Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-280116/2/Kl/Rd

Linz, 29.08.1996

VwSen-280116/2/Kl/Rd Linz, am 29. August 1996 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch das Mitglied Dr. Klempt über die Berufung des MH, vertreten durch die RAe, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Eferding vom 13.7.1995, Ge96-63-5-1994-Do/M, wegen Übertretungen der Bauarbeitenschutzverordnung zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird hinsichtlich des Faktums 1 keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis sowohl hinsichtlich der Schuld als auch hinsichtlich der Strafe mit der Maßgabe bestätigt, daß der Spruch zu lauten hat:

"Wie anläßlich einer Kontrolle am 30.5.1994 durch ein Organ des Arbeitsinspektorates Linz auf Ihrer Baustelle 'Firma S' festgestellt wurde, sind Sie als handelsrechtlicher Geschäftsführer der H Gesellschaft mbH, und sohin als zur Vertretung nach außen berufenes Organ gemäß § 9 Abs.1 VStG verwaltungsstrafrechtlich dafür verantwortlich, daß drei Arbeitnehmer Ihres Betriebes, darunter auch der Vorarbeiter Herr LR mit dem Isolieren der Trapezblecheindeckung bzw. mit der Montage von ca. 50 cm breiten und 14,3 m langen Blechkassetten im unmittelbaren Bereich der Giebelwand der Halle, und zwar mit einer Absturzhöhe von der Arbeitsstelle über die Giebelwand mit ca. 8 m und bei einer Traufenhöhe des 12 Grad geneigten Daches von ca. 6 m, beschäftigt waren, ohne daß Absturzsicherungsmaßnahmen getroffen wurden, obwohl Arbeiten auf Dächern erst nach Durchführung von Sicherungsmaßnahmen, die ein Abstürzen von Menschen, Materialien und Geräten hintanzuhalten geeignet sind, begonnen werden dürfen." Die verletzte Rechtsvorschrift iSd § 44a Z2 VStG ist vor der Zitierung "§ 33 Abs.7" durch den Ausdruck "§ 33 Abs.1 lit.a Z12 und" zu ergänzen.

Hinsichtlich des Faktums 2 wird der Berufung Folge gegeben, das Straferkenntnis zu diesem Faktum aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

II. Als Kostenbeitrag zum Verfahren vor dem unabhängigen Verwaltungssenat (Faktum 1) sind 2.000 S, ds 20 % der verhängten Strafe, binnen 14 Tagen ab Zustellung zu leisten.

Hinsichtlich des Faktums 2 entfallen jegliche Verfahrenskostenbeiträge.

Rechtsgrundlagen:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 19 und 51 VStG sowie § 45 Abs.1 Z2 VStG.

zu II.: § 64 Abs.1 und 2 VStG sowie § 66 Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Eferding vom 13.7.1995, Ge96-63-5-1994-Do/M, wurden über den Berufungswerber (Bw) Geldstrafen von 1) und 2) jeweils 10.000 S, für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von jeweils 96 Stunden, wegen Verwaltungsübertretungen gemäß 1) § 43 Abs.1 BAV und 2) § 6 Abs.3 BAV jeweils iVm § 31 Abs.2 lit.p und § 33 Abs.7 ASchG verhängt.

Folgende Taten wurden ihm vorgeworfen:

"Am 30. Mai 1994 wurde von einem Organ des Arbeitsinspektorates Linz Ihre Baustelle 'Firma S' kontrolliert.

Dabei wurde festgestellt, daß Sie als Verantwortlicher für die Einhaltung der Bestimmungen des Arbeitnehmerschutzgesetzes folgende Übertretungen begangen haben:

1.:

Drei Arbeitnehmer Ihres Betriebes, darunter auch der Vorarbeiter Herr LR, waren mit dem Isolieren der Trapezblecheindeckung bzw. mit der Montage von ca. 50 cm breiten und 14,3 m langen Blechkassetten im unmittelbaren Bereich der Giebelwand der Halle beschäftigt, ohne daß Absturzsicherungsmaßnahmen getroffen wurden. Im Sinne der Bauarbeiterschutzverordnung (§ 43 Abs.1) hätten diese Arbeiten erst nach Durchführung von Sicherungsmaßnahmen, die ein Abstürzen von Menschen, Materialien und Geräten hintanzuhalten geeignet sind, begonnen werden dürfen.

Die Absturzhöhe von der Arbeitsstelle über die Giebelwand betrug ca. 8 m. Die Traufenhöhe des 12 Grad geneigten Daches betrug ca. 6 m.

