Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-260275/3/WEI/Ni

Linz, 19.04.2002

VwSen-260275/3/WEI/Ni Linz, am 19. April 2002 DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Wolfgang Weiß über die Berufung des Dipl.-Ing. T vertreten durch Rechtsanwälte, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft G vom 22. März 2001, Zl. Wa 96, wegen Verwaltungsübertretungen nach dem Wasserrechtsgesetz 1959 - WRG 1959 (BGBl Nr. 215/1959 idF BGBl Nr. 252/1990, BGBl I Nr. 74/1997 und BGBl I Nr. 155/1999) zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis in beiden Spruchpunkten aufgehoben und die Strafverfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 1 VStG eingestellt.

II. Die Verpflichtung zur Leistung von Beiträgen zu den Kosten der Strafverfahren entfällt.

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs 4 AVG 1991 iVm § 24 VStG 1991; § 66 Abs 1 VStG 1991.

Entscheidungsgründe:

1.1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis der belangten Behörde wurde der Berufungswerber (Bw) wie folgt schuldig gesprochen und bestraft:

"Sie sind als Beauftragter des Betriebes in G, der H KG., verwaltungsstrafrechtlich dafür verantwortlich, dass das mit Bescheid des Landeshauptmannes von Oö. vom 31.10.1996, Wa-100822, festgesetzte Maß der Wasserbenutzung für absetzbare Stoffe (höchstens 10 ml/l) und für schwerflüchtige lipophile Stoffe (höchstens 100 mg/l) für die Einleitung von betrieblichen Abwässern des Betriebes in G Grundstück, Kat.Gem. G-Ort, in die Ortskanalisation der Stadtgemeinde G bzw. in weitere Folge in die Anlagen des Reinhalteverbandes an den nachfolgend angeführten Tagen zum Teil erheblich überschritten wurde:

Tag absetzbare Stoffe (Grenzwert laut Bescheid 10 ml/l)

a) 20.07.1999 12 ml/l

16.09.1999 40 ml/l

21.09.1999 33 ml/l

22.09.1999 12 ml/l

28.09.1999 36 ml/l

29.09.1999 34 ml/l

30.09.1999 24 ml/l

04.10.1999 14 ml/l

06.10.1999 24 ml/l

27.10.1999 20 ml/l

03.11.1999 14 ml/l

09.11.1999 18 ml/l

30.11.1999 14 ml/l

10.12.1999 14 ml/l

16.12.1999 19 ml/l

Tag schwerflüchtige lipophile Stoffe (Grenzwert laut Bescheid 100 mg/l)

29.11.1999 120 mg/l

30.11.1999 110 mg/l

b) Tag absetzbare Stoffe (Grenzwert laut Bescheid 10 ml/l)

10.01.2000 18 ml/l

25.01.2000 18 ml/l

02.02.2000 39 ml/l

09.03.2000 12 ml/l

04.04.2000 12 ml/l

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:

a) § 137 Abs. 3 lit. j) iVm. § 105 Wasserrechtsgesetz 1959 (WRG. 1959) und § 9 Abs. 2 Verwaltungsstrafgesetz (VStG.) in der geltenden Fassung

b) § 137 Abs. 2 Z. 6 iVm. mit § 32 b) WRG. 1959 und § 9 Abs. 2 (VStG) in der geltenden Fassung"

Wegen dieser Verwaltungsübertretungen verhängte die belangte Strafbehörde zu Spruchpunkt a) "gemäß § 137 Abs. 3 lit. J) WRG. 1959" (richtig: Strafrahmen des § 137 Abs 3 WRG 1959 idFd WRG-Novelle 1997) eine Geldstrafe von ATS 1.000,--, entspricht 72,67 Euro, (Ersatzfreiheitsstrafe 3 Stunden) und zu Spruchpunkt b) "gemäß § 137 Abs. 2 Z. 6 WRG 1959" (richtig: Strafrahmen des § 137 Abs 2 WRG 1959 idFd WRG-Novelle 1999) eine Geldstrafe von ATS 500,--, entspricht 36,34 Euro, (Ersatzfreiheitsstrafe 2 Stunden). Als Beitrag zu den Kosten der Strafverfahren wurden gemäß § 64 VStG einheitlich ATS 150,-- (10,90 Euro) vorgeschrieben.

