Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-280060/5/Kl/Rd

Linz, 24.04.1996

VwSen-280060/5/Kl/Rd Linz, am 24. April 1996 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch das Mitglied Dr. Klempt über die Berufung des Mag.

WW, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Rohrbach vom 24.2.1995, Ge96-113-1-1994, wegen einer Verwaltungsübertretung nach der Allgemeinen Arbeitnehmerschutzverordnung zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis sowohl hinsichtlich der Schuld als auch hinsichtlich der Strafe mit der Maßgabe bestätigt, daß - im Spruch nach dem Ausdruck "am Verkehrsweg" die Wortfolge "in der Sägehalle" einzufügen ist und - als verletzte Rechtsvorschrift iSd § 44a Z2 VStG zu zitieren ist: "§ 18 Abs.1 Allgemeine Arbeitnehmerschutzverordnung - AAV, BGBl.Nr. 218/1983 idgF iVm § 100 AAV und § 31 Abs.2 lit.p Arbeitnehmerschutzgesetz - ASchG, BGBl.Nr. 234/1972 idgF".

II. Der Berufungswerber hat zum Verfahren vor dem unabhängigen Verwaltungssenat einen Kostenbeitrag von 600 S binnen 14 Tagen ab Zustellung bei sonstiger Exekution zu leisten.

Rechtsgrundlagen:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 19, 44a und 51 VStG.

zu II.: § 64 Abs.1 und 2 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Rohrbach vom 24.2.1995, Ge96-113-1-1994, wurde über den Berufungswerber (Bw) eine Geldstrafe von 3.000 S, für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von einem Tag, wegen einer Verwaltungsübertretung nach § 18 Abs.1 AAV verhängt, weil er als handelsrechtlicher Geschäftsführer und verwaltungsstrafrechtlich Verantwortlicher der W Gesellschaft mbH mit dem Sitz in A, die wiederum persönlich haftende Gesellschafterin der G, S W KG mit dem Sitz in A ist, zur Vertretung nach außen berufenes Organ, am 25.8.1994 im Standort am Verkehrsweg hinter der Säge 1 einen dort befindlichen ca. 1,5 m tiefen Schacht im Ausmaß von ca. 1,5 m x 1 m nicht abgedeckt oder umwehrt hat, obwohl gemäß § 18 Abs.1 AAV Öffnungen und Vertiefungen im Fußboden von Betriebsräumen wie Schächte, Gruben oder Kanäle, gegen Absturz von Personen, Gegenständen und Materialien durch Umwehrungen gesichert oder tragsicher und nicht verschiebbar zugedeckt sein müssen.

2. Dagegen wurde fristgerecht Berufung eingebracht und darin dargelegt, daß zwar zum Zeitpunkt der Inspektion in den drei Gruben nicht gearbeitet wurde, daß aber die mit der Ausführung der erforderlichen Arbeiten beauftragten Mitarbeiter zu diesem Zeitpunkt gerade vorbereitende Arbeiten in der 50 m entfernten zentralen Werkstätte durchgeführt haben. Die Arbeiten in den Gruben wurden schon nach kurzer Zeit wieder fortgesetzt. Auch haben die in der Sägerei beschäftigten Mitarbeiter von diesen Arbeiten gewußt und konnten ihr Verhalten darauf einstellen. Weil aus dieser zufälligen Situation kein erzieherischer Effekt erzielt werden könne, werde um die Zurückziehung der Straferkenntnisse ersucht.

3. Die BH Rohrbach als belangte Behörde hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt. Das AI für den 9. Aufsichtsbezirk wurde vom O.ö. Verwaltungssenat am Verfahren beteiligt.

4. Weil in der Berufung der entscheidungserhebliche Sachverhalt nicht bestritten wurde, keine weiteren Beweismittel angeboten wurden und auch keine sonstigen Erhebungsanträge gestellt wurden und der Sachverhalt ausreichend im Verfahren erster Instanz erhoben und auch dem angefochtenen Straferkenntnis in der Begründung zugrundegelegt wurde, und im übrigen im bekämpften Bescheid eine 3.000 S nicht übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, war eine öffentliche mündliche Verhandlung nicht anzuberaumen (§ 51e Abs.2 VStG).

Danach steht aus der Aktenlage iZm den Stellungnahmen und den Berufungsausführungen einwandfrei fest, daß am 25.8.1994 im Standort, in der Sägehalle am Verkehrsweg hinter der Säge 1 ein dort befindlicher ca. 1,5 m tiefer Schacht im Ausmaß von ca. 1,5 m x 1 m nicht abgedeckt und auch nicht durch Umwehrungen gesichert war. Aufgrund der Berufungsausführungen stand weiters fest, daß in 50 m Entfernung in der zentralen Werkstätte Vorbereitungsarbeiten durchgeführt wurden und zu der Zeit der Kontrolle Arbeiten in den Gruben nicht durchgeführt wurden.

5. Hierüber hat der O.ö. Verwaltungssenat erwogen:

5.1. Gemäß § 18 Abs.1 Allgemeine Arbeitnehmerschutzverordnung - AAV, BGBl.Nr. 218/1983, müssen Öffnungen und Vertiefungen im Fußboden von Betriebsräumen, wie Schächte, Gruben oder Kanäle, gegen Absturz von Personen, Gegenständen und Material durch Umwehrungen gesichert oder tragsicher und nicht verschiebbar zugedeckt sein. An den Seiten, an denen infolge der Arbeitsweise eine solche Sicherung nicht möglich ist, müssen entsprechend hohe, genügend widerstandsfähige Leisten oder Abweiser angebracht sein.

Gemäß § 100 AAV sind Übertretungen dieser Verordnung nach Maßgabe des § 31 des ASchG zu ahnden.

Gemäß § 31 Abs.2 lit.p des Arbeitnehmerschutzgesetzes, BGBl.Nr. 234/1972 idgF (kurz: ASchG), begehen Arbeitgeber und deren Bevollmächtigte, die den Vorschriften der aufgrund des § 24 dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen oder den aufgrund des § 27 dieses Bundesgesetzes vorgeschriebenen Bedingungen und Auflagen oder den erteilten Aufträgen zuwiderhandeln, eine Verwaltungsübertretung und sind, sofern die Tat nicht nach anderen Gesetzen strenger zu bestrafen ist, von der Bezirksverwaltungsbehörde mit Geldstrafe bis zu 50.000 S zu bestrafen.

5.2. Im Grunde des festgestellten und nicht bestrittenen Sachverhaltes war zum Tatzeitpunkt bei dem im Spruch näher ausgeführten Schacht in der Sägehalle weder eine Abdeckung noch eine Umwehrung gegeben, sodaß keine Sicherheit gegen Absturz von Personen, Gegenständen und Material gegeben war.

Es wurde daher der Tatbestand objektiv erfüllt.

Das Vorbringen des Bw, daß die in der Sägerei beschäftigten Mitarbeiter von diesen Arbeiten gewußt hätten und ihr Verhalten darauf einstellen hätten können, kann den Bw nicht entlasten und insbesondere sein Verschulden nicht entkräften. Gemäß § 5 Abs.1 VStG genügt nämlich zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten, wobei Fahrlässigkeit bei Ungehorsamsdelikten - zu diesen zählt auch die gegenständliche Verwaltungsübertretung - ohne weiteres anzunehmen ist, wenn der Täter nicht glaubhaft macht, daß ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

Ein solcher Entlastungsnachweis wurde vom Bw nicht angetreten und nicht erbracht. Vielmehr hätte er initiativ alle Umstände geltend machen müssen, die für seine Entlastung sprechen und er hätte auch initiativ Beweisanträge zum Nachweis seines mangelnden Verschuldens stellen müssen.

Dieses hat er aber unterlassen. Es konnte daher jedenfalls von fahrlässiger Begehung ausgegangen werden.

Mit der Berufungsbehauptung, daß es sich hinsichtlich der drei Kanäle um nur eine Verwaltungsübertretung und nicht um drei Delikte handle, ist der Bw nicht im Recht, weil es sich bei § 18 Abs.1 AAV um ein anlagenbezogenes Arbeitnehmerschutzrecht handelt. Entscheidend ist lediglich, daß Öffnungen und Vertiefungen im Fußboden von Betriebsräumen gegen Absturz von Personen, Gegenständen und Material gesichert werden müssen. Handelt es sich um eine Mehrzahl solcher konkreter Plätze, so wird - wegen der Vielzahl der Gefährdungsquellen für die Gesundheit von Arbeitnehmern - eine einheitliche Straftat nicht angenommen werden können. Es spielt im anlagenbezogenen Arbeitnehmerschutzrecht keine entscheidende Rolle, ob an einem solchen Arbeitsplatz gleichzeitig oder in zeitlicher Abfolge verschiedene Arbeitnehmer tätig sind (vgl. VwGH vom 29.9.1992, 88/08/0181).

5.3. Im Hinblick auf die Strafbemessung hat die belangte Behörde auf die Strafbemessungsgründe gemäß § 19 Abs.1 und 2 VStG Bedacht genommen. Ergänzend ist auszuführen, daß gerade die Bestimmungen der AAV eine Gefährdung, Beeinträchtigung und Verletzung von Arbeitnehmern hintanhalten sollen, und gerade durch die Tat jener Schutzzweck der Norm nicht erreicht worden ist. Gerade in der besonderen Gefährdung der dort befindlichen Arbeitnehmer ist der besondere Unrechtsgehalt der Tat zu sehen. Die Behörde hat auf das Ausmaß des Verschuldens Bedacht genommen und hat auch berücksichtigt, daß dem Bw der Milderungsgrund der Unbescholtenheit nicht zukommt. Erschwerend war zumindest eine (zum Tatzeitpunkt) rechtskräftige Vorstrafe nach den Arbeitnehmerschutzbestimmungen zu werten. Auch hat die belangte Behörde Erhebungen zu den persönlichen Verhältnissen des Bw durchgeführt und seine Angaben ihrer Entscheidung zugrundegelegt.

Es ist daher die mit 3.000 S festgelegte Strafe tat- und schuldangemessen und auch den persönlichen Verhältnissen des Bw angepaßt. Im Hinblick auf den gesetzlichen Höchstrahmen von 50.000 S für dieses Delikt ist die gegenständlich verhängte Strafe im untersten Bereich des Strafrahmens gelegen und daher auch idS nicht überhöht. Auch waren generalpräventive Gründe, nämlich die besondere Obsorgepflicht des Arbeitgebers hinsichtlich der für ihn tätigen Arbeitnehmer und die Abschreckung der Arbeitgeber vor Pflichtverletzungen im Bereich des Arbeitnehmerschutzes in die Erwägungen einzubeziehen. Es konnte daher auch die verhängte Geldstrafe bzw. Ersatzfreiheitsstrafe bestätigt werden.

5.4. Weil der O.ö. Verwaltungssenat gemäß § 66 Abs.4 AVG in jeder Richtung zu entscheiden hat, waren gemäß § 18 Abs.1 AAV und den Anforderungen nach § 44a Z2 VStG die erforderlichen Spruchkorrekturen vorzunehmen. Eine Verjährung diesbezüglich ist nicht eingetreten.

6. Bei diesem Verfahrensergebnis war ein Kostenbeitrag zum Verfahren vor dem unabhängigen Verwaltungssenat gemäß § 64 Abs.1 und 2 VStG in der Höhe von 20 % der verhängten Strafe, ds 600 S, aufzuerlegen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. K l e m p t