Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-280086/5/Schi/Ka

Linz, 18.12.1995

VwSen-280086/5/Schi/Ka Linz, am 18. Dezember 1995 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch das Mitglied Dr. Schieferer über die Berufung des F S, vertreten durch Rechtsanwälte gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Rohrbach vom 24.4.1995, Ge96-7-1994, wegen einer Übertretung nach dem Arbeitnehmerschutzgesetz, zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

II. Der Berufungswerber hat keine Beiträge zu den Kosten des Strafverfahrens zu leisten.

Rechtsgrundlage:

zu I.: § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG, BGBl. Nr. 51/1991 idF BGBl.Nr. 471/1995, iVm §§ 24, 45 Abs.1 Z 3, 51 Abs.1, 51c, 51d und 51e Abs.1 Verwaltungsstrafgesetz 1991 - VStG, BGBl.Nr.52/1991 idF BGBl.Nr.620/1995; zu II: § 66 Abs. 1 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde über den Berufungswerber gemäß § 31 Abs.3 lit.c Arbeitnehmerschutzgesetz (ASchG) wegen Übertretung nach § 15 Abs.1 Arbeitnehmerschutzgesetz iVm § 87 Abs.3 Allgemeine Arbeitnehmerschutzverordnung (AAV) eine Geldstrafe in der Höhe von 5.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe: vier Tage) kostenpflichtig verhängt, weil der Berufungswerber (Bw) am 16.12.1993 den Steinmetzbetrieb Werk I (Altbau) im Standort S, betrieben habe, obwohl der Aufenthaltsraum nicht entsprechend lüftbar war. Die einzige Maueröffnung führte in die Steinmetzwerkstätte.

2.1. Dagegen hat der Bw mit Schriftsatz vom 10.5.1995 rechtzeitig Berufung erhoben und beantragt, der Berufung Folge zu geben und das Straferkenntnis zu beheben und das Strafverfahren einzustellen, in eventu die verhängte Geldstrafe schuldangemessen herabzusetzen.

2.2. Mit ergänzendem Schriftsatz vom 22.8.1995 hat der Bw zur Verwertung im anhängigen Berufungsverfahren die Berufungsvorentscheidung der BH Rohrbach vom 14.8.1995, Ge96-8-1994 sowie die Beschlüsse des Landesgerichtes Linz vom 14. und 15.12.1993 vorgelegt und darauf hingewiesen, daß die Einzelfirma F S seit 24.11.1993 nicht mehr existiere, die Löschung der Einzelfirma mit Beschluß des Landesgerichtes Linz als zuständiges Firmenbuchgericht am 15.12.1993 bewilligt wurde; die Löschung sei am 16.12.1993 erfolgt. Die Einzelfirma sei in die Firma F S, Natur- und Kunststeinerzeugung GesmbH eingebracht worden. Da die Eigenschaft "als zur Vertretung nach außen befugtes Organ" zum gesetzlichen Tatbild einer Übertretung der auch hier in Rede stehenden Vorschrift gehörte, wäre das Verwaltungsstrafverfahren infolge Ablauf der Verfolgungsverjährung ohne weitere Beweisaufnahme zur Einstellung zu bringen.

2.3. In der angeführten, ein anderes Verwaltungsstrafverfahren betreffenden, Berufungsvorentscheidung der BH Rohrbach wurde begründend im wesentlichen ausgeführt, daß im Hinblick auf den Tatzeitpunkt 16.12.1993 die Einzelfirma F S nicht mehr existiert, weshalb das angefochtene Straferkenntnis zu beheben und das Verwaltungsstrafverfahren gegen den Beschuldigten einzustellen war, wobei das Arbeitsinspektorat für den 9. Aufsichtsbezirk der Einstellung zugestimmt hat.

3.1. Die Strafbehörde hat keine Berufungsvorentscheidung erlassen, sondern - als nunmehr belangte Behörde - die Berufung samt Strafakt vorgelegt. Von einer Gegenäußerung zum Berufungsvorbringen hat die belangte Behörde abgesehen.

3.2. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich ist in diesem Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 51 Abs.1 VStG als Berufungsbehörde zuständig und entscheidet gemäß § 51c durch (nur) eines seiner Mitglieder, weil keine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde.

Der O.ö. Verwaltungssenat hat mit Schreiben vom 25.8.1995 die vorliegende Berufung samt Berufungsergänzung einschließlich der bezughabenden Beilagen gemäß § 15 Abs.6 iVm § 11 Abs.1 ArbIG 1993 dem verfahrensbeteiligten Arbeitsinspektorat für den 9. Aufsichtsbezirk in Linz zur Kenntnis und Stellungnahme bis längstens 1.10.1995 übermittelt. Trotz einer fernmündlichen Urgenz ist bislang eine Äußerung nicht eingelangt.

3.3. Aus der Akteneinsicht hat der unabhängige Verwaltungssenat einen genügend geklärten Sachverhalt vorgefunden, so daß sich der unabhängige Verwaltungssenat ein klares und abschließendes Bild über die maßgebenden Sachverhaltselemente machen kann. Weitere Beweise sind nicht mehr aufzunehmen. Diesen Sachverhalt legt der unabhängige Verwaltungssenat auch seiner Entscheidung zugrunde.

3.4. Schon aus der Einsicht in den gegenständlichen Strafakt, zu Zl.Ge96-7-1994 in Verbindung mit der Berufung und insbesondere dem ergänzenden Schriftsatz des Bw vom 22.8.1995 war ersichtlich, daß das angefochtene Straferkenntnis - gemäß § 51e Abs.1 VStG - ohne öffentliche mündliche Verhandlung aufzuheben ist.

4. In rechtlicher Hinsicht hat der unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

4.1. Gemäß § 44a Z1 VStG hat der Spruch eines Straferkenntnisses, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten. Danach ist es rechtlich geboten, die Tat hinsichtlich des Täters und der Tatumstände so genau zu umschreiben, daß a) die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale ermöglicht wird, und b) die Identität der Tat (insbes. nach Ort und Zeit) unverwechselbar feststeht.

Im Sinne der Anforderung nach lit.a sind entsprechende, dh.

in Beziehung zum vorgeworfenen Straftatbestand stehende, wörtliche Anführungen erforderlich, die nicht etwa durch bloße paragraphenmäßige Zitierung von Gebots- oder Verbotsnormen ersetzt werden können.

Hingegen verlangt die Anforderung nach lit.b (unverwechselbares Festhalten der Identität der Tat), daß im Spruch des Straferkenntnisses dem Beschuldigten die Tat insoweit in konkretisierter Umschreibung zum Vorwurf gemacht werden muß, als er in die Lage versetzt wird, im ordentlichen Verwaltungsstrafverfahren (und gegebenenfalls im außerordentlichen Verfahren) auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen, und es muß weiters der Spruch geeignet sein, den Beschuldigten rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden.

4.2. Gemäß § 31 Abs.1 und 2 VStG ist die Verfolgung einer Person unzulässig, wenn gegen sie binnen der Verjährungsfrist von sechs Monaten von der Behörde keine Verfolgungshandlung vorgenommen worden ist. ISd § 32 Abs.2 VStG ist Verfolgungshandlung jede von einer Behörde gegen eine bestimmte (physische) Person als Beschuldigten gerichtete Amtshandlung. Eine solche Verfolgungshandlung muß sich ferner auf eine bestimmte Tatzeit, einen bestimmten Tatort und sämtliche Tatbestandselemente der durch die Tat verletzten Verwaltungsvorschrift iSd § 44a Z2 VStG beziehen (vgl. Ringhofer, Verwaltungsverfahren II., zu § 32 E5 sowie E30 ff).

4.3. Aufgrund der vorgelegten Beschlüsse des Landesgerichtes Linz vom 14. und 15. Dezember 1993 steht fest, daß mit Anmeldung vom 24.11.1993 die Einbringung des Einzelunternehmens "F S, Natur- und Kunststeinerzeung" in die Gesellschaft "F S Steinbaugesellschaft mbH" (Einbringung nach Art.IV UmgrStG) vom Landesgericht Linz zur Kenntnis genommen, wobei mit Beschluß vom 15.12.1993 die Einzelfirma F S, Natur- und Kunststeinerzeugung gelöscht wurde.

Zum Tatzeitpunkt im Straferkenntnis (16.12.1993) existierte sohin tatsächlich die Einzelfirma F S nicht mehr.

4.4. Nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes muß aber in der Tatumschreibung gemäß § 44a Z1 VStG zum Ausdruck kommen, ob ein bestimmter Beschuldigter die Tat in eigener Verantwortung oder als der für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften durch juristische Personen oder Personengemeinschaften ohne Rechtspersönlichkeit strafrechtlich Verantwortliche begangen hat (VwGH verstärkter Senat vom 16.1.1987, 86/18/0073).

Das heißt für den gegenständlichen Fall, daß - selbst wenn der Bw F S als nach außen zur Vertretung befugtes Organ der neuen GesmbH für den gegenständlichen Vorfall verantwortlich gewesen ist - diesfalls im Spruch des Straferkenntnisses diese Eigenschaft der Verantwortung als wesentliches Tatbestandsmerkmal zum Ausdruck gebracht hätte werden müssen. Dazu kommt noch, daß eine allfällige Bezeichnung im Spruch lediglich als Geschäftsführer und sohin als das zur Vertretung nach außen berufene Organ ebenfalls nicht den Tatbestandsmerkmalen des § 44a Z1 VStG entsprochen hätte, denn nach der diesbezüglichen Judikatur des VwGH wäre auch erforderlich gewesen, daß die eindeutige Anführung der Art der Organfunktion (z.B. handelsrechtlicher Geschäftsführer) angeführt werden hätte müssen (VwGH 14.11.1989, Zl.88/04/0134). Da es sich hierbei außerdem um ein wesentliches Tatbestandsmerkmal handelte, war im Hinblick auf die im § 31 Abs.2 VStG enthaltene 6-monatige Verfolgungsverjährungsfrist eine entsprechende Sanierung durch den O.ö. Verwaltungssenat nicht mehr möglich.

5. Es war somit der Berufung insofern Folge zu geben und das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben sowie das gegenständliche Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs.1 Z3 VStG einzustellen.

6. Bei diesem Verfahrensergebnis entfällt auch die Verpflichtung zur Leistung jeglicher Strafkostenbeiträge.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. Schieferer

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