Als Verantwortlicher für die Bestimmungen des Arbeitnehmerschutzgesetzes haben Sie es verabsäumt, eine Kontrolle darüber durchzuführen, daß die in der Bauarbeiterschutzverordnung normierten Absturzsicherungsmaßnahmen angebracht wurden.

2.:

Die im Firstbereich gelegene ca. 17 m lange und ca. 2 m breite Lichtbandöffnung (gefahrenbringende Vertiefung im Sinne der Bauarbeiterschutzverordnung) war weder durchbruchsicher überdeckt noch standfest umwehrt, obwohl diese Öffnung im unmittelbaren Arbeits- und Verkehrswegbereich gelegen ist und eine Absturzhöhe durch diese Öffnung von ca.

9 m gegeben war.

Gefahrenbringende Vertiefungen sind im Sinne der Bestimmung des § 6 Abs.3 Bauarbeiterschutzverordnung durchbruchsicher zu überdecken oder standfest zu umwehren.

Als Verantwortlicher für die Einhaltung der Bestimmungen des Arbeitnehmerschutzgesetzes haben Sie die Kontrolle darüber unterlassen, daß diese Öffnung durchbruchsicher überdeckt oder standfest umwehrt war." 2. Dagegen richtet sich die fristgerecht eingebrachte Berufung, mit welcher die ersatzlose Aufhebung des Straferkenntnisses beantragt wurde. Begründend wurde ausgeführt, daß der Bw am 30.5.1994 zur Einhaltung der Schutzvorschriften gemäß § 31 Abs.2 ASchG FH, der ebenfalls Gesellschafter der Firma H GesmbH ist, bestellt habe, welcher selbst auf die Baustelle gefahren ist und sowohl Netze auf der Baustelle deponiert hat als auch entsprechende Sicherheitsgurte zum Anseilen auf die Baustelle gebracht hat. Bei der Einrichtung der Baustelle waren sämtliche Sicherheitseinrichtungen vorhanden und erteilte FH die Weisung, sämtliche Schutzvorschriften gemäß § 31 Abs.1 ASchG zu beachten und die Verwendung der Sicherheitseinrichtungen zu veranlassen. Dieser gab dem Dienstnehmer RL Anweisung, zunächst die Netze anzubringen und dann erst mit den Arbeiten zu beginnen, welcher Anweisung aber wie die Kontrolle gezeigt hat, nicht Folge geleistet wurde. Ein Verschulden treffe weder den Beschuldigten noch den Arbeitnehmer FH, weil dieser ordnungsgemäß über die Verwendung der Sicherheitseinrichtungen informiert und Weisungen erteilt hat. Ein funktionierendes Kontrollsystem liege insofern vor, als eine Überprüfung der Baustelle drei Stunden nach Beginn des Tätigwerdens durch FH völlig ausreichend sei. Auch seien immer wieder Schulungen der Dienstnehmer über die Einhaltung der Schutzvorschriften durchgeführt worden und sei Herr R über Konsequenzen nicht befragt worden. Darüber hinaus wurde geltend gemacht, daß die BAV mit Ablauf des 31.12.1994 außer Kraft getreten sei und daher nicht mehr anzuwenden gewesen sei. Es sei daher auch eine Strafe nicht mehr zu verhängen gewesen. Im übrigen hätte das Arbeitsinspektorat den Beschuldigten gemäß § 9 ArbIG schriftlich auffordern müssen.

3. Die BH Eferding als belangte Behörde hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt und von einer Berufungsvorentscheidung abgesehen.

Da in der Berufung nur unrichtige rechtliche Beurteilung geltend gemacht wurde, der für die Beurteilung maßgebliche Sachverhalt nicht bestritten wurde und eine öffentliche mündliche Verhandlung nicht ausdrücklich verlangt wurde, konnte eine solche unterbleiben (§ 51e Abs.2 VStG).

4. Aus der Akteneinsicht hat der unabhängige Verwaltungssenat einen genügend geklärten Sachverhalt vorgefunden.

Dieser wurde in keinem Punkt vom Bw bestritten. Die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens erster Instanz sind in der Begründung des Straferkenntnisses vollständig und mit dem Akteninhalt übereinstimmend so dargestellt, daß sich der unabhängige Verwaltungssenat ein klares und abschließendes Bild über die maßgebenden Sachverhaltselemente machen kann.