1.2. Gegen dieses Straferkenntnis, das dem Bw zu Handen seiner Rechtsvertreter am 6. April 2001 zugestellt wurde, richtet sich die Berufung vom 20. April 2001, die noch am gleichen Tag rechtzeitig zur Post gegeben wurde und am 23. April 2001 bei der belangten Behörde einlangte. Die Berufung strebt primär die Aufhebung des Straferkenntnisses und die Einstellung des Strafverfahrens, hilfsweise die Anwendung des § 21 VStG oder die Herabsetzung der Strafe an.

2. Dem angefochtenen Straferkenntnis ist der im Wesentlichen unstrittige Sachverhalt zu entnehmen, von dem die belangte Behörde ausgegangen ist. Zur Vermeidung von unnötigen Wiederholungen wird grundsätzlich auf die Darstellung der belangten Behörde verwiesen. Folgende Umstände sind hervorzuheben:

2.1. Mit Spruchabschnitt II des Bescheids des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 31. Oktober 1996, Zl. Wa-100822, wurde der H GesmbH in G die wasserrechtliche Bewilligung zur Einleitung vorgereinigter betrieblicher Abwässer sowie verschmutzter Oberflächenwässer in die Ortskanalisation der Stadtgemeinde G sowie zum Betrieb der dazu nötigen Anlagen unter Vorschreibungen erteilt. Zum Maß der Einleitung wurde unter II.A)1. in quantitativer Hinsicht bestimmt, dass die Ableitung betrieblicher Abwässer nach innerbetrieblicher Vorreinigung in einem Ausmaß von höchstens 400 m3/d bzw. 57 m3/h bzw. 16 l/s erfolgen dürfe. Unter II.A)2. wurden in qualitativer Hinsicht eine Temperatur von höchstens 35° C, pH-Wert 6,5-9,5, absetzbare Stoffe von höchstens 10 ml/l, schwerflüchtige lipophile Stoffe von höchstens 100 mg/l, Schmutzfrachten von höchstens 500 kg CSB/d und 500 kg BSB5/d sowie durchschnittliche, als Mittelwert über 3 Monate errechnete Schmutzfrachten von 288 kg CSB/d und 288 kg BSB5/d vorgeschrieben. Probenahme und Analyse für Abwasserparameter waren nach § 7 Abs 4 AAEV durchzuführen.

Dem Überwachungsbericht der Abteilung Umweltschutz des Amtes der Oö. Landesregierung vom 6. Juni 2000, Zl. U-GS-320175, betreffend die Abwasservorreinigungsanlage der Firma H sind die im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses näher angeführten Überschreitungen des oben dargestellten wasserrechtlichen Konsenses zu entnehmen.

2.2. Mit Aufforderung zur Rechtfertigung vom 29. Juni 2000 lastete die belangte Behörde dem Bw als verantwortlichem Produktionsleiter die Konsensüberschreitungen wie im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses an. Daraufhin wurde die rechtsfreundlich vertretene Rechtfertigung vom 16. August 2000 eingebracht. Zu dieser holte die belangte Behörde die gutachtliche Stellungnahme des wasserbautechnischen Amtssachverständigen TOAR H vom 8. Jänner 2001, Zl. BauW-III-160000/3971, ein, in der dieser näher begründet, wieso eine Bewilligungspflicht nach der Indirekteinleiterverordnung - IEV (BGBl II Nr. 222/1998) für die betrieblichen Abwässer der Firma H anzunehmen ist. Dabei wird vor allem betont, dass der Schwellwert für den gefährlichen Abwasserinhaltsstoff AOX nach Anlage B der IEV überschritten wird.

Mit rechtsfreundlicher Stellungnahme vom 7. Februar 2001 verweist der Bw auf seine Rechtfertigung, in der er bereits ausführte, dass die gegenständliche wasserrechtliche Bewilligung aus 1996 keine rechtliche Bedeutung mehr hätte (Hinweis auf VwGH 23.10.1997, 95/07/0129). Der Amtssachverständige hätte seine Berechnungen ausschließlich auf ein internes Diskussionspapier der Firma H gestützt und keine eigenen Ermittlungen durchgeführt. Eine Überprüfung seiner Berechnungen durch ein Zivilingenieurbüro wäre in Auftrag gegeben worden.

Die belangte Behörde erließ daraufhin das angefochtene Straferkenntnis.

2.3. In der Berufung vertritt der Bw die Ansicht, dass seit dem Inkrafttreten des § 32b WRG 1959 idF BGBl I Nr. 74/1997 bzw der Indirekteinleiterverordnung - IEV (BGBl II Nr.222/1998) für die gegenständliche Indirekteinleitung von betrieblichen Abwässern der Firma H KG keine wasserrechtliche Bewilligungspflicht mehr bestehe. Seither dürften die betrieblichen Abwässer in die öffentliche Ortskanalisation G bzw. in die Anlagen des Reinhalteverbandes so eingeleitet werden, wie dies von diesem Reinhalteverband als Kanalisationsunternehmen iSd IEV gestattet wird. Nach der höchstgerichtlichen Rechtsprechung seien frühere Bewilligungsbescheide ohne rechtliche Bedeutung (Hinweis auf VwGH 23.10.1997, 95/07/0129). Die Grenzwerte im Bescheid des Landeshauptmanns vom 31. Oktober 1996, Wa-100822/65, wären seit Inkrafttreten der IEV nicht mehr verbindlich gewesen.

Maßgeblich für die gegenständliche Indirekteinleitung wäre sohin ausschließlich die vorliegende (zivilrechtliche) Zustimmung des Reinhalteverbandes als Kanalisationsunternehmen. Die schon vor der WRG-Novelle 1997 bestehende Zustimmung gelte grundsätzlich weiter. Der § 7 Abs 2 IEV gehe ausdrücklich von bestehenden Indirekteinleitungen aus, die binnen Jahresfrist ab Inkrafttreten der IEV mitzuteilen waren, für die eine neue Zustimmung aber nicht mehr extra eingeholt hätte werden müssen (Hinweis auf Schmelz-Konwitschka-Huber, Der Betrieb und das Abwasser, 2000, 67 f mwN). Lediglich im Sinne der Rechtsklarheit und zur Vermeidung hinkünftiger Unklarheiten wäre die bestehende bzw. erneuerte Zustimmung des Reinhalteverbandes zur Indirekteinleitung am 25.7.2000 nochmals schriftlich dokumentiert worden.

Selbst im Falle einer wasserrechtlichen Bewilligungspflicht und/oder Maßgeblichkeit der früheren bescheidmäßigen Bewilligung vom 31. Oktober 1996 lägen die subjektiven Voraussetzungen für eine Strafbarkeit nicht vor. Der Bw hätte die infolge der Produktions- bzw. Kapazitätsausweitung geänderten Abwasserparameter der belangten Behörde als der zuständigen Wasserrechtsbehörde bereits mit Schreiben vom 14. Jänner 1999 mitgeteilt. Gleichzeitig sei darauf hingewiesen worden, dass infolge der Bestimmungen der IEV keine Bewilligungspflicht mehr gegeben sei. Im Sinne der Rechtssicherheit sei eine schriftliche behördliche Bestätigung der Bewilligungsfreiheit nach IEV beantragt worden. In der Folge hätte man die geänderte Sach- und Rechtslage am 12. und 27. April 1999 mit den zuständigen Organen der Wasserrechtsbehörde erörtert und die exakten Auswirkungen auf die Abwassersituation mit Schreiben vom 16. April 1999 zusammenfassend dargestellt. Auftragsgemäß wäre am 21. Juni 1999 - ungeachtet der offensichtlichen sachlichen Unzuständigkeit - eine Eingabe an die Gewerbebehörde bei der Bezirkshauptmannschaft G erstattet und fristgerecht ein Projekt vorgelegt worden. Die Organe des Reinhalteverbandes wären in sämtliche Verhandlungen mit der belangten Behörde eingebunden gewesen, wovon auch diese Kenntnis hätte. All diese Tatsachen wären aktenkundig und amtsbekannt. Die eingebrachten Anträge bzw Mitteilungen wären bis dato unerledigt geblieben. Die belangte Behörde hätte weder ein Bewilligungsverfahren durchgeführt, noch die nunmehr iSd IEV bewilligungsfreie Indirekteinleitung der betrieblichen Abwässer zur Kenntnis genommen. Anstatt einer Erledigung wäre eine Überprüfung der Abwasservorreinigungsanlage durch die Abteilung Gewässerschutz veranlasst und in der Folge in Verkennung der Sach- und Rechtslage das gegenständliche Verwaltungsstrafverfahren eingeleitet worden. Die faktische Untätigkeit der Behörden könnte dem Bw nicht angelastet werden.

