Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-260289/2/WEI/Be

Linz, 31.10.2002

VwSen-260289/2/WEI/Be Linz, am 31. Oktober 2002

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Wolfgang Weiß über die Berufung des S, Kaufmann, vertreten durch S C W & P, Rechtsanwälte GmbH, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Gmunden vom 27. Dezember 2001, Zl. Wa 96-09/05-2001/SF/RO, wegen einer Verwaltungsübertretung nach dem Wasserrechtsgesetz 1959 - WRG 1959 (BGBl Nr. 215/1959 idF BGBl Nr. 252/1990 und BGBl I Nr. 155/1999) zu Recht erkannt:

I. Aus Anlass der Berufung wird das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Strafverfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 1 VStG eingestellt.

II. Die Verpflichtung zur Leistung von Beiträgen zu den Kosten der Strafverfahren entfällt.

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs 4 AVG 1991 iVm § 24 VStG 1991; § 66 Abs 1 VStG 1991.

Entscheidungsgründe:

1.1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis der belangten Behörde wurde der Berufungswerber (Bw) wie folgt schuldig gesprochen und bestraft:

"Sie haben bei Ihrem Molkereibetrieb das mit Bescheid des Landeshauptmannes von Oö. vom 29.8.1975, Wa-261/4-1975/Pes, im Spruchabschnitt I., Ziffer 1., festgelegte Maß der Wasserbenutzung von 20 m3/Tag für die Einleitung milchverunreinigter Abwässer in die Ortskanalisation der Marktgemeinde an den nachfolgend angeführten Tagen zum Teil erheblich überschritten:

Tag der Überschreitung: m3/Tag

02.05.2000 25

03.05.2000 51

04.05.2000 36

05.05.2000 76

......

......

23.11.2000 89"

Die belangte Behörde hat sämtliche das Maß von 20 m3/Tag übersteigenden Einleitungen im Zeitraum 2. Mai bis 23. November 2000 aufgelistet und offenbar ein einheitliches fortgesetztes Delikt angenommen. Sie erachtete "§ 137 Abs. 2 Ziffer 5. iVm. § 32b und § 137 Abs. 5 Wasserrechtsgesetz 1959 (WRG 1959) idg.F." (gemeint wohl § 137 Abs 2 Z 6 WRG 1959) als verletzte Rechtsvorschriften und verhängte wegen dieser so bezeichneten Verwaltungsübertretung "gemäß § 137 Abs. 2 Ziffer 5. WRG 1959" (gemeint wohl Strafrahmen des § 137 Abs 2 WRG 1959) eine Geldstrafe in Höhe von 363 Euro (4.994,99 S) und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 17 Stunden. Als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens wurde gemäß § 64 VStG ein Betrag von 36,30 Euro (499,50 S) vorgeschrieben.

1.2. Gegen dieses Straferkenntnis, das dem Bw zu Händen seiner Rechtsvertreter am 9. Jänner 2002 zugestellt wurde, richtet sich die rechtsfreundlich eingebrachte Berufung vom 22. Jänner 2002, die am 23. Jänner 2002 rechtzeitig zur Post gegeben wurde und am 24. Jänner 2002 bei der belangten Behörde einlangte. Die Berufung strebt die Aufhebung des Straferkenntnisses und die Einstellung des Strafverfahrens an.

2. Aus der Aktenlage und dem vorangegangenen h. Erkenntnis vom 28. Mai 2002, VwSen-260274/2/WEI/Ni, ergibt sich der folgende wesentliche S a c h v e r h a l t:

2.1. Mit Spruchabschnitt I. des Bescheids des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 29. August 1975, Zl. Wa-261/4-1975/Pes, wurde der Gemeinde die wasserrechtliche Bewilligung zur Ableitung der beim Molkereibetrieb der Molkereigenossenschaft und Umgebung reg. Gen.m.b.H. in anfallenden milchverschmutzten Abwässer und häuslichen Abwässer über die mit Bescheid des Landeshauptmannes vom 28. März 1967, Zl. Wa-893/2-1967, wasserrechtlich bewilligte Ortskanalisation, insbesondere über die mit Bescheid des Landeshauptmannes vom 14. August 1972, Zl. Wa-1525/3-1972, wasserrechtlich bewilligte Kläranlage in die Innere sowie zur Errichtung und zum Betrieb der hiezu dienenden Anlagen unter Vorschreibungen erteilt. Im Spruchpunkt I. 1. wurde das Maß der Wasserbenutzung zur Einleitung milchverunreinigter Abwässer mit 20 m3/d bzw. bei einer Betriebsdauer von 8 Stunden pro Tag durchschnittlich mit 2,5 m3/h bzw. in der Spitze mit 5 m3/h bestimmt.

