigung der Umwelt nach § 181 StGB zu denken. Danach ist strafbar, wer fahrlässig eine der im § 180 StGB mit Strafe bedrohten Handlungen begeht. Im § 180 Abs 1 StGB geht es um Umweltverschmutzungen, mit denen bestimmte Gefahren verbunden sein können, und Gegenstand des § 180 Abs 2 StGB sind näher umschriebene schwere und nachhaltige Verunreinigungen. Im vorliegenden Fall dürfte nach der Aktenlage weder eine Gefahr für den Tier- oder Pflanzenbestand in einem größeren Gebiet (§ 180 Abs 1 Z 2 StGB), noch eine Verunreinigung vorliegen, zu deren Beseitigung ein Aufwand von mehr als S 500.000,-- erforderlich war (§ 180 Abs 2 StGB). Die Staatsanwaltschaft konnte demnach schon mangels der erforderlichen Mindestintensität der Umweltbeeinträchtigung die Anzeige zurücklegen.

4.4. Es ist demnach zu beurteilen, ob dem Bw ein strafbares Verhalten nach dem § 137 WRG 1959 idFd WRG-Novelle 1999 angelastet werden kann.

Zunächst ist festzustellen, dass die belangte Behörde ohne nähere Begründung vom qualifizierten Straftatbestand nach § 137 Abs 3 Z 10 WRG 1959 ausgegangen ist, der die Herbeiführung einer erheblichen Gewässerverunreinigung durch auffallende Sorglosigkeit oder Vorsatz voraussetzt. Bei der gegebenen Sachlage war von vornherein nur an das Grunddelikt des § 137 Abs 2 Z 4 WRG 1959 (Herbeiführung der Gefahr einer Gewässerverunreinigung durch Außerachtlassung der Sorgfaltspflicht gemäß § 31 Abs 1 WRG 1959 ) zu denken. Mit keinem Wort hat die Strafbehörde eine auffallende Sorglosigkeit des Bw dargelegt. Vielmehr hat sie nur allgemein davon gesprochen, dass er zumindest fahrlässig gehandelt hätte, da ihm bekannt war, nicht die gesamte geladene Menge abfüllen zu können und er den Füllvorgang bei jener Füllmenge, wo im Normfall die Überfüllsicherung anspricht, weder verlangsamte noch unterbrach.

Der erkennende Verwaltungssenat teilt aber auch diese Rechtsansicht der belangten Strafbehörde nicht. Auf der Innenseite der Schachtabdeckung bei der Tankinsel wird durch ein Schild auf die eingebaute Überfüllsicherung an der Befüllanlage ausdrücklich hingewiesen. Grundsätzlich konnte der Bw nach seinem Wissensstand davon ausgehen, dass der Erdtank des Lagerhauses mit einer "Füllstop-Automatik" ausgestattet ist, die selbsttätig und zuverlässig eine Überfüllung verhindert, indem sie beim Erreichen des maximal zulässigen Füllniveaus die Einfüllleitung automatisch schließt (vgl die aktenkundige Beschreibung der "Füllstop-Automatik" laut Prospekt der I). Demnach bedarf es im Normalfall nicht einmal einer Peilung, um den Flüssigkeitsstand im Tank festzustellen, weil die "Füllstop-Automatik" ohnehin eine Überfüllung zuverlässig verhindert. Unter der Überschrift "Anforderungen" im Prospekt ist nachzulesen, dass diese "Füllstop-Automatik" jederzeit ohne vorbereitende Handgriffe, auch nach jahrelangem Stillstand und selbst bei extremen Temperaturschwankungen einwandfrei funktioniert.

