Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-280065/5/Ga/La

Linz, 06.10.1995

VwSen-280065/5/Ga/La Linz, am 6. Oktober 1995 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch das Mitglied Mag. Gallnbrunner über die - auf die Strafe eingeschränkte - Berufung des W. F. in ......, ..............., gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Wels vom 24. Februar 1995, Zl.

MA2-Ge-4182-1994 Scho, wegen Übertretung von Arbeitnehmerschutzvorschriften, zu Recht erkannt:

I. Die Berufung wird abgewiesen; die in den Spruchpunkten 1.a), 1.b), 1.c) sowie 2. des angefochtenen Straferkenntnisses verhängten Geldstrafen (Ersatzfreiheitsstrafen) werden bestätigt.

II. Der Berufungswerber hat als Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem unabhängigen Verwaltungssenat je 20 % der verhängten Strafen, ds zusammengezählt 4.000 S, binnen 14 Tagen ab Zustellung dieses Erkenntnisses bei sonstiger Exekution zu leisten.

Rechtsgrundlage:

Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG: § 66 Abs.4.

Verwaltungsstrafgesetz 1991 - VStG: § 24; § 16, § 19, § 51 Abs.1, § 51c, § 51d, § 51e Abs.2; §§ 64 f.

Entscheidungsgründe:

1. Auf Grund des Berufungsvorbringens sowie des Inhalts des angefochtenen Straferkenntnisses ist von folgendem Sachverhalt auszugehen:

Mit dem eingangs bezeichneten Straferkenntnis erkannte die belangte Strafbehörde den Berufungswerber "als Geschäftsführer" der Firma H. H. Ges.m.b.H. in ......, .................. (nunmehr .............) mehrerer Übertretungen der Allgemeinen Arbeitnehmerschutzverordnung (AAV) für schuldig. Anläßlich der Überprüfung durch ein Organ des AI Wels am 31. Oktober 1994 sei festgestellt worden:

1. Vier als Notausgänge gekennzeichnete Türen waren durch Palettenlagerungen verstellt, und zwar:

a) Die nordöstliche Notausgangstür aus dem Arbeitsraum (ca. 648 m2) in den angrenzenden nordöstlichen Raum (ca. 157 m2).

b) Die nordöstliche Notausgangstür (auf Höhe ca.

Gebäudemitte) aus dem Arbeitsraum (ca. 648 m2) in den angrenzenden Raum (ca. 157 m2).

c) Die Notausgangstür aus dem Arbeitsraum (ca. 648 m2) in das Foyer.

d) Die Notausgangstür auf südöstlichen Seite ins Freie.

2. Zwei Feuerlöscher waren durch Palettenanlagerungen derart verstellt, so daß sie nicht mehr leicht erreichbar waren.

Demgemäß wurde dem Berufungswerber zu 1.a) bis 1.d) des Straferkenntnisses die Übertretung des § 23 Abs.3 AAV und zu Punkt 2. des Straferkenntnisses die Übertretung des § 76 Abs.1 AAV vorgeworfen. In den Punkten 1.a) bis 1.c) sowie 2.

wurde über ihn gemäß § 31 Abs.2 lit.p des Arbeitnehmerschutzgesetzes - ASchG eine Geldstrafe in der Höhe von je 5.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe: je zwei Tage) je kostenpflichtig verhängt. Im Faktum 1.d) des Straferkenntnisses hingegen wurde von einer Bestrafung abgesehen und dem Berufungswerber gemäß § 21 VStG eine Ermahnung erteilt.

2. Der Berufungswerber bestreitet die Übertretungen nicht. Mit seinem Rechtsmittel bekämpft er nur das Ausmaß der verhängten Strafen. In den Punkten 1.a) bis 1.c) sowie 2. ist der Schuldspruch somit rechtskräftig geworden; der vom Berufungswerber hingegen zur Gänze unbekämpft gebliebene Punkt 1.d) des Straferkenntnisses ist auch hinsichtlich der erteilten Ermahnung rechtskräftig geworden.

3. Der unabhängige Verwaltungssenat hat in den zugleich mit der Berufung ohne Gegenäußerung zu Zl.

MA2-Ge-4182-1994 Scho vorgelegten Strafakt Einsicht genommen.

Das zum Inhalt der Berufung angehörte Arbeitsinspektorat hat sich im Sinne einer Bestätigung der verhängten Strafen geäußert.

Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

4.1. Der Berufungswerber verteidigt sich mit dem Hinweis auf den "Ausnahmezustand", der infolge der Lagerübersiedlung nach Wien und Umräumungsarbeiten innerhalb des gesamten Lagers in ..... geherrscht habe. Bei derart umfangreichen Umlagerungen sei es unrealistisch, alle gesetzlichen Bestimmungen einzuhalten. Die betreffenden Notausgänge und Feuerlöscher seien somit nicht durch Lagerware, sondern "nur kurzfristig" mit Übersiedlungsgut verstellt gewesen. Mit diesem Vorbringen aber übersieht er, daß einerseits gemäß § 23 Abs.3 AAV Notausgänge und Notausstiege sowie die Zugänge zu diesen durch Lagerungen auch vorübergehend nicht verstellt sein dürfen. Der Zweck dieser Vorschrift - nämlich die Benützung der Notausgänge und Notausstiege jederzeit zu ermöglichen - ist klar und wohl für jedermann leicht einsichtig (vgl. VwGH 7.4.1995, 95/02/0072, 0073). Ähnliches gilt andererseits gemäß § 76 Abs.1 AAV hinsichtlich der für jeden Betrieb vorgeschriebenen Feuerlöschgeräte; diese müssen gut sichtbar, auffallend gekennzeichnet und gleichfalls jederzeit leicht erreichbar sein.

Angesichts dieser Rechtslage ist es für den Unrechtsgehalt der Zuwiderhandlungen unerheblich, ob die Notausgänge und Feuerlöscher durch Lagerware oder durch Übersiedlungsgut kurzfristig verstellt gewesen sind.

4.2. Mit seinem Antrag, in den genannten Spruchpunkten von einer Bestrafung Abstand zu nehmen, begehrt der Berufungswerber die Anwendung des § 21 Abs.1 VStG. Danach kann die Behörde (auch die Berufungsbehörde) ohne weiteres Verfahren von der Verhängung einer Strafe absehen, wenn das Verschulden des Beschuldigten geringfügig ist und die Folgen der Übertretung unbedeutend sind. Gleichzeitig kann sie den Beschuldigten unter Hinweis auf die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens mit Bescheid ermahnen, sofern dies erforderlich ist, um ihn von weiteren strafbaren Handlungen gleicher Art abzuhalten.

Im Berufungsfall aber steht der Strafnachsicht der beträchtliche Unrechtsgehalt der Tat entgegen. So hat in einem vergleichbaren Fall der Verwaltungsgerichtshof in seinem - vorhin schon erwähnten - Erkenntnis vom 7. April 1995, 95/02/0072, 0073, sinngemäß ausgesprochen, daß in dem Umstand, wonach es infolge kurzfristig verstellt gewesener Notausgänge behauptetermaßen weder zu einer Gefährdung von Arbeitnehmerschutzinteressen noch zu sonstigen mit der Tat verbunden gewesenen nachteiligen Folgen gekommen ist, weder ein äußerst geringer Unrechtsgehalt der Tat noch ein geringfügiges Verschulden des Verantwortlichen gesehen werden könne. Das Höchstgericht hat dies damit begründet, daß der zufällige Nichteintritt einer Notfallssituation nicht in der Ingerenz des Verantwortlichen gelegen ist.

Nach Auffassung des unabhängigen Verwaltungssenates ist dieselbe Bewertung auch im Berufungsfall anzulegen, wobei es auf der Hand liegend keinen Unterschied macht, wenn das bloß kurzfristige Verstellen der Türen und der Feuerlöscher im Zuge von Umräumungsarbeiten geschah.

4.3. Besondere Milderungsgründe, die die belangte Behörde zu Unrecht nicht berücksichtigt habe, hat der Berufungswerber nicht geltend gemacht. Solche Gründe ohne Relevierung aufzugreifen, war nach den Umständen dieses Falles auch nicht angezeigt. Insbesondere kann aus der eingewendeten Übersiedlung kein Milderungsgrund (auch kein solcher iSd § 34 Z11 des Strafgesetzbuches) abgeleitet werden. Auch gegen die Zugrundelegung der nach der Aktenlage von ihm selbst angegebenen Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse hat der Berufungswerber nichts vorgebracht.

Im Hinblick daher auf die gemäß § 19 VStG vorgesehene Abwägung der dort angeführten Kriterien für die Bemessung von Geldstrafen kann nach Auffassung des unabhängigen Verwaltungssenates - bei einem Strafrahmen für jeden einzelnen Spruchpunkt bis zu 50.000 S - selbst bei bloß durchschnittlichen Einkommens- und Vermögensverhältnissen vorliegend nicht von unangemessen hohen Strafen, die eine "besondere Härte" darstellten, gesprochen werden.

Aus allen diesen Gründen waren die in den angefochtenen Punkten verhängten Geldstrafen (Ersatzfreiheitsstrafen) wie im Spruch zu bestätigen.

5. Auf der Kostenseite bewirkt diese Entscheidung, daß dem Berufungswerber der gemäß § 64 Abs.2 VStG 20%ige Beitrag zum Verfahren vor dem unabhängigen Verwaltungssenat als Kosten des Rechtsmittelverfahrens (zuzüglich zu den Kosten vor der Strafbehörde) aufzuerlegen ist.

6. Der unabhängige Verwaltungssenat hält fest, daß das angefochtene Straferkenntnis den Verantwortlichkeitsgrund des Berufungswerbers rechtswidrig nur mit "Geschäftsführer" angegeben und damit die diesbezüglich ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes und ständige Entscheidungspraxis des unabhängigen Verwaltungssenates unbeachtet gelassen hat. Danach hätte angegeben werden müssen, daß der Berufungswerber gemäß § 9 Abs.1 VStG als nach außen berufenes Vertretungsorgan der Gesellschaft in seiner Eigenschaft als handelsrechtlicher Geschäftsführer für die festgestellten Verwaltungsübertretungen einzutreten hat. Wegen der jedoch im Schuldspruch bereits gegebenen Rechtskraft (oben 2.) ist dem unabhängigen Verwaltungssenat die Richtigstellung des angefochtenen Straferkenntnisses in dieser Hinsicht nicht mehr zugänglich.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Beilage Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Mag. Gallnbrunner

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