Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-260360/16/Wim/Pe/RSt

Linz, 31.07.2006

 

 

 

VwSen-260360/16/Wim/Pe/RSt Linz, am 31. Juli 2006

DVR.0690392

 

 

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Leopold Wimmer über die Berufung des Herrn J Z, vertreten durch Rechtsanwälte Dr. J H, Mag. Dr. T H, W, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Steyr-Land vom 27.2.2006, Wa96-7/15-2005, wegen Abweisung der Anträge auf Bescheidzustellung und Wiedereinsetzung in den vorigen Stand betreffend das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Steyr Land vom 29.8.2005, Wa96-7/7-2005 nach öffentlicher mündlicher Verhandlung am 30.6.2006 zu Recht erkannt:

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.

 

Rechtsgrundlage:

§§ 66 Abs.4 und 71 AVG iVm § 24 VStG und §§ 2 bis 5 und 7 Zustellgesetz jeweils in der geltenden Fassung.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

 

1. Mit Eingabe vom 7.12.2005 an die Bezirkshauptmannschaft Steyr-Land wurde durch den Berufungswerber (im Folgenden: Bw) ein Antrag auf Zustellung des Bescheides (Straferkenntnis) vom 29.8.2005, Wa96-7/7-2005 sowie gleichzeitig auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Berufungsfrist gegen diesen Bescheid gestellt.

 

 

2. Begründend wurde ausgeführt, dass der Bw erst durch eine Zahlungsaufforderung der Bezirkshauptmannschaft Steyr-Land Kenntnis erlangt habe, dass mit oa. Bescheid über hin wegen mehrerer Verwaltungsübertretungen nach dem Wasserrechtsgesetz eine Geldstrafe verhängt worden sei.

Weiters wurde vorgebracht, dass der Bw zum Zeitpunkt des ersten Zustellversuches dieses Straferkenntnisses am 1.9.2005 ortsabwesend und das Büro im Hause A, W, geschlossen gewesen sei, weshalb das Ersuchen gemäß § 21 Abs.2 Zustellgesetz an der Abgabestelle nicht zurückgelassen werden konnte und es sich nicht an der Eingangstüre befand. Vom 2.9. bis 17.9.2005 sei der Bw krank gewesen und daher ortsabwesend, weshalb aus diesem Grund eine Hinterlegung nicht erfolgen durfte. Dem Bw sei nie eine Hinterlegungsanzeige zugekommen. Bei seiner Rückkehr an die Abgabestelle am 18.9.2005 sei die Hinterlegungsfrist bereits abgelaufen gewesen und liege daher keine Zustellung vor.

 

Gleichzeitig mit dem Wiedereinsetzungsantrag holte der Bw die versäumte Prozesshandlung nach und erhob durch seinen ausgewiesenen Rechtvertreter gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Steyr-Land vom 29.8.2005,

Wa96-7/7-2005, eine begründete Berufung, mit welcher die Entscheidung zur Gänze angefochten wurde.

Darin wurde beantragt, die angefochtene Entscheidung ersatzlos zu beheben bzw. dahingehend abzuändern, dass keine Geldstrafe verhängt und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt werde.

 

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Steyr-Land hat mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid den Antrag auf neuerliche Zustellung als unzulässig zurückgewiesen und den Wiedereinsetzungsantrag als unbegründet abgewiesen.

Als Begründung wurde dazu näher ausgeführt, dass die Zustellung des Straferkenntnisses ordnungsgemäß durch Hinterlegung erfolgt sei.

 

 

4.1. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme sowie Anberaumung und Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung samt Lokalaugenschein am 30.6.2006, an welcher der Bw und sein Rechtsvertreter teilgenommen haben. Als Zeugen wurden Frau P R, Frau E Z, Frau A Z, Herr J Z jun. und Herr J S geladen und zeugenschaftlich einvernommen.

In der Verhandlung wurde vom Berufungswerber seine Eingabe insoweit berichtigt, als seine Wohnadresse K ist.

 

 

4.2. Der Unabhängige Verwaltungssenat geht von folgendem entscheidungsrelevanten Sachverhalt aus:

 

Das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Steyr Land vom 29.8.2005, Wa96-7-2005 war laut Zustellverfügung an Herrn J Z, geb. , K, A zu eigenen Handen zuzustellen. Dies stellt den Wohnort des Bw dar.

Eine tatsächliche Zustellung oder ein Zustellversuch hat an dieser Adresse nicht stattgefunden. Generell werden sämtliche Schriftstücke, auch an den Bw persönlich, immer an der Adresse W in A, zugestellt. Dies ist die Betriebsstätte bzw. der Arbeitsplatz des Bw.

 

Eine eigenhändige Übernahme des Schreibens durch den Bw ist nicht erfolgt.

Auf dem vorliegenden RSa-Rückschein ist ausgefüllt, dass ein erster Zustellversuch am 1.9.2005 erfolgt ist und die Ankündigung des zweiten Zustellversuches an der Abgabestelle zurückgelassen wurde. Ein zweiter Zustellversuch soll am 2.9.2005 erfolgt sein und die Verständigung über die Hinterlegung soll an der Abgabestelle zurückgelassen worden sein. Weiters wurde die Hinterlegung bei der Poststelle angekreuzt sowie der Beginn der Abholfrist mit 5.9.2005 (korrigiert von 2. auf 5.9.2006) eingetragen, ebenfalls versehen mit dem Kurzzeichen des Zustellers.

Der RSa-Brief wurde schließlich mit Datum des Poststempels vom 19.9.2005 als nicht behoben an die Bezirkshauptmannschaft Steyr Land retour gesendet.

Auf dem rückgesendeten RSa-Kuvert findet sich auf der Rückseite der Vermerk "angekündigt für 2.9.2005" sowie "hinterlegt am 2.9.2005" jeweils mit dem Kurzzeichen des Zustellers.

 

Das Straferkenntnis wurde dem Bw nach Anruf von der Bezirkshauptmannschaft Steyr Land am 5.12.2005 per Telefax übermittelt.

 

4.3. Dieser Sachverhalt ergibt sich aus den Unterlagen im erstinstanzlichen Verfahrensakt sowie aus den übereinstimmenden glaubwürdigen Aussagen der befragten Zeugen, insbesondere auch des Postzustellers Hrn. S, wonach sämtliche Postzustellung an den Bw immer an die Firmenadresse erfolge.

 

 

5. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

 

5.1. Gemäß § 2 Zi.4 Zustellgesetz ist Zustelladresse eine Abgabestelle gemäß Zi.5 oder elektronische Zustelladresse.

Gemäß Zi.5 leg.cit. ist Abgabestelle: Die Wohnung oder sonstige Unterkunft, die Betriebsstätte, der Sitz, der Geschäftsraum, die Kanzlei oder auch der Arbeitsplatz des Empfängers, im Falle einer Zustellung anlässlich einer Amtshandlung auch deren Ort, oder ein vom Empfänger der Behörde für die Zustellung in einem laufenden Verfahren angegebener Ort.

 

Gemäß § 3 Abs.2 Zustellgesetz handeln die mit der Zustellung betrauten Organe oder jene Personen, die zur Zustellung tatsächlich herangezogen werden (Zusteller) hinsichtlich der Wahrung der Gesetzmäßigkeit der Zustellung für die Behörde, deren Dokument zugestellt werden soll.

 

Gemäß § 4 Abs.1 Zustellgesetz darf, soweit gesetzlich nicht die Zustellung an bestimmte Zustelladressen vorgeschrieben ist, dem Empfänger an jede Zustelladresse zugestellt werden. Sie ist in der Zustellverfügung zu benennen.

 

Gemäß § 5 Zustellgesetz wird die Zustellung von der Behörde angeordnet, deren Dokument zuzustellen ist. Sie hat unter anderem in geeigneter Form gemäß Zi.2 die Zustelladresse zu bestimmen.

 

§ 7 Zustellgesetz lautet:

(1) Unterlaufen im Verfahren der Zustellung Mängel, so gilt die Zustellung als in dem Zeitpunkt dennoch bewirkt, indem das Dokument dem Empfänger tatsächlich zugekommen ist.

(2) Der Versuch der Zustellung an einer gemäß § 4 nicht vorgesehenen Adresse, ist ein Zustellmangel im Sinne des Abs.1.

 

Gemäß § 71 Abs.1 AVG ist gegen die Versäumung einer Frist oder einer mündlichen Verhandlung auf Antrag der Partei, die durch die Versäumung einen Rechtsnachteil erleidet, die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen.

Gemäß Abs.2 muss der Antrag auf Wiedereinsetzung binnen zwei Wochen nach dem Wegfall eines Hindernisses oder nach dem Zeitpunkt in dem die Partei von der Zulässigkeit der Berufung Kenntnis erlangt hat, gestellt werden.

 

5.2. Die Zustellung bzw. die Zustellversuche entgegen der Zustellverfügung nicht an der Wohnadresse, wie von der Behörde angeordnet, sondern am Arbeitsplatz des Bws stellen einen Zustellmangel dar, den sich die Behörde gemäß § 3 Abs.2 Zustellgesetz auch zurechnen lassen muss. Insbesondere kann eine daraufhin erfolgte Hinterlegung keine zustellbegründende Wirkung entfalten bzw. die persönliche Zustellung ersetzen.

Dahin gestellt bleiben kann in diesem Zusammenhang, ob tatsächlich die Zustellversuche in der W erfolgt sind.

 

Somit kann lediglich der § 7 des Zustellgesetzes zur Anwendung kommen, wonach der Zustellmangel erst in dem Zeitpunkt als geheilt gilt, in dem das Dokument dem Empfänger tatsächlich zugekommen ist. Das ist erst mit der Faxzustellung am 5.12.2005 erfolgt. Erst mit diesem Zeitpunkt begann somit die zweiwöchige Berufungsfrist zu laufen.

Da zu diesem Zeitpunkt die Zustellung als erfolgt anzusehen ist, war der nochmalige Antrag auf Bescheidzustellung unzulässig.

Da auch die Berufungsfrist erst ab 5.12.2005 zu laufen begonnen hat, liegt auch keine Fristversäumnis und somit für den Wiedereinsetzungsantrag kein Grund vor.

 

Somit hat die Erstbehörde zwar vom Ergebnis her richtig entschieden, ist aber von der falschen Voraussetzung der Zustellung durch Hinterlegung ausgegangen. Die gegenständliche Berufung war daher abzuweisen.

 

Die im Wiedereinsetzungsantrag bereits ausgeführte Berufung gegen das Straferkenntnis ist aber auf Grund der verspäteten Zustellung rechtzeitig eingebracht.

 

Obwohl der Bw damit mit seinem Rechtsmittel formal keinen Erfolg hatte, wird er nun doch in die Lage versetzt, den Strafbescheid mittels Berufung bekämpfen zu können.

Vor einer inhaltlichen Entscheidung des Unabhängigen Verwaltungssenates darüber muss jedoch der Bezirksverwaltungsbehörde die Möglichkeit zur Erlassung einer Berufungsvorentscheidung gemäß § 64a AVG gewährt werden.

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

 

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

Dr. Wimmer

 

 

Beschlagwortung:

Zustellung an falsche Abgabestelle entgegen der Zustellverfügung

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