Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-280039/5/Ga/La

Linz, 07.04.1995

VwSen-280039/5/Ga/La Linz, am 7. April 1995 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch das Mitglied Mag. Gallnbrunner über die Berufung der R. C., vertreten durch Dr. W. W., Rechtsanwalt in ....., ..........., gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Landeshauptstadt ..... vom 31. Jänner 1995, Zl.

502-32/Kn/We/206/93m, wegen Übertretung der Allgemeinen Arbeitnehmerschutzverordnung - AAV, zu Recht erkannt:

Der Berufung wird Folge gegeben; das Straferkenntnis wird aufgehoben und die Einstellung des Strafverfahrens verfügt.

Rechtsgrundlage:

AVG: § 66 Abs.4 VStG: § 24; § 44a Z1, § 45 Abs.1 Z3, § 51 Abs.1, § 51c, § 51d und § 51e Abs.1; § 66 Abs.1.

Entscheidungsgründe:

1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde die Berufungswerberin schuldig gesprochen, sie habe es als handelsrechtliche Geschäftsführerin der F. International - Ges.m.b.H. mit näher angegebenem Sitz in Linz gemäß § 9 VStG verwaltungsstrafrechtlich zu verantworten, daß am 31. August 1993 in einem örtlich bezeichneten Filialbetrieb der Gesellschaft in ............. keine Feuerlöschmittel vorhanden gewesen seien.

Dadurch habe die Berufungswerberin eine Verwaltungsübertretung nach § 31 Abs.2 lit.p des Arbeitnehmer schutzgesetzes - ASchG iVm § 100 sowie § 76 Abs.1 AAV begangen, wofür sie kostenpflichtig zu bestrafen gewesen sei.

2. Dagegen hat die Beschuldigte eine den Schuld- und Strafausspruch anfechtende, näher begründete Berufung erhoben und die Aufhebung des Straferkenntnisses beantragt.

3. Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

3.1. Die als verletzt zugrundegelegte Gebotsnorm des § 76 Abs.1 AAV ordnet mit ihrem hier maßgeblichen ersten Satz an, daß in jedem Betrieb unter Berücksichtigung der Art der Arbeitsvorgänge und Arbeitsverfahren, der Art der brandgefährlichen Arbeitsstoffe und explosionsgefährlichen Arbeitsstoffe, insbesondere der leicht brennbaren, leicht entzündlichen oder selbstentzündlichen Abfälle, Rückstände, Putzmaterialien u. dgl. sowie der Arbeitsweise, allfälliger Lagerungen sowie des Umfanges und der Lage des Betriebes die erforderlichen, geeigneten Feuerlöschmittel und Feuerlöschgeräte, wie Löschwasser, Löschsand, Handfeuerlöscher oder fahrbare Feuerlöscher, bereitgehalten sein müssen.

3.2. Gemäß § 44a Z1 VStG hat ein Schuldspruch die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten. Um den aus dieser Vorschrift als sogen. Konkretisierungsgebot in ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgeleiteten Grundsätzen zu entsprechen, muß der Spruch eines Straferkenntnisses die Tat hinsichtlich des Täters und der Tatumstände so genau umschreiben, daß 1. die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale ermöglicht wird und 2. die Identität der Tat, jedenfalls nach Ort und Zeit, unverwechselbar feststeht (vgl. dazu die allgemeinen Fußnoten zu § 44a VStG in HAUER/LEUKAUF, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 4. A [1990], 936 ff). Diesen Bestimmtheitsanforderungen muß, soll der Lauf der Verfolgungsverjährungsfrist unterbrochen werden, auch schon die erste Verfolgungshandlung iSd § 32 VStG genügen (vgl. das bei RINGHOFER, Verwaltungsverfahrensgesetze II [1992], 294 ff, zu § 32 unter E5 zit.

Erk. VwSlg. 12.375 A/1987; ferner zB VwGH 9.7.1992, 92/10/0004; uva). Für die hinlänglich bestimmte Tatanlastung ist weiters erforderlich, daß grundsätzlich die wesentlichen Tatbestandsmerkmale durch wörtliche Anführung zu bezeichnen sind (idS zB VwGH 10.6.1992, 92/04/0055; VwGH 29.1.1991, 90/04/0126 ua).