Insbesondere wurde vom Bw zu keiner Zeit bestritten, daß Sicherheitsmaßnahmen vor dem Kontrollzeitpunkt bzw. zum Kontrollzeitpunkt durchgeführt waren oder daß die Arbeiten erst nach Durchführung der Sicherheitsmaßnahmen begonnen wurden. Weil kein weiterer Sachverhalt dazu vorgebracht wurde und keine Beweise angeboten wurden, war ein weiteres Beweisverfahren nicht mehr aufzunehmen. Das übrige Vorbringen ist für die Entscheidung unerheblich bzw. betrifft lediglich die rechtliche Beurteilung im Hinblick auf ein Verschulden des Bw. Es war daher eine weitere Beweisaufnahme entbehrlich.

5. Der O.ö. Verwaltungssenat hat erwogen:

5.1. Gemäß § 31 Abs.2 lit.p Arbeitnehmerschutzgesetz, BGBl.Nr. 234/1972 in der zum Tatzeitpunkt geltenden Fassung (kurz: ASchG), begehen Arbeitgeber und deren Bevollmächtigte, die den Vorschriften der aufgrund des § 24 dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen oder den aufgrund des § 27 dieses Bundesgesetzes vorgeschriebenen Bedingungen und Auflagen oder den erteilten Aufträgen zuwiderhandeln, eine Verwaltungsübertretung und sind, sofern die Tat nicht nach anderen Gesetzen strenger zu bestrafen ist, von der Bezirksverwaltungsbehörde mit Geldstrafe bis zu 50.000 S zu bestrafen.

Arbeitgeber sind neben ihren Bevollmächtigten strafbar, wenn die Übertretung mit ihrem Wissen begangen wurde oder wenn sie bei der nach den Verhältnissen möglichen eigenen Beaufsichtigung des Betriebes oder bei der Auswahl oder der Beaufsichtigung der Bevollmächtigten es an der erforderlichen Sorgfalt haben fehlen lassen (§ 31 Abs.5 leg. cit.).

Gemäß § 33 Abs.1 lit.a Z12 leg.cit. steht die Bauarbeitenschutzverordnung, BGBl.Nr. 267/1954, kurz: BAV, als Bundesgesetz in Geltung und gelten bei Zuwiderhandlungen gegen ihre Rechtsvorschriften die Bestimmungen des § 31 sinngemäß (§ 33 Abs.7 leg.cit.).

5.2. Zum Faktum 1:

5.2.1. Gemäß § 43 Abs.1 der Verordnung des BM für soziale Verwaltung vom 10.11.1994, über Vorschriften zum Schutz des Lebens und der Gesundheit von Dienstnehmern bei Ausführung von Bauarbeiten, Bauneben- und Bauhilfsarbeiten, BGBl.Nr.

267/1954 (in der zum Tatzeitpunkt geltenden und gemäß § 1 Abs.1 VStG anzuwendenden Fassung), dürfen Arbeiten auf Dächern, wie Dachdecker-, Spengler-, Bauglaser- oder Anstreicherarbeiten sowie Arbeiten an Blitzschutzanlagen erst nach Durchführung von Sicherheitsmaßnahmen, die ein Abstürzen von Menschen, Materialien und Geräten hintanzuhalten geeignet sind, begonnen werden.

Schon aufgrund des im Verfahren erster Instanz erwiesenen und auch in der Berufung vom Bw nicht bestrittenen Sachverhaltes steht fest, daß vor Beginn der Dacharbeiten Sicherungsmaßnahmen nicht durchgeführt wurden. Obwohl Absturzgefahr bei den Arbeiten dann tatsächlich bestand - wie aus dem Vorwurf hervorgeht - wurden die Arbeiten ohne die Durchführung von Sicherheitsmaßnahmen begonnen. Es wurde daher der objektive Tatbestand einwandfrei erfüllt.

Es führt daher das Vorbringen des Bw, daß vom Arbeitnehmer Franz Hummel Netze und Sicherheitsgurte am Vortag zur Baustelle verbracht wurden, nicht zum Erfolg, weil unbestritten feststeht, daß diese Netze nicht montiert waren und auch die Sicherheitsgurte nicht angelegt waren. Es hätte daher mit den Dacharbeiten nicht begonnen werden dürfen.

Hingegen ist nach der zitierten Bestimmung nicht nur gefordert, daß die Sicherheitseinrichtungen vom Arbeitgeber zur Verfügung gestellt werden bzw. daß diese irgendwo vorhanden sind, sondern es hätten die Sicherheitsmaßnahmen konkret ausgeführt werden müssen, bevor mit der Arbeit begonnen wird.

5.2.2. Es steht weiters unbestritten fest, daß der Bw als handelsrechtlicher Geschäftsführer der H GesmbH und somit als gemäß § 9 Abs.1 VStG zur Vertretung nach außen berufenes und daher verwaltungsstrafrechtlich verantwortliches Organ als Arbeitgeber für die Einhaltung der Arbeitnehmerschutzvorschriften, wie auch der gegenständlichen Bestimmung verantwortlich ist.

