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des Landes Oberösterreich
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VwSen-280109/10/Gu/Atz

Linz, 22.08.1995

VwSen-280109/10/Gu/Atz Linz, am 22. August 1995 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Hans GUSCHLBAUER über die Berufung des G. M., vertreten durch Rechtsanwalt Mag. J.

W. Z., gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes Wels-Land vom 23.5.1995, Zl.Ge96-78-1994/KM/Dw, wegen Übertretung des Arbeitszeitgesetzes, zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird hinsichtlich des Faktums A) des angefochtenen Straferkenntnisses keine Folge gegeben und wird dieses diesbezüglich bestätigt.

Die Schuldsprüche zu den Fakten B) und C) werden bestätigt.

Die hiezu jeweils ausgesprochenen Geldstrafen werden auf je 4.000 S, die Ersatzfreiheitsstrafen auf je 2 Tage herabgesetzt. Die Zitierung der verletzten Rechtsvorschriften wird auf "Arbeitszeitgesetz" BGBl.Nr. 461/1969 i.d.F. vor der Novelle BGBl.Nr. 446/1994 berichtigt.

II. Der Rechtsmittelwerber hat als Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens zu Punkt A) den Betrag von 1.200 S binnen zwei Wochen nach Zustellung der schriftlichen Ausfertigung an den O.ö. Verwaltungssenat zu leisten.

Die erstinstanzlichen Verfahrenskostenbeiträge zu den Fakten B) und C) des Straferkenntnisses werden auf jeweils 400 S herabgesetzt.

Rechtsgrundlage:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm § 24, § 5 Abs.1 VStG, § 9 Abs.2, § 22 VStG, § 19 VStG, 28 Abs.1 lit.a AZG iVm § 16, § 14, § 12 AZG.

zu II.: § 64 Abs.1 und 2 VStG.

Entscheidungsgründe:

Mit dem angefochtenen Straferkenntnis Ge96-78-1994/KM/Dw wurden über den Berufungswerber als verantwortlichen Beauftragten gemäß § 9 Abs.2 VStG und Bevollmächtigten nach § 28 Arbeitszeitgesetz der Firma G. KG, 4650 Edt/Lambach, L... Straße .., drei Verwaltungsstrafen verhängt, da er es zu verantworten habe, daß der Lenker P. K., geb.16.12.1953, wie anläßlich einer vom Arbeitsinspektorat Vöcklabruck durchgeführten Überprüfung der Tachographenschaublätter in Suben (Grenzübergang A8) festgestellt wurde, zu folgenden ungesetzlichen Arbeitsleistungen herangezogen worden sei und zwar:

A) durch eine Überschreitung der Einsatzzeit am 1.3.1994 von 6.20 Uhr bis 22.35 Uhr um 2 Stunden 15 Minuten, was einen Verstoß gegen § 16 AZG, BGBl.Nr.461/1969 idgF darstelle und hiefür mit einer Geldstrafe von 6.000 S, im Falle der Uneinbringlichkeit mit einer Ersatzfreiheitsstrafe von 3 Tagen gemäß § 28 Abs.1 lit.a AZG, BGBl.Nr.464/1994 bestraft wurde; B) durch eine Überschreitung der Lenkzeit in der Einsatzzeit am 1.3.1994 um 1 Stunde 45 Minuten; das stelle einen Verstoß gegen § 14 AZG, BGBl.Nr.461/1969 idgF dar und wurde mit einer Geldstrafe von 6.000 S bzw im Falle der Uneinbringlichkeit mit einer Ersatzfreiheitsstrafe von 3 Tagen gemäß § 28 Abs.1a AZG bestraft, sowie C) durch eine Unterschreitung der Ruhezeit von 1.3.1994 22.35 Uhr bis 2.3.1994 6.40 Uhr um 1 Stunde 55 Minuten, somit ein Verstoß gegen § 12 AZG, BGBl.Nr.461/1969 idgF.

Hiefür wurde der Beschuldigte mit 6.000 S, falls uneinbringlich mit 3 Tagen Ersatzfreiheitsstrafe bestraft.

In der Begründung wurde auf die Anzeige des Arbeitsinspektorates für den 19. Aufsichtsbezirk, 4600 Wels, vom 29.3.1994, Zl. 2260/3-19/94, verwiesen. Bei der niederschriftlichen Vernehmung am 20.5.1994 habe der Berufungswerber zum Vernehmungsgegenstand keine konkrete Äußerung gemacht aber zur Kenntnis genommen, daß ein Straferkenntnis ergehen werde. Als straferschwerend wertete die Bezirkshauptmannschaft Wels-Land die rechtskräftigen Strafen in den Verfahren Ge-2320/1992+1/Km/Ze (hinsichtlich der §§ 12, 14 und 16 AZG), Ge-2322/1990+1 (hinsichtlich § 16 AZG) und Ge-2309/1991+1 (hinsichtlich § 14 AZG).

Strafmildernde Umstände wurden von der Behörde erster Instanz nicht veranschlagt. Die niederschriftlich bekannt gegebenen Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse wurden in die Überlegungen zur Strafbemessung einbezogen.

2. In seiner rechtzeitigen Berufung vom 12.6.1995 ficht der Berufungswerber das Straferkenntnis zur Gänze an. Der Berufungswerber führt zu seiner Verteidigung an, daß er dem Lenker P. K. vor Antritt seiner Fahrt die klare Weisung erteilt habe, die gesetzlich vorgeschriebenen Einsatzzeiten, Lenkzeiten und Ruhezeiten genau einzuhalten. Der Berufungswerber wirft die Frage auf, wie der verantwortliche Beauftragte neben der Erteilung einer entsprechenden Weisung dafür Sorge tragen solle, daß der Kraftfahrer die entsprechenden Zeiten genau einhält.

Der Berufungswerber führt weiters ins Treffen, daß die Überschreitung der Einsatzzeit gleichzeitig die Überschreitung der Lenkzeit und die Unterschreitung der Ruhezeit bedinge. Die entsprechenden Über- bzw Unterschreitungen der einzuhaltenden Zeiten seien am selben Tag, nämlich am 1.3. bzw dem Übergang vom 1.3. zum 2.3.1994 erfolgt. Er zieht daraus den Schluß, daß ihm daher nicht gleichzeitig drei Vorwürfe nach den §§ 12, 14 und 16 Arbeitszeitgesetz gemacht werden können, sondern vielmehr ein einziger nach einer dieser Bestimmungen. Der Berufungswerber ficht die im vorbezeichneten Straferkenntnis verhängten Geldstrafen auch der Höhe nach an. Die Bezirkshauptmannschaft Wels-Land hätte bei Erlassung des Straferkenntnisses gemäß § 19 Abs.2 VStG bei der Bemessung der Geldstrafe die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse berücksichtigen müssen. Der Berufungswerber weist daraufhin, daß seine Darlehensverbindlichkeiten für das von ihm geschaffene Einfamilienhaus weit über 1,5 Mio. Schilling betragen. Zudem sei eines seiner beiden Kinder, nämlich der 7-jährige Sohn Spastiker und demzufolge schwer behindert. Daraus erwachsen erhebliche finanzielle Aufwendungen, da der Sohn wöchentlich außer Haus im Zuge einer Therapie behandelt werden müsse.

3. Am 28.7.1995 wurde die öffentliche mündliche Verhandlung durchgeführt. Der Berufungswerber G. M. ist gemeinsam mit seinem Rechtsvertreter Mag. J. W. Z. erschienen. Als Vertreter des Arbeitsinspektorates für den 19.

Aufsichtsbezirk kam Ing. H., die Bezirkshauptmannschaft Wels-Land wurde von Mag. G. R. vertreten.

4. Der im erstinstanzlichen Verfahren festgestellte Sachverhalt wurde vom Beschwerdeführer weder in der Berufung noch in der mündlichen Verhandlung in Abrede gestellt und wird auch vom O.ö. Verwaltungssenat als erwiesen angesehen.

Die am 28.2.1991 vorgenommene Bestellung des G. M. zum verantwortlichen Beauftragten gemäß § 9 Abs.2 VStG und Bevollmächtigten nach § 31 Abs.2 Arbeitnehmerschutzgesetz bzw nach § 28 Arbeitszeitgesetz für die G. KG, 4650 Lambach, L. Straße .., ist nach wie vor in Geltung.

Darüber hinaus ist auf Grund der glaubhaften Rechtfertigung des Beschuldigten und der Einschau in die Niederschrift des Arbeitsinspektorates Wels vom 2.3.1994 folgendes erwiesen:

Der Berufungswerber ist für den Fuhrpark von ca. 200 LKW der G. KG samt der dazugehörigen Firmengruppen verwaltungsstrafrechtlich verantwortlich. Acht bis zehn Leute sind speziell dafür tätig, Routeneinteilungen vorzunehmen und die bestehenden Daueraufträge und Spontanaufträge abzuwickeln. Am 2.3.1994 war der Fahrer P.

K., geb.16.12.1953, mit einer Ladung Industriegüter ins Ausland unterwegs. Bei einer vom Arbeitsinspektorat Vöcklabruck durchgeführten Überprüfung der Tachographenschaublätter in Suben (Grenzübergang A8) wurde festgestellt, daß der Lenker P. K.:

a) am 1.3.1994 die höchstzulässige Einsatzzeit von 14 Stunden zwischen 6.20 Uhr und 22.35 Uhr um 2 Stunden 15 Minuten überschritten hat, b) die höchstzulässige Lenkzeit von 8 Stunden in der Einsatzzeit am 1.3.1994 um 1 Stunde 45 Minuten überschritten hat und c) die Ruhezeit von mindestens 10 Stunden vom 1.3.1994 22.35 Uhr bis 2.3.1994 6.40 Uhr um 1 Stunde 55 Minuten unterschritten hat.

5. Die mündliche Vernehmung des Beschuldigten hat ergeben, daß das Kontrollnetz nicht so dicht ist, daß Verwaltungsübertretungen der vorgeworfenen Art verhindert werden können. Angesichts des so großen Fuhrparks ist eine Überwachung der Fahrer vom Standort der Zentrale aus bei dem tatsächlich organisierten Netz nicht so verläßlich zu handhaben, daß die Einhaltung der Lenk-, Einsatz- und Ruhezeit garantiert werden kann. Im gegebenen Fall insbesondere deshalb, weil die Fa. G. KG es ihrem Lenker freistellte, mit dem LKW nach Hause zu fahren, und von dort aus am nächsten Tag sofort die Be- bzw. Entladestelle anzufahren. Dies bedingt, daß die Tachographenscheibe sowohl die Heimfahrt als auch die Fahrt zum Lade- bzw. Entladeort aufzeichnet und der Verantwortliche des Unternehmens die gesetzlich vorgeschriebenen Lenk-, Einsatz- und Ruhezeiten nicht kontrollieren kann.

Aber die auch einmal im Monat an einem Montag vormittag durchgeführten Besprechungen, in denen auch die Einsatz-, Lenk- und Ruhezeiten zur Sprache kommen, können deren Einhaltung nicht garantieren.

Dem Beschuldigten fällt daher ein erhebliches Zurückbleiben seines Verhaltens hinter einem sorgfältigen Beauftragten oder Bevollmächtigten zur Last.

Wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Judikatur auch ausspricht, sind gerade Betriebe dieser Größenordnung prädestiniert, hinsichtlich der verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortung räumliche oder sachliche Abgrenzungen bezüglich der zu bestellenden Personen vorzunehmen, sodaß daher beim Vorhandensein von mehreren Verantwortlichen die Überwachung zielorientiert und sorgfältig gestaltet werden kann.

Der Unrechtsgehalt bei den maßgeblichen Überziehungen der Lenk- und Einsatzzeit ist beträchtlich, da die Lenker selbst und auch die anderen Straßenbenützer ernsthaft gefährdet werden.

Die drei Fakten waren selbständig zu ahnden, da ihre Begehungsform nicht in Konsumtion standen (vergl. die ständige Judikatur des VwGH und VfGH zu § 22 VStG).

6. Zur Strafhöhe war unter Berücksichtigung des hohen Unrechtsgehaltes und des gewichtigen Verschuldens zu bedenken:

Angesichts der zwei erschwerenden rechtskräftigen Vorstrafen war die Ausschöpfung des Strafrahmens auch bei Berücksichtigung der persönlichen Verhältnisse erforderlich.

Hinsichtlich der Überschreitung der Lenkzeit und Unterschreitung der Ruhezeit war allerdings der Unrechtsgehalt der von Punkt A) beschriebenen und geahndeten Überschreitung der Einsatzzeit zum Teil miterfaßt.

Auch die Berücksichtigung des Monatseinkommens von 20.000 S und das Eigentum eines mit 1,5 Mio. Schilling belasteten Hauses bei Sorgepflichten für Gattin und 2 Kindern, wovon für eines besondere Aufwendungen anfallen, vermochten in der Gesamtsicht keine, bzw keine weitere Reduzierung der Strafen bewirken.

Aus oben genannten Gründen war spruchgemäß zu entscheiden.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Ergeht an:

1. Herrn G. M., 4650 Edt/Lambach, L. Straße 20, z.Hd. Herrn Rechtsanwalt Mag. J. W. Z., M..., 4650 Lambach; 2. Arbeitsinspektorat für den 19. Aufsichtsbezirk zur Zahl 2260/3-19/94, Edisonstraße 2, 4600 Wels; 3. Bezirkshauptmannschaft Wels-Land, Herrengasse 8, 4600 Wels, unter Aktenrückschluß zu Ge96-78-1994-KM/ZE vom 26.6.1995 mit dem Ersuchen um nachweisbare Zustellung einer Erkenntnisausfertigung an die vorstehenden Parteien.

Beilagen Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. Guschlbauer

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