Auf Grund der einschlägigen Bestimmungen der IEV hätte der Bw jedenfalls von einer bewilligungsfreien Indirekteinleitung ausgehen können. Schon wegen dieser vertretbaren Rechtsauffassung müsste dem Bw Gutgläubigkeit zugebilligt werden und wäre selbst für den Fall der objektiven Tatbestandsmäßigkeit von einem auf unverschuldeter rechtsirriger Auslegung beruhendem Schuldausschließungsgrund auszugehen.

Ungeachtet dessen lägen im konkreten Fall auch die Voraussetzungen für die Anwendung des § 21 VStG und damit ein Rechtsanspruch des Bw auf Absehen von Strafe vor.

Im Hinblick auf ein parallel zum gegenständlichen Strafverfahren bei der belangten Behörde zu Zl. Ge30-3535/10-200 (bzw. Wa-100822/65) anhängiges Verfahren zur Klärung der Vorfrage der Bewilligungspflicht/-freiheit der Indirekteinleitung der Firma H KG regt die Berufung an, das Strafverfahren bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die Bewilligungspflicht der Indirekteinleitung von betrieblichen Abwässern in die öffentliche Kanalisation der Stadtgemeinde G bzw in die Anlagen des Reinhalteverbandes gemäß § 23 VStG iVm § 38 AVG auszusetzen.

2.4. Mit Vorlageschreiben vom 23. Mai 2001 hat die belangte Strafbehörde ihren Verwaltungsstrafakt mit der Berufung zur Entscheidung vorgelegt. Eine Gegenäußerung zum Berufungsvorbringen wurde nicht erstattet.

2.5. Mit dem beim Oö. Verwaltungssenat am 8. November 2001 eingebrachten Schriftsatz vom 5. November 2001 erstattete der Bw durch seine Rechtsvertreter unter Vorlage von Urkunden eine ergänzende Stellungnahme. Vorgelegt wurde das Schreiben der Bezirkshauptmannschaft G vom 23. Oktober 2001, Zl. Ge30-3535/10-2001, an die H KG in G betreffend die Einleitung betrieblicher Abwässer in die Ortskanalisation der Stadtgemeinde G. Das Schreiben erging weiter mit dem Hinweis auf die Indirekteinleitung an den Reinhalteverband , das Stadtamt G und an das Amt der Oö. Landesregierung, Abt. Wasserbau (Wasserbuchdienst) mit dem Ersuchen um Löschung des gegenständlichen Wasserbenutzungsrechts (Indirekteinleitung) aus dem Wasserbuch (Hinweis auf Bescheid des LH vom 07.11.1989, Wa-1025/5-1989, Spruchabschnitt I.a) und Bescheid des LH vom 31.10.1996, Wa-100822/65-1996, Spruchabschnitt 2). Das Schreiben lautet:

Sehr geehrte Damen und Herren!

Es darf Ihnen mitgeteilt werden, dass aufgrund der Indirekteinleiter-Verordnung vom 10.7.1998, BGBl. Nr. 222 und der Stellungnahme des Amtssachverständigen für Wasserbautechnik eine wasserrechtliche Bewilligungspflicht für die gegenständliche Abwassereinleitung in die Ortskanalisation nicht mehr gegeben ist.

Sie werden jedoch darauf hingewiesen, dass gem. § 32 b WRG. 1959 für diese Indirekteinleitung die Zustimmung des Kanalisationsunternehmens (Reinhaltungsverband bzw. Gemeinde G) erforderlich ist.

Zwei mit Schreiben vom 26.4.2001 vorgelegte Projekte werden somit rückübermittelt. Eine Ausfertigung verbleibt, Ihr Einvernehmen vorausgesetzt, zum Beleg der Bewilligungsfreiheit beim Akt.

Mit freundlichen Grüßen

Für den Bezirkshauptmann

Mag. L

Beilagen

2 Projekte"

Mit dem weiteren in Ablichtung vorgelegten Schreiben vom 18. Mai 2001, Zl. BauW-III-160000/4249, des Amtssachverständigen TOAR H von der Abteilung Wasserbau, Unterabteilung Siedlungswasserbau, wird zum Antrag der Firma H betreffend eine Konsenserhöhung für die Entsorgung betrieblicher Abwässer an die Gewerbeabteilung der belangten Behörde Stellung genommen. Der Amtssachverständige stellt dazu fest:

"Der Konsensantrag der Fa. H beinhaltet keinen Grenzwert für Chlor, sodass gem. IEV keine Bewilligungspflicht gegeben ist. Offensichtlich wird auf den Einsatz von chlorhältigen Reinigungsmitteln verzichtet."