Die Berufungsausführungen über die Bestellung des Mitgesellschafters Franz Hummel zum Bevollmächtigten gemäß § 31 Abs.2 ASchG enthebt den Bw nicht der Verantwortlichkeit. Die Bestellung eines verantwortlichen Beauftragten gemäß § 9 Abs.2 und 4 VStG wurde vom Bw nicht behauptet und nicht nachgewiesen; nur eine solche hätte jedenfalls einen Übergang der Verantwortung bewirken können. Die Bestellung eines Bevollmächtigten hingegen enthebt den Bw gemäß § 31 Abs.5 nicht der Verantwortung, weil nach dieser Bestimmung der Arbeitgeber - nämlich der Bw - neben dem Bevollmächtigten strafbar bleibt, wenn ein Verschulden iSd Gesetzesbestimmung nachgewiesen wird. Ein solches liegt auch im gegebenen Fall vor. Es liegt nämlich schon aufgrund der Berufungsausführungen auf der Hand, daß zwar der Bevollmächtigte (nach den Angaben des Bw) Weisungen erteilt hat und die Baustelle besichtigt hat. Daß aber der Bw selbst eine Beaufsichtigung des Bevollmächtigten FH vorgenommen hat und daher eine Kontrolle durchgeführt hat, wird vom Bw zu keiner Zeit behauptet und auch nicht unter Beweis gestellt. Vielmehr kommt schon aus den Ermittlungen im Verfahren erster Instanz, insbesondere aus den Angaben des einvernommenen Bevollmächtigten hervor, daß jener völlig selbständig agierte, aber nicht einer Kontrolle unterworfen war. Es ist daher weder im Verfahren die Anwendung der erforderlichen Sorgfalt zur Beaufsichtigung des Bevollmächtigten hervorgetreten noch wurde eine solche durch den Bw behauptet. Es hätte aber eines entsprechenden Vorbringens durch den Bw im Rahmen der ihn treffenden Mitwirkungspflicht im Verwaltungsstrafverfahren bedurft. Es konnte daher iSd Ausführungen die Bestellung eines Bevollmächtigten den Bw nicht von seinem Verschulden entlasten. Es war daher das Verschulden des Bw, nämlich eine Sorgfaltsverletzung bei der Beaufsichtigung seiner Arbeitnehmer, vorzuwerfen. Es war daher die Strafbarkeit des Bw gegeben.

Die Erteilung von Weisungen hingegen reicht nach der ständigen Judikatur des VwGH nicht aus.

5.2.3. Die Berufungseinwendungen, daß die BAV, BGBl.Nr.

267/1954 bereits vor Erlassung des Straferkenntnisses außer Kraft getreten sei und daher nicht mehr anzuwenden gewesen sei, geht ins Leere, weil gemäß § 1 Abs.1 VStG als Verwaltungsübertretung eine Tat nur bestraft werden kann, wenn sie vor ihrer Begehung mit Strafe bedroht war. Daraus ist der Grundsatz "nullum crimen sine lege" abzuleiten, wonach die Beurteilung des Handelns des Bw nach der Rechtslage zum Zeitpunkt der Tat zu erfolgen hat. Da die vorgeworfene Tat am 30.5.1994 stattgefunden hat, stand die zitierte BAV noch in Geltung und war daher die Tat nach dieser Bestimmung zu beurteilen.

Der vom Bw ins Treffen geführte § 1 Abs.2 VStG hingegen bezieht sich nur auf den Fall einer durch Änderung der Rechtslage günstigere Strafdrohung, was aber im gegenständlichen Fall nicht zutrifft. Jedenfalls ist nicht zutreffend, daß das gegenständliche vorgeworfene Verhalten nach der Bauarbeitenschutzverordnung - BauV, BGBl.Nr.

340/1994, keinen Straftatbestand mehr bildet und daher nicht mehr strafbar ist (arg. § 87 BauV).

Hinsichtlich der Berufungsbehauptung der notwendigen vorausgehenden schriftlichen Aufforderung zur Mängelbehebung gemäß § 9 ArbIG ist entgegenzuhalten, daß gemäß § 9 Abs.3 Arbeitsinspektionsgesetz 1993 - ArbIG (zum Tatzeitpunkt bzw.

der Anzeigeerstattung geltenden Fassung) das AI berechtigt war, auch ohne vorausgehende Aufforderung nach Abs.1 Strafanzeige wegen Übertretung einer Arbeitnehmerschutzvorschrift zu erstatten. Eine Pflicht zur Anzeigenerstattung hingegen besteht nur, wenn das Verschulden nicht geringfügig ist oder die Folgen der Übertretung nicht unbedeutend sind.

