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des Landes Oberösterreich
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VwSen-280130/14/Gu/Atz

Linz, 20.11.1995

VwSen-280130/14/Gu/Atz Linz, am 20. November 1995 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Hans GUSCHLBAUER über die Berufung des K. N., vertreten durch Rechtsanwalt Dr. P. W., gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Perg vom 11.8.1995, Ge96-154-1994-Ko/Ga, wegen Übertretung des Arbeitszeitgesetzes, nach der am 6. November 1995 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung, zu Recht erkannt:

Der Berufung wird teilweise Folge gegeben.

Der Schuldspruch des angefochtenen Straferkenntnisses wird bestätigt.

Die verhängte Gelstrafe wird auf 1.000 S, die Ersatzfreiheitsstrafe auf 18 Stunden und der erstinstanzliche Verfahrenskostenbeitrag auf 100 S herabgesetzt.

Ein Kostenbeitrag zum Berufungsverfahren entfällt.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 AVG iVm § 24 VStG, § 5 Abs.1, § 9 Abs.2, § 16, § 19, § 65 VStG, § 28 Abs.1a, letzter Teilsatz AZG.

Entscheidungsgründe:

Die Bezirkshauptmannschaft Perg hat den Rechtsmittelwerber mit dem angefochtenen Straferkenntnis schuldig erkannt, es als verantwortlicher Beauftragter der G. Fleisch-, Wurstund Selchwarenerzeugung Ges.m.b.H. mit dem Sitz in .......... im Sinne der Bestimmungen des § 9 VStG, es verantworten zu müssen, daß der im vorstehenden Betrieb beschäftigte Kraftfahrer J. R. am 2.10.1994 die vorgeschriebene Lenkpause im Sinn der Bestimmungen des Artikel 7 Abs.1 und 2 der Verordnung des Rates (EWG) Nr. 3820/85 nicht eingehalten habe und dadurch eine Verwaltungsübertretung der vorstehend zitierten Normen in Verbindung mit § 15 Abs.2 und 3 des Arbeitszeitgesetzes, zuletzt geändert durch Novelle BGBl.Nr. 446/1994, begangen zu haben.

Wegen dieser Verwaltungsübertretung wurde ihm in Anwendung des § 28 Abs.1, 5 und 6 des Arbeitszeitgesetzes eine Geldstrafe von 3.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe 2 Tage) und ein Verfahrenskostenbeitrag für das erstinstanzliche Verfahren von 300 S auferlegt.

In seiner rechtzeitig dagegen eingebrachten Berufung bzw. im Verfahren macht der rechtsfreundlich vertretene Beschuldigte im wesentlichen geltend, daß den Beschuldigten einerseits kein Verschulden für die geschehene Unterlassung der Lenkpause treffe, zumal der Arbeitnehmer eine klare Weisung hatte den § 15 Abs.2 und 3 AZG strikt einzuhalten; wenn sich der Lenker kraft eigener Disposition nicht daran gehalten habe, so könne der Beschuldigte hiefür nicht verantwortlich gemacht werden.

Darüber hinaus bringt er vor, daß für die Einhaltung der arbeitszeitrechtlichen Vorschriften bezüglich der Lenker des Unternehmens nicht er, sondern G. G., der Bruder des handelsrechtlichen Geschäftsführers, verantwortlich gewesen sei.

Er beantragt daher die Einstellung des Strafverfahrens, in eventu eine Ermahnung auszusprechen und hilfsweise die Anwendung des außerordentlichen Milderungsrechtes im Sinne des § 20 VStG, da eine Mindeststrafe von 3.000 S angesichts der vorliegenden Milderungsgründe noch zu hoch sei.

Aufgrund der Berufung wurde am 6. November 1995 in Gegenwart des Beschuldigten, seines Rechtsfreundes, eines Vertreters des Arbeitsinspektorates für den 9. Aufsichtsbezirk die öffentliche mündliche Verhandlung durchgeführt, zu der der als Zeuge geladene Lenker J. R. nicht erschien. Im Rahmen der mündlichen Verhandlung wurde dem Beschuldigten die Gelegenheit zur Geltendmachung des rechtlichen Gehörs geboten, die im erstinstanzlichen Verfahren erfolgte Vernehmung des Kraftfahrers zur Erörterung gestellt und in die Bestellungsurkunde zum verantwortlichen Beauftragten sowie in eine Ablichtung der Tachographenscheibe über den verfahrensgegenständlichen Lenkvorgang Einsicht genommen.

Demnach ist erwiesen, daß Herr J. R. ein Dienstnehmer der G.

Fleisch-, Wurst- und Selchwarenerzeugung Ges.m.b.H. beim Stammbetrieb in ..........., ............, am 2.10.1994 von .......... aus eine Auslieferungsfahrt von Produkten des vorstehenden Unternehmens nach Tirol unternahm, um 17.00 Uhr aufbrach und um 00.55 Uhr des darauffolgenden Tages auf der A 12, bei Kilometer 61,5 im Gemeindegebiet von ........., Fahrtrichtung Innsbruck kontrolliert wurde, wobei von der Gendarmerie auch die Tachoscheibe zu Beweiszwecken fotokopiert wurde. Daraus ergibt sich, daß der Lenker in der Zeit von 19.13 Uhr bis zum Anhaltungszeitpunkt zwar zahlreiche Fahrtunterbrechungen mit Ladetätigkeiten hatte.

Eine Lenkpause nach vierstündiger Fahrt von 30 Minuten oder nach viereinhalbstündiger Fahrt von 45 Minuten ist nicht nachzuvollziehen.

