Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-280027/8/Ga/La

Linz, 26.07.1996

VwSen-280027/8/Ga/La                 Linz, am 26. Juli 1996 DVR.0690392                                                          

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Ober österreich hat durch das Mitglied Mag. Gallnbrunner über die Berufung des M D, vertreten durch Dr. S, Rechtsanwälte in L, gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 29. Dezember 1994, GZ 101-6/3-1003, wegen Übertretungen des Arbeitszeitgesetzes (AZG), zu Recht erkannt:

I.  Der Berufung wird a) im Spruchpunkt 16. hinsichtlich der Strafe insoweit Folge gegeben, als die Geldstrafe auf 300 S herabgesetzt wird; b) zu allen Spruchpunkten hinsichtlich der Ersatzfrei heitsstrafe Folge gegeben und diese mit folgenden Ausmaßen festgesetzt:

zu 16.:  3 Stunden; zu 9., 10. und 11.:  je 10 Stunden; zu 5., 13., 14., 15. und 17.:  je 20 Stunden; zu 1., 2., 4., 8. und 12.:  je 30 Stunden; zu 3.,6. und 7.:  je 40 Stunden.

II. Im übrigen wird die Berufung hingegen abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt. Dies mit der Maßgabe, daß a) die Einleitung des Schuldspruchs für alle Spruchpunkte wie folgt zu lauten hat:

"Sie haben es als Arbeitgeber, nämlich als das zur Vertretung nach außen berufene Organ der 'D Gesellschaft m.b.H.'  mit Sitz in L, L S, in Ihrer Eigenschaft als deren handelsrechtlicher Geschäftsführer gemäß § 9 Abs.1 VStG zu verantworten, daß in der dortigen Betriebsstätte beschäftigte Arbeitnehmer wie folgt entgegen den Bestimmungen des AZG beschäftigt wurden:"; ^ b) der Berufungswerber als Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor der Strafbehörde zu Spruchpunkt 16. nur 30 S zu leisten hat.

Rechtsgrundlage: AVG: § 66 Abs.4. VStG: § 24; § 16, § 19, § 51 Abs.1, § 51c, § 51d, § 51e Abs.2; § 64 Abs.1 und § 65.

Entscheidungsgründe:

1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde der Berufungswerber "als der im vorliegenden Fall gemäß § 9 Abs.1 VStG haftbare handelsrechtliche Geschäftsführer" einer näher bezeichneten juristischen Person schuldig erkannt, er habe zu verantworten, daß im November 1993 insgesamt 17 Arbeitnehmer entgegen den Bestimmungen des AZG beschäftigt worden seien, und zwar:

über die höchstzulässige Tagesarbeitszeit von zehn Stunden hinaus die Arbeitnehmer 1. B G am 15.11.1993 mit 13 Stunden und 49 Minuten (kurz: 15(13.49)), 16(12.20), 17(11.49) und 18(10.23); 2. E J 17(10.52), 18(10.49), 22(10.41), 23(14.04) und 24(11.38); 3. H G 16(11.20), 17(11.21), 18(10.59), 22(10.37), 23(11.47), 25(10.53) und 26(17.22); 4. H F 23(15.48), 24(10.39) und 25(10.20); 5. K D 16(10.47), 17(11.45), 23(11.15), 24(10.25) und  25(10.18); 6. P J 15(11.42), 17(10.22), 23(11.51), 24(12.52), 25(10.36), 29(13.05) und 30(14.06); 7. R S 15(12.38), 17(14.20), 22(11.16) und 25(18.01); 8. S A 16(11.08), 17(12.04), 18(12.15), 24(11.18) und 25(11.32); ^Abstand(3) über die höchstzulässige Wochenarbeitszeit von 50 Stunden hinaus die Arbeitnehmer 9.  B G in der 46. Kalenderwoche 1993 mit 55 Stunden  und 23 Minuten (kurz: 46(55.23)); 10. E J 46(53.37); 11. E R 46(56.16); 12. H G 46(61.59) und 47(60.04); 13. H F 47(61.23); 14. K D 46(54.15) und 47(51.13); 15. P J 46(51.01) und 47(53.33); 16. R S 46(51.19); 17. S A 46(60.45).