Allerdings darf der Einbau dieser "Füllstop-Automatik" nur von fachkundigem Personal vorgenommen werden. Ob diese Überfüllsicherung beim Erdtank des Lagerhauses S fachkundig eingebaut wurde oder nicht, kann nicht abschließend beurteilt werden. Gewisse Zweifel an der Sicherheit der Konstruktion der Befüllungsmöglichkeiten des Erdtanks sind aber auf Grund des gegenständlichen Vorfalls durchaus angebracht. Dem Bw ist zuzubilligen, dass beispielsweise ein Rückschlagventil in der Zuleitung vom Schacht der Waggon-Entladestelle in den Erdtank einen Rückstau des Dieselöls über den unverschlossenen Abfüllstutzen und ein Austreten über den nicht abgekuppelten Schlauch verhindert hätte.

Entgegen der Ansicht der belangten Strafbehörde musste sich der Bw der Gefahr eines Austritts von Dieselöl in der beschriebenen atypischen Weise mit Sicherheit nicht bewusst sein. Denn er durfte einerseits darauf vertrauen, dass bei Bewilligung der Anlage gewisse Sicherheitsstandards berücksichtigt wurden, und andererseits auch, dass allfällige andere Zuleitungen zum Erdtank ordnungsgemäß verschlossen wurden. Mit einer unzulänglichen Konstruktion der Befüllanlage hätte er nur dann rechnen müssen, wenn ihm diese bereits bekannt gewesen wäre. Im vorliegenden Fall konnte der Bw aber auch nicht wissen, dass W noch am Vortag den Abfüllschlauch einfach unverschlossen hinter Verkaufsständern ablegte, anstatt ihn im Abfüllschacht der Waggon-Entladestelle abzukuppeln und das Abfüllrohr ordnungsgemäß zu verschließen. Denn der Bw wurde im Lagerhaus weder ausdrücklich darauf aufmerksam gemacht, noch konnte er den Bereich der Waggon-Entladestelle von seiner Arbeitsposition aus bei der Tankinsel einsehen, sodass er Verdacht hätte schöpfen müssen.

Wenn der Bw zwischendurch sogar noch eine Peilung vornahm und dabei etwa 70.000 Liter im Erdtank feststellte, so kann ihm auf Basis dieser gar nicht erforderlichen Vorsichtsmaßnahme zur besseren Abschätzung der Füllzeit und Füllmenge kein Vorwurf gemacht werden. Denn er durfte nach wie vor darauf vertrauen, dass die "Füllstop-Automatik" selbsttätig ansprechen wird, um eine Überfüllung zu vermeiden. Außerdem war mit 70.000 Litern die maximal zulässige Füllmenge noch gar nicht erreicht. Deshalb durfte der Bw den Abfüllvorgang, bei dem er ohnehin nicht die Pumpe des Tankwagens einsetzte, bedenkenlos fortsetzen. Schließlich hat der Bw in seiner Berufung noch auf mechanische Messtoleranzen im Ausmaß von etwa 5 % hingewiesen, die ein relativ spätes Ansprechen der Überfüllsicherung plausibel erscheinen lassen.

Im Ergebnis war dem Bw zuzubilligen, dass er die Funktionssicherheit der Befüllanlage des Lagerhauses S nicht zu überprüfen hatte, sondern vielmehr auf die Funktionstüchtigkeit vorhandener Sicherheitseinrichtungen vertrauen durfte. Mit dem atypischen Kausalverlauf des Nichtansprechens der Überfüllsicherung und dem Austritt des Dieselöls über eine von ihm nicht einsehbare weitere Entladestelle musste er nach Überzeugung des erkennenden Mitglieds des Oö. Verwaltungssenats nicht rechnen. Es war daher der Berufung Folge zu geben, das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das Strafverfahren mangels sorgfaltswidrigen Verhaltens des Bw und damit mangels Vorliegens einer Verwaltungsübertretung gemäß § 45 Abs 1 Z 1 VStG einzustellen.

5. Bei diesem Ergebnis entfiel gemäß § 66 Abs 1 VStG die Verpflichtung zur Leistung von Beiträgen zu den Kosten des Strafverfahrens.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro (entspricht 2.476, 85 S) zu entrichten.

Dr. W e i ß

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