3.3. Im Berufungsfall ist mit der am 7. Dezember 1993 hinausgegebenen Strafverfügung vom 29. November 1993 (OZ 6 des gleichzeitig mit der Berufung zu Zl.

502-32/Kn/We/206/930 vorgelegten Strafaktes) die erste und innerhalb der (hier gem. § 31 Abs.2 VStG) sechsmonatigen Verjährungsfrist einzige Verfolgungshandlung gesetzt worden.

Die daraus ersichtliche Tatanlastung ist wortgleich mit dem bekämpften Schuldspruch formuliert. Eine nach Maßgabe des Konkretisierungsgebotes taugliche Verfolgungshandlung hat damit die belangte Behörde allerdings nicht gesetzt, weil diese Amtshandlung - ohne jede Bezugnahme auf die konkreten betrieblichen Gegebenheiten in der involvierten Filiale den abstrakten Normwortlaut des § 76 Abs.1 erster Satz AAV bloß narrativ wiedergibt.

Die belangte Behörde hat übersehen, daß die als verletzt vorgeworfene Gebotsnorm nicht von schlechthin bereitzuhaltenden Feuerlöschmitteln und Feuerlöschgeräten spricht, sondern ausdrücklich nur die Bereithaltung der geeigneten Geräte anordnet, und von diesen wiederum nur die erforderlichen. Ob aber ein solches Mittel/Gerät erstens geeignet und zweitens erforderlich ist, kann hinsichtlich der Erfüllung des objektiven Tatbildes rechtlich nur beurteilt werden, wenn, wie es die Norm vorschreibt, sachverhaltsbezogen die konkreten betrieblichen Arbeitsvorgänge, Arbeitsverfahren, Arbeitsstoffe, Arbeitsweisen usf. an Hand der Ergebnisse eines darauf gerichteten Ermittlungsverfahrens berücksichtigt werden.

3.4. Die in dieser Weise in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale unternommene, genaue Umschreibung der Tatumstände erweist sich nach dem Akteninhalt gerade auch deswegen als unverzichtbar, weil die Berufungswerberin in der rechtsfreundlich eingebrachten Stellungnahme vom 18.

August 1994 (OZ 45) ausdrücklich bestreitet, daß die Voraussetzungen für die Erfüllung der Bereithaltungspflicht iSd § 76 Abs.1 erster Satz AAV vorlägen.

3.5. Zusammenfassend ist im Berufungsfall, weil mangels tauglicher Verfolgungshandlung die Verjährungsfrist von Anfang an nicht unterbrochen wurde, die Tat des Schuldspruchs zum Zeitpunkt der Fällung des angefochtenen Straferkenntnisses bereits der Verjährung anheim gefallen gewesen.

Das Straferkenntnis war daher - gemäß § 51e Abs.1 VStG ohne öffentliche mündliche Verhandlung - wegen Vorwurfs einer unzureichend konkretisierten Tat aufzuheben; gleichzeitig war gemäß § 45 Abs.1 Z3 VStG die Einstellung des Strafverfahrens zu verfügen, weil Umstände vorliegen, die die Verfolgung der Berufungswerberin in dieser Sache ausschließen.

4. Mit diesem Verfahrensergebnis entfällt die Kostenpflicht der Berufungswerberin (die Aufhebung bewirkt zugleich auch den Wegfall des strafbehördlichen Kostenausspruchs).

5. Abschließend kann auf sich beruhen, daß das im Strafverfahren als Amtspartei mitwirkende Arbeitsinspektorat für den 19. Aufsichtsbezirk in seiner Stellungnahme vom 7.

Oktober 1994 (OZ 50) mit der darin geäußerten Auffassung, wonach zwar die Art der Arbeitsvorgänge in diesem Fall keine Brandgefahren berge, jedoch keinesfalls auszuschließen sei, daß zB Defekte an elektrischen Installationen (Beleuchtungskörper, Speisewärmeinrichtungen für die Arbeitnehmer, Telefonleitung ...) Brände verursachen, eine den Regelungsgehalt des § 76 Abs.1 AAV offenbar überschießend interpretierende Auslegung vorgenommen hat.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Beilage Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Mag. Gallnbrunner

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