In seinen weiteren Ausführungen weist der Amtssachverständige noch darauf hin, dass vom Reinhalteverband höhere Grenzwerte wie in der 1078. Verordnung (gemeint: Verordnung des BMLF, BGBl Nr. 1078/1994, zur Begrenzung von Abwasseremissionen aus der Obst- und Gemüseveredelung sowie aus der Tiefkühlkost- und Speiseeiserzeugung) zugestanden werden, was mit Sicherheit zu einem erhöhten Betriebsaufwand bei der Kläranlage des Reinhalteverbandes führe. Deshalb wäre eine entsprechende finanzielle Abgeltung des Mehraufwandes angebracht. Auf die Beispielswirkung solcher Zugeständnisse vor allem bei Großbetrieben werde hingewiesen. Die Firma H hätte für die innerbetriebliche Vorreinigung eine Förderung des UWWF bezogen. Eine Abweichung vom geförderten Reinigungsziel (Einhaltung bestimmter Grenzwerte) könne zu einer Rückforderung der Förderungsmittel führen. Dieser Umstand möge dem Reinhalteverband bzw. der Firma H mitgeteilt werden.

2.6. Zu diesem Schreiben bemerkt der Bw, dass nunmehr seitens der Bezirkshauptmannschaft G erkannt werde, dass keine Bewilligungspflicht für die verfahrensgegenständliche Abwassereinleitung der Firma H KG gegeben ist. Die Stellungnahme des TOAR H komme ebenfalls zur Schlussfolgerung, dass keine Bewilligungspflicht gemäß der IEV gegeben ist. Damit werde die bisher schon vertretene Auffassung des Bw, die bereits in der Berufung dargelegt wurde, bestätigt. Im Ergebnis wäre der wasserrechtliche Genehmigungsbescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 31. Oktober 1996 im Zeitraum zwischen 20. Juli 1999 und 4. April 2000 nicht mehr wirksam gewesen und hätte daher auch nicht überschritten werden können.

Lediglich aus Gründen der Vorsicht werde noch betont, dass die zivilrechtliche Zustimmung des Reinhalteverbandes zu den im Straferkenntnis angeführten Tagen bereits vorgelegen sei. Schließlich wäre auch nach der Rechtslage vor der WRG-Novelle 1997 die Zustimmung des Kanalisationsunternehmens für die Rechtmäßigkeit der Indirekteinleitung gemäß § 32 Abs 4 erster Satz WRG 1959 erforderlich gewesen. Dieses Zustimmungserfordernis habe sowohl für bewilligungspflichtige als auch nicht bewilligungspflichtige Indirekteinleitungen gegolten (Hinweis auf Raschauer, WRG-Kommentar, Rz 12 zu § 32). Die schon vor der WRG-Novelle 1997 erteilte Zustimmung des Reinhalteverbandes gelte gemäß § 7 Abs 2 IEV weiter.

Im Ergebnis wären die gegenständlichen Indirekteinleitung bewilligungsfrei und die Überschreitung der Grenzwerte des nicht mehr wirksamen Bescheids vom 31. Oktober 1996 unmöglich gewesen.

3. Der unabhängige Verwaltungssenat hat nach Einsicht in die vorgelegten Verwaltungsakten unter Berücksichtigung des Berufungsvorbringens festgestellt, dass der wesentliche Sachverhalt nicht strittig ist. Im Berufungsverfahren waren im Wesentlichen Rechtsfragen zu lösen.

4. In der Sache hat der unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

4.1. Auf den gegebenen Tatzeitraum im Jahr 1999 war das WRG 1959 in der Fassung der am 1. Oktober 1997 zur Gänze in Kraft getretenen WRG-Novelle 1997 (BGBl I Nr. 74/1997) anzuwenden. Für die im Spruch angeführten Tatzeitpunkte im Jahr 2000 ist die am 1. Jänner 2000 in Kraft getretene WRG-Novelle 1999 (BGBl I Nr. 155/1999) maßgeblich, mit der die Strafbestimmungen des § 137 WRG 1959 neu gefasst wurden.

