Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-580116/11/Sr/Eg/Ri

Linz, 21.01.2005

 

 

VwSen-580116/11/Sr/Eg/Ri Linz, am 21. Jänner 2005

DVR.0690392

 

 

 

 

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Christian Stierschneider über die Berufung der D P, F, A, gegen den Bescheid des Bezirkshauptmannes von Gmunden vom 25. September 2003, Zl. SanRB01-164-2003, wegen der Untersagung der freiberuflichen Ausübung der Tätigkeit einer Heilmasseurin, zu Recht erkannt:

  1. Die Berufung gegen Spruchpunkt I. und II. wird als unbegründet abgewiesen.
  2. Der Berufung gegen Spruchpunkt III. wird stattgegeben und der Ausspruch über die bescheidmäßige Festsetzung der Stempelgebühren aufgehoben.

Rechtsgrundlage:
§ 66 Abs. 4 und § 75 Abs. 3 AVG.

 

Entscheidungsgründe:

 

1.1. Mit Bescheid des Bezirkshauptmannes von Gmunden vom 25. September 2003, Zl. SanRB01-164-2003, wurde der Rechtsmittelwerberin untersagt, die Tätigkeit einer Heilmasseurin freiberuflich auszuüben. Gleichzeitig wurde ihr Antrag auf Ausstellung eines Berufsausweises abgewiesen.

Begründend wurde dazu im Wesentlichen ausgeführt, dass sie den für eine freiberufliche Ausübung ohne entsprechende Aufschulung gesetzlich erforderlichen Qualifikationsnachweis, nämlich die Abrechnung ihrer Leistungen mit einem Krankenversicherungsträger, im Ergebnis nicht habe erbringen können, weil die Vorlage von Rückersatznachweisen diesem Erfordernis nicht gerecht werde.

1.2. Gegen diesen ihr am 30. September 2003 zugestellten Bescheid richtet sich die vorliegende, am 5. Oktober 2003 - und damit rechtzeitig - bei der Erstbehörde eingelangte Berufung.

 

Darin bringt die Beschwerdeführerin u.a. vor, dass sie als einwandfreien Beleg der (indirekten) Abrechnung mit gesetzlichen Krankenversicherungsträgern eine Massagerechnung eines Klienten mit Rückersatzbeleg vorgelegt habe. Das Zulassen nur der direkt Abrechnung widerspreche dem Gleichheitsgrundsatz.

 

Weiters will die Rechtsmittelwerberin festgehalten haben, dass ein spezieller Qualifikationsnachweis deshalb nicht notwendig sei, da ihre Aus- und Fortbildung samt Praxis die nunmehr eingeführte Ausbildung zum sog. "Heilmasseur Neu" vollkommen und bei Weitem einschließe und umfasse. Denn die vorgesehenen Aufschulungen würden sich nur auf Wiederholungen ihrer früheren Ausbildungskurse beschränken und seien in keiner Weise sachlich gerechtfertigt. In Anbetracht ihrer bereits vorhandenen Ausbildung würde die Untersagung jeder Sachgerechtigkeit widersprechen und eine Beeinträchtigung der ihr verfassungsmäßig gewährleisteten Erwerbsfreiheit bedeuten. Darüber hinaus sei diese Scheinaufschulung auch kaum finanzierbar.

Daher wird die Aufhebung des angefochtenen Bescheides und (erschließbar) die Stattgabe ihres Ansuchens beantragt.

 

2. Mit h. Erkenntnis vom 16. Oktober 2003, Zl. VwSen-580116/2/SR/Ta/Ri, hat der Oö. Verwaltungssenat diese Berufung abgewiesen.

Begründend wurde dazu im Wesentlichen ausgeführt, dass nach § 84 Abs. 7 des Bundesgesetzes über die Berufe und die Ausbildungen zum medizinischen Masseur und zum Heilmasseur, BGBl.Nr. I 169/2002, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. I 66/2003 (im Folgenden: MMHmG), ein gewerblicher Masseur künftig nur dann ohne zusätzliche Aufschulung freiberuflich als Heilmasseur tätig sein könne, wenn dieser u.a. eine direkte Abrechnung seiner Leistungen mit einem gesetzlichen Krankenversicherungsträger vorgenommen habe. Ein derartiger Qualifikationsnachweis sei von der Beschwerdeführerin jedoch nicht erbracht worden.

 

3.1. Aus Anlass einer dagegen eingebrachten Beschwerde hat der Verfassungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 30. September 2004, G 21/04 u.a., die Wortfolge "durch direkte Abrechnung mit den gesetzlichen Krankenversicherungsträgern" in § 84 Abs. 7 MMHmG als verfassungswidrig aufgehoben. Begründend wurde dazu im Wesentlichen ausgeführt, dass es unter dem Aspekt des Gleichheitsgrundsatzes im Ergebnis sachlich nicht gerechtfertigt ist, gewerbliche Masseure, die zwar gleichwertige Kenntnisse und Berufserfahrungen erworben haben, jedoch keinen Vertrag eines Sozialversicherungsträgers erhalten konnten, von jeglicher anderen Art des Nachweises ihrer Fähigkeiten und damit aber auch von der Begünstigung der künftigen Berufsausübung ohne zusätzliche Aufschulung auszuschließen. Durch den Entfall dieser Wortfolge ist eine qualifizierte Leistungserbringung weiterhin dadurch sichergestellt, dass die Ausnahme von der Verpflichtung zur Aufschulung in § 84 Abs. 7 MMHmG in der nunmehrigen Fassung weiterhin an das Vorliegen der in § 84 Abs. 1 und 2 MMHmG normierten allgemeinen Voraussetzungen geknüpft ist.

 

3.2. Mit weiterem Erkenntnis vom 6. Oktober 2004, B 1390/03 u.a., hat der VfGH das h. Erkenntnis vom 27. August 2003, Zl. VwSen-580034/2/Gf/Ta, - als Anlassfall für das vorerwähnte Gesetzesprüfungsverfahren i.S.d. Art. 140 Abs. 1 und 7 B-VG - aufgehoben und ausgesprochen, dass der Beschwerdeführer durch die Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes in seinen Rechten verletzt worden sei, weil nicht von vornherein auszuschließen sei, dass die Anwendung der als verfassungswidrig erkannten Gesetzesstelle für seine Rechtsstellung nachteilig war. Denn (z.B.) nach dem Erkenntnis des VfGH vom 6. Oktober 2004, B 1399/03, ist der vorgeschriebene Qualifikationsnachweis - auch - erbracht, wenn die Anforderungen des § 84 Abs. 1 oder Abs. 2 MMHmG erfüllt sind und eine (die in § 84 Abs. 3 MMHmG vorgesehene Aufschulung entbehrlich machende) "qualifizierte Leistungserbringung" (§ 84 Abs. 7 MMHmG) zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes nachgewiesen ist.

 

3.3. An diese Rechtsansicht ist der Oö. Verwaltungssenat im Zuge der Erlassung des Ersatzbescheides gemäß § 87 Abs. 2 VfGG gebunden.

 

4. Davon ausgehend hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

4.1.1. Im Allgemeinen ist die beabsichtigte Aufnahme der freiberuflichen Ausübung des Heilmasseurberufes gemäß § 46 Abs. 1 MMHmG der zuständigen Bezirksverwaltungsbehörde zu melden, wobei ein Qualifikationsnachweis, der zur Berufsausübung berechtigt; eine Strafregisterbescheinigung; ein ärztliches Zeugnis über die körperliche und geistige Eignung; und der Berufsausweis vorzulegen sind.

Als Qualifikationsnachweis gilt nach § 36 Z. 4 i.V.m. § 38 und § 54 Abs. 2 MMHmG (nur) das Zeugnis über die kommissionelle Abschlussprüfung.

4.1.2. Im Besonderen legt jedoch für die im Zeitpunkt des Inkrafttretens des MMHmG (d.i. der 1. April 2003) als gewerbliche Masseure tätigen Personen zunächst § 84 Abs. 1 MMHmG fest, dass diese - zwecks Erlangung eines derartigen Qualifikationsnachweises - berechtigt sind, bis zum Ablauf des 31. De-zember 2007 eine gegenüber dem allgemeinen Ausbildungsweg verkürzte Aufschulung (§ 84 Abs. 3 MMHmG: theoretische Ausbildung in der Dauer von insgesamt 360 Stunden; praktische Ausbildung in der Dauer von insgesamt 80 Stun-den; kommissionelle Abschlussprüfung - vgl. demgegenüber insgesamt 800 [720/80] Stunden gemäß § 52 MMHmG) zum Heilmasseur nach dem MMHmG zu absolvieren, wenn sie zu diesem Stichtag zum einen die Befähigung für das reglementierte Gewerbe der Massage nach der Befähigungsnachweis-VO BGBl.Nr. 618/1993 auf Grund einer erfolgreich abgelegten Prüfung nachgewiesen und dieses Gewerbe auch tatsächlich über einen Zeitraum von mindestens sechs Jahren ausgeübt haben; Analoges gilt für Personen, die vor dem Inkrafttreten des MMHmG das Gewerbe der Massage tatsächlich und regelmäßig selbständig über einen Zeitraum von mindestens sechs Jahren ausgeübt, die Befähigung hiefür aber ohne entsprechenden Prüfung erlangt haben und diese Befähigungsprüfung bis zum Ablauf des vierten dem Inkrafttreten des MMHmG folgenden Jahres erfolgreich absolvieren.

4.1.3. Schließlich können gemäß § 84 Abs. 7 MMHmG i.d.F. BGBl.Nr. I 141/2004 (= Kundmachung der Aufhebung der vorerwähnten Wortfolge durch den VfGH) gewerbliche Masseure, die entweder die Voraussetzungen des § 84 Abs. 1 MMHmG oder jene des § 84 Abs. 2 MMHmG erfüllen, und deren qualifizierte Leistungserbringung zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des MMHmG (1. April 2003) - in anderer, inhaltlich adäquater Form (dies ist der Sukkus der vorerwähnten VfGH-Erkenntnisse vom 30. September 2004, G 21/04 u.a., vom 6. Oktober 2004, B 1390/03, und vom 6. Oktober 2004, B 1399/03) - nachgewiesen ist, auch ohne derartige "verkürzte" Aufschulung die Tätigkeit als Heilmasseur freiberuflich ausüben.

 

4.2.1. Um als gewerblicher Masseur die Tätigkeit eines Heilmasseurs freiberuflich ausüben zu können, ohne zuvor die in den §§ 50 ff MMHmG vorgesehene spezifische Ausbildung absolviert haben zu müssen, muss der Genehmigungswerber zum Zeitpunkt der Meldung nach § 46 Abs. 1 MMHmG also zunächst die Befähigung für das reglementierte Gewerbe der Massage in Form einer gemäß der Verordnung BGBl.Nr. 618/1993 abgelegten Prüfung nachweisen und dieses Gewerbe zuvor auch tatsächlich über einen Zeitraum von mindestens 6 Jahren rechtmäßig und selbständig ausgeübt haben (vgl. § 84 Abs. 1 und 2 MMHmG). Bei Zutreffen dieser Voraussetzungen ist er sodann berechtigt, eine verkürzte Ausbildung (Aufschulung gemäß § 84 Abs. 3 MMHmG) zu absolvieren.

4.2.2. Um ohne eine derartige Aufschulung (360 Theoriestunden) sowie ohne spezifische Ausbildung nach den §§ 50 ff MMHmG (720 Theoriestunden) die Tätigkeit als Heilmasseur freiberuflich ausüben zu können, müssen gewerbliche Masseure hingegen darüber hinaus noch eine materielle Qualifikation nachweisen können, die inhaltlich zumindest jener entspricht, wie sie die theoretische und praktische Ausbildung nach § 84 Abs. 3 MMHmG vorsieht (360 Theorie- und 80 Praxisstunden) und durch die §§ 72 bis 77 iVm Anl. 8 der "Medizinischer Masseur- und Heilmasseur-Ausbildungsverordnung", BGBl.Nr. II 250/2003 (im Folgenden: MMHmAV), näher spezifiziert ist.

Konkret muss daher der Qualifikationsnachweis einerseits einem theoretischen Lehrinhalt über "Recht und Ethik" (im Ausmaß von 20 Wochenstunden, vermittelt durch einen Juristen oder eine sonstige fachkompetente Person), über "Anatomie und Physiologie" (im Ausmaß von 70 Wochenstunden, vermittelt durch einen Arzt), über "Pathologie" (vermittelt durch einen Facharzt eines einschlägigen Sonderfaches), über "Hygiene" (im Ausmaß von 20 Wochenstunden, vermittelt durch einen Arzt), über "Erste Hilfe" (im Ausmaß von 10 Wochenstunden, vermittelt durch einen Arzt), über "Physik" (im Ausmaß von 30 Wochenstunden, vermittelt durch eine fachkompetente Person), über "Kommunikation" (im Ausmaß von 10 Wochenstunden, vermittelt durch eine fachkompetente Person), über "Dokumentation" (im Ausmaß von 20 Wochenstunden, vermittelt durch eine fachkompetente Person) und über "Massagetechniken zu Heilzwecken" (im Ausmaß von 30 Wochenstunden, vermittelt durch einen Physiotherapeuten, Heilmasseur oder einen Facharzt) sowie andererseits einer praktischen Ausbildung in "Massagetechniken zu Heilzwecken unter besonderer Berücksichtigung spezieller Krankheitsbilder" (im Ausmaß von 80 Wochenstunden) inhaltlich adäquat sein.

Außerdem müssen diese Kenntnisse auch durch eine einer kommissionellen Prüfung hierüber vergleichbare Art der Leistungsbeurteilung formell nachgewiesen sein.

 

4.3. Im gegenständlichen Fall hat die Beschwerdeführerin ihrer Meldung einen Gewerbeschein beigelegt, aus dem hervorgeht, dass sie ihr Gewerbe (erst) mit Datum vom 5. Oktober 1998 angemeldet hat.

Zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des MMHmG (1. April 2003) erfüllte sie somit offenkundig die gemäß § 84 Abs. 1 Z. 2 MMHmG geforderte 6-jährige Berufspraxis nicht, weil sie bis dahin ihre Tätigkeit als gewerbliche Masseurin erst etwa 4 1/2 Jahre ausgeübt haben konnte. Damit kommt ihr aber nicht einmal ein Anspruch auf Absolvierung einer Aufschulung nach § 84 Abs. 3 MMHmG - und erst recht keine Befugnis zur Berufsausübung ohne Aufschulung i.S.d. § 84 Abs. 7 MMHmG (vgl. VfGH v. 6. Oktober 2004, B 1390/03: "Nach der bereinigten Rechtslage ist der vorgeschriebene Qualifikationsnachweis - auch - erbracht, wenn die Anforderungen des § 84 Abs. 1 oder 2 MMHmG erfüllt sind und eine (die in § 84 Abs. 3 MMHmG vorgesehene 'Aufschulung' entbehrlich machende) 'qualifizierte Leistungserbringung' (§ 84 Abs. 7 MMHmG) zum Zeitpunkt des In-Kraft-Tretens dieses Bundesgesetzes nachgewiesen ist.") - zu.

Die belangte Behörde hat daher der Rechtsmittelwerberin mit dem angefochtenen Bescheid die freiberufliche Ausübung des Heilmasseurberufes im Ergebnis zu Recht versagt.

 

4.4. Dem Vorbringen der Berufungswerberin, die Genehmigung sei unter Anwendung des Gleichheitsgrundsatzes zu erteilen (siehe Punkt 1.2.), ist entgegenzuhalten, dass der Gleichheitsgrundsatz keinen Anspruch auf behördliches Fehlverhalten vermittelt. Dass ein anderer rechtswidrig begünstig wurde, begründet keinen Anspruch auf eine gleichartige rechtswidrige Begünstigung (Thienel, Verwaltungsverfahrensrecht², 52).

4.5. Gemäß § 49 Abs. 1 MMHmG ist Heilmasseuren auf Antrag von der zuständigen Bezirksverwaltungsbehörde ein Berufsausweis auszustellen. Wie sich bereits aus dem Gesetzestext ergibt, ist dieser Berufsausweis nur "Heilmasseuren" auszustellen. Hiefür sind jedoch die Voraussetzungen (siehe Begründung der ersten Instanz) nicht vorgelegen.

4.6. Die vorliegende Berufung gegen Spruchpunkt I. und II. war daher gemäß § 66 Abs. 4 AVG als unbegründet abzuweisen.

 

5. Die Vorschreibung der Stempelgebühren war aus folgenden Gründen zu

beheben:

 

Gemäß § 75 Abs.3 AVG bleiben die gesetzlichen Bestimmungen über Stempel- und Rechtsgebühren des Bundes unberührt.

Eine bescheidmäßige Vorschreibung der Stempelgebühren fällt nicht in den Kompetenzbereich des Bezirkshauptmannes von Gmunden; es sind hiefür die Finanzbehörden zuständig.

Er kann lediglich auf die Verpflichtung der Entrichtung von Stempelgebühren hinweisen und ist berechtigt, bei Nichtentrichtung eine Befundaufnahme durchzuführen und diese an die Finanzbehörde weiterzuleiten (§ 34 Gebührengesetz 1957, BGBl.Nr.267/1957, i.d.F. BGBl. I Nr. 180/2004).

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

 

Mag. Stierschneider

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