Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-280111/10/Kl/Rd

Linz, 11.12.1995

VwSen-280111/10/Kl/Rd Linz, am 11. Dezember 1995 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch das Mitglied Dr. Klempt über die Berufung des Dkfm. G W, vertreten durch RA gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen vom 6.6.1995, Ge96-44-1995-Bi, wegen einer Verwaltungsübertretung nach der Allgemeinen Arbeitnehmerschutzverordnung nach öffentlicher mündlicher Verhandlung am 4.12.1995 zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis mit der Maßgabe bestätigt, daß der Spruch wie folgt zu ergänzen ist:

"... der G W, Leder und Extrakte KG und sohin als nach § 9 Abs.1 VStG zur Vertretung nach außen berufenes Organ zu verantworten, daß ...".

II. Der Berufungswerber hat zum Verfahren vor dem unabhängigen Verwaltungssenat einen Kostenbeitrag in der Höhe von 1.000 S, ds 20 % der verhängten Strafe, binnen 14 Tagen ab der Zustellung bei sonstiger Exekution zu leisten.

Rechtsgrundlagen:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 19 und 51 VStG.

zu II.: § 64 Abs.1 und 2 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Mit Straferkenntnis der BH Grieskirchen vom 6.6.1995, Ge96-44-1995-Bi, wurde über den Berufungswerber (kurz: Bw) eine Geldstrafe von 5.000 S, für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 36 Stunden, wegen einer Verwaltungsübertretung nach § 12 Abs.2 AAV iVm § 106 Abs.3 Z1 und § 130 Abs.5 Z1 ASchG verhängt, weil er als für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften verantwortliches Organ (persönlich haftender Gesellschafter - Komplementär) der G W, Leder und Extrakte, zu verantworten hat, daß - wie im Zuge einer Überprüfung durch das Arbeitsinspektorat für den 19. Aufsichtsbezirk in Wels festgestellt wurde - am 13.3.1995 gegen 8.30 Uhr in der Betriebsanlage für die Lederbearbeitung in N Arbeitnehmer mit Arbeiten mit normaler körperlicher Beanspruchung beschäftigt wurden, wobei die Raumtemperaturen in dem im Erdgeschoß gelegenen Trockenraum 15 Grad C, in der Zurichterei/Spritzlackieranlage 10,8 Grad C, in der Farbküche 14 Grad C sowie bei der Ausreckmaschine 8,7 Grad C betrugen, obwohl die Raumtemperatur bei Arbeiten mit normaler körperlicher Beanspruchung zwischen 18 Grad C und 24 Grad C betragen muß.

2. Dagegen wurde fristgerecht Berufung eingebracht und darin im wesentlichen geltend gemacht, daß kein Meßprotokoll über die einzelnen Räume vorliege und daher der Tatbestand nicht ausreichend konkretisiert sei. Auch ist nicht erkenntlich, um welches Meßgerät es sich handelt sowie der Zeitpunkt der Temperaturmessung und ob überhaupt Arbeitnehmer in den Räumen gearbeitet hätten. Auch eine konkrete zeitliche und örtliche Umschreibung des Tatvorwurfes liege nicht vor. Es werde daher die Aufhebung des Straferkenntnisses beantragt.

3. Die BH Grieskirchen als belangte Behörde hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt.

Der O.ö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt sowie durch Anberaumung und Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 4.12.1995, an welcher der Bw mit Vertreter und Vertreter der belangten Behörde sowie des AI für den 19. Aufsichtsbezirk teilgenommen haben und auch Ing. W P vom AI für den 19. Aufsichtsbezirk als Zeuge geladen und einvernommen wurde.

4. Es ergibt sich daher folgender entscheidungserheblicher und erwiesener Sachverhalt:

4.1. Der Bw ist persönlich haftender Gesellschafter, nämlich Komplementär der Kommanditgesellschaft G W, Leder und Extrakte.

Bereits mit Schreiben des AI für den 19. Aufsichtsbezirk vom 10.2.1995 wurde die G W Leder und Extrakte KG aufgefordert, in der kalten Jahreszeit den Beginn des Heizvorganges so rechtzeitig festzulegen, daß zu Arbeitsbeginn die Klimawerte gemäß § 12 AAV eingehalten werden können, und es wurde Mängelbehebung bis 28.2.1995 aufgetragen. Mit Antwortschreiben der G W Leder und Extrakte KG vom 28.2.1995 wurde dem AI bekanntgegeben, daß die Inbetriebnahme des Dampfkessels nicht wie bisher fix eine Stunde vor Arbeitsbeginn erfolgen wird, sondern unter Berücksichtigung der zu erwartenden Temperaturen entsprechend früher.

Es wurde dann am Montag, den 13.3.1995 in der G W Leder und Extrakte, M, durch den Zeugen Ing. W P vom AI für den 19.

Aufsichtsbezirk eine Messung der Raumtemperaturen gegen 8.30 Uhr vorgenommen.

4.2. Die Messung wurde mit einem digitalen Kombinationsmeßgerät der Firma Testoterm, Marke Testo 452, durchgeführt, welches laut Eichschein vom 4.7.1994 vom Bundesamt für Eichund Vermessungswesen geeicht ist und für welches die gesetzliche Nacheichfrist darin mit 31.12.1996 bestimmt wurde.

Die Messung wurde laut der Anzeige beigeheftetem Meßstreifen, welcher das Datum und die genaue Uhrzeit sowie die Raumtemperatur der einzelnen Räume aufweist, durchgeführt, wonach im Trockenraum im Erdgeschoß (Meßnummer 0001) eine Raumtemperatur von 15,0 Grad C, in der Zurichterei/Spritzenanlage (Nr. 0003) 10,8 Grad C, in der Farbküche (Nr.

0004) 14,0 Grad C und im Erdgeschoß bei der Ausreckmaschine (Nr. 0005), 8,7 Grad C gemessen wurden. Die Messungen fanden zwischen 8.26 Uhr und 8.34 Uhr, also um ca. 8.30 Uhr statt.

Die Außentemperatur wurde um 8.38 Uhr mit 6,0 Grad C gemessen.

Zu der Art der Messung gab der Zeuge vernommen an, daß in den einzelnen Räumen, wo die Messungen durchgeführt wurden, sich jeweils Arbeitnehmer befunden haben und auch Arbeiten, sei es Produktionstätigkeiten oder auch nur Vorbereitungstätigkeiten, durchgeführt wurden. Es handelte sich um Arbeiten mit normaler körperlicher Beanspruchung. Die Messungen wurden jeweils dort durchgeführt, wo sich Arbeitnehmer konkret befunden haben. Bei den angegebenen gegenständlichen Räumen war von keinem Temperaturgefälle, nämlich von keinen besonderen Hitze- oder Kältequellen, auszugehen, sodaß eine Messung pro geschlossenem Raum genügte. In allen Räumen war eine konstante Temperaturverteilung gegeben. Dies galt auch für den Bereich der Ausreckmaschine, zu welchem vom Zeugen angeführt wurde, daß konkret bei der Ausreckmaschine die Messung vorgenommen wurde. Zu den nach außen geöffneten Toren befragt gab der Zeuge an, daß bereits ein Temperaturausgleich stattgefunden habe (ein solcher findet in etwa einer Viertelstunde statt), was auch durch das erzielte Meßergebnis von 8,7 Grad (bei einer Außentemperatur von 6 Grad C) bestätigt wurde.

Zu den Räumlichkeiten, in denen Messungen durchgeführt wurden, führte der Bw in der mündlichen Verhandlung selbst aus, daß es nur jeweils einen Trockenraum im Erdgeschoß gäbe, nur eine Spritzlackieranlage und eine Farbküche in der Gesamtanlage und auch nur einen Bereich Ausreckmaschine. Zum Bereich Ausreckmaschine allerdings führte der Bw aus, daß es sich dabei um eine Halle von 5.000 m2 handelt, daß aber direkt bei der Maschine Wandheizgeräte (Warmluftgeräte) angebracht seien.

Nach den Angaben des Bw wurde mit der Beheizung der Räume am 13.3.1995 um 6.00 Uhr morgens begonnen. Der Arbeitsbetrieb begann um 7.00 Uhr, jedoch mußten die Arbeitnehmer auf die verspäteten Halbfabrikate noch warten und wurde mit dem Ausladen erst um 8.00 Uhr begonnen. Wird mit der Heizung um 6.00 Uhr morgens begonnen, so kann jedenfalls bis 10.00 Uhr vormittags die erforderliche Temperatur zwischen 18 und 24 Grad C erreicht werden.