Im Spruchabschnitt II. des Bescheids vom 29. August 1975 wurde im Grunde der Bestimmungen der §§ 27 Abs 1 lit a, 29 und 99 WRG festgestellt, dass das der Molkereigenossenschaft und Umgebung reg. Gen.m.b.H. mit den Bescheiden des Landeshauptmannes vom 31.1.1950, Zl. Wa-281/1-1950, bzw. vom 17.6.1972, Zl. Wa-2662/1-1972, in der Fassung des Berichtigungsbescheides vom 1.9.1972, Wa-2662/2-1972, erteilte, im Wasserbuch für den Verwaltungsbezirk Gmunden unter Postzahl 418 eingetragene Wasserrecht mit der Rechtskraft des Spruchabschnittes I. insoweit erloschen ist, als es die Einleitung milchverunreinigter und häuslicher Abwässer in die Äußere zum Inhalt hat.

Der Verhandlungsschrift vom 21. Juli 1975 ist zu entnehmen, dass eigentlich zunächst die Molkereigenossenschaft und Umgebung Konsenswerberin war und im Zuge der Verhandlung festgelegt wurde, dass die Gemeinde als Konsenswerberin auftritt.

2.2. Mit Schreiben vom 14. April 2000, Zl. BauW-III-160000/3458-2000-Hö/Br, hat die Abteilung Wasserbau, Unterabteilung Siedlungswasserbau, der belangten Behörde Folgendes mitgeteilt:

"Laut schriftlicher Mitteilung der Molkerei Gmunden bzw. von Herrn Dipl.-Ing. H.E. M (Projektant) vom 31.01.2000 beantragt die Molkerei V eine Abwassermenge von 120 m3/d bzw. unter anderem di Parameter Gesamtchlor bzw. AOX. Aus diesem Grund ist gemäß IEV eine Bewilligungspflicht gegeben.

Es wird darauf hingewiesen, dass der erteilte wasserrechtliche Konsens (20 m3/d) laufend überschritten wird."

Dem Überwachungsbericht der Abteilung Umweltschutz des Amtes der Oö. Landesregierung vom 8. Juni 2000, Zl. U-GS-330074/105-2000-Mo/St, betreffend die Abwasseremissionen der Molkerei S, waren die im vorangegangenen Strafverfahren (vgl Straferkenntnis der belangten Behörde vom 19.03.2001, Zl. Wa 96-27/06-2000/SF/OT) gegenständlichen Überschreitungen des oben dargestellten wasserrechtlichen Konsenses in der Zeit vom 3. Jänner bis 28. April 2000 zu entnehmen.

Im nunmehr anhängigen Strafverfahren ist der von Prof. Dipl.-Ing. H.E. M für die Molkerei S eingebrachte Konsensantrag vom 30. Dezember 2000 an die Bezirkshauptmannschaft Gmunden samt Beilage G "Eigenüberwachung" betreffend die betriebliche Vorreinigung im Jahr 2000 bekannt geworden. Daraus ergeben sich die verfahrensgegenständlichen Überschreitungen des alten Abwasserkonsenses.

2.3. Mit Aufforderung zur Rechtfertigung vom 15. Februar 2001 lastete die belangte Behörde dem Bw als Inhaber des Molkereibetriebes S in die Konsensüberschreitungen wie im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses mit dem Unterschied an, dass auf die Strafbestimmung nach § 137 Abs 2 Z 6 WRG 1959 abgestellt wurde.