Nach der mit der WRG-Novelle 1997 eingeführten Strafbestimmung des § 137 Abs 3 lit j) WRG 1959 (vgl nunmehr § 137 Abs 2 Z 8 WRG 1959 idF BGBl I Nr. 155/1999) begeht eine Verwaltungsübertretung,

wer die gemäß § 105 in Bescheiden vorgeschriebenen Auflagen und Nebenbestimmungen oder die gemäß § 21a in Bescheiden nachträglich vorgeschriebenen anderen oder zusätzlichen Auflagen nicht einhält.

4.2. Die belangte Behörde nimmt im Spruch auf das bewilligte Maß der Wasserbenutzung im wasserrechtlichen Bescheid des Landeshauptmannes vom 31. Oktober 1996, Zl. Wa-100822, Bezug, ohne die entsprechenden Punkte ausdrücklich zu bezeichnen.

Im Spruchpunkt a) des angefochtenen Straferkenntnisses werden qualitative Überschreitungen (der in II.A) 2. des zitierten Bescheides vorgeschriebenen Parameter für absetzbare und schwerflüchtige lipophile Stoffe) des erlaubten Maßes der Abwassereinleitung in die Ortskanalisation der Stadtgemeinde G bzw in die Anlagen des Reinhalteverbandes an insgesamt 17 Tagen quasi als Auflagenverstoß angelastet, obwohl es sich in Wahrheit um konsenswidrige Einleitungen in eine öffentliche Kanalisation iSd Altfassung des § 137 Abs 2 lit h) WRG 1959 handelt.

In rechtlicher Hinsicht ergibt sich aus Art IV Abs 1 der Wasserrechtsgesetz-Novelle 1997, dass mit Wirksamkeit vom 12. Juli 1997 der § 32 Abs 4 WRG 1959 entfallen ist und für sog. Indirekteinleiter der § 32b WRG 1959 neu geschaffen wurde. Die korrespondierende neue Strafbestimmung des § 137 Abs 2 lit h) WRG 1959, die nicht mehr auf § 32 Abs 4 aF WRG 1959 abstellt, gilt in ihrer Neufassung seit 1. Oktober 1997. Nach der Übergangsvorschrift des Art II Abs 5 der Wasserrechtsgesetz-Novelle 1997 wird bestimmt, dass eine zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des § 32b WRG 1959 bestehende wasserrechtliche Indirekteinleiterbewilligung jedenfalls bis zum Inkrafttreten einer Verordnung gemäß § 32b Abs 5 aufrecht bleibt und ab diesem Zeitpunkt als Bewilligung nach § 32b WRG 1959 gilt, sofern in der Verordnung eine Bewilligungspflicht für diesen Abwasserherkunftsbereich festgelegt wird.

Zu dieser neuen Wasserrechtslage hat der Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 23. Oktober 1997, 95/07/0129, unter Hinweis darauf, dass Einbringungen in eine bewilligte Kanalisation ab dem 12. Juli 1997 keinerlei wasserrechtlicher Bewilligung mehr bedürfen, entschieden, dass die Indirekteinleitung so vorgenommen werden darf, wie es das Kanalisationsunternehmen gestattet hat, ohne dass die Inhalte vor dem 12. Juli 1997 erlassener Bewilligungsbescheide für die Indirekteinleitung dem Indirekteinleiter gegenüber noch rechtliche Wirkung äußern könnten. Was vom Gesetz bewilligungsfrei gestattet ist (vgl § 32b Abs 1 und 2 WRG 1959), darf mit diesem Zeitpunkt ohne Bedachtnahme auf in Zeiten der Bewilligungspflicht auferlegte Beschränkungen ausgeübt werden. Die Übergangsbestimmung des Art II Abs 5 Wasserrechtsgesetz-Novelle 1997, die der Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes entgegenzustehen scheint, könne diese durch Art I der Novelle geschaffene Rechtslage nicht abändern und gehe insofern ins Leere. Man wird dieser Übergangsbestimmung nach Ansicht des Oö. Verwaltungssenates nur eingeschränkte Bedeutung für den Fall einer späteren Verordnung nach § 32b Abs 5 WRG 1959, die eine Bewilligungspflicht anordnet, beimessen können (idS auch VwGH 23.10.1997, 95/07/0129). Im Übrigen muss eine am Sachlichkeitsgebot des Gleichheitsgrundsatzes orientierte verfassungskonforme Auslegung zum Ergebnis des Verwaltungsgerichtshofes führen, weil Indirekteinleiter mit einer wasserrechtlichen Bewilligung vor dem 12. Juli 1997 nicht schlechter gestellt werden dürfen, als solche Personen, die nach dem 11. Juli 1997 (= Kundmachungstag der Wasserrechtsgesetz-Novelle 1997) mit Zustimmung des Kanalisationsunternehmens Indirekteinleitungen bewilligungsfrei vornehmen können.

