Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-280056/12/Le/Km

Linz, 06.03.1996

VwSen-280056/12/Le/Km Linz, am 6. März 1996 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Leitgeb über die Berufung der Frau G J, vertreten durch Dr. C R, Rechtsanwalt in S, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Steyr-Land vom 20.2.1995, Ge96-194-1994, wegen Übertretung des Kinderund Jugendlichenbeschäftigungsgesetzes zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird, soweit sie sich gegen die Schuld richtet, keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis diesbezüglich bestätigt.

Der Berufung wird jedoch, soweit sie sich gegen die Strafe richtet, Folge gegeben; die verhängte Geldstrafe wird auf 2 x 3.000 S, die Ersatzfreiheitsstrafe wird auf 2 x 36 Stunden herabgesetzt.

II. Der Beitrag zu den Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens ermäßigt sich sohin auf 600 S.

Ein Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens entfällt.

Rechtsgrundlage:

Zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG, BGBl.Nr. 51/1991, iVm §§ 24, 19, 44a, 51 Abs.1, 51c und 51e Verwaltungsstrafgesetz 1991 - VStG, BGBl.Nr. 52 idgF.

zu II.: §§ 64 und 65 VStG.

Entscheidungsgründe:

Zu I.:

1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Steyr-Land vom 20.2.1995 wurde über die nunmehrige Berufungswerberin (im folgenden kurz: Bw) wegen Übertretung des § 30 iVm §§ 27 Abs.2 und 26 Abs.1 Z5 des Kinder- und Jugendlichenbeschäftigungsgesetzes (im folgenden kurz: KJBG) eine Geldstrafe in Höhe von 2 x 5.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von 2 x 60 Stunden) verhängt; gleichzeitig wurde sie zum Ersatz der Verfahrenskosten in Höhe von 10% der verhängten Strafe verpflichtet.

Im einzelnen wurde ihr vorgeworfen, als handelsrechtliche Geschäftsführerin und somit als verwaltungsstrafrechtlich Verantwortliche der M GesmbH in W, die Jugendliche J B beschäftigt zu haben, und 1. es dabei unterlassen zu haben, an einer für die Jugendliche leicht zugänglichen Stelle des Betriebes einen Aushang über den Beginn und das Ende der Normalarbeitszeit anzubringen und 2. keine Aufzeichnungen über die geleisteten Arbeitsstunden der Jugendlichen geführt zu haben.

In der Begründung dazu wurde im wesentlichen ausgeführt, daß der Betrieb der M GesmbH am 16.12.1994 von einem Organ der Arbeiterkammer für Oberösterreich überprüft worden war und zum Zeitpunkt der Überprüfung die Jugendliche J B, geb.

......, als Hilfskraft beschäftigt gewesen sei.

Ein Aushang über den Beginn und das Ende der Normalarbeitszeit und der Ruhepausen sowie der Dauer der Wochenruhezeit sei nicht angebracht gewesen, wobei die nunmehrige Bw dem überprüfenden Organ gegenüber bekanntgegeben hätte, daß ein derartiger Aushang erstellt werde. Ein schriftlicher Aushang war daher nicht vorhanden und die mündlich vereinbarte Arbeitszeit entsprach nicht den Vorschriften.

Auch die Aufzeichungen über die geleisteten Arbeitsstunden wären im Betrieb nicht aufgelegen.

Das Nichtaushängen des Beginnes und des Endes der Normalarbeitszeit stellten schwerwiegende Übertretungen des KJBG dar, da hiedurch eine Überprüfung der Einhaltung der Arbeitszeiten nicht möglich wäre.

Der Aufforderung zur Rechtfertigung als Beschuldigte sei Frau J nicht nachgekommen und hätte sie eine Stellungnahme unterlassen.

Bei der Festsetzung des Strafbetrages wurde von einem Einkommen als Geschäftsführerin der M GesmbH von etwa 25.000 S ausgegangen. Als erschwerend wurde eine Vielzahl von einschlägigen Verwaltungsvorschriften wegen Übertretungen der Arbeitnehmerschutzbestimmungen und auch des KJBG gewertet.

