Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-280008/2/Kl/Rd

Linz, 20.04.1994

VwSen-280008/2/Kl/Rd Linz, am 20. April 1994 DVR.0690392

B e s c h l u s s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch das Mitglied Dr. Klempt über die Beschwerde des M R, wegen einer Beschwerde nach dem Sicherheitspolizeigesetz wegen Verletzung von Richtlinien durch Organe der Bundespolizeidirektion Linz beschlossen:

Die Beschwerde wird als unzulässig zurückgewiesen.

Rechtsgrundlagen:

§ 89 Abs.2, 3, 4 und 5 des Sicherheitspolizeigesetzes - SPG, BGBl.Nr. 566/1991, und § 67c Abs.2 und 3 AVG.

Begründung:

1. Die Eingabe des Beschwerdeführers vom 15.7.1993 wurde im Hinblick auf die Beschwerde "gegen die Vorgangsweise von Beamten der Bundespolizeidirektion Linz" mit der Entscheidung vom 26.7.1993, VwSen-280000/2/Kl/La, der Bundespolizeidirektion Linz als Dienstaufsichtsbehörde gemäß § 89 Abs.1 SPG zur allfälligen Behandlung wegen einer Verletzung einer gemäß § 31 festgelegten Richtlinie weitergeleitet.

Mit Schriftsatz vom 28.9.1993 hat der Beschwerdeführer dem unabhängigen Verwaltungssenat mitgeteilt, daß über seine Aufsichtsbeschwerde gemäß § 89 Abs.4 SPG nicht entschieden wurde, sodaß er die Entscheidung des unabhängigen Verwaltungssenates begehre. Dieses Begehren wurde mit Beschluß des O.ö. Verwaltungssenates vom 4.10.1993, VwSen-280005/2/Kl/Rd, im Grunde des § 89 Abs.4 SPG zurückgewiesen, weil eine Entscheidung des unabhängigen Verwaltungssenates erst dann begehrt werden kann, wenn eine Mitteilung gemäß § 89 Abs.2 SPG nicht binnen drei Monaten nach Einbringung der Aufsichtsbeschwerde ergangen ist. Da diese Frist erst mit 17.10.1993 endete, war die genannte Eingabe vom 28.9.1993 unzulässig.

Mit der nunmehrigen Eingabe vom 22.10.1993, beim unabhängigen Verwaltungssenat eingelangt am 29.10.1993, übermittelte der Beschwerdeführer eine Ablichtung der Beschwerde vom 15.7.1993, auf welcher das Datum auf 22.10.1993 korrigiert wurde, und welche mit dem handschriftlichen Zusatz versehen wurde "im Sinne des Beschlusses vom 4.10.1993 fristgerecht neu eingebracht! Michael Rössler", womit sohin neuerlich das Begehren einer Entscheidung des unabhängigen Verwaltungssenates über die Richtlinienbeschwerde gestellt wurde.

2. Wie vom unabhängigen Verwaltungssenat fernmündlich erhoben wurde, ist eine schriftliche Mitteilung gemäß § 89 Abs.2 SPG von der Bundespolizeidirektion Linz als Dienstaufsichtsbehörde nicht ergangen und wurde auch eine mündliche Kontaktnahme mit dem Beschwerdeführer gemäß § 89 Abs.3 SPG nicht durchgeführt.

Da die Beschwerde nach drei Monaten nach Einbringung der Aufsichtsbeschwerde (nach dem 17.10.1993) und binnen 14 Tagen iSd § 89 Abs.4 SPG eingebracht wurde, war sie rechtzeitig. Sie war aber dennoch nicht zulässig.

3. Gemäß § 89 Abs.1 des Sicherheitspolizeigesetzes - SPG, hat, insoweit mit einer Beschwerde an den unabhängigen Verwaltungssenat die Verletzung einer gemäß § 31 festgelegten Richtlinie behauptet wird, der unabhängige Verwaltungssenat sie der zur Behandlung einer Aufsichtsbeschwerde in dieser Sache zuständigen Behörde zuzuleiten.

Jeder, dem gemäß Abs.3 mitgeteilt wurde, daß die Verletzung einer Richtlinie nicht festgestellt worden sei, hat das Recht, binnen 14 Tagen die Entscheidung des unabhängigen Verwaltungssenates zu verlangen, in dessen Sprengel das Organ eingeschritten ist; dasselbe gilt, wenn eine solche Mitteilung (Abs.2) nicht binnen drei Monaten nach Einbringung der Aufsichtsbeschwerde ergeht. Der unabhängige Verwaltungssenat hat festzustellen, ob eine Richtlinie verletzt worden ist (§ 89 Abs.4 SPG).

4. Wie eingangs dargelegt, ist daher der O.ö.

Verwaltungssenat ohne nähere Prüfung der Beschwerde zunächst der Verpflichtung gemäß § 89 Abs.1 SPG zur Weiterleitung nachgekommen.

5. Gemäß § 31 Abs.1 SPG hat der Bundesminister für Inneres zur Sicherstellung wirkungsvollen einheitlichen Vorgehens und zur Minderung der Gefahr eines Konfliktes mit Betroffenen durch Verordnung Richtlinien für das Einschreiten der Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes zu erlassen. Soweit diese Richtlinien auch für Befugnisse der Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes im Zuständigkeitsbereich anderer Bundesminister gelten sollen, erläßt der Bundesminister für Inneres die Verordnung im Einvernehmen mit den in ihrem Wirkungsbereich berührten Bundesministern (§ 31 Abs.3 SPG). Im Grunde dieser Gesetzesbestimmung hat daher der Bundesminister für Inneres im Einvernehmen mit den Bundesministern für Justiz und für öffentliche Wirtschaft und Verkehr die Richtlinien-Verordnung-RLV, BGBl.Nr.266/1993, erlassen.

Gemäß § 1 Abs.1 der Richtlinien-Verordnung haben die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes innerhalb der Sicherheitsverwaltung (§ 2 Abs.2 SPG) jene Aufgaben zu erfüllen, die im Rahmen des Exekutivdienstes, insbesondere durch die Ausübung verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt zu besorgen sind. In anderen Bereichen der Verwaltung haben die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes solche Aufgaben aufgrund besonderer gesetzlicher Anordnung zu erfüllen.

5.1. Es ist daher zum (materiellen) Geltungsbereich der genannten Richtlinien-Verordnung zunächst festzustellen, daß die gesetzliche Ermächtigung zur Erlassung einer solchen Richtlinienverordnung im dritten Teil des SPG "Befugnisse der Sicherheitsbehörden und der Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes im Rahmen der Sicherheitspolizei", im ersten Hauptstück, enthalten ist, wobei die in diesem Hauptstück enthaltenen Grundsätze der Befugnisausübung bei der Anwendung der nachfolgenden konkreten Befugnisnormen mitzubedenken sind. Allein aus dieser Systematik könnte geschlossen werden, daß der dritte Teil des SPG der Erfüllung der Aufgaben der Sicherheitspolizei, nicht auch der Erfüllung von Aufgaben der Sicherheitsverwaltung oder sonstiger verwaltungspolizeilicher Agenden dient. Die Sicherheitspolizei hat das SPG im § 3 als Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe, Ordnung und Sicherheit, ausgenommen die örtliche Sicherheitspolizei, und erste allgemeine Hilfeleistungspflicht definiert. Im Grunde dieser Systematik kann daher eine gesetzliche Ermächtigung zur Erlassung einer Richtlinien-Verordnung zunächst nur im Rahmen der gesetzlich vorgesehenen Aufgaben der Sicherheitspolizei vom Gesetzgeber beabsichtigt gewesen sein. Diese Einschränkung des Geltungsbereiches erfährt jedoch durch die Bestimmung des § 31 Abs.3 SPG bzw die darauf gestützte obzitierte Richtlinien-Verordnung eine Erweiterung auf den Bereich der Sicherheitsverwaltung (§ 1 Abs.1 erster Satz RLV) sowie auf andere Bereiche der Verwaltung (§ 1 Abs.1 zweiter Satz RLV).

Bei verfassungskonformer Interpretation des § 31 Abs.3 SPG bzw. gesetzeskonformer Interpretation der RLV (iSd § 31 Abs.3 SPG) kann die Anwendbarkeit der RLV im Bereich der Sicherheitsverwaltung - dies ist der Anwendungsbereich des SPG - bejaht werden. Dafür spricht einerseits der "Besondere Rechtsschutz" in §§ 87 ff SPG, welcher auf die "Besorgung der Sicherheitsverwaltung" (§ 88 Abs.2 SPG) abstellt (so auch das Bundesministerium in seinem Einführungserlaß zum SPG, Zl.94.762/15-GD/93, in dem es den Verfahrensgegenstand nach §§ 88 und 89 SPG mit einer Amtshandlung, die einer Sicherheitsbehörde zuzurechnen ist, umschreibt), und andererseits die in § 91 SPG dem Bundesminister eingeräumte Amtsbeschwerde, welche sich nur auf die Vollzugskompetenz des Bundesministers erstrecken kann (vgl obzit.

Einführungserlaß zu § 91 SPG).

Der Geltungsbereich der RLV in Verwaltungsmaterien außerhalb der Sicherheitsverwaltung kann - wenn überhaupt - nur so verstanden werden, daß er sich nur auf jene Verwaltungsmaterien beziehen kann, die in die Bundesvollziehung fallen, sofern mit dem jeweils zuständigen Bundesminister das Einvernehmen bei der Verordnungserlassung hergestellt wurde (die RLV wurde vom Bundesminister für Inneres im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Justiz und dem Bundesminister für öffentliche Wirtschaft und Verkehr erlassen) (vgl auch § 91 SPG - Amtsbeschwerde des Bundesministers für Inneres und diesbezügliche Ausführungen im obzit. Einführungserlaß).

5.2. Es kann daher die RLV als Durchführungsverordnung des SPG (§ 31 Abs.3 SPG) bei verfassungskonformer Auslegung nur im Vollzugsbereich (Anwendungsbereich) des SPG bzw.

allenfalls denkmöglich im übrigen Vollzugsbereich des Bundes Anwendung finden, nicht jedoch aber in Angelegenheiten der Landesvollziehung, wie zB in Angelegenheit der Straßenverkehrsordnung. Gemäß Art.11 Abs.1 Z4 B-VG ist die "Straßenpolizei" Bundessache in Gesetzgebung, Landessache in Vollziehung. Somit ist die Erlassung von Verordnungen entsprechende gesetzliche Ermächtigungen vorausgesetzt nach Maßgabe des Art.11 Abs.3 B-VG Landessache.

Daß aber die RLV als Vorschrift des "inneren Dienstes" im alleinigen Kompetenzbereich des Bundesministers für Inneres ist, schließt schon die Regelung des § 31 Abs.3 SPG expressis verbis aus (arg. "im Einvernehmen mit den in ihrem Wirkungsbereich berührten Bundesministern"). Für die Erlassung von rein innerdienstlichen Vorschriften durch den Bundesminister für Inneres im Rahmen seines Zuständigkeitsbereiches "Dienstbetrieb" ist ein Einvernehmen mit anderen Bundesministern nicht erforderlich bzw nicht angebracht. Im übrigen ist die Wahl des SPG für eine diesbezügliche (den inneren Dienst betreffende) Verordnungsermächtigung schon von der Materie her verfehlt.

Daß es sich aber nicht um eine Angelegenheit des "inneren Dienstes" ("Dienstbetrieb") handelt, geht auch aus der Vorschrift des § 89 SPG hervor, wonach das Organverhalten im Beschwerdeverfahren vor dem unabhängigen Verwaltungssenat durch den Verweis auf die §§ 67c bis g AVG (§ 89 Abs.5 SPG) von der belangten Behörde zu vertreten ist, welcher der Sache nach das Organhandeln zurechenbar ist, nicht hingegen von der Dienstbehörde (Aufsichtsbehörde) (vgl auch Hauer-Keplinger, Handbuch zum Sicherheitspolizeigesetz, Seite 426, Anm.15).

5.3. Im Grunde dieser Ausführungen, daß die RLV für eine Angelegenheit der Straßenpolizei keine Anwendung findet, war daher auch eine diesbezügliche Beschwerde gemäß § 89 SPG an den unabhängigen Verwaltungssenat unzulässig.

5.4. Da die Beschwerde zurückzuweisen war, war eine öffentliche mündliche Verhandlung nicht anzuberaumen (§ 89 Abs.5 SPG iVm § 67d Abs.1 AVG).

6. Schließlich wird noch darauf hingewiesen, daß für die eingebrachte Beschwerde das Allgemeine Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 anwendbar ist und die Beschwerde daher eingabegebührenpflichtig ist. Es wird daher um ehestmögliche Übermittlung einer 120 S-Bundesstempelmarke ersucht.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. K l e m p t

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