4.3. Abgesehen vom oben dargestellten Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes, das gegen eine Strafbarkeit des Bw spricht, ist die auf die alte Rechtslage nach § 32 Abs 4 WRG 1959 abgestimmte Strafbestimmung des § 137 Abs 2 lit h) WRG 1959 in ihrer alten Fassung abgeschafft und mit Wirksamkeit vom 1. Oktober 1997 ersetzt worden. Der beim gegebenen Sachverhalt maßgebliche 2. Fall der Altfassung - Vornahme einer bewilligungspflichtigen Einleitung entgegen einer wasserrechtlichen Bewilligung - kann seit 1. Oktober 1997 nicht mehr angewendet werden. Solche Indirekteinleitungen - wie es die belangte Behörde tut - nunmehr über den Umweg eines Verstoßes gegen vorgeschriebene Nebenbestimmungen nach § 137 Abs 3 lit j) WRG 1959 für strafbar zu erklären, ist eine rechtsstaatlich unzulässige Vorgangsweise. Die neu geschaffene Bestimmung des § 137 Abs 3 lit j) WRG 1959 hat nicht den Zweck den alten § 137 Abs 2 lit h) WRG 1959 zu ersetzen. Für die Überschreitungen an den Tagen im Jahr 2000 hat die belangte Strafbehörde bekanntlich auch nicht den § 137 Abs 2 Z 8 WRG 1959 idFd WRG-Novelle 1999 herangezogen, der inhaltlich eine analoge Regelung zum vorangegangenen § 137 Abs 3 lit j) WRG 1959 enthält, sondern den neuen § 137 Abs 2 Z 6 WRG 1959 zitiert.

Die von der belangten Behörde für die Zeitpunkte im Jahr 1999 herangezogene Strafnorm bezieht sich auf Auflagen und Nebenbestimmungen, die vom Hauptinhalt eines Bescheides zu unterscheiden sind. Beim begrenzten Indirekteinleiterkonsens nach Spruchabschnitt II. Punkt A) 1. und 2. des Bescheids des Landeshauptmannes vom 31. Oktober 1996, Zl. Wa-100822, handelt es sich rechtlich nicht um Nebenbestimmungen im engeren Sinn. Vielmehr beschreiben quantitative ebenso wie qualitative Beschränkungen einer wasserrechtlichen Bewilligung typischerweise den Konsens selbst, weshalb sie zweifellos zum Hauptinhalt der Bewilligung gehören. Dies gilt ungeachtet der unzutreffenden Überschrift "Nebenbestimmungen" auf Seite 4 des zitierten wasserrechtlichen Bescheids.

4.4. Ein Handeln entgegen einer Indirekteinleiterbewilligung war vor der WRG-Novelle 1997 bzw. dem 1. Oktober 1997 noch gemäß § 137 Abs 2 lit h) 2. Fall aF strafbar. Mittlerweile gibt es keine unmittelbar vergleichbare Strafnorm mehr.

Nach dem § 137 Abs 2 lit h) WRG 1959 idFd WRG-Novelle 1997 (BGBl I Nr. 74/1997) begeht eine Verwaltungsübertretung und ist nach dem Einleitungssatz mit Geldstrafe bis ATS 30.000,-- zu bestrafen,

wer Einleitungen in eine Kanalisationsanlage vornimmt und die gemäß § 33b Abs 3 erlassenen Emissionsbegrenzungen und die vom Kanalisationsunternehmen zugelassenen Abweichungen nicht einhält oder die Einleitungen ohne Zustimmung des Kanalisationsunternehmens vornimmt oder die Mitteilung gemäß § 32b Abs 2 unterlässt oder die Nachweise über die Beschaffenheit der Abwässer nicht gemäß § 32b Abs 3 vorlegt.

Seit der WRG-Novelle 1999 (BGBl I Nr. 155/1999) findet sich diese Verwaltungsübertretung mit Geldstrafe bis ATS 50.000,-- bedroht, in modifizierter und verkürzter Form im neuen § 137 Abs 1 Z 24 WRG 1959 wieder. Strafbar macht sich nunmehr,

wer Einleitungen in eine Kanalisationsanlage (§ 32b) vornimmt und dabei die gemäß § 33b Abs 3 erlassenen Emissionsbegrenzungen oder die vom Kanalisationsunternehmen zugelassenen Abweichungen nicht einhält oder die Einleitungen ohne Zustimmung des Kanalisationsunternehmens vornimmt.