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig eingebrachte Berufung vom 7.3.1995, mit der beantragt wird, das angefochtene Straferkenntnis zu beheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

Im einzelnen wird begründend ausgeführt, daß die zur Last gelegte Verwaltungsübertretung nicht begangen worden sei, da einerseits ein entsprechender Aushang im Betrieb tatsächlich erstellt und andererseits auch Aufzeichnungen über die geleisteten Arbeitsstunden geführt worden seien. Es sei allerdings richtig, daß diese Aufzeichnungen damals dem Kontrollorgan nicht vorgelegt werden konnten.

Weiters wurde das Straferkenntnis hinsichtlich der Höhe der verhängten Geldstrafe bekämpft, da es grob tatsachenwidrig sei, von einem Einkommen von monatlich 25.000 S auszugehen.

Tatsächlich sei ein derartiges Einkommen nie ausbezahlt worden und könnte das Einkommen mit netto höchstens 10.000 S angesetzt werden.

Hilfsweise wurde daher beantragt, das Straferkenntnis dahingehend abzuändern, daß lediglich eine Geldstrafe in Höhe von 3.000 S verhängt werde.

3.1. Die Bezirkshauptmannschaft Steyr-Land hat die Berufung und den zugrundeliegenden Verwaltungsakt dem unabhängigen Verwaltungssenat zur Entscheidung vorgelegt; eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen.

3.2. Der unabhängige Verwaltungssenat hat zur vollständigen Klärung des Sachverhaltes eine öffentliche mündliche Verhandlung für 13.2.1996 anberaumt und an diesem Tage auch durchgeführt.

An dieser Verhandlung nahmen neben der Bw (ohne Rechtsvertreter) auch der Vertreter der Arbeiterkammer teil, der am 16.12.1994 die Kontrolle durchgeführt hatte; der Ehegatte der Bw, Herr M J, wurde als Zeuge befragt.

Bei ihrer Vernehmung gab die Bw zunächst an, sich nicht erinnern zu können, daß das Kontrollorgan damals diese Aufzeichnungen überhaupt verlangt hätte; später bestritt sie überhaupt, daß Herr Ing. T als Vertreter der Arbeiterkammer am 16.12.1994 eine Überprüfung durchgeführt hätte. Auch vom Zeugen M J wurde die Überprüfung vom 16.12.1994 ausdrücklich bestritten.

Der als Zeuge vernommene Mitarbeiter der Arbeiterkammer legte jedoch seine Aufzeichnungen über die Betriebsüberprüfung vom 16.12.1994 zur Einsicht vor. Aus diesen geht hervor, daß an diesem Tag weder ein Dienstplan noch Aufzeichnungen über die geleisteten Arbeitsstunden vorgelegt werden konnten. Auch hätte er eine schriftliche Aufzeichnung gesehen, aus der Name, das Geburtsdatum und die Adresse der jugendlichen Beschäftigten J B hervorgingen.

Es steht weiters fest, daß Frau J am 12.12.1994 den Konkurs der M GesmbH beantragt hat.

Zur Arbeitszeit der jugendlichen Beschäftigten J B gab die Bw an, daß dieses Mädchen an fünf Tagen der Woche von 9.00 bis 14.30 Uhr gearbeitet und am Nachmittag immer frei gehabt hätte. Da sie ständig unpünktlich gewesen sei, hätte sie nicht einmal die Normalarbeitszeit abgeleistet. Der Dienstplan für sie wäre im Büro ausgehängt gewesen, und zwar an der Außenseite der Bürotür im ersten Stock. Diese Angabe konnte vom Zeugen Ing. T nicht bestätigt werden.

Die jugendliche Arbeitnehmerin B war zum Zeitpunkt der Überprüfung bereits gekündigt; ihr letzter Arbeitstag war entweder am 23.12.1994 oder am 31.12.1994.

Zum Einkommen gab die Bw an, seit der Konkurseröffnung vom Masseverwalter Rechtsanwalt Dr. C P, L, noch überhaupt nichts bekommen zu haben. Auch im Februar 1995 habe sie überhaupt kein Einkommen gehabt.