Mit Schreiben vom 12. März 2001 verwies der Bw auf seine Stellungnahme vom
17. August 2000 zum gleichen Thema im vorangegangenen Verfahren zu Zl. Wa 96-26/03-2000/SF sowie auf verschiedene Schreiben im Herbst 2000. Ein von Prof. M erstelltes Abwasserprojekt wäre vereinbarungsgemäß im Januar eingereicht worden. Deshalb wird gebeten von der Einleitung eines Strafverfahrens Abstand zu nehmen.

Mit der vorangegangenen Rechtfertigung vom 25. Juli 2000 legte der Bw ein Schreiben gleichen Datums des Prof. Dipl.-Ing. H.E. M von der "O für technische Chemie" vor, aus dem hervorginge, dass die dem Bw (angeblich) als neuem Obmann der Molkerei angelasteten Überschreitungen weder leichtfertig, noch unsachgemäß, noch unsorgsam, noch durch Untätigkeit verursacht worden wären. Er hätte erst seit
1. November 1999 die Molkereianlagen von der Molkerei gepachtet. Das Problem stamme aus der ursprünglichen Übernahme von durch Fusion mit Gmunden und wäre durch die Verpachtung des Betriebes an den Bw weitergegeben worden. Der Betrieb müsste an die gewünschte Struktur (Produkt- und Mengenanpassungen) angepasst werden. Um realistische Projekte zu erstellen hätten sich die Verantwortlichen einerseits mit dem Ist Zustand zu befassen und andererseits die zukünftige Entwicklung abzuschätzen. Beides erfordere eine gewisse Mindestzeit (Hinweis auf das Schreiben von Prof. Dipl.-Ing. H E M). Dem Schreiben des Prof. M sind chronologisch die Bemühungen seit 1995 zu entnehmen. Auf Grund der im Detail von Prof. M und vom Bw dargelegten Punkte, ersuche er das Verfahren einzustellen. Mit dem Schreiben vom
20. September 2000 verweigerte der Bw die Offenlegung von Einkommens- und Vermögensverhältnissen. Ergänzend führte er aus, dass ihm im Zeitpunkt der Pachtung die geringe tägliche Abwassermenge nicht bekannt gewesen wäre. Seit vielen Jahren wären die Abwassermengen von der Betreiberin, der Molkerei, weit überschritten worden. Die Abwassermenge von 20 m3/Tag hätte nie der Realität entsprochen. In den letzten Jahren wäre die Einleitung von 120 m3/Tag bei Auslastung üblich gewesen. Man werde diese Menge weiter nutzen. Dem Bw wäre lediglich bekannt gewesen, dass es ein Abwasserproblem gebe, das in kurzer Zeit gelöst werden müsse. Deshalb werde er in Zusammenarbeit mit der Molkerei ein Projekt zur Vorreinigung des Abwassers vorstellen. Dies hätte er bereits im Schreiben vom 17. August 2000 mitgeteilt.

Aus dem Aktenvermerk der belangten Behörde vom 10. Oktober 2000 über eine Vorsprache des Bw ergibt sich, dass bis 31. Dezember 2000 ein Projekt für die Anpassung der Abwasseranlage der Molkerei eingebracht werden sollte, wobei von einer Konsensmenge von 120 m3/d und einer Belastung nicht über 500 EWG die Rede war. Dieses Projekt wurde laut weiterem Aktenvermerk vom
18. Jänner 2001 bei der Gewerbeabteilung der belangten Behörde am 5. Jänner 2001 eingebracht.

Die belangte Behörde erließ in weiterer Folge das angefochtene Straferkenntnis vom 27. Dezember 2001.

2.4. In der rechtsfreundlichen Berufung wird vorgebracht, dass der Bw seit
1. November 1999 den Molkereibetrieb von der Molkerei gepachtet hätte. Der Pachtvertrag vom 30. Oktober 1999 würde eine Betriebspflicht des Pächters vorsehen. Die Verpächterin hätte die vertragliche Haftung dafür übernommen, dass die für die Produktion erforderlichen Einrichtungen funktionstauglich sind, womit auch die entsprechenden behördlichen Genehmigungen umfasst wären. Die Verantwortung liege daher bei der Verpächterin. Diese hätte bereits Maßnahmen zur Anpassung der höchstzulässigen Abwasserableitungsmenge gesetzt. Mit Konsensantrag vom 18. Dezember 1995 hätte die Molkereigenossenschaft reg. Gen.m.b.H. einen abgeänderten Konsens für die Ableitung der im Zweigbetrieb anfallenden Abwassermenge beantragt, wobei die Abwassermenge mit maximal 126 m3/Tag angegeben worden wäre. Darüber hätte die Behörde bisher nicht entschieden. Mit Schreiben der OIKOS Umweltmanagement vom
31. Dezember 1998 wäre der Behörde die Abwassermenge während der Monate
10-12/1998 mit durchschnittlich 70 m3/Tag und maximal 100 m3/Tag angegeben worden. Der Bw hätte zum ehest möglichen Zeitpunkt mit der zuständigen Behörde Kontakt aufgenommen und mit Schreiben vom 31. Jänner 2000 eine Abwassermenge von 120 m3/Tag angekündigt. Mit Schreiben vom 31. Februar 2000 (?) hätte der Bw die Indirekteinleitung der Abwässer beantragt und sich bereit erklärt, Maßnahmen für eine innerbetriebliche Vorreinigung zur Reduzierung der Schmutzfracht auf 500 EWG zu setzen. Weiter wäre die belangte Behörde am 26. Juni 2000 über die Planung eines Abwasserprojekts in Kenntnis gesetzt worden. Dieses wäre am 5. Jänner 2001 eingereicht worden. Nach mehreren Urgenzen habe am 25. September 2001 eine Verhandlung des eingereichten Projektes (zu Ge 30-5016/06-2001) stattgefunden. Eine Entscheidung liege bislang nicht vor.

Eine Reduktion der Abwassermenge wäre nicht möglich gewesen, weil bei aufrechtem Betrieb für Wascharbeiten eine gewisse Menge nötig sei. Für die Projekteinreichung wäre ein Probebetrieb nötig gewesen, bei dem die Produktauslastung 40 % betrug. Es liege daher keine Rechtswidrigkeit des Verhaltens des Bw vor. Selbst wenn man aber davon ausginge, wäre das Verschulden das Bw auszuschließen. Dieser wäre stets bedacht gewesen, alle geltenden wasserrechtlichen Bestimmungen einzuhalten, was aus dem laufenden Kontakt mit den zuständigen Behörden, den zeitgerecht gestellten Anträgen, der Projektentwicklung und der innerbetrieblichen Vorreinigung zur Emissionsbegrenzung zu erkennen wäre. Der Bw hätte unter Ausschöpfung seiner tatsächlichen und rechtlichen Möglichkeiten alles in seinen Kräften stehende getan.

Die Aufrechterhaltung des Betriebs bei einer Produktionsauslastung von lediglich
40 % wäre nötig gewesen, um überhaupt ein neuartiges Projekt basierend auf fundierten Daten zu erstellen. Bei der Wertung des Verhaltens unter dem Gesichtspunkt des Verschuldens wäre auch die Frage der Zumutbarkeit nicht außer Acht zu lassen.

2.4. Mit Vorlageschreiben vom 22. Mai 2001 hat die belangte Strafbehörde ihren Verwaltungsstrafakt mit der Berufung zur Entscheidung vorgelegt. Eine Gegenäußerung zum Berufungsvorbringen wurde nicht erstattet.

3. Der unabhängige Verwaltungssenat hat nach Einsicht in die vorgelegten Verwaltungsakten unter Berücksichtigung des Berufungsvorbringens festgestellt, dass der wesentliche Sachverhalt hinreichend geklärt erscheint und im Wesentlichen Rechtsfragen zu lösen sind.

4. In der Sache hat der unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

4.1. Für den im Spruch angeführten Tatzeitraum im Jahr 2000 war das WRG 1959 in der Fassung der am 1. Jänner 2000 in Kraft getretenen WRG-Novelle 1999 (BGBl I Nr. 155/1999) maßgeblich. Mit dieser Novelle wurden die Strafbestimmungen des § 137 WRG 1959 neu gefasst.