4.3. Dieser Sachverhalt wurde eindeutig durch die glaubwürdigen und schlüssigen Aussagen des Zeugen Ing. P erwiesen, welcher mit einem geeichten Meßgerät die Raumtemperaturmessungen durchgeführt hat. Da es sich um ein sachverständiges Organ des AI handelte, kann ihm eine besondere Wahrnehmungsfähigkeit zugesprochen werden und konnten daher die Aussagen auch über das Vorhandensein von Arbeitnehmern in den konkreten Räumen der Entscheidung zugrundegelegt werden. Diese Angaben wurden im übrigen auch nicht durch den Bw widerlegt und es wurden durch ihn keine Widersprüchlichkeit aufgezeigt. Vielmehr wurde vom Bw selbst ausgeführt, daß ab 7.00 Uhr morgens die Arbeitnehmer am Arbeitsplatz und an den konkreten Arbeitsstellen vorhanden waren. Auch ist eine ordnungsgemäße Beheizung der Arbeitsstellen mit den vorhandenen Heizgeräten nach den Angaben des Bw möglich.

5. Der O.ö. Verwaltungssenat hat erwogen:

5.1. Gemäß § 20 Abs.1 ArbeitnehmerInnenSchutzgesetz - ASchG, BGBl.Nr. 450/1994, sind Arbeitgeber verpflichtet, Arbeitsstätten und Baustellen entsprechend den Vorschriften dieses Bundesgesetzes sowie den dazu erlassenen Verordnungen und entsprechend den für sie geltenden behördlichen Vorschreibungen einzurichten und zu betreiben.

Gemäß § 12 Abs.2 Allgemeine Arbeitnehmerschutzverordnung AAV, BGBl.Nr. 218/1983 idF BGBl.Nr. 369/1994, welche gemäß § 106 Abs.3 Z1 ASchG als Bundesgesetz gilt, müssen bei Arbeiten mit normaler körperlicher Beanspruchung die Grenzen des Temperaturbereiches 18 Grad C und 24 Grad C betragen.

Gemäß § 14 Abs.1 AAV muß durch Beheizung in den Arbeitsräumen unter Berücksichtigung der körperlichen Beanspruchung der Arbeitnehmer eine innerhalb in § 12 Abs.2 angeführten Grenzen liegende gleichmäßige Temperatur herrschen, sofern sich nicht bereits durch die Arbeitsvorgänge oder die Arbeitsbedingungen eine solche Temperatur ergibt oder die Einhaltung einer niedrigeren Temperatur erforderlich ist.

Gemäß § 130 Abs.5 Z1 ASchG begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe von 2.000 S bis 100.000 S, im Wiederholungsfall mit Geldstrafe von 4.000 S bis 200.000 S zu bestrafen ist, wer als Arbeitgeber/in den nach dem 9. Abschnitt weiter geltenden Bestimmungen zuwiderhandelt.

5.2. Aufgrund des in Punkt 4. dargelegten erwiesenen Sachverhaltes steht fest, daß am 13.3.1995 um ca. 8.30 Uhr in den konkret angeführten Räumen für die an den Arbeitsstellen vorhandenen Arbeitnehmer bei normaler körperlicher Beanspruchung nicht eine Raumtemperatur zwischen 18 und 24 Grad C vorgelegen ist. Weil aber der Arbeitsbetrieb bereits um 7.00 Uhr begonnen hat, Arbeitnehmer also bezahlt Arbeitszeit verrichteten, hat daher der Arbeitgeber zu sorgen, daß an den konkreten Arbeitsstellen in den Arbeitsräumen die gesetzliche gleichmäßige Raumtemperatur gegeben ist. Dieser Pflicht ist der Bw als zur Vertretung nach außen berufenes Organ der G W Leder und Extrakte KG und sohin als Arbeitgeber nicht nachgekommen. Es wurde daher der Tatbestand objektiv erfüllt.