Ein Kollektivvertrag wurde im Rahmen des Verfahrens nicht vorgelegt. Im übrigen sind auch keine Lenkpausen von mindestens 15 Minuten, die jene 45 Minuten ersetzen könnten, bescheinigt.

Mit Privaturkunde vom 14.4.1992 hat der handelsrechtliche Geschäftsführer der als Arbeitgebein fungierenden G.

Fleisch-, Wurst- und Selchwarenerzeugung Ges.m.b.H., ................., ............, Herrn K. N. zum verantwortlichen Beauftragten für die Belange des Arbeitsrechtes und der Arbeitnehmerschutzvorschriften, des Lebensmittelrechtes und des Bazillenausscheidergesetzes sowie der Lebensmittelkennzeichnung im gesamten Betrieb exklusive Filialen bestellt. Hiefür wurde ihm die entsprechende Anordnungsbefugnis erteilt. Der Beschuldigte hat der obigen Bestellung zugestimmt.

Damit wurde ihm bezüglich der verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortlichkeit im Sinn des § 9 Abs.2 VStG sowohl ein sachlich abgegrenzter als auch ein örtlich abgegrenzter Bereich (vgl. die Worte exklusive Filialen) übertragen. Eine Ausnahme, daß nämlich diese eingeschränkte verwaltungsstrafrechtliche Verantwortlichkeit noch weiter beschränkt sei und sich nicht auf die Lenker des Betriebes in ..........., ..............., erstrecken solle, ist nicht nachgewiesen.

Wenn somit G. G. in diesem Bereiche Aufgaben übertragen waren, so hat er nur als Erfüllungsgehilfe gehandelt, nicht aber die verwaltungsstrafrechtliche Verantwortlichkeit übernommen.

Die vorstehende Regelung betreffend die Übertragung der verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortung an den Beschuldigten wurde dem Arbeitsinspektorat ordnungsgemäß angezeigt und von letzterem ohne Beanstandung entgegengenommen, wodurch sich einerseits der handelsrechtliche Geschäftsführer auf die Wirksamkeit der Übertragung verlassen konnte, andererseits der Beschuldigte rechtswirksam in die Pflicht genommen wurde. Die objektive Tatseite ist nicht bestritten.

Was die subjektive Tatseite anlangt, so muß dem Rechtsmittelwerber Fahrlässigkeit angelastet werden, wenn er sich über seinen Verantwortungsbereich nicht hinreichend informierte bzw. die Kontrolle vernachlässigte und nicht wahrnahm, daß der als Erfüllungsgehilfe fungierende G. G. bei der Handhabung der wirksamen Maßnahmen zur Verhinderung der Verwaltungsübertretung in Verzug war.

Somit ist der Tatbestand in objektiver und subjektiver Hinsicht erfüllt.

Was die Strafbemessung anlangt, hatte der O.ö.

Verwaltungssenat folgendes zu bedenken:

Der Strafrahmen der gegenständlichen Übertretung ist in § 28 Abs.1a Auslaufsatz AZG idF BGBl.Nr. 446/1994 geregelt und beträgt anders, als die Erste Instanz und der Vertreter des Beschuldigten es vermeint, in Geld von 1.000 S bis 25.000 S, an Ersatzfreiheitsstrafe gemäß § 16 Abs.2 VStG bis zu zwei Wochen.

Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

Gemäß § 19 Abs.2 VStG sind im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Was die objektive Tatseite anlangt, so hat der O.ö.

Verwaltungssenat bedacht, daß die durch das Gesetz geschützten Interessen nicht schwerwiegend gefährdet waren, zumal der Lenker, wenn er auch keine der Form entsprechenden Lenkpausen beachtete, doch wiederholte Zwischenstops mit Ladetätigkeiten hatte, die eine Unterbrechung der Monotonie des Lenkens und der Ermüdung bedeuteten.

Auf der Schuldseite war der Umstand, daß der Beschuldigte zur Tatzeit die alleinige Person war, auf der die verwaltungsstrafrechtliche Verantwortung für die Einhaltung der arbeitszeitrechtlichen Vorschriften für den Standort ............, ............., ruhte, die mangelnde Klärung der Verhältnisse und damit die gegebene Fahrlässigkeit nicht so unbedeutend, als daß mit einer Ermahnung hätte das Auslangen gefunden werden können.

Ein besonderer Erschwerungsgrund lag nicht vor. Von einer Wiederholungstat konnte angesichts der mangelnden Rechtskraft anderer arbeitszeitrechtlicher Beanstandungen nicht gesprochen werden. Jedoch hat der Beschuldigte, was sonstige Verwaltungsstrafamtshandlungen anlangt, im Sinn des § 34 Z2 StGB, auf kein tadelloses Vorleben zu verweisen, wonach die Tat mit seinem sonstigen Verhalten in auffallendem Widerspruch stünde.

Ein besonderer Milderungsgrund kommt demnach nicht in Betracht.

Nachdem der Beschuldigte ein Monatseinkommen von ca.

22.000 S bezieht und für drei Kinder zu sorgen hat, der objektive Unrechtsgehalt nicht schwer wog und auch das Verschulden kein hohes Gewicht aufwies, konnte mit der Mindeststrafe, das ist im gegenständlichen Fall 1.000 S, das Auslangen gefunden werden.

Dementsprechend war die Ersatzfreiheitsstrafe und der erstinstanzliche Verfahrenskostenbeitrag anzupassen.

Aufgrund des Teilerfolges der Berufung belasten den Rechtsmittelwerber keine Beiträge zu den Kosten des Berufungsverfahrens.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. Guschlbauer

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