Ansonsten ist jedenfalls Anzeige zu erstatten, wenn der Aufforderung nicht entsprochen wurde (§ 9 Abs.3 zweiter Satz und § 9 Abs.2 ArbIG iddF).

5.2.4. Hinsichtlich der Strafbemessung hat die belangte Behörde zu Recht auf den Unrechtsgehalt der Tat Bezug genommen und daher bei der Straffestsetzung die Gefährdung des Lebens und der Gesundheit von drei an dieser Arbeitsstelle arbeitenden Arbeitnehmern berücksichtigt. Sie hat auch auf die Strafbemessungsgründe gemäß § 19 Abs.2 VStG Bedacht genommen. Dabei wurden insbesondere rechtskräftige einschlägige Vorstrafen als erschwerend gewertet. Dies ist auch der nunmehrigen Entscheidung zugrundezulegen. Wenn auch eine Vorstrafe bereits getilgt ist, so war das nunmehr verhängte Strafausmaß von 10.000 S in Anbetracht der doch wesentlichen Gefährdung der Arbeitnehmer durch eine dermaßen gefährliche Absturzhöhe von 8 m gerechtfertigt. Auch ist in Anbetracht der Vorstrafen auf eine gewisse Uneinsichtigkeit des Bw im Hinblick auf seine Unternehmensorganisation und seine Pflichten zur Beaufsichtigung zu bemerken. Es ist daher das festgesetzte Strafausmaß tat- und schuldangemessen und auch den persönlichen Verhältnissen des Bw angepaßt.

Umstände, die eine Veränderung der Strafbemessung hervorrufen könnten, sind nicht hervorgekommen und wurden vom Bw nicht geltend gemacht. Es war daher auch das Strafausmaß zu bestätigen.

5.3. Zum Faktum 2:

Zum zweiten Tatvorwurf bezieht sich die belangte Behörde auf die Bestimmung des § 6 Abs.3 BAV (alte Fassung). Gemäß dieser Bestimmung müssen bei Kalkgruben die Wände und Grubenränder eine ausreichende Standfestigkeit aufweisen.

Diese Gruben sind ebenso wie andere gefahrbringende Vertiefungen durchbruchsicher zu überdecken oder standfest zu umwehren (§ 6 Abs.3 BAV).

Im Faktum 2 wird vorgeworfen, daß die im Firstbereich gelegene, ca. 17 m lange und ca. 2 m breite Lichtbandöffnung (gefahrenbringende Vertiefung iSd BAV) weder durchbruchsicher überdeckt noch standfest umwehrt war.

Entgegen der Auffassung der belangten Behörde bezieht sich aber die obzitierte Bestimmung auf Kalkgruben sowie ähnliche Vertiefungen, nämlich zB Schotter-, Sand- oder Baugruben.

Jedenfalls ist iSd § 6 Abs.3 eine Vertiefung im Fuß- oder Erdboden zu sehen (vergleiche nunmehr auch § 7 Abs.2 BauV id neuen Fassung). Es widerspricht hingegen dem allgemeinen Wortverständnis und daher der wörtlichen bzw. grammatikalischen Interpretation des Wortes "Vertiefung", wenn dieses iZm einem Bauwerk oder wie hier iZm dem Dach gebracht wird.

Vielmehr ist hier von einer Öffnung zu sprechen. Entsprechend sind daher die Sicherungsmaßnahmen nach §§ 43 ff der BAV für Arbeiten auf Dächern zu beachten. Insbesondere wird aber auf die Bestimmung des § 46 BAV (Glasdächer und Oberlichten) hingewiesen. Die Verletzung der diesbezüglichen Bestimmungen wurde aber dem Bw zu keiner Zeit vorgeworfen.

Es hat daher der Bw die ihm unter Faktum 2 vorgeworfene Tat iSd obigen Ausführungen nicht begangen. Aus diesem Grunde war daher das Straferkenntnis aufzuheben und das diesbezügliche Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

6. Bei diesem Verfahrensergebnis war daher im Hinblick auf die Bestätigung zu Faktum 1 gemäß § 64 Abs.1 und 2 VStG ein Kostenbeitrag zum Verfahren vor dem unabhängigen Verwaltungssenat in der Höhe von 20 % der verhängten Strafe festzusetzen. Weil aber zum Faktum 2 der Berufung Folge gegeben wurde und das Verfahren eingestellt wurde, entfielen hier jegliche Verfahrenskostenbeiträge gemäß § 66 Abs.1 VStG.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Dr. K l e m p t

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum