Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-280037/8/Kon/Fb

Linz, 27.12.1995

VwSen-280037/8/Kon/Fb Linz, am 27. Dezember 1995 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch das Mitglied Dr. Robert Konrath über die Berufung des Herrn Mag. Dr. G G, M, G, vertreten durch die Rechtsanwälte Prof. Dr. H, DDr. M, Dr. W, Dr. M und Dr. G, K, L, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung vom 2. Februar 1995, Ge96-55-14-1994/Pef, wegen Übertretung des Arbeitszeitgesetzes (AZG), zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis mit der Maßgabe bestätigt, daß 1. der Beschuldigte als zur Vertretung nach außen berufenes Organ des Vereines E D G die ihm angelasteten Verwaltungsübertretungen gemäß § 9 Abs.1 VStG zu verantworten hat; 2. als verletzte Rechtsnormen und als Strafnorm § 28 Abs.1 iVm § 7 Abs.1 iVm § 19 Abs.1 Arbeitszeitgesetz (AZG), BGBl.Nr. 461/1969 idF BGBl.Nr. 335/1993, zu gelten haben; 3. die im Gesamtausmaß verhängte Geldstrafe von 10.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe 10 Tage) für die Fakten 1. bis 5. (Überschreitung der Wochenarbeitszeit durch Dr. B, Dr. K, Dr. P, Dr. R und Dr. J) mit jeweils 2.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von jeweils 24 Stunden) festgelegt wird.

II. Der Bestrafte hat 20 % der insgesamt gegen ihn verhängten Geldstrafe, ds 2.000 S, als Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens zu zahlen.

Rechtsgrundlage:

zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG iVm § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 - VStG, § 16 Abs.1 VStG und § 19 VStG.

zu II.: § 64 Abs.1 und 2 VStG.

Entscheidungsgründe:

zu I.:

Im angefochtenen Straferkenntnis wird dem Beschuldigten zur Last gelegt, es als Rektor des Vereines E D G, G, M, und somit als das zur Vertretung nach außen berufene Organ gemäß § 9 Abs.1 VStG verantworten zu haben, daß die im A Ö D S, H, S, welches eine Einrichtung des oben angeführten Vereines sei, beschäftigten Arbeitnehmer, Ass. Dr. B, Dr. K, Dr. P, Dr. R und Dr. J im Zeitraum 1.3.1994 bis 31.3.1994 an kalendermäßig näher umschriebenen Wochen, mit einer Wochenarbeitszeit von mehr als 50 Stunden beschäftigt worden seien.

Bei Ass. Dr. B seien Gesamtwochenarbeitszeiten von 63 und 105,3 Stunden, bei Dr. K Gesamtwochenarbeitszeiten von 64,3 Stunden, 65 Stunden und 69 Stunden, bei Dr. P eine Gesamtwochenarbeitszeit von 85,3 Stunden, bei Dr. R Gesamtwochenarbeitszeiten von 119,3 Stunden und 117 Stunden und bei Dr. J Gesamtwochenarbeitszeiten von 70 Stunden, 112 Stunden und 78 Stunden festzustellen gewesen.

Die Voraussetzungen des § 19 Abs.2 seien nicht vorgelegen, da ein Kollektivvertrag nicht vorliege. Eine Ausnahmegenehmigung gemäß § 19 Abs.3 AZG liege ebenfalls nicht vor.

Der Beschuldigte habe dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:

§ 28 Abs.1 iVm § 7 Abs.1 iVm § 19 Abs.1 Arbeitszeitgesetz (AZG), BGBl.Nr. 461/1969 idF BGBl.Nr. 335/1993, aufgrund der Änderung des AZG mit BGBl.Nr. 446/1994 nunmehr § 28 Abs.1 Z1 iVm § 7 Abs.1 iVm § 19 Abs.1 AZG.

Gemäß § 28 Abs.1, Schlußteil wurde über den Beschuldigten eine Geldstrafe im Gesamtausmaß von 10.000 S, für den Fall deren Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe im Gesamtausmaß von 10 Tagen verhängt.

Ferner wurde der Beschuldigte gemäß § 64 VStG verpflichtet, 1.000 S als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens zu zahlen.

Gegen dieses Straferkenntnis hat der Beschuldigte rechtzeitig Berufung erhoben und gegen seine Bestrafung mit jeweils näherer Begründung 1. mangelnde verwaltungsstrafrechtliche Verantwortlichkeit, 2. örtliche Unzuständigkeit der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung als Strafbehörde, 3. mangelndes Verschulden, 4. Scheinkonkurrenz strafbarer Handlungen bzw keine Tatbestandsmehrheit, 5. Verletzung des Rückwirkungsverbotes und 6. mangelnde Strafwürdigkeit der Tat eingewandt.

Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

Gemäß § 9 Abs.1 VStG ist für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften durch juristische Personen, sofern die Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmen und soweit nicht verantwortliche Beauftragte (Abs.2) bestellt sind, strafrechtlich verantwortlich, wer zur Vertretung nach außen berufen ist.

Unstrittig und durch das Berufungsvorbringen selbst ersichtlich ist, daß der Beschuldigte berufen ist, den Verein E D G im Sinne des § 9 Abs.1 VStG nach außen zu vertreten. Der in der Berufung vorgebrachte Umstand, daß immer zwei Vorstandsmitglieder den genannten Verein nach außen vertreten würde und die Geschäftsführung in Händen von vier Personen läge, ändert daran nichts und vermag die verwaltungsstrafrechtliche Veranwortlichkeit des Beschuldigten im Sinne der zitierten Gesetzesstelle nicht zu beseitigen. Der Beschuldigte wurde sohin zu Recht von der belangten Behörde als verwaltungsstrafrechtlich Verantwortlicher des genannten Vereines herangezogen. Auch ist weder der Aktenlage noch aus dem Berufungsvorbringen zu entnehmen, daß der Beschuldigte oder eine andere Person vom Verein E D G zum verantwortlichen Beauftragten im Sinne des § 9 Abs.2 VStG bestellt worden wäre, sodaß die verwaltungsstrafrechtliche Verantwortlichkeit des Beschuldigten allein aufgrund der Bestimmungen des § 9 Abs.1 leg.cit. gegeben ist.

Gemäß § 27 Abs.1 ist örtlich zuständig die Behörde, in deren Sprengel die Verwaltungsübertretung begangen worden ist, auch wenn der zum Tatbestand gehörende Erfolg in einem anderen Sprengel eingetreten ist.

Die dem Beschuldigten angelastete Tat stellt ein sogenanntes Unterlassungsdelikt dar, bei dem der Tatort dort anzunehmen ist, wo der Beschuldigte hätte handeln sollen. Wenn eine solche Unterlassung im vorliegenden Zusammenhang mit dem Betrieb eines Unternehmens erfolgt, so fällt dieser Ort im Zweifel mit dem Sitz des Unternehmens zusammen (siehe VwGH 26.3.1987, 87/08/0024, uva). Wie der Verwaltungsgerichtshof in einem weiteren Erkenntnis (14.5.1990, 90/19/0018) zum Ausdruck bringt, muß dabei Tatort nicht unbedingt der Unternehmenssitz laut Firmenbuch sein, sondern vielmehr jener, an dem die Unternehmensleitung tatsächlich ausgeübt wird. Auf den gegenständlichen Fall übertragen, stellt der Verein E D G gleichsam ein Unternehmen dar, welches den Betrieb von Krankenanstalten zum Gegenstand hat. Dabei ist zu unterscheiden zwischen der Vereinsleitung (Leitung des D) einerseits und den einzelnen Krankenanstaltsleitungen (Betriebsleitungen) andererseits. Als Sitz der tatsächlichen Leitung des E D ist der Aktenlage nach zweifellos G als dem Sitz des gleichnamigen Vereines anzusehen. Mag die Leitung der einzelnen Krankenanstalten - jedenfalls nicht im Detail - auch nicht unter die vom Beschuldigten wahrzunehmende leitende Vereinstätigkeit fallen, ist ihm im Rahmen seiner leitenden Tätigkeit jedoch die Wahrnehmung der Arbeitgeberfunktion schlechthin als oblegen zu erachten. Zu diesen gehören aber zweifellos auch die endgültigen Entscheidungen über den Umfang des Personalstandes in den einzelnen Anstalten des D. Damit verbunden ist aber auch die letzte Verantwortlichkeit in bezug auf die Einhaltung des Arbeitszeitgesetzes. Aufgrund der aufgezeigten Umstände und in Übereinstimmung mit der zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes war daher die örtliche Zuständigkeit der belangten Behörde zur Ahndung der gegenständlichen Verwaltungsübertretung gegeben.

Gemäß § 5 Abs.1 VStG genügt, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nicht anderes bestimmt, zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, daß ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

Was das Vorliegen der subjektiven Tatseite (des Verschuldens) an der gegenständlichen Verwaltungsübertretung betrifft, so ist der Beschuldigte darauf hinzuweisen, daß diese ein sogenanntes Ungehorsamsdelikt im Sinne der zitierten Gesetzesstelle (§ 5 Abs.1 VStG) darstellt, zu dessen Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten genügt, wo das Vorliegen der Tatbestandsmäßigkeit nicht an den Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr gebunden ist. Nach der zitierten Gesetzesstelle ist es sohin dem Beschuldigten oblegen, glaubhaft zu machen, daß ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft. Es ist nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes dabei Sache des Beschuldigten, im Zuge dieser Glaubhaftmachung initiativ alles darzulegen, was für seine Entlastung spricht. Der Beschuldigte wäre demnach im vorliegenden Fall nur dann entlastet, wenn er in bezug auf die Einhaltung der Bestimmung des Arbeitszeitgesetzes auf ein hinreichend effizientes Kontrollsystem hätte verweisen können. Ein solches Kontrollsystem läge beispielsweise dann vor, wenn neben dem Beschuldigten in seiner Eigenschaft als strafrechtlich Verantwortlicher im Sinne des § 49 Abs.1 VStG ein zulänglich organisiertes Netz von ihrerseits wieder überwachten Aufsichtspersonen dafür sorgt, daß in den Betrieben des Beschuldigten (Krankenanstalten) die zu beachtenden Arbeitszeitvorschriften den Betroffenen nicht nur bekannt sind, sondern auch tatsächlich im Einzelfall eingehalten werden. Der Beschuldigte ist darauf hinzuweisen, daß er selbst dann strafbar wäre, wenn die Arbeitszeitüberschreitungen ohne sein Wissen und seinen Willen begangen worden wären, es sei denn, er hätte solche Maßnahmen - wie die Installierung des eben erwähnten Kontrollsystems - getroffen, die unter den gegebenen Voraussetzungen aus gutem Grund die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften hätten erwarten lassen (VwGH 21.11.1984, 82/11/0091 uva). Diese Glaubhaftmachung ist dem Beschuldigten mit seinem Berufungsvorbringen in keiner Weise gelungen, vielmehr liegt die Annahme nahe, daß er wissend um die zu geringe Anzahl an Fachärzten, Überschreitungen deren Arbeitszeit in Kauf genommen hat.

Der Schuldspruch der belangten Behörde ist sohin zu Recht erfolgt.

In bezug auf die gerügte Strafkumulation ist der Beschuldigte darauf hinzuweisen, daß die Bestimmungen des Arbeitszeitgesetzes den Schutz der Gesundheit des Arbeitnehmers gegen die nachteiligen Folgen überlanger Arbeitszeiten bezwecken. Wenngleich nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes für die Anwendung der Rechtsfigur des fortgesetzten Deliktes die Identität des Angriffobjektes nicht gefordert ist, ist der Fortsetzungszusammenhang jedoch dann zu verneinen, wenn es sich um höchstpersönliche Rechtsgüter des Arbeitnehmers wie beispielsweise die Gesundheit handelt und die einzelnen Angriffe gegen verschiedene Personen gerichtet sind. Da die Norm des § 7 Abs.1 AZG dem gesundheitlichen Schutz des Arbeitnehmers dient, liegen insoweit mehrere Straftaten vor, als sich die rechtswidrigen Angriffe gegen die Gesundheit meherer Dienstnehmer richtet. Dies jedoch nicht auch deshalb, weil die strafbaren Handlungen an mehreren Tagen begangen wurden (VwGH 30.2.1982, 81/11/0087). Es liegen demnach mehrere Tatbestände vor, sodaß die kumulative Verhängung von Strafen nicht rechtswidrig ist.

In bezug auf den Vorwurf des Verstoßes gegen das Rückwirkungsverbot ist dem Beschuldigten entgegenzuhalten, daß die dem Beschuldigten angelastete Tat auch nach dem AZG BGBl.Nr. 461/1969 idF BGBl.Nr. 335/1993 mit dem gleichen Strafrahmen bedroht war, wie die in der mit Wirkung vom 1.

Juli 1994 in Kraft getretenen Fassung BGBl.Nr. 446/1994 der Fall ist. Der Beschuldigte hat daher durch die Zitierung der Strafnorm in der Fassung BGBl.Nr. 446/1994 keinen Rechtsnachteil erlitten.

Soweit der Beschuldigte die Nichtanwendung der Bestimmungen des § 21 VStG rügt, ist ihm entgegenzuhalten, daß dies ein geringfügiges Verschulden und unbedeutende Folgen der Übertretung zur Voraussetzung gehabt hätte. Im gegenständlichen Fall kann aber zumindest nicht von einem geringfügigen Verschulden gesprochen werden. So muß anhand der Anzahl und des Ausmaßes der Überschreitungen der Tagesund Wochenarbeitszeiten doch auf schwerwiegendere Mängel in der Dienstpostenplanung durch den Beschuldigten als Ursache der Übertretungen geschlossen werden.

Das Ausmaß der jeweils verhängten Strafen, welche noch im unteren Drittel des Strafrahmens gelegen sind, ist als dem Schuld- und Unrechtsgehalt der Tat entsprechend zu erachten und zwar auch jener mit der geringsten Zeitüberschreitung.

Dies gilt auch im Hinblick auf den general- und spezialpräventiven Strafzweck. Anhaltspunkte dafür, daß die Höhe der Strafe dem Beschuldigten wirtschaftlich nicht zumutbar ist, liegen nicht vor. Insgesamt ist festzustellen, daß eine fehlerhafte Ermessensausübung der belangten Behörde bei der Strafbemessung nicht vorliegt.

Aus den dargelegten Gründen war der Berufung der Erfolg zu versagen und wie im Spruchabschnitt zu entscheiden.

zu II.:

Der Kostenspruch ist in der zitierten Gesetzesstelle begründet.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. K o n r a t h

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum