Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-280050/5/Kl/Rd

Linz, 06.03.1996

VwSen-280050/5/Kl/Rd Linz, am 6. März 1996 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch das Mitglied Dr. Klempt über die Berufung des Ing. GW, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 10.2.1995, Ge96/2753/1993, wegen einer Verwaltungsübertretung nach dem Arbeitnehmerschutzgesetz zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis sowohl hinsichtlich der Schuld als auch hinsichtlich der Strafe mit der Maßgabe bestätigt, daß die verletzte Rechtsvorschrift iSd § 44a Z2 VStG vor der Zitierung des "§ 33 Abs.7" durch den Ausdruck "§ 33 Abs.1 lit.a Z12 und" zu ergänzen ist.

II. Als Kostenbeitrag zum Verfahren vor dem unabhängigen Verwaltungssenat sind 2.000 S, ds 20 % der verhängten Geldstrafe, zu leisten.

Rechtsgrundlagen:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 5, 19 und 51 VStG.

zu II.: § 64 Abs.1 und 2 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 10.2.1995, Ge96/2753/1993, wurde über den Berufungswerber (Bw) eine Geldstrafe von 10.000 S, für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 240 Stunden, wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 31 Abs.2 lit.p und § 33 Abs.7 ASchG iVm § 62 Abs.1 und § 7 der Bauarbeiterschutzverordnung verhängt, weil er als zur Vertretung nach außen berufenes Organ und gemäß § 9 VStG strafrechtlich verantwortlicher geschäftsführender Gesellschafter der "Ing. GW GesmbH & Co KG" mit dem Sitz in zu verantworten hat, daß am 21.10.1993 auf der Baustelle H drei Arbeitnehmer seines Betriebes (Vorarbeiter Herr WS) in einer Höhe von 5,5 m bzw. 7 m Holzpfetten, welche in einem Abstand von 50 cm auf den ca. 45 cm breiten Betonträgern lagen, ohne jegliche Sicherungsmaßnahmen gegen Absturz (Schutzgerüst, Fangnetz, Anseilen etc) befestigt haben, obwohl für die Montage von Holzbauwerken Vorkehrungen zu treffen und Einrichtungen anzubringen sind, die ein Abstürzen der Dienstnehmer verhindern.

2. Dagegen richtet sich die fristgerecht eingebrachte Berufung, in welcher versichert wurde, daß sämtliche Sicherheitsvorrichtungen zum Schutze der Arbeitnehmer ausgehändigt wurden und der Vorarbeiter Anweisung hatte, diese sachgemäß einzusetzen. Warum der Vorarbeiter dies nicht ausgeführt habe, entziehe sich der Kenntnis. Zur Kontrolle wurde bemerkt, daß es unsinnig sei, auf eine Baustelle mit 100 % gleichbleibender Tätigkeit (vom 1. bis zum letzten Tag) täglich Kontrollfahrten von mehr als 200 km Länge und drei Stunden Freizeit zu veranstalten. Es werde daher die Einstellung des Strafverfahrens beantragt.

3. Die BH Vöcklabruck als belangte Behörde hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt.

Das anzeigende AI wurde am Verfahren durch den O.ö. Verwaltungssenat beteiligt. Dieses wies auf die mangelhafte Überwachungs- und Kontrolltätigkeit hin.

Da in der Berufung nur unrichtige rechtliche Beurteilung geltend gemacht wurde, der die Verwaltungsübertretung ausmachende Sachverhalt nicht bestritten wurde und eine öffentliche mündliche Verhandlung nicht ausdrücklich verlangt wurde, konnte eine solche unterbleiben (§ 51e Abs.2 VStG).

4. Aus der Akteneinsicht hat der unabhängige Verwaltungssenat einen genügend geklärten Sachverhalt vorgefunden.

Dieser wurde in keinem Punkt vom Bw bestritten. Die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens erster Instanz sind in der Begründung des Straferkenntnisses vollständig und mit dem Akteninhalt übereinstimmend so dargestellt, daß sich der unabhängige Verwaltungssenat ein klares und abschließendes Bild über die maßgebenden Sachverhaltselemente machen kann.

Weil kein weiterer Sachverhalt vorgebracht wurde und keine Beweise angeboten wurden, waren weitere Beweise nicht mehr aufzunehmen. Das Verfahrensergebnis, weil vom Bw nicht bestritten, wird vom unabhängigen Verwaltungssenat auch seiner Entscheidung zugrundegelegt.

5. Der O.ö. Verwaltungssenat hat erwogen:

5.1. Der den Tatvorwurf bildende Sachverhalt wurde von der belangten Behörde ausreichend und richtig festgestellt, vom Bw nicht bestritten, und einer richtigen rechtlichen Beurteilung im Hinblick auf die Bestimmungen des § 31 Abs.2 lit.p und § 33 Abs.1 lit.a Z12 und Abs.7 ASchG iVm § 62 Abs.1 und § 7 der BAV unterzogen. Danach ist der im Straferkenntnis vorgeworfene Tatbestand objektiv erfüllt.

Auch die Verantwortlichkeit des Bw als nach außen vertretungsbefugtes Organ - nämlich handelsrechtlicher Geschäftsführer - der Ing. GW GesmbH & Co KG, wurde richtig festgestellt und nicht bestritten und ist der Entscheidung zugrundezulegen.

5.2. Hingegen bestreitet der Bw in seinen Berufungsausführungen sein Verschulden, indem er auf das Bereitstellen der Sicherheitsvorrichtungen verweist und ein Verschulden für die Nichtanwendung der Vorkehrungen für sich ausschließt. Auch erklärte er ständige Kontrollen für unnötig.

Mit diesen Ausführungen ist der Bw aber nicht im Recht.

5.2.1. Gemäß § 5 Abs.1 VStG genügt, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nicht anderes bestimmt, zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, daß ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

Auch die gegenständlich vorgeworfene Verwaltungsübertretung stellt ein Ungehorsamsdelikt dar, welche schon bei Fahrlässigkeit schuldhaft begangen wurde, wobei Fahrlässigkeit iSd zitierten Bestimmung ohne weiteres anzunehmen ist. Die Glaubhaftmachung eines mangelnden Verschuldens ist aus nachfolgenden Erwägungen dem Bw nicht gelungen.

5.2.2. Zur Entlastung genügt es nämlich entgegen den Ausführungen des Bw nicht, daß er die entsprechenden Schutzvorkehrungen zur Verfügung stellt - ein solches wurde aber auch nur hinsichtlich eines Arbeitnehmers und nicht hinsichtlich der drei konkret an der Baustelle tätigen Arbeitnehmer festgestellt -, sondern er hat auch dafür zu sorgen, daß die Arbeitnehmerschutzvorschriften - Bestimmungen des ASchG bzw.

der AAV und BAV - eingehalten werden. Ist der Arbeitgeber nicht selbst anwesend, hat er einen geeigneten Arbeitnehmer zu bestimmen, der auf die Durchführung und Einhaltung der zum Schutz der Arbeitnehmer notwendigen Maßnahmen zu achten hat (§ 18 ASchG).

Dieser Pflicht ist der Bw nicht nachgekommen. Entgegen seinen Ausführungen, daß er nicht an jeder Baustelle anwesend sein könne, hat der VwGH in ständiger Judikatur ausgesprochen, daß die im heutigen Wirtschaftsleben notwendige Arbeitsteilung es nicht zuläßt, daß sich der Unternehmer aller Belange und Angelegenheit persönlich annimmt; es muß ihm vielmehr zugebilligt werden, die Besorgung einzelner Angelegenheiten anderen Personen selbstverantwortlich zu überlassen und die eigene Tätigkeit in diesen Belangen auf eine angemessene Kontrolle zu beschränken. Ob der Unternehmer dann persönlich von der verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortung befreit ist, hängt im Einzelfall davon ab, ob er den Nachweis zu erbringen vermag, daß er Maßnahmen getroffen hat, die unter den vorhersehbaren Verhältnissen die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften mit gutem Grund erwarten lassen (vgl. zB VwGH vom 18.2.1991, 90/19/0177). Der dem Bw nach § 5 Abs.1 VStG obliegende Entlastungsbeweis kann aber nicht allein dadurch erbracht werden, daß die ihn betreffende Verantwortung auf eine hiezu taugliche Person übertragen worden sei, es bedarf vielmehr des weiteren Beweises, daß auch für eine geeignete Kontrolle der mit der Wahrnehmung dieser Aufgaben beauftragten Person Vorsorge getroffen worden ist.

Wenn nämlich der Bw darauf hinweist, daß er bei der Einrichtung der Baustelle am 18.10.1993 diese kontrolliert habe, eine weitere Kontrolle aber nicht erforderlich sei, und daß er entsprechende Anweisung zur Benutzung der Sicherheitsvorkehrungen gegeben habe, so konnte er mit diesem Vorbringen das Fehlen seines Verschuldens nicht glaubhaft machen. Nach der Judikatur des VwGH (VwGH vom 30.6.1994, 94/09/0049) reichen die bloße Erteilung von Weisungen und die Wahrnehmung einer "Oberaufsicht" nicht aus; entscheidend ist, ob auch eine wirksame Kontrolle über die Einhaltung der erteilten Weisung erfolgte. Der Bw hat aber weder in seiner Berufung behauptet noch unter Beweis gestellt, daß er Maßnahmen getroffen habe, um die Einhaltung der von ihm erteilten Weisungen zwecks Beachtung der Sicherheitsvorkehrungen zu gewährleisten, insbesondere wie er sich laufend über die Einhaltung dieser Vorschriften informiert und welche wirksamen Schritte er für den Fall von ihm festgestellter Verstöße auf diesem Gebiet in Aussicht gestellt und unternommen habe, um derartigen Verstößen vorzubeugen. Rechtsirrig stand der Bw auf dem Standpunkt, daß eine einmalige Kontrolle genügen würde. Dem entgegen steht die vorzitierte VwGH-Judikatur, wonach ein ausreichendes Kontrollsystem zu schaffen ist und auch die Gewährleistung der ständigen Kontrolle und das Setzen von Maßnahmen darzulegen ist, die die Einhaltung der Vorschrif ten gewährleisten sollen. Eine bloß stichprobenartige Kontrolle des Bw vermochte sohin nicht glaubhaft zu machen, daß ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden treffe. Auch wurden von ihm keine weiteren Maßnahmen in der Berufung dargelegt und auch nicht unter Beweis gestellt.

Dazu ist aber noch anzumerken, daß nach der ständigen Judikatur des VwGH der Bw initiativ alles hätte vorbringen müssen, was sonst seiner Entlastung dienlich ist, wie zB die Anführung aller konkreten Maßnahmen, die die Einhaltung der Arbeitnehmerschutzbestimmungen garantieren sollen, sodaß die Arbeitnehmer keinen Anreiz zu einem Zuwiderhandeln haben.

Eine amtswegige Ermittlungspflicht der Behörde zu diesen Umständen besteht nicht.

Im Grunde dieses Ergebnisses ist daher dem Bw ein Entlastungsnachweis nicht gelungen, weshalb - wie die belangte Behörde bereits zu Recht erkannte - von einem schuldhaften, zumindest fahrlässigen Verhalten des Bw auszugehen war.

5.3. Gemäß § 19 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat (Abs.1).

Im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen.

Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des StGB sinngemäß anzuwenden.

Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Das Strafausmaß wurde vom Bw nicht angefochten. Zu den Ausführungen der belangten Behörde im angefochtenen Straferkenntnis ist noch hinzuzufügen, daß gerade die Bestimmungen des ASchG bzw. der auf ihrer Grundlage erlassenen Verordnungen den Schutz des Lebens und der Gesundheit der Arbeitnehmer zum Ziel haben, und daher entsprechende Verstöße mit einem besonderen Unrechtsgehalt der Tat behaftet sind, weil gerade hiedurch jene Gefährdungen herbeigeführt werden, denen die genannten Bestimmungen entgegenwirken sollen. Dies war im besonderen bei der Verhängung der Geldstrafe bzw. beim Ausmaß der Geldstrafe zu berücksichtigen. Die Verhängung einer Geldstrafe im Ausmaß von einem Fünftel des gesetzlich festgelegten Strafhöchstrahmens ist daher iSd Unrechtsgehaltes der Tat gerechtfertigt.

Im übrigen hat die belangte Behörde unter Beachtung sämtlicher Strafbemessungsgründe gemäß § 19 Abs.1 und Abs.2 VStG von dem ihr zustehenden Ermessen in keiner dem Gesetz widersprechenden Weise Gebrauch gemacht. Sie hat die verhängte Geldstrafe auf das Verschulden und die persönlichen Verhältnisse des Bw angepaßt. Auch hat sie zu Recht eine einschlägige Vorstrafe als erschwerend gewertet. Milderungsgründe lagen nicht vor und kamen auch im nunmehrigen Verfahren nicht hervor. Auch hat der Bw keine eine Milderung der Strafe bewirkenden Umstände dargelegt. Die Strafe war hingegen erforderlich, um den Bw von einer weiteren Tatbegehung abzuhalten. Auch war sie im Hinblick auf generalpräventive Aspekte erforderlich. Sie war daher zu bestätigen.

6. Bei diesem Verfahrensergebnis war dem Bw ein Kostenbeitrag in der Höhe von 20 % der verhängten Strafe, ds 2.000 S, iSd § 64 VStG aufzuerlegen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. K l e m p t

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