Seit Juni 1995 sei sie in der neugegründeten Firma "G GesmbH" als Arbeitnehmerin mit 20 Wochenstunden und einem Nettoeinkommen von 6.800 S beschäftigt.

Zur Bestätigung ihrer mündlichen Aussage legte die Bw mit Schreiben vom 28.2.1996 eine Lohnbestätigung ihres derzeitigen Einkommens (monatlich netto 6.794 S) sowie eine Bestätigung des Masseverwalters Dr. P, vom 22.2.1996 vor, nach der Frau J seit Konkurseröffnung von ihm lediglich 4.876,76 S bekommen hat.

4. Hierüber hat der O.ö. Verwaltungssenat erwogen:

4.1. Im Verwaltungsstrafverfahren steht den Parteien gemäß § 51 Abs.1 VStG das Recht der Berufung an den unabhängigen Verwaltungssenat jenes Landes zu, in dem die Behörde, die den Bescheid erlassen hat, ihren Sitz hat.

Daraus ergibt sich die Zuständigkeit des O.ö.

Verwaltungssenates.

4.2. Die Bw hat anläßlich der mündlichen Verhandlung vor dem unabhängigen Verwaltungssenat bestritten, daß Herr Ing. T am 16.12.1994 als Mitarbeiter der Arbeiterkammer eine Überprüfung ihres Betriebes vorgenommen hat; ihr Gatte M J hat diese Angabe bestätigt.

Dagegen spricht jedoch die Zeugenaussage des Herrn Ing. T, der auch seinen Erhebungsbericht dem erkennenden Verwaltungssenat vorlegte, aus dem nicht nur die Tatsache der Überprüfung am 16.12.1994, sondern auch der nähere Inhalt dieser Überprüfung hervorging.

Im Rahmen der freien Beweiswürdigung geht daher der unabhängige Verwaltungssenat von der Annahme aus, daß am 16.12.1994 tatsächlich von Herrn Ing. T im Namen der Arbeiterkammer eine Überprüfung des Gastgewerbebetriebes der Frau G J stattgefunden hat. Seiner Zeugenaussage war gegenüber jener des Herrn M J deshalb der Vorzug zu geben, da er aufgrund seiner beruflichen Tätigkeit zur Objektivität verpflichtet ist und überdies aus seinen Aufzeichnungen das Faktum sowie der Inhalt der Überprüfung hervorgeht. Dem gegenüber war der Zeuge J - ebenso wie die Bw - durch den unmittelbar zuvor gestellten Konkursantrag wahrscheinlich so abgelenkt und beschäftigt, daß sie diese kurze Begebenheit aus ihrem Gedächtnis verdrängt haben.

Auch die Behauptung, die verlangten Aufzeichnungen tatsächlich geführt zu haben und sie lediglich dem Mitarbeiter der Kammer nicht gezeigt zu haben, klingt unglaubwürdig: Die Bw hätte aus einer Reihe von bereits durchgeführten Verwaltungsstrafverfahren wissen müssen, daß sie derartige Aufzeichungen führen und an einer leicht zugänglichen Stelle des Betriebes aushängen muß. Wenn sie daher diese Aufzeichnungen im gesetzlich angeordneten Sinn geführt hätte, wäre es für sie ein leichtes gewesen, den überprüfenden Mitarbeiter der Arbeiterkammer darauf hinzuweisen. Es wäre dies sicherlich weniger Aufwand gewesen, als der tatsächlich vorgenommene.

4.3. § 27 Abs.2 KJBG legt fest, daß in Betrieben ... vom Dienstgeber an einer für die Arbeitnehmer des Betriebes leicht zugänglichen Stelle ein Aushang über den Beginn und das Ende der Normalarbeitszeit und der Ruhepausen sowie über die Dauer der Wochenruhezeit der Jugendlichen sichtbar angebracht werden muß.

§ 26 Abs.1 KJBG legt fest, daß in jedem Betrieb, in dem Jugendliche beschäftigt werden, ein Verzeichnis der Jugendlichen zu führen ist. Das Verzeichnis hat zu enthalten:

5. Aufzeichnungen über die geleisteten Arbeitsstunden und deren Entlohnung.

Gemäß § 30 KJBG ist der, der diesem Bundesgesetz ...

zuwiderhandelt, von der Bezirksverwaltungsbehörde mit Geldstrafe von 1.000 S bis 15.000 S, im Wiederholungsfall von 3.000 S bis 30.000 S, oder mit Arrest von drei Tagen bis zu sechs Wochen zu bestrafen. Beide Strafen können auch nebeneinander verhängt werden.

Aufgrund des oben festgestellten Sachverhaltes sowie der vorgenommenen Beweiswürdigung steht fest, daß die Bw als Arbeitgeberin und handelsrechtliche Geschäftsführerin der M Ges.m.b.H. diese Bestimmungen nicht eingehalten hat, sodaß sie die ihr angelasteten Verwaltungsübertretungen hinsichtlich der objektiven Tatbestandsmerkmale erfüllt hat.

4.4. Wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nicht anderes bestimmt, genügt zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, daß ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft (§ 5 Abs.1 VStG).

Bei den angelasteten Verwaltungsübertretungen handelt es sich um sogen. Ungehorsamsdelikte, bei denen bereits die Nichtbefolgung eines gesetzlichen Gebotes mit Strafe bedroht ist, ohne daß ein Schaden oder eine Gefahr eingetreten sein mußten.

Da - wie der obigen Beweiswürdigung zu entnehmen ist - der Bw die beiden Verwaltungsübertretungen anzulasten sind, hat sie diesbezüglich auch ein Verschulden in Form von zumindest Fahrlässigkeit zu vertreten. Damit aber ist auch die subjektive Tatseite erfüllt, weshalb spruchgemäß zu entscheiden war.

4.5. Nach § 19 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

Nach Abs.2 der genannten Bestimmung sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. ...

Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Es steht fest, daß die Bw sowohl zum Tatzeitpunkt als auch zum Zeitpunkt der Fällung des angefochtenen Straferkenntnisses über nahezu kein Einkommen verfügt hat; auch zum jetzigen Zeitpunkt ist ein lediglich sehr geringes Einkommen vorhanden.

Darüber hinaus ist bei der Strafbemessung zu berücksichtigen, daß die jugendliche Arbeitnehmerin J B zum Zeitpunkt der Überprüfung durch die Arbeiterkammer bereits gekündigt war und nur mehr einige wenige Tage im Betrieb zu arbeiten hatte. Der Vertreter der Arbeiterkammer hatte selbst angegeben, daß die Arbeitnehmerin zum Zeitpunkt seiner Überprüfung noch nicht im Betrieb erschienen war, obwohl die mit ihr vereinbarte Arbeitszeit bereits begonnen hatte.

Es ist daher anzunehmen, daß die Tat keine nachteiligen Folgen nach sich gezogen hat.

Es war daher die verhängte Strafe entsprechend herabzusetzen, wobei aufgrund der einschlägigen Vorstrafen die Strafe lediglich auf das in § 30 KJBG für den Wiederholungsfall vorgesehene Mindestmaß herabgesetzt werden konnte. Eine außerordentliche Milderung der Strafe iSd § 20 VStG kam im Hinblick auf die zahlreichen einschlägigen Vorstrafen nicht in Betracht.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zu II.:

Gemäß § 64 Abs.1 VStG ist in jedem Straferkenntnis auszusprechen, daß der Bestrafte einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens zu leisten hat.

Dieser Beitrag ist nach § 64 Abs.2 VStG mit 10% der verhängten Strafe zu bemessen.

Da durch die gegenständliche Berufungsentscheidung die verhängte Strafe herabgesetzt wurde, war auch der Kostenbeitrag zum Strafverfahren der ersten Instanz entsprechend anzupassen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens waren gemäß § 65 VStG dem Bw nicht aufzuerlegen, weil der Berufung zumindest teilweise Folge gegeben wurde.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. L e i t g e b

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