Dadurch habe der Berufungswerber jeweils § 9 AZG iVm den §§ 3 Abs.1 und 28 Abs.1 AZG verletzt. Wegen dieser Ver waltungsübertretungen wurden zu den Punkten 9., 10., 11. und 16. (wohl je) 1.000 S;   zu den Punkten 5., 13., 14., 15. und 17. (wohl je) 2.000 S;   zu den Punkten 1., 2., 4., 8. und 12. (wohl je) 3.000 S    sowie zu den Punkten 3., 6. und 7. (wohl je) 4.000 S,    zusammen somit 41.000 S an Geld strafen gemäß § 28 Abs.1 AZG verhängt; die Ersatz freiheitsstrafen wurden hingegen als Gesamtstrafe im Ausmaßávon "41 Tagen (1 Tag für S 1.000)" festgesetzt.

2.1.  Der Berufungswerber bekämpft dieses Straferkennt nis in seinem gesamten Umfang und beantragt Aufhebung und allenfalls nach Durchführung des ergänzend beantragten Beweisverfahrens Verfahrenseinstellung, in eventu von der Verhängung einer Strafe abzusehen bzw. allenfalls eine Er mahnung zu erteilen und in eventu die verhängte Strafe schuld- und tatangemessen auf insgesamt 7.800 S herab zusetzen.

2.2.  Das zur Berufung angehörte Arbeitsinspektorat brachte abschließend vor, daß die Bewältigung des zum Teil saisonbedingten erhöhten Arbeitsanfalles im Wege einer weiteren Personalaufstockung auf Grund des außerordentlich beengten Raumangebotes unrealistisch bzw. für die be troffenen Arbeitnehmer unzumutbar gewesen wäre. Die daraus nach Auffassung des Arbeitsinspektorats resultierenden unge setzlichen Zustände hätten jedenfalls untersagt werden müssen bzw. einen Antrag auf Sperre zur Folge gehabt. Außerdem sei von der Möglichkeit eines Zweischichtbetriebes oder der Anmietung zusätzlicher Büroräume im angesprochenen Zeitraum nicht Gebrauch gemacht worden.

3. Der unabhängige Verwaltungssenat hat in den zugleich mit der Berufung zu GZ. 101-6/3-1003 vorgelegten Strafver fahrensakt als Beweismittel Einsicht genommen. Daraus geht hervor, daß der dem Schuldspruch zugrundegelegte Sachverhalt ausreichend ermittelt und in Übereinstimmung mit der Akten lage angelastet wurde. Dieser Sachverhalt, der in der Be rufung unbekämpft blieb, wird als somit erwiesen und maßgebend auch für dieses Erkenntnis festgestellt. Weil also weitere Beweise zur Tat nicht aufzunehmen und im übrigen, auch im Zusammenhang mit der Schuldfrage, nur Rechtsfragen zu beurteilen waren, konnte eine - nicht ausdrücklich beantragte - öffentliche mündliche Verhandlung unterbleiben.

Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

4.1. Entgegen der Anordnung des § 60 AVG (iVm § 24 VStG) hat die belangte Behörde zur objektiven Tatseite die ihrer rechtlichen Beurteilung als maßgeblich unterlegten Arbeits zeitvorschriften nicht dargestellt.

Gemäß § 3 Abs.1 AZG (in der hier anzuwendenden Fassung vor der Novelle BGBl.Nr. 446/1994) darf die Tagesarbeitszeit 8 Stunden, die Wochenarbeitszeit 40 Stunden nicht über schreiten, soweit im folgenden nicht anderes bestimmt wird. Anderes regelt § 9 leg.cit. ("Höchstgrenzen der Arbeits zeit") und darf daher gemäß dieser Bestimmung die Arbeits zeit 10 Stunden täglich nicht überschreiten (erster Fall) und die sich aus § 3 ergebende Wochenarbeitszeit um nicht mehr als 10 Stunden wöchentlich überschreiten (zweiter Fall). Diese Höchstgrenzen der Arbeitszeit dürfen auch beim Zusammentreffen einer anderen Verteilung der wöchentlichen Normalarbeitszeit mit einer Arbeitszeitverlängerung oder beim Zusammentreffen mehrerer Arbeitszeitverlängerungen nicht überschritten werden. Gemäß § 28 Abs.1 leg.cit. sind Arbeitgeber und deren Bevollmächtigte, die den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes zuwiderhandeln, ...... mit einer Geldstrafe von 300 S bis 6.000 S oder mit Arrest von drei Tagen bis zu sechs Wochen zu bestrafen.

4.2.  Vor diesem Hintergrund steht im Berufungsfall die Tatbestandsmäßigkeit der festgestellten Sachverhalte sowohl hinsichtlich der Überschreitungen der höchstzulässigen Tages arbeitszeit (in den Fakten 1. bis 8.) als auch hinsichtlich der Überschreitungen der höchstzulässigen Wochenarbeitszeit (Fakten 9. bis 17.) fest.

5.1. Der Berufungswerber verantwortet sich im wesent lichen dahin, es sei zu diesen Arbeitszeitüberschreitungen auf Grund bestimmter, für ihn jedoch nicht vorhersehbarer Umstände gekommen, in Sonderheit wegen erheblicher personeller Probleme, die zu Engpässen bei der Bearbeitung der Aufträge geführt hätten. Nur durch entsprechende Über stunden habe die Auftragsbearbeitung abgedeckt und die Auslastung des Werkes gewährleistet werden können. Er finde es bedauerlich, wenn ihm dieses sein Bemühen, den Personal stand zu halten, nun zum Vorwurf gemacht werde. Die von ihm weder verschuldete und auch nicht vorhersehbare Personal misere hätte, um Folgeschäden hintanzuhalten, eben nur durch freiwillige Überstunden aufgefangen werden können. Zum Beweise seiner Versuche, die Personalnot durch Neuein stellungen aufzufangen, macht der Berufungswerber zwei Schreiben der involvierten Gesellschaft (vom 17.11. sowie 25.11.1993), eine Postwurfsendung und diverse Inserate geltend. Überdies beantragt er die zeugenschaftliche Ein vernahme eines namentlich bezeichneten Arbeitnehmers.

Aus allen diesen Gründen liege daher auch kein Ver schulden vor. Jedenfalls wäre aber allenfalls § 21 VStG anzuwenden gewesen, weil das Verschulden des Berufungs werbers, wenn überhaupt gegeben, geringfügig sei und die Folgen der Übertretung unbedeutend. Die Überstunden seien freiwillig im Rahmen eines Bürobetriebes geleistet worden und mit keinerlei Gefahr von Gesundheitsbeeinträchtigung ein hergegangen. Nicht zuletzt würden die Milderungsgründe jedenfalls iSd § 20 VStG den Erschwerungsgrund beträchtlich überwiegen, sodaß eine entsprechende Reduzierung der Mindeststrafe angezeigt gewesen wäre. Es hätte nämlich die Behörde insbesondere des Berufungswerbers Unbescholtenheit stärker zu gewichten und vor allem die Gefahr, daß bei gesetzmäßigem Verhalten Arbeitsplätze zwingend freigesetzt hätten werden müssen, zu berücksichtigen gehabt.

5.2.  Mit diesem Vorbringen zielt der Berufungswerber gegen die Annahme seines Verschuldens. Die persönliche Vor werfbarkeit der Übertretungen kann er damit jedoch nicht abwenden.

5.2.1.  Bei den hier angelasteten Verwaltungsüber tretungen iSd § 28 Abs.1 AZG handelt es sich um den Typus von Ungehorsamsdelikten, weil im Sinne des § 5 Abs.1 VStG bloßes Zuwiderhandeln gegen die als verletzt zugrundegelegte Vorschrift des § 9 AZG genügt. In diesen Fällen ist der Berufungswerber daher schon durch den objektiven Tatbestand belastet; seine Schuld ist gemäß § 5 Abs.1 zweiter Satz VStG bis zur Glaubhaftmachung des Gegenteils durch ihn selbst von Gesetzes wegen anzunehmen, wenn auch sonst keine Zweifel an seiner Schuld bestehen (vgl. VfGH 20.6.1994, B 1908/93-10 uwZ). Zweifel in diesem Sinn wurden nicht geweckt. Zur Glaubhaftmachung seiner Schuldlosigkeit liegt es nach der Judikatur des VwGH allerdings beim Berufungswerber, ein geeignetes und konkretes, für seine Entlastung sprechendes Tatsachenvorbringen initiativ zu erstatten und dafür auch Beweismittel beizubringen oder zu nennen.

5.2.2.  Beweismittel hat der Berufungswerber zwar ge nannt (oben 4.2.), allerdings waren diese teils zur Entlastung von vornherein nicht zielführend (die angeführten Schreiben waren an das Arbeitsinspektorat gerichtet und betreffen ein Ansuchen um Verlängerung der täglichen Arbeitszeit für die Auftragsbearbeitung, sie wurden jedoch erst abgefaßt, als der Großteil der spruchgemäßen Über tretungen bereits gesetzt worden war; dies gilt sinngemäßáauch für zumindest einige der angeschlossen gewesenen Inserate, wieder andere lassen sich datumsmäßig nicht einordnen), teils war dem Antrag schon deshalb nicht zu folgen, weil nicht zugleich angegeben wurde - so beim be gehrten Zeugenbeweis -, zu welchem konkreten Beweisthema der Zeuge überhaupt vernommen werden solle.

5.2.3.  Für die Beurteilung der subjektiven Tatseite in diesem Fall ist der Nachweis des als Entschuldigungsgrund eingewendeten Personalnotstandes und der Bemühungen des Be rufungswerbers zur Behebung dieser "Misere" jedoch nicht entscheidend. Aus dem Blickwinkel der Vorwerfbarkeit des ungesetz lichen Verhaltens ist nämlich dem Einwand des Personal problems entgegenzuhalten, daß die Unvorhersehbarkeit des Engpasses, entgegen dem Anschein der formulierten Be rufungsgründe, nicht wirklich dargetan ist. Vielmehr wurde - von dieser Unvorhersehbarkeit als ein zwar behauptetes, offenbar jedoch nach Auffassung des Berufungswerbers nicht näher zu begründendes Faktum ausgehend - nur auf die davon abzuleitenden Folgerungen und das Folgeverhalten des Be rufungswerbers eingegangen. Der mehrfach wiederholte Hinweis auf die Unvorhersehbarkeit allein, ohne hiefür zugleich die sie auslösenden, konkreten Gründe offenzulegen, genügt im Lichte des § 5 Abs.1 zweiter Satz VStG daher schon be hauptungsmäßig nicht für eine erfolgreiche Glaubhaftmachung der Schuldlosigkeit. Daß im fraglichen Zeitraum hingegen ein Ausnahmetatbestand gemäß § 20 Abs.1 AZG, insbesondere gemäßálit.b dieser Vorschrift, vorgelegen wäre, hat im übrigen der Berufungswerber schon von vornherein nicht releviert (aber auch diesbezüglich würde gelten, daß derjenige Arbeitgeber, der sich auf eine Ausnahmesituation iSd § 20 Abs.1 lit.b AZG beruft, die hiefür tatbildlich notwendige Unvorhersehbarkeit begründet darzulegen hat [vgl. VwGH 14.4.1993, 92/18/0482; 30.9.1991, 91/19/0136 ua]).

5.2.4.  Was daher den, glaublich wenigstens zum Teil saisonbedingten erhöhten Arbeitsanfall angeht, ist auch auf die - dem Berufungswerber im Vorverfahren zur Kenntnis ge gebenen, von ihm jedoch nicht replizierten - Stellungnahme des Arbeitsinspektorats vom 16. März 1995 hinzuweisen, wonach bereits im Oktober 1991 auf das außerordentlich beengte Raumangebot aufmerksam gemacht wurde und eine Personalaufstockung aus diesem Grunde nach Auffassung des Arbeitsinspektorats zu ungesetzlichen Zuständen geführt hätte.

Wenn es, wie in der Berufung vorgebracht, auf der einen Seite zweifellos erfreulich ist, daß Arbeitsplätze ge schaffen und erhalten werden, so rechtfertigt dies, was jedermann einleuchtet, auf der anderen Seite nicht die Übertretung von Schutzvorschriften zu Lasten von Arbeit nehmern. Wie das Arbeitsinspektorat - unwidersprochen - hingegen aufgezeigt hat, wären dem involvierten Betrieb unter den obwaltenden Umständen zwecks Vermeidung von Ver stößen gegen die Arbeitszeit andere, gesetzmäßige Möglich keiten offengestanden, so zB die Anmietung zusätzlicher Büroräume oder die Einrichtung eines Zweischichtbetriebes.

5.2.5.  Weil aus allen diesen Gründen es dem Berufungs werber nicht gelungen ist, sein fehlendes Verschulden glaub haft zu machen, hat er für die Übertretungen schon von Gesetzes wegen mit Fahrlässigkeitsschuld einzutreten. Tat sächlich handelte der Berufungswerber, wie aus seiner Dar stellung gefolgert werden muß, mit Vorsatz, zumindest mit bedingtem Vorsatz. In allen 17 Fakten waren daher die Schuld sprüche zu bestätigen.

5.3.  Zum Strafausspruch 5.3.1.  Entgegen der Rechtsmeinung des Berufungswerbers war nicht im Sinne des § 21 VStG von der Strafe abzusehen, weil schon der Unrechtsgehalt der Taten nicht bloß gering fügig ist. Geringfügigkeit iSd § 21 VStG liegt zufolge ständiger Judikatur nur dann vor, wenn das tatbildmäßige Verhalten des Täters hinter dem in der betreffenden Strafdrohung typisier ten Unrechts- und Schuldgehalt erheblich zurückbleibt. Davon kann im Berufungsfall keine Rede sein. In 16 von insgesamt 17 Verstößen beträgt das zu ahndende Ausmaß des Schutz guteingriffs entweder mehrere Stunden für sich oder es handelt sich um die fortgesetzte Überschreitung an mehreren Tagen. Nur in einem einzigen Fall lag die Überschreitung bei lediglich rund eineinviertel Stunden (siehe unten 5.3.3.), was nach einer gewogenen Gesamtbetrachtung des Falles zumindest unrechtseitig in die Geringfügigkeit fällt. Schuldseitig aber ist hier (P. 16) im Grunde des § 21 VStG die Geringfügigkeit zu verneinen, weil in gleicher Weise, so wie zu den anderen Fakten, auch diesbezüglich keine mehr oder weniger entschuldigende Notsituation vorlag.

Der Umstand, daß den Überschreitungen nach der Be hauptung des Berufungswerbers Freiwilligkeit der betroffenen Arbeitnehmer zugrundeliege, hat - entgegen der Ansicht des Berufungswerbers - aus dem Blickwinkel des gesetzlichen Schutzzweckes dabei ebenso unberücksichtigt zu bleiben wie jener, daß es sich um Überschreitungszeiten "im Rahmen eines Bürobetriebes", somit nicht um "körperliche Tätigkeiten" gehandelt habe.

5.3.2.  Auch die vom Berufungswerber begehrte Anwendung des § 20 VStG ("Außerordentliche Milderung der Strafe") war von Gesetzes wegen ausgeschlossen, weil voraussetzungsgemäßádas beträchtliche Überwiegen der Milderungsgründe über die Erschwerungsgründe gerade nicht erfüllt ist. Zwar durfte der "teilweise fortgesetzte Tathergang" von der belangten Behörde wegen des sogen. Doppelverwertungs verbotes hier nicht als Erschwerungsgrund gewertet werden und war als solcher Grund in Abschlag zu bringen. Andererseits ist der besondere Erschwerungsgrund iSd § 33 Z1 StGB (mehrere strafbare Handlungen derselben Art zugleich begangen) in ausgeprägter Weise verwirklicht. Ihm steht - von der belangten Behörde nach der Aktenlage zu Recht und ausreichend gewürdigt - der besondere Milderungsgrund iSd § 34 Z2 StGB gegenüber. Nach Auffassung des unabhängigen Verwaltungssenates ist es darüberhinaus jedoch ge rechtfertigt, dem Berufungsvorbringen alles in allem den Milderungsgrund iSd § 34 Z3 StGB (Tatbegehung aus achtens werten Beweggründen) zu entnehmen und gegenüberstellend zu berücksichtigen. Ein beträchtliches Überwiegen der Milderungsgründe, bezogen auf ihr Gewicht bzw. ihre Be deutung (vgl. hiezu etwa die bei Ringhofer, Verwaltungs verfahrensgesetze II [1992], zu § 20 auf Seite 203 unter E1 zit. Rspr.), ergibt sich daraus im Hinblick auf die Aus geprägtheit des vorliegenden Erschwerungsgrundes allerdings noch nicht.

5.3.3.  Im übrigen hat die belangte Behörde, was die Höhe der verhängten (und schließlich deutlich unter dem vom Arbeitsinspektorat beantragten Ausmaß gebliebenen) Geld strafen insgesamt anbelangt, das ihr aufgetragene Ermessen bei der Anwendung der Kriterien zur Straffestsetzung gemäß᧠19 VStG im wesentlichen nachvollziehbar und jedenfalls nicht mißbräuchlich gehandhabt. Vor allem der nach Maßgabe der Überschreitungsausmaße je unterschiedliche Unrechts gehalt der einzelnen Fakten wurde durch die Festsetzung von abgestuften Strafhöhen zutreffend gewürdigt.

Einzig im Faktum 16. (R S) ist die demgemäß gebotene Abstufung rechtswidrig unterblieben und war die verhängte Geldstrafe - im Verhältnis zu den gleichfalls mit nur 1.000 S geahndeten Fakten 9., 10. und 11. (denen jedoch eine Zeitüberschreitung mindestens im dreifachen Ausmaßázugrundeliegt) - um daher rund zwei Drittel herabzusetzen, woraus sich die nun bestimmte Höhe im Ausmaß bloß der Mindeststrafe ergibt.

5.3.4. Die Ersatzfreiheitsstrafen wurden entgegen § 16 Abs.1 VStG als eine Gesamtstrafe von "insg. 41 Tagen" rechts widrig (vgl. VwGH 30.5.1995, 95/11/0074) so festgesetzt, daßákeine eindeutige Zuordnung zu den je verhängten Geldstrafen ermöglicht ist. Es war daher wie im Spruch abgestuft zu zuordnen. Im h. Erkenntnis vom 12. Februar 1996, VwSen- 280114/6/Ga/La, zu einem sachverhaltsmäßig vergleichbaren Fall, hat der unabhängige Verwaltungssenat (nach dagegen erhobener Beschwerde bestätigt vom VwGH durch Beschluß gemäß᧠33a VwGG vom 21. Mai 1996, 96/11/0099) als Schlüssel für je 100 S verhängter Geldstrafe je eine Stunde Ersatz freiheitsstrafe gerechnet und dementsprechend die einzelnen Ausmaße der Ersatzfreiheitsstrafen neu und abgestuft fest gesetzt. Nach den Umständen des vorliegenden Falles spricht nichts dagegen, denselben Schlüssel auch hier anzuwenden, woraus sich die Ausmaße der nun wie im Spruch bestimmten Ersatzfreiheitsstrafen ergeben.

6.  Die nur zwecks Verdeutlichung des Vorwurfs an den Berufungswerber gebotene Präzisierung des Schuldspruchs hat ihren Grund in § 66 Abs.4 AVG (§ 24 VStG); der Abspruchs gegenstand erfährt dadurch keine unzulässige Erweiterung.

7.  Auf der Kostenseite bewirkt diese Entscheidung, daßádem Berufungswerber ein Beitrag zum Verfahren vor dem unabhängigen Verwaltungssenat nicht aufzuerlegen war. Zu Spruchpunkt 16. war der Kostenbeitrag zum Verfahren vor der Strafbehörde hingegen entsprechend herabzusetzen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zu lässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungs gerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Mag. Gallnbrunner

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