Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-280124/38/Kon/Fb

Linz, 20.03.1996

VwSen-280124/38/Kon/Fb Linz, am 20. März 1996 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch seine 7. Kammer (Vorsitzender: Mag. Gallnbrunner, Berichter: Dr. Konrath, Beisitzer: Dr. Grof) über die Berufung des Herrn F J H, S, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. W M, L, K, gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Steyr vom 8. Juni 1995, GZ: Ge-35/95, wegen Übertretungen des Arbeitsruhegesetzes (ARG), BGBl.Nr. 144/1983 idF BGBl.Nr. 446/1994, nach öffentlicher mündlicher Verhandlung und öffentlicher Verkündung am 14. März 1996 zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird hinsichtlich der Fakten 1. und 2. (Beschäftigung des W R und des J H am 8.12.1994) Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis bezüglich dieser Fakten behoben und das Strafverfahren mit der Feststellung, daß die dem Beschuldigten zur Last gelegten Taten keine Verwaltungsübertretungen bilden, eingestellt.

II. Hinsichtlich Faktum 3. (Beschäftigung der S U am 8.12.1994) wird der Berufung insoweit Folge gegeben, als die verhängte Geldstrafe auf 10.000 S, die Ersatzfreiheitsstrafe auf die Dauer von 30 Stunden und der Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens erster Instanz auf 1.000 S herabgesetzt werden.

Rechtsgrundlage:

zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG iVm § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 - VStG und § 45 Abs.1 (2. Fall) VStG.

zu II.: § 66 Abs.4 AVG iVm § 24 VStG, § 16 Abs.1 VStG und § 19 VStG sowie §§ 64 ff.

Entscheidungsgründe:

Das angefochtene Straferkenntnis enthält nachstehenden Schuld- und Strafausspruch:

"Sie haben es als handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit gem. § 9 Abs. 1 VStG verwaltungsstrafrechtlich Verantwortlicher der Firma H Handeslgesellschaft mbH. in S, S, zu vertreten, daß - wie anläßlich einer Überprüfung durch ein Organ des Arbeitsinspektorates für den 19. Aufsichtsbezirk am 8.12.1994 um 11.00 Uhr in der Filiale oa. Firma in G, S, festgestellt wurde - folgende ArbeitnehmerInnen oa. Firma mit dem Verkauf von Waren beschäftigt waren:

1. R W, geb. am 16.12.1949; 2. H J, geb. am 1.7.1950; 3. U S, geb. am 19.6.1971.

Da der 8.12.1994 (Mariä Empfängnis) ein Feiertag im Sinne des Arbeitsruhegesetzes ist, stellt die Beschäftigung oa.

ArbeitnehmerInnen am 8.12.1994 eine Übertretung der Bestimmungen des Arbeitsruhegesetzes - wonach Arbeitnehmer an Feiertagen Anspruch auf eine ununterbrochene Ruhezeit von mindestens 24 Stunden haben - dar.

Sie haben dadurch folgende Rechtvorschriften verletzt:

ad 1. § 7 Abs. 1 i.V.m. § 27 Abs. 1 Arbeitsruhegesetz, BGBl.Nr. 144/1983 i.d.g.F.

ad 2. § 7 Abs. 1 i.V.m. § 27 Abs. 1 Arbeitsruhegesetz, BGBl.Nr. 144/1983 i.d.g.F.

ad 3. § 7 Abs. 1 i.V.m. § 27 Abs. 1 Arbeitsruhegesetz, BGBl.Nr. 144/1983 i.d.g.F.

Wegen dieser Verwaltungsübertretung wird über Sie folgende Strafe verhängt:

Geldstrafe von falls diese uneinbringlich gemäß Schilling ist, Ersatzfreiheitsstrafe von ad 1. S 30.000,-- 96 Stunden § 27 Abs.1 leg.cit.

ad 2. S 30.000,-- 96 Stunden § 27 Abs.1 leg.cit.

ad 3. S 30.000,-- 96 Stunden § 27 Abs.1 leg.cit.

S 90.000,-- 288 Stunden Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG) zu zahlen:

S 9.000,-- als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, das sind 10 % der Strafe (je ein Tag Arrest wird gleich S 200,-angerechnet); Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten/Barauslagen) beträgt daher S 99.000,-- Außerdem sind die Kosten des Strafvollzuges zu ersetzen (§ 54 d VStG)." Ihren Schuldspruch begründet die belangte Behörde damit, daß die dem Beschuldigten zur Last gelegten Übertretungen durch die Anzeige des Arbeitsinspektorates für den 19. Aufsichtsbezirk als erwiesen anzusehen seien. Gleichzeitig hält sie fest, daß der Beschuldigte von der Möglichkeit zur Rechtfertigung keinen Gebrauch gemacht habe, sodaß das Verfahren ohne seine Anhörung durchzuführen gewesen sei.

Bei der Strafbemessung sei als erschwerend zu werten gewesen, daß dem Beschuldigten F J H die Rechtswidrigkeit der Beschäftigung von ArbeitnehmerInnen am 8.12.1994 hätte bekannt sein müssen, da er mit Schreiben des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales vom 6.12.1994 hierauf hingewiesen worden sei. Die unter voller Ausschöpfung des Strafrahmens ausgesprochene Geldstrafe entspreche dem Verschuldensgehalt und auch den sozialen und finanziellen Verhältnissen des Beschuldigten. Letztere seien von der belangten Behörde zu schätzen gewesen.

In seiner gegen das Straferkenntnis erhobenen Berufung wendet der Beschuldigte im wesentlichen ein, daß Herr W R als Leiter der Filiale G alle diese Filiale betreffenden Angelegenheiten, insbesondere auch die Frage von Personaleinstellungen und Gestaltung des Warensortiments, Nachbestellung von Waren, etc., eigenverantwortlich wahrnehme. Aufgrund dieser Umstände sei Genannter als leitender Angestellter zu qualifizieren und falle als solcher nicht unter die Bestimmungen des ARG.

Als leitende Angestellte sei auch Frau S U zu qualifizieren, welche der Optikabteilung der Filiale G vorstehe.

In bezug auf J H bringt der Berufungswerber vor, daß dieser mit Herrn R befreundet sei und zur Firma H HandelsgmbH in keinerlei Arbeitsverhältnis stehe bzw gestanden habe. Herr H hätte seine Tätigkeit am 8. Dezember lediglich aus Freundschaft zu Herrn R ausgeführt.

Alle angeführten Personen hätten ihre Tätigkeit völlig freiwillig und ohne jeglichen Druck ausgeführt, sodaß es auch völlig unverständlich sei, warum in den gegenständlichen Fällen jeweils die Höchststrafe verhängt worden sei. Die belangte Behörde habe auch in keiner Weise geprüft, inwieweit die verhängten Strafen mit den Einkommens- und Vermögensverhältnissen des Beschuldigten im Einklang stünden und sei auch dessen bisherige Unbescholtenheit bei der Strafbemessung nicht berücksichtigt worden.

Aufgrund dieses Berufungsvorbringens und insbesondere zur Klärung der Fragen, ob W R und S U als leitende Angestellte im Sinne der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zum ARG zu qualifizieren seien, sowie weiters zur Klärung der Frage, inwieweit J H am Vorfallstag (8. Dezember 1994) in einem Dienstverhältnis zur H HandelsgmbH stand, hat der unabhängige Verwaltungssenat für Donnerstag, den 14. März 1996 eine öffentliche mündliche Verhandlung unter Ladung der Parteien des Verwaltungsstrafverfahrens und von Zeugen anberaumt und durchgeführt.

Aufgrund des Ergebnisses dieser mündlichen Verhandlung, welchem die Vernehmung des Beschuldigten und des als Zeugen vernommenen Filialleiters W R zugrunde liegen, steht in rechtsrelevanter Hinsicht Nachstehendes fest:

W R war zum Tatzeitpunkt - und ist weiterhin - Leiter der H Filiale in G, S. In dieser Funktion obliegen ihm insbesondere die Warenpräsentationen und insoweit auch die Preisgestaltung dieser Waren, als er befugt ist, ohne vorherige Rücksprache bei der Firmenleitung oder mit dem regionalen Geschäftsführer die Warenpreise an jene der Konkurrenz anzugleichen. Hiebei bestimmt W R, wie auch alle anderen Filialleiter der H GmbH, die Dauer der Preisanpassung. Aufgrund der gewährten Bestpreisgarantie vorgenommene Rückzahlungen an Kunden sind wegen des damit verbundenen Buchhaltungsvorganges der Firmenleitung gegenüber zu dokumentieren. In Reklamationsfällen ist W R befugt, auf eigene Verantwortung und ohne vorherige Rücksprache mit der Zentrale Kulanzentscheidungen dergestalt vorzunehmen, als er sich in solchen Fällen direkt mit dem Importeur in Verbindung setzt. Weiters ist W R mit der Führung der Umsatzstatistiken und der Kontrolle, wie weit die Umsatzziele erreicht wurden, betraut. Der Filialleiter W R steht zu den übrigen Mitarbeitern in der Filiale als deren unmittelbarer Vorgesetzter in Beziehung. So genehmigt er deren Urlaube und ist verantwortlich dafür, daß die Mitarbeiter ihre Arbeitszeiten einhalten.

W R gab über Befragen weiters an, daß er seine eigenen Urlaube, so vor allem Kurzurlaube, selbständig ohne vorherige Rücksprache mit der Firmenleitung festzulegen befugt sei.

Bei länger geplanten Urlauben (14 Tage) informiere er aber hierüber vorher freiwillig seinen regionalen Verkaufsleiter.

Als weiteres Merkmal für seine leitende Funktion gab R an, daß er befugt sei, kleinere, nur die Filiale betreffende Werbeaktivitäten vorzunehmen und hiefür über einen eigenen kleinen Werbeetat verfüge.

Der Beschuldigte selbst gab in bezug auf W R an, daß diesem als Filialleiter die gesamte Geschäftsabwicklung in der Filiale, wie Kassenführung, Buchhaltung, Wareneinkauf, wie auch die Organisation des Arbeitsablaufes selbstverantwortlich oblegen sei. Als Filialleiter wäre er auch befugt gewesen, im Rahmen des der Filiale zugewiesenen Warenkontingentes Teile desselben gegen andere auszutauschen, wenn er der Meinung gewesen wäre, daß andere Artikel im Filialbereich mehr Absatz fänden. In bezug auf die Mitarbeiterführung durch W R gab der Beschuldigte an, daß der Genannte zwar nicht befugt sei, einen Mitarbeiter von sich aus zu entlassen, es jedoch in seinem Befinden gelegen sei, einen Mitarbeiteraustausch bei der Zentrale zu beantragen.

Aufgrund dieser im Beweisverfahren zutage getretenen Umstände erachtet es der unabhängige Verwaltungssenat nicht für tragfähig, dem Einwand des Beschuldigten, wonach W R als leitender Angestellter iSd ARG zu qualifizieren sei, die Berechtigung abzusprechen.

Was die Beschäftigung des J H am 8.12.1994 in der Filiale G betrifft, so hat das im Rahmen der mündlichen Verhandlung vor dem unabhängigen Verwaltungssenat stattgefundene Beweisverfahren ergeben, daß diese allein auf einer Vereinbarung zwischen dem Genannten und dem Filialleiter W R beruht. Das Vorbringen des Beschuldigten in der Berufung, daß es sich bei J H um einen Freund des Filialleiters R handle, hat sich in der Verhandlung vor dem unabhängigen Verwaltungssenat bestätigt. Fest steht aufgrund des Verhandlungsergebnisses auch, daß dem Beschuldigten die Person des J H völlig unbekannt war und er diesem gegenüber nie als Arbeitgeber in Erscheinung getreten ist. So habe insbesondere nie ein Gespräch zwischen dem Beschuldigten und J H über eine Aufshilfstätigkeit am 8. Dezember stattgefunden.

Der als Zeuge vernommene Filialleiter W R gab in bezug auf J H an, diesen privat zu kennen und sei seines Wissens J H Postbeamter. Da er es für günstig gehalten habe, wenn am 8.

Dezember noch eine weitere Person in der Filiale G, S, mittätig wäre, habe er deshalb H gefragt, ob er bereit sei, an diesem Tag auszuhelfen. Herr H hätte dabei von diesem Gespräch, welches am Sonntag vor Maria Empfängnis stattgefunden habe, nichts gewußt. Seitens des J H sei ihm, W R, die Mitarbeit zugesagt worden, wobei aber eine fixe Arbeitszeit in bezug auf Beginn und Ende derselben nicht vereinbart worden sei. H wäre es jederzeit vollkommen freigestanden, das Geschäft zu verlassen, ohne daß dies für ihn Folgen gehabt hätte. Er, W R, habe auch mit H keine Entgeltvereinbarung getroffen, habe ihm jedoch in der Annahme, daß die Geschäftsleitung dies gutheißen würde, aus der Tageskasse 1.000 S gegeben und darüber einen Kassenausgangsbeleg angefertigt. Auf diesem Kassenbeleg sei der Vermerk angebracht gewesen: "Für Aushilfe H". Ob H aufgrund des übermittelten Kassenausgangsbeleges von der Firmenleitung im nachhinein zur Sozialversicherung angemeldet worden sei oder nicht, entziehe sich seiner, W R, Kenntnis. Von der Übersendung dieses Kassenausgangsbeleges abgesehen, sei die Firmenleitung über die erfolgte Aushilfe H nicht verständigt worden.

Aufgrund dieser Aussagen sowohl des Beschuldigten als auch des Zeugen R, betreffend die Mitarbeit des J H ist der unabhängige Verwaltungssenat zur Ansicht gelangt, daß H am 8.12.1994 zur H GesmbH als Arbeitnehmer nicht in Beziehung stand.

Unabhängig von dieser rechtlichen Schlußfolgerung vertritt der unabhängige Verwaltungssenat darüber hinaus die Ansicht, daß durch die Aushilfstätigkeit H in bezug auf diesen keinerlei Gefährdung der durch die Strafnorm des § 27 Abs.1 ARG geschützten Interessen der Arbeitnehmer eingetreten ist.

Aus den dargelegten Gründen sah sich der unabhängige Verwaltungssenat verhalten, hinsichtlich der Fakten 1. und 2.

wie im Spruch (Abschnitt I.) zu entscheiden.

In bezug auf S U war allerdings der Schuldspruch der belangten Behörde zu bestätigen, da es sich bei der Genannten, entgegen dem Einwand des Beschuldigten, um keine leitende Angestellte iSd ARG handelt. Mag auch Frau S U im Fachbereich Optik ein selbständiges Arbeitsgebiet zugewiesen gewesen sein, kann dennoch nicht davon ausgegangen werden, daß ihr selbstverantwortlich maßgebliche Führungsaufgaben übertragen gewesen waren. Dies ergibt sich allein schon daraus, daß eben Herr W R Leiter der Filiale G ist und sie diesem als Mitarbeiterin unterstellt ist. Die objektive Tatseite der Verwaltungsübertretung ist sohin in bezug auf Frau S U voll erfüllt. Von einem Bestreiten der subjektiven Tatseite durch den Beschuldigten ist aufgrund der Aktenlage wie auch des Ergebnisses des Berufungsverfahrens nicht auszugehen.

Der unabhängige Verwaltungssenat sah sich jedoch veranlaßt, die im Höchstausmaß verhängte Geldstrafe herabzusetzen. Dies vor allem deshalb, weil die bisherige Unbescholtenheit des Beschuldigten bei der Strafbemessung unberücksichtigt gelassen wurde und die Schuldform der Wissentlichkeit für sich allein noch nicht die Verhängung der Höchststrafe rechtfertigt. Hiezu kommt, daß auch im Fall der S U das Ausmaß der Gefährdung der durch die Strafnorm geschützten Interessen in keinem angemessenen Verhältnis zur Höchststrafe stünde.

Aus den dargelegten Gründen war daher wie im Spruch (Abschnitt II.) zu entscheiden.

Die unter Spruchabschnitt I. und II. getroffenen Entscheidungen haben zur Folge, daß gemäß §§ 65 und 66 Abs.1 VStG dem Beschuldigten keine Kosten des Berufungsverfahrens aufzuerlegen waren.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Mag. Gallnbrunner

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