Die WRG-Novelle 1999 hat nachstehende weitere Strafbestimmungen vorgesehen, die im gegebenen Zusammenhang mit § 32b WRG 1959 eine Rolle spielen können.

Gemäß § 137 Abs 2 Z 6 WRG 1959 idF BGBl I Nr. 155/1999 begeht eine Verwaltungsübertretung und ist nach dem Einleitungssatz mit Geldstrafe bis ATS 200.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe bis zu vier Wochen) zu bestrafen,

wer ohne Bewilligung oder entgegen einer solchen eine gemäß § 32 bewilligungspflichtige Einwirkung auf Gewässer oder eine gemäß § 32b bewilligungspflichtige Indirekteinleitung vornimmt.

Nach § 137 Abs 2 Z 9 WRG 1959 idF BGBl I Nr. 155/1999 begeht eine Verwaltungsübertretung und ist nach dem Einleitungssatz mit Geldstrafe bis ATS 200.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe bis zu 4 Wochen) zu bestrafen,

wer anzeigepflichtige Maßnahmen (§§ 32b, 34, 114 Abs 1, 115) in Angriff nimmt, ohne diese drei Monate vorher der Wasserrechtsbehörde anzuzeigen.

Nach der auf der Grundlage des § 32b WRG 1959 erlassenen Indirekteinleiterverordnung - IEV sind im §§ 2 und 3 unter dort genannten bestimmten Voraussetzungen Bewilligungspflichten (Herkunftsbereiche und Schwellenwerte) vorgesehen. Nach § 32b Abs 5 WRG 1959 kann der BMLF durch Verordnung jene Herkunftsbereiche für Abwasser sowie Mengenschwellen festlegen, für die auf Grund ihrer Gefährlichkeit, des Abwasseranfalles oder auf Grund gemeinschaftsrechtlicher Bestimmungen ein Verfahren (§ 114) erforderlich ist.

4.5. Auf Grund der im Berufungsverfahren vorgelegten Urkunden teilt der erkennende Verwaltungssenat die Ansicht des Bw, dass keine Bewilligungspflicht nach der IEV für die Art der Abwassereinleitungen der H KG in Betracht kommt. Die frühere gegenteilige Stellungnahme des Amtssachverständigen TOAR H vom 8. Jänner 2001 basierte nicht auf eigenen Ermittlungen, sondern hypothetischen Berechnungen auf Basis eines internen Diskussionspapiers der Firma H. Das nunmehr vorliegende Schreiben dieses Amtssachverständigen vom 18. Mai 2001 räumt demgegenüber ein, dass keine Bewilligungspflicht gemäß der IEV besteht, weil offensichtlich auf chlorhältige Reinigungsmittel verzichtet wird.

Im Übrigen bedurften die gegenständlichen Einleitungen mit Inkrafttreten der WRG-Novelle 1997 grundsätzlich keiner wasserrechtlichen Bewilligung mehr, sondern nur der Zustimmung des Kanalisationsunternehmens. Deshalb konnten die angelasteten Einleitungen in die Kanalisation nicht mehr allein deswegen strafbar sein, weil sie dem früheren Konsens aus 1996 widersprachen.

In die Richtung der oben dargestellten neuen Straftatbestände des § 137 WRG 1959 hat die belangte Behörde keine ausreichenden Ermittlungen angestellt und dementsprechend auch keine taugliche Verfolgungshandlung gesetzt. Insofern scheint aber ohnehin die Zustimmung des Kanalisationsunternehmens zur Einleitung vorzuliegen.

Im Ergebnis war das angefochtene Straferkenntnis in beiden Spruchpunkten a) und b) aufzuheben und diese Strafverfahren mangels eines strafbaren Tatbestandes gemäß § 45 Abs 1 Z 1 VStG einzustellen, weil die angelasteten Taten jedenfalls aus rechtlichen Gründen keine Verwaltungsübertretungen mehr bilden.

5. Bei diesem Ergebnis entfällt gemäß § 66 Abs 1 VStG die Verpflichtung des Bw zur Leistung von Beiträgen zu den Kosten der Strafverfahren.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

Dr. W e i ß

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