Zur subjektiven Tatseite hat bereits die belangte Behörde eine zutreffende Beurteilung und Begründung im angefochtenen Straferkenntnis durchgeführt. Sie ist daher zu Recht von der Bestimmung des § 5 Abs.1 VStG ausgegangen, nämlich daß es sich auch bei der gegenständlichen Verwaltungsübertretung um ein Ungehorsamsdelikt handelt, bei welchem Fahrlässigkeit ohne weiteres anzunehmen ist, wenn der Täter nicht glaubhaft macht, daß ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft. Solche Entlastungsumstände hat der Bw weder im Verfahren erster Instanz noch im Verfahren vor dem unabhängigen Verwaltungssenat vorgebracht noch waren die gemachten Ausführungen, nämlich daß der Produktionsprozeß noch nicht begonnen hätte bzw. daß bei der Ausreckmaschine die Tore geöffnet waren zum Abladen der Fertigungsstücke, geeignet, einen solchen Nachweis der Entlastung zu bringen.

Vielmehr hat der Bw als Arbeitgeber insofern sorglos und daher fahrlässig gehandelt, als er nicht genügend Vorsorge getroffen hat, daß eine gleichmäßige Raumtemperatur auch zu Beginn der Arbeiten, nämlich zu Beginn der Arbeitszeit, wo Arbeitnehmer an der Arbeitsstelle vorhanden sind, die erforderliche Raumtemperatur vorhanden ist. Im übrigen wurde der Bw vom zuständigen AI bereits nachweislich auf den konkreten Mangel der Beheizung hingewiesen und ein Behebungsauftrag erteilt, welchem dann - wie die nunmehrige Verwaltungsübertretung zeigt - nicht nachgekommen wurde. Es ist daher jedenfalls ein Verschulden gegeben.

5.3. Die vom Bw angeführten Mängel liegen hingegen nicht vor, zumal ein Meßprotokoll dem Akt angeschlossen wurde, in welchem sämtliche der Anzeige und auch dem Spruch des Straferkenntnisses zugrundeliegenden Angaben enthalten sind, die Messung mit einem geeichten Meßgerät durchgeführt wurde und das Meßergebnis sich als einwandfrei erwies. Auch ist im Hinblick auf diesen eingehenden Sachverhalt der Tatvorwurf im gegenständlichen Straferkenntnis in ausreichender Form konkretisiert.

Eine Konkretisierung war im Rahmen des § 66 Abs.4 AVG vom O.ö. Verwaltungssenat nur dahingehend vorzunehmen, daß der Bw als Komplementär der gegenständlichen Kommanditgesellschaft und daher als nach außen vertretungsbefugtes Organ verwaltungsstrafrechtlich zur Verantwortung gezogen wurde.

Der in der Berufung beantragte Ortsaugenschein hingegen war nicht erforderlich, weil bereits der einvernommene Zeuge eine ausreichende Schilderung des Sachverhaltes zum konkreten Tatzeitpunkt geben konnte. Wahrnehmungen und Feststellungen, die für den Tatzeitpunkt 13.3.1995 wesentlich sind, können zum nunmehrigen Zeitpunkt ohnehin nicht mehr getroffen werden.

6. Die Strafbemessung wurde von der belangten Behörde nach den Grundsätzen des § 19 VStG vorgenommen und es wurde von ihr in diesem Zuge auf sämtliche Strafbemessungsgründe Bedacht genommen. Da die verhängte Geldstrafe im untersten Bereich des gesetzlich festgelegten Strafrahmens (2.000 S bis 100.000 S) gelegen ist, war sie auch im Hinblick auf die persönlichen Verhältnisse des Bw nicht als überhöht anzusehen. Der Bw hat im übrigen weder in seinem Schriftsatz noch in der mündlichen Verhandlung Strafmilderungsgründe geltend gemacht und es sind auch keine Gründe für eine anders lautende Strafbemessung hervorgekommen. Es war daher auch die verhängte Geldstrafe zu bestätigen. Im Hinblick auf das schützenswürdige Interesse von Arbeitnehmern waren aber für die Strafbemessung generalpräventive Aspekte zu berücksichtigen und reicht aber die nunmehr verhängte Geldstrafe aus.

7. Bei diesem Verfahrensergebnis, weil der Berufung kein Erfolg beschieden ist, war dem Bw zum Verfahren vor dem unabhängigen Verwaltungssenat ein Kostenbeitrag in der Höhe von 20 % der verhängten Strafe gemäß der im Spruch zitierten Gesetzesstelle aufzuerlegen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. K l e m p t

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