Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-280073/8/SCHI/Km

Linz, 12.05.1997

VwSen-280073/8/SCHI/Km Linz, am 12. Mai 1997 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Christian Schieferer über die Berufung des Arbeitsinspektorates für den 19. Aufsichtsbezirk gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen vom 4.4.1995, Ge96-147-1994-Bi, womit das gegen G S eingeleitet gewesene Verwaltungsstrafverfahren betreffend Verdacht von Übertretungen nach § 7 Abs.1 Arbeitsruhegesetz gemäß § 45 Abs.1 Z1 VStG eingestellt worden war, zu Recht erkannt:

Der Berufung wird mit der Maßgabe Folge gegeben, daß der angefochtene Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen vom 4.4.1995, Ge96-147-1994-Bi, aufgehoben und vom O.ö. Verwaltungssenat folgender Bescheid erlassen wird:

"Der Beschuldigte G S, hat es als handelsrechtlicher Geschäftsführer der S GesmbH, die ihrerseits persönlich haftende Gesellschafterin der Modezentrum S GesmbH & CoKG mit dem Sitz in G, ist, zu verantworten daß 1. die Arbeitnehmerin M-L H, im Stammbetrieb der Gesellschaft in G, am 8. Dezember 1994, (Mariä Empfängnis) um 11.15 Uhr sowie 2. die Arbeitnehmerin M B, in der weiteren Betriebsstätte der Gesellschaft in G, am 8. Dezember 1994 (Mariä Empfängnis) um 10.40 Uhr mit dem Verkaufen von Waren beschäftigt waren, obwohl Arbeitnehmer an Feiertagen Anspruch auf eine ununterbrochene Ruhezeit von mindestens 24 Stunden haben, die frühestens um 00.00 Uhr und spätestens um 06.00 Uhr des Feiertages beginnen muß".

Hiedurch hat der Beschuldigte § 7 Abs.1 iVm § 27a Abs.1 des Arbeitsruhegesetzes verletzt und wird ihm in Anwendung des § 21 Abs.1 VStG hiefür eine Ermahnung erteilt.

II. Ein Kostenausspruch entfällt.

Rechtsgrundlage:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 21 Abs.1, 51 Abs.1, 51c und 51e Abs.2 VStG; zu II.: §§ 64 und 65 VStG.

Entscheidungsgründe:

1.1. Die Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen hat mit dem angefochtenen Bescheid einem Antrag des Arbeitsinspektorates für den 19. Aufsichtsbezirk in Wels, Herrn G S wegen des Verdachtes der Übertretung des Arbeitsruhegesetzes (ARG) zu bestrafen, keine Folge gegeben und nach Durchführung eines Ermittlungsverfahrens das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs.1 Z1 VStG eingestellt. Die Verfolgungshandlung (Ladung zur mündlichen Verhandlung im Verwaltungsstrafverfahren) erging am 3.1.1995 und umfaßte alle wesentlichen Sachverhaltselemente. Nach Rechtfertigung des Beschuldigten und Vernehmung von Zeugen kam die belangte Behörde zur Überzeugung, daß zwischen M-L H und G S sowie M B und G S kein Arbeitsverhältnis zustandegekommen wäre, wodurch auch in der Folge keine Übertretung des ARG vorgelegen wäre.

1.2. In ihrer eingehenden Begründung des einstellenden Bescheides hält die belangte Behörde fest, daß eine Definition des Begriffes Arbeitnehmer im Arbeitsruhegesetz nicht vorhanden sei. Mangels Umschreibung des Begriffes Arbeitnehmer sei aufgrund der Einheit der Rechtsordnung im Einzelfall anhand der von Lehre und Rechtsprechung zum Arbeitsverhältnis entwickelten Grundsätze an den bürgerlich rechtlichen Vorschriften Maß zu nehmen.

Gemäß § 1151 Abs.1 ABGB, in dem sich der zentrale Begriff des Arbeitsvertrages für das gesamte Arbeitsrecht findet, entsteht ein Dienstvertrag, wenn sich jemand auf eine gewisse Zeit zur Dienstleistung für einen anderen verpflichtet. Anknüpfend an diese Gesetzesstelle haben Lehre und Rechtsprechung mangels Vorliegen einer gesetzlichen Definition der Begriffe Arbeitsvertrag, Arbeitsverhältnis und Arbeitnehmer jene Merkmale herausgebildet, die ein Vertrag aufweisen muß, damit er als Arbeitsvertrag bezeichnet werden kann, mit dem ein Arbeitsverhältnis zwischen einem Arbeitgeber und einem Arbeitnehmer begründet worden ist. Als solche Merkmale werden bespielsweise neben der im Gesetz angeführten Verpflichtung auf (gewisse) Dauer, weiters die persönliche und wirtschaftliche Abhängigkeit des Arbeitnehmers angeführt.

Zur Frage der persönlichen und wirtschaftlichen Abhängigkeit habe der Verwaltungsgerichtshof in mehreren Entscheidungen dahingehend Stellung bezogen, daß die jederzeitige Möglichkeit der Unterbrechung oder Beendigung der Beschäftigung ein entscheidendes Indiz gegen die Annahme eines Beschäftigungsverhältnisses und damit von persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit darstelle. Überdies schließe die Berechtigung eines Beschäftigten, im Rahmen einer übernommenen Gesamtverpflichtung sanktionslos einzelne Arbeitsleistungen abzulehnen, seine persönliche Abhängigkeit vom Arbeitsempfänger aus.

2. In der rechtzeitig gegen den angefochtenen Bescheid gerichteten Berufung macht das Arbeitsinspektorat für den 19. Aufsichtsbezirk geltend, daß die belangte Behörde VwGH-Erkenntnisse zitiert hätte, die sich auf die Versicherungspflicht nach dem ASVG bezögen. Demgegenüber beziehe sich die Anzeige des Arbeitsinspektorates nicht auf das ASVG, sondern auf das ARG. Hätte die belangte Behörde das diesbezügliche Erkenntnis des VwGH vom 18.6.1990, Zl. 90/19/0038, welches in der Strafanzeige des Arbeitsinspektorates Wels angeführt worden sei, berücksichtigt, so wäre die belangte Behörde zu einem anderen Ergebnis gekommen. Die Behörde habe damit außer Acht gelassen, daß auch freiwillige Arbeitsleistungen durch nicht ständig im Unternehmen beschäftigte Personen unter die Bestimmungen des ARG fielen. Im übrigen sei im Verfahren nie bestritten worden, daß die betreffenden Arbeitnehmerinnen mit Verkaufstätigkeiten am 8.12.1994 beschäftigt worden seien, weshalb der Antrag gestellt werde, den Beschuldigten wegen Übertretung nach § 7 Abs.1 ARG mit einer Strafe von je 10.000 S zu belegen.

3. Die Strafbehörde hat keine Berufungsvorentscheidung erlassen, sondern - als nunmehr belangte Behörde - die Berufung samt Strafakt vorgelegt und eine Gegenäußerung zum Berufungsvorbringen erstattet, mit der die Ab- bzw. Zurückweisung der Berufung beantragt wurde.

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich ist in diesem Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 51 Abs.1 VStG als Berufungsbehörde zuständig und entscheidet gemäß § 51c durch (nur) eines seiner Mitglieder, weil in den einzelnen Fällen eine 10.000 S übersteigende Geldstrafe nicht beantragt wurde. Da keine 3.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt worden war und nicht ausdrücklich die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung beantragt wurde, war von einer solchen abzusehen (§ 51e Abs.2 VStG), zumal der rechtserhebliche Sachverhalt unbestritten geblieben ist.

Aus der Akteneinsicht hat der unabhängige Verwaltungssenat einen genügend geklärten Sachverhalt vorgefunden. Die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens sind in der Begründung des angefochtenen Bescheides vollständig und mit dem Akteninhalt übereinstimmend so dargestellt, daß sich der unabhängige Verwaltungssenat ein klares und abschließendes Bild über die maßgebenden Sachverhaltselemente machen kann. Weitere Beweise sind nicht mehr aufzunehmen. Diesen Sachverhalt, der im übrigen von den Verfahrensparteien nicht bestritten wird, legt der unabhängige Verwaltungssenat auch seiner Entscheidung zugrunde.

4. Der O.ö. Verwaltungssenat hat hinsichtlich der Zulässigkeit erwogen:

Insofern die belangte Behörde unter Berufung auf einige Entscheidungen des O.ö. Verwaltungssenates (zB Erkenntnis vom 29.12.1994, VwSen-221024/2/Le/La; 13.3.1995, VwSen-280046/2/Ga/La) auf die Unzulässigkeit der Berufung des Arbeitsinspektorates hinweist, ist dazu folgendes festzustellen:

Der O.ö. Verwaltungssenat hat tatsächlich in einzelnen Entscheidungen die Auffassung vertreten, daß in bestimmten Konstellationen bzw. bei bestimmten Formulierungen des Berufungsantrages sowie unter Hinweis auf eine Reihe von verfahrensrechtlichen Unklarheiten (Zuständigkeit eines Einzelmitgliedes oder einer Kammer, da noch keine Strafe verhängt worden war; Verstoß gegen das Verbot der reformatio in peius usw.) eine Berufung des Arbeitsinspektorates unzulässig wäre. Der Verwaltungsgerichtshof hat allerdings diese Rechtsansicht bzw. Bedenken nicht geteilt und mit Erkenntnis vom 9.6.1995, Zl. 95/02/0081, das h. Erkenntnis vom 29.12.1994, VwSen-221024/2/Le/La, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben (vgl. die dort niedergelegte ausführliche Begründung). Die gegenständliche Berufung des Arbeitsinspektorates war daher zulässig.

5. In der Sache selbst hat der O.ö. Verwaltungssenat erwogen:

5.1. Gemäß § 7 Abs.1 ARG hat der Arbeitnehmer an Feiertagen Anspruch auf eine ununterbrochene Ruhezeit von mindestens 24 Stunden, die frühestens um 00.00 Uhr und spätestens um 6.00 Uhr des Feiertages beginnen muß.

Gemäß Abs.2 leg.cit. sind Feiertage im Sinne des Gesetzes 1. Jänner (Neujahr), 6. Jänner (Hl. Drei Könige), Ostermontag, 1. Mai (Staatsfeiertag), Christi Himmelfahrt, Pfingstmontag, Fronleichnam, 15. August (Maria Himmelfahrt), 26. Oktober (Nationalfeiertag), 1. November (Allerheiligen), 8. Dezember (Mariä Empfängnis), 25. Dezember (Weihnachten), 26. Dezember (Stefanitag).

Gemäß § 8 des ARG hat der Arbeitnehmer, der während der Wochenend- oder Feiertagsruhe beschäftigt wird, auf Verlangen Anspruch auf die zur Erfüllung seiner religiösen Pflichten notwendige Freizeit, wenn diese Pflichten nicht außerhalb der Arbeitszeit erfüllt werden können und die Freistellung von der Arbeit mit den Erfordernissen des Betriebes vereinbar ist.

Gemäß § 27 Abs.1 ARG sind Arbeitgeber, oder deren Bevollmächtigte, die den §§ 3, 4, 5 Abs.1 und 2, 6, 7, 8 und 9 Abs.1 bis 3 und Abs.5 und den §§ 10 - 18, 22b, 22c Satz 2 und 23 - 25 zuwiderhandeln, sofern die Tat nicht nach anderen Vorschriften einer strengeren Strafe unterliegt, von der Bezirksverwaltungsbehörde mit einer Geldstrafe von 500 S bis 30.000 S zu bestrafen.

5.2. Der O.ö. Verwaltungssenat hatte in zahlreichen Verfahren über ähnlich gelagerte Fälle betreffend diesen 8. Dezember 1994 zu entscheiden; dabei wurde in einigen Fällen die Auffassung vertreten, daß, wenn auch kein typisches Beschäftigungsverhältnis vorlag, so letztendlich unter Betrachtung und Erwägung aller Fakten doch von einem Beschäftigungsverhältnis auszugehen war (VwSen-280072/15/Gu/Atz); in einigen anderen Verfahren (so zB VwSen-280078/8/Le/Km) wurde allerdings das Vorliegen eines Arbeitsverhältnisses verneint.

5.3. Zur Beurteilung der Frage, ob Frau H und Frau B als Arbeitnehmerinnen im Sinne des ARG anzusehen waren und deshalb für deren Beschäftigungen am 8.12.1994 im Geschäft des G S daher die Bestimmungen des ARG gelten, ist zunächst die zwischen den beiden Frauen und Herrn S getroffenen Vereinbarungen betreffend Arbeitsleistung an diesem Tage näher zu betrachten. Beide Frauen sind bereits vor Jahren im Betrieb des Beschuldigten beschäftigt gewesen; daraus und aus gelegentlichen Einkäufen resultierte ein freundschaftliches Verhältnis, weshalb beide Frauen spontan ihre Bereitschaft zur freiwilligen Mithilfe gezeigt haben. Es sei beiden frei gestanden zu kommen und zu gehen, auch hat es keinerlei Vereinbarung oder Zusicherung eines Entgeltes gegeben. Der Art des Betriebes entsprechend ist aber freiwillig als Geschenk ein kleines Kuvert (mit Warengutscheinen) zur Anerkennung überreicht worden. Frau B studiert Theologie und Frau H ist andernorts teilzeitbeschäftigt, sodaß keine Abhängigkeits bzw. Loyalitätsproblematik bestanden hatte.

5.4. Der VwGH hat dazu in dem - auch vom Arbeitsinspektorat in seiner Berufung zitierten - Erkenntnis vom 18.6.1990, 90/19/0038, unter Hinweis auf § 1151 ABGB ausgeführt, daß ein Dienstvertrag dann entsteht, wenn sich jemand auf eine gewisse Zeit zur Dienstleistung für einen anderen verpflichtet. Anknüpfend an diese Gesetzesstelle haben Lehre und Rechtsprechung mangels Vorliegens einer gesetzlichen Definition der Begriffe Arbeitsvertrag, Arbeitsverhältnis und Arbeitnehmer jene Merkmale erarbeitet, die ein Vertrag aufweisen muß, damit er als Arbeitsvertrag bezeichnet werden kann, mit dem ein Arbeitsverhältnis zwischen einem Arbeitgeber und einem Arbeitnehmer begründet worden ist. Als solche Merkmale werden beispielsweise neben der im Gesetz angeführten Verpflichtung auf Dauer die persönliche und wirtschaftliche Abhängigkeit des Arbeitnehmers angeführt.

Auf den festgestellten Sachverhalt übertragen würde dies bedeuten, daß im vorliegenden Fall kein Arbeitsvertrag zustande gekommen wäre.

Aber selbst dann, wenn kein Entgelt vereinbart wurde oder sogar dann, wenn Unentgeltlichkeit vereinbart wurde, kann dennoch ein Dienstvertrag zustandekommen, weil Entgeltlichkeit kein Tatbestandsmerkmal des Dienstvertrages ist (arg. e. § 1152 ABGB).

5.5. Zum Merkmal der "persönlichen und wirtschaftlichen Abhängigkeit" hat der VwGH im zitierten Erkenntnis folgendes ausgeführt:

"Im übrigen hat der Verwaltungsgerichtshof ausgesprochen, daß die Beantwortung der Frage, ob bei der Erfüllung einer übernommenen Arbeitspflicht (also der Beschäftigung) die Merkmale persönlicher Abhängigkeit einer Person vom Arbeitsempfänger gegenüber jenen persönlicher Unabhängigkeit überwiegen, davon abhängt, ob nach dem Gesamtbild der konkret zu beurteilenden Beschäftigung die Bestimmungsfreiheit des Beschäftigten durch die Beschäftigung weitgehend ausgeschaltet ist oder - wie bei anderen Formen einer Beschäftigung - nur beschränkt ist. Unterscheidungskräftige Kriterien dieser Abgrenzung sind nach der neueren Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nur die Bindung des Beschäftigten an Ordnungsvorschriftren über den Arbeitsort, die Arbeitszeit, das arbeitsbezogene Verhalten sowie die sich darauf beziehenden Weisungs- und Kontrollbefugnisse und die damit eng verbundene (grundsätzlich) persönliche Arbeitspflicht, während das Fehlen anderer (im Regelfall freilich auch vorliegender) Umstände, wie zB die längere Dauer des Beschäftigungsverhältnisses oder ein das Arbeitsverfahren betreffendes Weisungsrecht des Arbeitsempfängers (dann, wann die unterscheidungskräftigen Kriterien kumulativ vorliegen) persönliche Abhängigkeit nicht ausschließt." 5.6. Für den gegenständlichen Fall heißt das, wenn auch die beiden Damen grundsätzlich hinsichtlich Arbeitszeit und Arbeitspflicht frei nach eigenem Gutdünken handeln konnten, dennoch anzunehmen ist, daß sie aufgrund ihrer einige Jahre zurückliegenden Beschäftigung entsprechend genau um die Gepflogenheiten im gegenständlichen Betrieb wußten und somit diese konkludent zum Inhalt ihres (atypischen) Dienstvertrages bzw. Arbeitsvertrages für diesen einen Tag gemacht haben. Durch den tatsächlichen Dienstantritt der beiden Damen ist somit infolge der faktischen Arbeitsleistung letztlich der Arbeitsvertrag gültig zustande gekommen und erfüllt worden. Sicherlich hätten die Arbeitnehmerinnen sanktionslos (da sie nicht beim Bw ständig beschäftigt waren) ihre Arbeit abbrechen können oder überhaupt nicht zum "Dienst erscheinen" können; dann wäre aber auch im gegenständlichen Fall der Arbeitsvertrag nicht zustande gekommen. Da sich aber die beiden Arbeitnehmerinnen insofern "wie normal beschäftigte Arbeitnehmerinnen" verhalten haben, weiters um sämtliche Gepflogenheiten usw. aufgrund ihrer früheren Beschäftigung ausreichend Bescheid gewußt haben, bedurfte es keinerlei weiterer zusätzlicher diesbezüglicher Anordnungen über Arbeitszeit oder Arbeitsverhalten. Eine andere Annahme wäre im vorliegenden Fall eher lebensfremd. Daher nimmt auch der O.ö. Verwaltungssenat im gegenständlichen Fall - abweichend zum h. Erkenntnis vom 14.5.1996, VwSen-280078/8/Le/Km, an, daß ein - wenn auch atypischer - Arbeitsvertrag jedenfalls vorlag.

5.7 In diesem Zusammenhang ist noch auf die zutreffenden Ausführungen im h. Erkenntnis vom 10.7.1995, VwSen-280072/15/Gu/Atz, betreffend einen ähnlich gelagerten Fall, hinzuweisen, die deshalb auch für den gegenständlichen Fall zutreffen. Dort wurde unter anderem folgendes ausgeführt:

"Die Tätigkeit der beiden Zeuginnen im Textilgeschäft der Beschuldigten durch mehrere Stunden des 8. Dezember 1994 stellte keine klassische Form eines Beschäftigungsverhältnisses dar. Sie wies sowohl Anknüpfungspunkte für eine spontane Hilfe, wie sie in Nachbarschaft und Bekanntschaft üblich sind, auf. Andererseits bestanden jedoch auch Indizien, die für das Zustandekommen eines, wenn auch nur kurzfristigen Beschäftigungsverhältnisses, sprechen. Fest steht, daß aufgrund der bürgerlich rechtlichen Vorschriften ein Arbeitsvertrag formfrei abgeschlossen werden kann, daher auch mündlich zustandekommen kann. Wird über die Höhe der Gegenleistung nichts vereinbart, dann gilt das gewöhnlich für die entsprechenden Arbeiten zustehende Entgelt als bedungen. Wenngleich die Zeuginnen angaben, jederzeit das Geschäft wieder verlassen zu können, so fühlten sie sich insgesamt aber aufgrund des Ersuchens der Beschuldigten, zu erscheinen und beim Verkauf zu helfen, verpflichtet. Die Zeuginnen erwarteten und erhielten tatsächlich für ihre Tätigkeiten ein Entgelt und für die Beschuldigte war es selbstverständlich, daß diese Hilfe nicht ohne erwartete Gegenleistung stattfand.

Im Geschäft selbst unterlagen sie dem Weisungsrecht der Beschuldigten. Bei der Abwägung der Indizien, welche für und welche gegen das Vorliegen von Arbeitsverhältnissen sprachen, gelangte der O.ö. Verwaltungssenat letztendlich zur Überzeugung, daß das Ausmaß der Nachbarschafts- bzw. Bekanntschaftshilfe überschritten wurde und ein Arbeitsverhältnis vorlag. Der kurzen Dauer und der jederzeitigen Möglichkeit am 8. Dezember das Geschäft zu verlassen, stand die Einhaltung der Zusage der Mithilfe, sohin des sich Gebundenfühlens an die mündliche Vereinbarung in Erwartung der Gegenleistung sowie der Weisungsgebundenheit bei der Tätigkeit im Geschäft selbst gegenüber. Die Gewichtung der Umstände veranlaßt den O.ö. Verwaltungssenat in der bestehenden Grauzone gerade noch ein Arbeitsverhältnis zu erblicken. Daß die beiden Zeuginnen vom Blickwinkel eines sozialen Druckes in keinem Abhängigkeitsverhältnis zur Beschuldigten standen, weil sie wegen ihres anderweitig gesicherten Daseins das unselbständige Erwerbseinkommen vom 8. Dezember nicht notwendig hatten, konnte über die Tatsache nicht hinweghelfen, daß eine mündliche vertragliche Bindung zustandegekommen war. Auf der subjektiven Tatseite ist der Beschuldigten nur ein geringer Grad des Verschuldens anzulasten, zumal sie bestehendes Stammpersonal nicht einsetzte und daher auch keinen Druck auf dieses ausübte, sondern im guten Glauben an einer Aussendung der Handelskammer Grieskirchen bezüglich der Zulässigkeit der Verwendung von Familienangehörigen Maß nahm und - mangels solcher geeigneter Personen im eigenen Familienkreis - auf die Bekanntschaft zurückgriff in der Meinung, daß auch hiebei der Sinn des Gesetzes (Verbotes) gewahrt werde. Eine Vergewisserung bei der Behörde wäre ihr allerdings in dem sensiblen Bereich zumutbar gewesen, sodaß sie sich ein Versehen anrechnen lassen mußte, welches allerdings von keinem besonderen Gewicht war".

5.8. Diese Ausführungen treffen auch hier vollinhaltlich zu, da die Beschäftigung der beiden Damen nach genau demselben Muster (lediglich ehemalige Arbeitnehmerinnen, freie Wahl der Mithilfe hinsichtlich Arbeitszeit, kein ausdrücklich vereinbartes Entgelt, Leistung eines "freiwilligen" Trinkgeldes seitens des Bw usw.) erfolgte. 6.1. Hinsichtlich der Beschäftigung am 8. Dezember handelt es sich um einen klassischen Fall der Wertewandlung der Gesellschaft in Ansehung der Feiertagsruhe, der letztendlich der Gesetzgeber Rechnung getragen hat. Schon im angeführten zitierten Erkenntnis wurde in diesem Zusammenhang weiters ausgeführt:

"§ 7 des ARG nimmt in wesentlichen Teilen auf Artikel IX des Konkordates zwischen der Republik Österreich und dem Hl. Stuhl Rücksicht, wonach die Republik Österreich die von der katholischen Kirche festgesetzten Feiertage anerkennt. Diese sind: alle Sonntage; Neujahrstag; Epiphanie (6. Jänner); Himmelfahrtstag; Fronleichnam; Fest der Hl. Apostel Peter und Paul (29. Juni); Maria Himmelfahrt (15. August); Allerheiligen (1. November); Tag der unbefleckten Empfängnis (8. Dezember); Weihnachtstag (25. Dezember). Zweck der Gesetzesbestimmungen ist es, an den für die Katholiken geltenden Feiertagen, den Gläubigen Gelegenheit zum Besuch des Gottesdienstes und für die Praktizierung religiöser Gebräuche frei zu geben. Es ist eine offenkundige Tatsache, daß aufgrund jüngster Untersuchungen der Gottesdienstbesuch, von dem dem Taufschein nach als katholisch registrierten Teil der österreichischen Bevölkerung, von kaum einem Viertel dieser Bevölkerung tatsächlich noch praktiziert wird und daher eine weitgehende Zwecktentfremdung stattfand. Medizinische (insbesondere arbeitsmedizinische) Untersuchungen mit dem Ergebnis, daß der 8. Dezember - wenn er nicht gerade an einen Sonntag fällt - als Zeit der Arbeitsruhe zur Erholung der Bevölkerung notwendig wäre und daß die Arbeitsruhe über den religiösen Ansatzpunkt hinaus dringend geboten erschiene, sind nicht bekannt".

6.2. Aus diesen Gründen wurde im zitierten Erkenntnis nur noch eine Ermahnung gemäß § 21 Abs.1 VStG erteilt.

6.3. Mit BGBl.Nr. 804/1995 wurde dieser gesellschaftlichen Wertewandlung Rechnung getragen und das Arbeitsruhegesetz sowie das Sonn- und Feiertagsbetriebszeitengesetz entsprechend geändert. Mit Art.I wurde ein § 13a (Sonderregelung für den 8. Dezember) eingefügt, der die Beschäftigung von Arbeitnehmern am 8. Dezember in Verkaufsstellen gemäß § 1 Abs.1 und 3 des Öffnungszeitengesetzes BGBl.Nr. 50/1992 für zulässig erklärt, wenn der 8. Dezember auf einen Werktag fällt. Der Arbeitnehmer hat dabei das Recht, die Beschäftigung am 8. Dezember auch ohne Angabe von Gründen abzulehnen. Kein Arbeitnehmer darf wegen der Weigerung, am 8. Dezember der Beschäftigung nachzugehen, benachteiligt werden.

Diese Bestimmung trat gemäß der ausdrücklichen gesetzlichen Anordnung mit 1. Dezember 1995 in Kraft. 6.4. Im vorliegenden Fall handelte es sich beim 8. Dezember 1994 um einen Donnerstag, sohin um einen Werktag. Auch gab es keine Hinweise, daß die beiden Damen die Beschäftigung abgelehnt hätten, noch dazu da sie keine eigentlichen Arbeitnehmerinnen des Bw mehr waren bzw. die Mithilfe offenbar ihren Wünschen entsprach. Aus dem gesamten Akteninhalt ergibt sich, daß es sich bei den gegenständlichen Geschäften des Bw in Grieskirchen zweifelsfrei um Verkaufsstellen im Sinne des § 1 Abs.1 des Öffnungsgesetzes 1991 handelte (Kleinverkauf von Waren).

6.5. Gemäß § 1 Abs.1 VStG kann eine Tat (Handlung oder Unterlassung) als Verwaltungsübertretung nur bestraft werden, wenn sie vor ihrer Begehung mit Strafe bedroht war.

Diese Voraussetzungen liegen im gegenständlichen Fall vor, zumal zum Tatzeitpunkt die Beschäftigung von Arbeitnehmern am 8. 12. eindeutig einen Verstoß gegen § 7 Abs.1 und § 27 Abs.1 ARG darstellte.

Gemäß § 1 Abs.2 VStG richtet sich die Strafe nach dem zur Zeit der Tat geltenden Recht, es sei denn, daß das zur Zeit der Fällung des Bescheides in erster Instanz geltende Recht für den Täter günstiger wäre.

§ 1 Abs.2 VStG regelt sohin den Fall, daß zwischen dem Zeitpunkt der Begehung der Verwaltungsübertretung und dem Zeitpunkt der Bestrafung (Erlassung des Bescheides) die Strafe der (in beiden Zeitpunkten geltenden) Strafnorm geändert wurde. Nur in diesem Fall wird von der Regel, daß sich die Strafe nach dem zur Zeit der Tat geltenden Recht richtet, abgegangen, falls das zur Zeit der Fällung des Bescheides in erster Instanz geltende Recht für den Täter günstiger wäre (Rückwirkung der günstigeren Strafnorm).

Im gegenständlichen Fall gab es zwischen dem Tatzeitpunkt am 8.12.1994 und der Erlassung des Straferkenntnisses am 2.3.1995 (Zustellzeitpunkt) keine Rechtsänderung; hingegen trat die oben angeführte, mit BGBl.Nr. 804/1995 eingeleitete Rechtsänderung, mit der § 13a ARG rückwirkend mit 1.12.1995 in Kraft getreten ist, erst im Laufe des Berufungsverfahrens ein.

6.6. So hat der VwGH erkannt, daß Rechtsänderungen nach abgeschlossener Tat bei Fehlen einer besonderen, gegenteiligen Übergangsregelung (wie im gegenständlichen Fall) die bereits eingetretene Strafbarkeit nicht berühren und haben, wenn Taten der gleichen Art auch weiterhin strafbar bleiben, gemäß § 1 Abs.2 VStG nur hinsichtlich der Strafe die Folge, daß ein etwaiges nunmehr dem Täter günstigeres Recht zur Anwendung zu kommen hat (VwSlg. 4074A/1956). Nur dann, wenn die der Bf zur Last gelegte Tat im Zeitpunkt der Fällung des Bescheides erster Instanz überhaupt nicht mehr strafbar gewesen wäre, hätte sie, wie aus § 1 Abs.2 VStG geschlossen werden müßte, nicht mehr bestraft werden dürfen (VwGH 27.3.1979, Zl. 1463/78). Sohin ist auch die Rechtsänderung erst während des Berufungsverfahrens grundsätzlich unbeachtlich.

6.7. Im gegenständlichen Fall ist bei Gewichtung des Unrechtsgehaltes festzuhalten, daß - wie bereits oben ausgeführt - die beiden Frauen bei ihrer Arbeit am 8.12.1994 in den Betrieben des Beschuldigten unter keinem moralischen oder sozialen Druck gestanden sind, weil sie im Falle einer Absage keinerlei dienstrechtliche Konsequenzen zu befürchten gehabt hätten zumal sie, wie bereits aufgezeigt, nicht in einem "klassischen" Dienstverhältnis zum Bw standen. Nachdem sohin keine Folgen der Übertretung gegeben waren und der Unrechtsgehalt (insbesondere in Verbindung mit dem eingetretenen Wertewandel sowie im Hinblick auf die nunmehr erfolgte Rechtsänderung) nur unbedeutend wog, war in der Zusammenschau mit dem Umstand, daß beim Bw nur ein geringes Verschulden anzunehmen war, von einem Strafausspruch abzusehen und im Sinne des § 21 Abs.1 VStG eine Ermahnung auszusprechen, um beim Bw künftig die Aufmerksamkeit zu schärfen und ihn vor weiteren ähnlichen Handlungen abzuhalten.

7. Aus all diesen Gründen war spruchgemäß zu entscheiden, wobei zufolge der Anordnung des § 65 VStG der Beschuldigte keinerlei Verfahrenskostenbeiträge zu leisten hat.

Rechtsmittelbelehrung: Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis: Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Dr. Schieferer Beschlagwortung: 8. Dezember; atypisches Beschäftigungsverhältnis, Sonn- und Feiertagsruhe; Konkordat

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