Die belangte Behörde nimmt im Spruch auf das mit 20 m3/Tag bewilligte Maß der Wasserbenutzung im Spruchabschnitt I. Z 1 des wasserrechtlichen Bescheids des Landeshauptmannes vom 29. August 1975, Zl. Wa-261/4-1975/Pes, Bezug. Im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses werden fortlaufende quantitative Konsensüberschreitungen bei der Ableitung von milchverunreinigten Abwässern in die Ortskanalisation der Marktgemeinde in einem Zeitraum vom 3. Jänner bis 28. April 2000 angelastet. Der wasserrechtliche Konsens wurde seinerzeit kurioserweise nicht der Rechtsvorgängerin Molkereigenossenschaft und Umgebung reg. Gen.m.b.H., sondern der Gemeinde erteilt, die danach die Bewilligung zur Ableitung der beim Molkereibetrieb anfallenden Abwässer in die eigene Kanalisation erhielt. Die Rechtsnachfolgerin Molkerei reg. Gen. m.b.H. stellte dann nach der Aktenlage am 18. Dezember 1995 einen Konsensantrag für den Zweigbetrieb, der allerdings zu keiner Bewilligung führte. Mittlerweile wurde der Betrieb an den Bw für dessen Molkereibetrieb in verpachtet, der damit aber nicht Eigentümer der Liegenschaft samt den unbeweglichen Wasserbenutzungsanlagen geworden ist. Fraglich ist daher bereits, ob der Bw bzw die Molkerei überhaupt aus einem an die Gemeinde ergangenen Bewilligungsbescheid verpflichtet sein kann. Denn nach § 22 WRG 1959 ist der jeweilige Eigentümer der Betriebsanlage oder Liegenschaft, mit der die Wasserbenutzungsrechte verbunden sind, Wasserberechtigter und damit auch der aus einem wasserrechtlichen Konsens Verpflichtete. Bei nicht ortsfesten Wasserbenutzungsanlagen kommt es nur auf die Bewilligung an eine bestimmte Person an.

Wie im Folgenden noch gezeigt wird, gibt es auch weitere Gründe, die die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Straferkenntnisses in Frage stellen. Dabei ist vor allem die Rechtslage in Bezug auf Indirekteinleitungen, die sich in den letzten Jahren mehrfach geändert hat, zu berücksichtigen.

4.2. In rechtlicher Hinsicht ergibt sich aus Art IV Abs 1 der Wasserrechtsgesetz-Novelle 1997, dass mit Wirksamkeit vom 12. Juli 1997 der § 32 Abs 4 WRG 1959 entfallen ist und für sog. Indirekteinleiter der § 32b WRG 1959 neu geschaffen wurde. Die korrespondierende neue Strafbestimmung des § 137 Abs 2 lit h) WRG 1959, die nicht mehr auf § 32 Abs 4 WRG 1959 in der alten Fassung abstellte, galt in ihrer Neufassung seit 1. Oktober 1997. Nach der Übergangsvorschrift des Art II
Abs 5 der Wasserrechtsgesetz-Novelle 1997 wurde bestimmt, dass eine zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des § 32b WRG 1959 bestehende wasserrechtliche Indirekteinleiterbewilligung jedenfalls bis zum Inkrafttreten einer Verordnung gemäß § 32b Abs 5 aufrecht bleibt und ab diesem Zeitpunkt als Bewilligung nach § 32b WRG 1959 gilt, sofern in der Verordnung eine Bewilligungspflicht für diesen Abwasserherkunftsbereich festgelegt wird.

Zu dieser neuen Wasserrechtslage hat der Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 23. Oktober 1997, 95/07/0129, unter Hinweis darauf, dass Einbringungen in eine bewilligte Kanalisation ab dem 12. Juli 1997 keinerlei wasserrechtlicher Bewilligung mehr bedürfen, entschieden, dass die Indirekteinleitung so vorgenommen werden darf, wie es das Kanalisationsunternehmen gestattet hat, ohne dass die Inhalte vor dem 12. Juli 1997 erlassener Bewilligungsbescheide für die Indirekteinleitung dem Indirekteinleiter gegenüber noch rechtliche Wirkung äußern könnten. Was vom Gesetz bewilligungsfrei gestattet ist (vgl § 32b Abs 1 und 2 WRG 1959), darf mit diesem Zeitpunkt ohne Bedachtnahme auf in Zeiten der Bewilligungspflicht auferlegte Beschränkungen ausgeübt werden. Die Übergangsbestimmung des Art II Abs 5 Wasserrechtsgesetz-Novelle 1997, die der Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes entgegenzustehen scheint, könne diese durch Art I der Novelle geschaffene Rechtslage nicht abändern und gehe insofern ins Leere. Man wird dieser Übergangsbestimmung nach Ansicht des Oö. Verwaltungssenates nur eingeschränkte Bedeutung für den Fall einer späteren Verordnung nach § 32b Abs 5 WRG 1959, die eine Bewilligungspflicht anordnet, beimessen können (idS auch VwGH 23.10.1997, 95/07/0129). Im übrigen muss eine am Sachlichkeitsgebot des Gleichheitsgrundsatzes orientierte verfassungskonforme Auslegung zum Ergebnis des Verwaltungsgerichtshofes führen, weil Indirekteinleiter mit einer wasserrechtlichen Bewilligung vor dem 12. Juli 1997 nicht schlechter gestellt werden dürfen, als solche Personen, die nach dem 11. Juli 1997 (= Kundmachungstag der Wasserrechtsgesetz-Novelle 1997) mit Zustimmung des Kanalisationsunternehmens Indirekteinleitungen bewilligungsfrei vornehmen können.

4.3. Ein Handeln entgegen einer Indirekteinleiterbewilligung war vor der WRG-Novelle 1997 bzw. dem 1. Oktober 1997 noch gemäß § 137 Abs 2 lit h) 2. Fall aF strafbar. Mittlerweile gibt es keine unmittelbar vergleichbare Strafnorm mehr.

Nach dem § 137 Abs 2 lit h) WRG 1959 idFd WRG-Novelle 1997 (BGBl I Nr. 74/1997) begeht eine Verwaltungsübertretung und ist nach dem Einleitungssatz mit Geldstrafe bis ATS 30.000,-- zu bestrafen,

wer Einleitungen in eine Kanalisationsanlage vornimmt und die gemäß § 33b Abs 3 erlassenen Emissionsbegrenzungen und die vom Kanalisationsunternehmen zugelassenen Abweichungen nicht einhält oder die Einleitungen ohne Zustimmung des Kanalisationsunternehmens vornimmt oder die Mitteilung gemäß § 32b Abs 2 unterlässt oder die Nachweise über die Beschaffenheit der Abwässer nicht gemäß § 32b Abs 3 vorlegt.

Seit der WRG-Novelle 1999 (BGBl I Nr. 155/1999) findet sich diese Verwaltungsübertretung mit Geldstrafe bis ATS 50.000,-- bedroht, in modifizierter und verkürzter Form im neuen § 137 Abs 1 Z 24 WRG 1959 wieder. Strafbar macht sich nunmehr,

wer Einleitungen in eine Kanalisationsanlage (§ 32b) vornimmt und dabei die gemäß § 33b Abs 3 erlassenen Emissionsbegrenzungen oder die vom Kanalisationsunternehmen zugelassenen Abweichungen nicht einhält oder die Einleitungen ohne Zustimmung des Kanalisationsunternehmens vornimmt.

Die WRG-Novelle 1999 hat nachstehende weitere Strafbestimmungen vorgesehen, die im gegebenen Zusammenhang mit § 32b WRG 1959 eine Rolle spielen können.

Gemäß § 137 Abs 2 Z 6 WRG 1959 idF BGBl I Nr. 155/1999 begeht eine Verwaltungsübertretung und ist nach dem Einleitungssatz mit Geldstrafe bis ATS 200.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe bis zu 4 Wochen) zu bestrafen,

wer ohne Bewilligung oder entgegen einer solchen eine gemäß § 32 bewilligungspflichtige Einwirkung auf Gewässer oder eine gemäß § 32b bewilligungspflichtige Indirekteinleitung vornimmt.

Nach § 137 Abs 2 Z 9 WRG 1959 idF BGBl I Nr. 155/1999 begeht eine Verwaltungsübertretung und ist nach dem Einleitungssatz mit Geldstrafe bis ATS 200.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe bis zu 4 Wochen) zu bestrafen,

wer anzeigepflichtige Maßnahmen (§§ 32b, 34, 114 Abs 1, 115) in Angriff nimmt, ohne diese drei Monate vorher der Wasserrechtsbehörde anzuzeigen.

Nach der auf der Grundlage des § 32b WRG 1959 erlassenen Indirekteinleiterverordnung - IEV sind im §§ 2 und 3 unter dort genannten bestimmten Voraussetzungen Bewilligungspflichten (Herkunftsbereiche und Schwellenwerte) vorgesehen. Nach § 32b Abs 5 WRG 1959 kann der BMLF durch Verordnung jene Herkunftsbereiche für Abwasser sowie Mengenschwellen festlegen, für die auf Grund ihrer Gefährlichkeit, des Abwasseranfalles oder auf Grund gemeinschaftsrechtlicher Bestimmungen ein Verfahren (§ 114) erforderlich ist.

4.4. Nach dem Überwachungsbericht der Abteilung Umweltschutz vom 8. Juni 2000, U-GS-330074/105-2000-Mo/St, wurde eine andauernde Überschreitung der Abwassermenge entgegen dem alten wasserrechtlichen Konsens - an Spitzentagen bis zum 3,5-fachen - festgestellt, wobei eine Produktionsauslastung von bloß 40 % als bemerkenswert betont worden ist. Das Gleiche gilt auch für die auf der Eigenüberwachung beruhende gegenständliche Tatanlastung der belangten Behörde. Qualitative Parameter haben offenbar weder im alten wasserrechtlichen Konsens, noch bei der Überwachung eine wesentliche Rolle gespielt. Jedenfalls sind keine Überschreitungen der AEV Milchwirtschaft (BGBl II Nr. 11/1999) ausgewiesen. Eine Bewilligungspflicht nach der Indirekteinleiterverordnung - IEV (BGBl II Nr. 222/1998) wurde nach der Aktenlage ebenfalls nicht nachgewiesen. Der Hinweis im Schreiben der Abteilung Wasserbau vom 14. April 2000, Zl. BauW-III-160000/3458-2000-Hö/Br, auf einen vorliegenden Konsensantrag der Molkerei betreffend eine Abwassermenge von 120 m3/d und die Parameter Gesamtchlor und AOX ohne genauere Angaben, vermag eine Bewilligungspflicht nach der IEV noch nicht schlüssig darzutun. Daraus kann auch nicht auf die tatsächliche Qualität der Abwässer im gegenständlichen Tatzeitraum geschlossen werden.

Die gegenständlichen Einleitungen bedurften mit dem Inkrafttreten der WRG-Novelle 1997 grundsätzlich keiner wasserrechtlichen Bewilligung mehr, sondern nur der Zustimmung des Kanalisationsunternehmens. Seit der WRG-Novelle 1999 kommt bei fehlender Zustimmung die Übertretung nach § 137 Abs 1 Z 24 WRG 1959 und im Falle einer besonderen Bewilligungspflicht (§ 32b WRG bzw IEV) jene nach § 137 Abs 2 Z 6 WRG 1959 in Betracht. Schon auf Grund dieses rechtlichen Befundes konnten die angelasteten Einleitungen in die Ortskanalisation von nicht mehr allein deswegen strafbar sein, weil sie dem früheren Konsens aus dem Jahr 1975 widersprachen. In die Richtung der oben dargestellten neuen Straftatbestände des § 137 WRG 1959 hat die belangte Behörde keine ausreichenden Ermittlungen angestellt und dementsprechend auch keine taugliche Verfolgungshandlung gesetzt.

Im Ergebnis war das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das Strafverfahren mangels eines strafbaren Tatbestandes gemäß § 45 Abs 1 Z 1 VStG einzustellen, weil die angelasteten fortgesetzten Konsensüberschreitungen jedenfalls aus rechtlichen Gründen keine Verwaltungsübertretungen mehr bildeten. Deshalb brauchte auch auf das Berufungsvorbringen nicht mehr eingegangen zu werden.

5. Bei diesem Ergebnis entfällt gemäß § 66 Abs 1 VStG die Verpflichtung des Bw zur Leistung von Beiträgen zu den Kosten der Strafverfahren.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

Dr. W e i ß

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