Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-280148/12/Le/La

Linz, 10.07.1996

VwSen-280148/12/Le/La Linz, am 10. Juli 1996

DVR.0690392

VwSen-280149/12/Le/La

VwSen-280150/12/Le/La

E R K E N N T N I S

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Leitgeb über die Berufung des I, gegen die Straferkenntnisse der Bezirkshauptmannschaft Rohrbach vom 11.10.1995, Zlen. Ge96-94-1995, Ge96-94-2-1995 und Ge96-94-4-1995, wegen Übertretungen des Arbeitszeitgesetzes, nach öffentlicher mündlicher Verhandlung zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird, soweit sie sich gegen die Schuld richtet, keine Folge gegeben und die angefochtenen Straferkenntnisse mit der Maßgabe bestätigt, daß sie zu einem einzigen Straferkenntnis wie folgt zusammengefaßt werden:

"Sie haben es als handelsrechtlicher Geschäftsführer und als das zur Vertretung der "Hoch- und Tiefbau R Ges.m.b.H." mit dem Sitz in , S, nach außen berufenes Organ zu verantworten, daß der LKW Mercedes Benz 1632 K, Kennzeichen , welcher ein höchstzulässiges Gesamtgewicht über 3,5 t besitzt, im Straßenverkehr mit verschiedenen Fahrern am 7.6., 10.6. und 12.6.1995 eingesetzt war, obwohl dieser LKW nicht mit einem EG-Kontrollgerät und somit auch nicht mit einem Zeitgruppenschalter ausgestattet war.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschrift verletzt:

Art. 3 Abs.1 der Verordnung (EWG) Nr. 3821/85 des Rates der europäischen Gemeinschaften.

Wegen dieser Verwaltungsübertretung wird über sie gemäß § 28 Abs.1b Z2 Arbeitszeitgesetz eine Geldstrafe in Höhe von 3.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von 36 Stunden) verhängt".

II. Der Beitrag zu den Kosten der erstinstanzlichen Verfahren ermäßigt sich sohin auf 300 S.

Ein Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens entfällt.

Rechtsgrundlage:

Zu  I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG, BGBl.Nr. 51/1991, iVm §§ 24, 19, 22, 44a, 51 Abs.1, 51c und 51e Abs.1 Verwaltungsstrafgesetz 1991 - VStG, BGBl.Nr. 52 idgF.

Zu II.: §§ 64 und 65 VStG.

Entscheidungsgründe:

Zu I.:

1. Mit den angefochtenen Straferkenntnissen der Bezirkshauptmannschaft Rohrbach vom 11.10.1995 wurden über den nunmehrigen Berufungswerber (im folgenden kurz: Bw) wegen Übertretungen des § 28 Abs.1b Z2 des Arbeitszeitgesetzes (im folgenden kurz: AZG) iVm Art.3 Abs.1 der Verordnung (EWG) Nr. 3821/85 des Rates der europäischen Gemeinschaften drei Geldstrafen in Höhe von je 5.000 S (Ersatzfreiheitsstrafen in der Dauer von je drei Tagen) verhängt; gleichzeitig wurde er zum Ersatz der Verfahrenskosten in Höhe von 10 % der verhängten Strafen verpflichtet.

Im einzelnen wurde ihm vorgeworfen, es als handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit als das gemäß § 9 Abs.1 VStG zur Vertretung der "Hoch- u. Tiefbau R Ges.m.b.H." mit dem Sitz in H nach außen berufenes Organ verantworten zu haben, am 7.6.1995 den im Betrieb beschäftigten Lenker F sen., am 10.6.1995 den im Betrieb beschäftigten Lenker F jun. und schließlich am 12.6.1995 den im Betrieb beschäftigten Lenker G mit dem Lkw (über 3,5 t höchstzulässigem Gesamtgewicht), Kennzeichen eingesetzt zu haben, wobei der angeführte Lkw nicht mit einem EG-Kontrollgerät und damit auch nicht mit einem Zeitgruppenschalter ausgestattet gewesen sei.

In den Begründungen dazu wurde im wesentlichen ausgeführt, daß aufgrund einer Anzeige des Arbeitsinspektorates für den 9. Aufsichtsbezirk gegen Herrn I. wegen Übertretung nach Art.13 iVm Art.15 Abs.3 der Verordnung (EWG) Nr. 3821/85 Verwaltungsstrafverfahren wegen Nichtbetätigen des Zeitgruppenschalters eingeleitet worden seien.

In Hinblick darauf, daß der Beschuldigte in seiner Rechtfertigung angegeben hätte, daß es sich bei dem im Lkw eingebauten und kontrollierten Fahrtenschreiber um einen älteren Typ gehandelt hätte, welcher keinen Zeitgruppenschalter besaß, seien neuerliche Verfahren wegen Übertretungen nach Art.3 Abs.1 der genannten Verordnung eingeleitet worden.

Daß der Lkw mit dem Kennzeichen an den vorgeworfenen Tattagen nicht mit einem EG-Kontrollgerät ausgestattet gewesen sei, stehe auf Grund der Anzeige des Arbeitsinspektorates fest und werde vom Beschuldigten auch nicht bestritten.

Sodann legte die Erstbehörde die Gründe der Strafbemessung dar, wobei sie erschwerend wertete, daß der Beschuldigte bereits wiederholt wegen Übertretungen von den dem Arbeitnehmerschutz dienenden Vorschriften rechtskräftig bestraft worden sei; mildernd wäre kein Grund zu berücksichtigen gewesen.

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig eingebrachte Berufung vom 17.10.1995, mit der auch ein weiteres, in einem gesonderten Verfahren ergangenes Straferkenntnis angefochten wurde. Der Bw beantragte schlüssig, die angefochtenen Straferkenntnisse zu beheben und die Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

Begründend verwies er darauf, daß das gegenständliche Fahrzeug von Organen der o.ö. Landesregierung anläßlich der ständig wiederkehrenden Überprüfungen überprüft und keine Mängel festgestellt worden seien.

Weiters wies er darauf hin, daß die Lenker E sen. und jun. sowie G nicht in seiner Firma beschäftigt und daher auch keine Dienstnehmer wären.

Schließlich bekämpfte er auch die verhängte Strafhöhe als zu hoch.

3. Die Bezirkshauptmannschaft Rohrbach hat die Berufung und die zugrundeliegenden Verwaltungsakte dem unabhängigen Verwaltungssenat zur Entscheidung vorgelegt; Berufungsvorentscheidungen wurden nicht erlassen.

3.1. Der unabhängige Verwaltungssenat hat am 2.7.1996 über diese Berufungen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchgeführt, an der der Rechtsvertreter des Bw sowie ein Vertreter des Arbeitsinspektorates für den 9. Aufsichtsbezirk teilnahmen; die Erstbehörde entsandte ohne Angabe von Gründen keinen Vertreter.

3.2. Anläßlich dieser mündlichen Verhandlung legte der Rechtsvertreter des Bw betreffend den gegenständlichen Lkw der Marke Mercedes Benz zwei Überprüfungsbefunde vor:

Der erste Prüfnachweis gemäß § 24 KFG 1967 wurde am 6.12.1994 von der Firma I. M, ausgestellt und von der Firma O Ges.m.b.H. & Co KG, R gefertigt. Bei dieser Überprüfung, die am 6.12.1994 in R stattfand, war bei dem gegenständlichen Lkw ein Fahrtschreiber der Marke VDO mit einem Meßbereich von 100 km/h montiert. Das Kennzeichen lautete "".

Der zweite Prüfnachweis vom 12.9.1995 wurde ebenfalls von der Firma O Ges.m.b.H. & Co KG in R im Namen der Firma I. M, ausgestellt. Dieser Prüfnachweis bezog sich auf den Lkw der Marke Mercedes Benz 1632 K mit dem Kennzeichen . Ein Vergleich der Fahrgestellnummern ergab, daß beide Prüfnachweise für den selben Lkw ausgestellt worden waren. Zu diesem Zeitpunkt war als Fahrtschreiber eingebaut ein Gerät der Marke "K " mit einem Meßbereich von 125 km/h.

Aus den vorgelegten Verwaltungsakten geht hervor, daß eine Erhebung der Zulassungsstelle der Bezirkshauptmannschaft Rohrbach bei der Firma O in R ergeben hat, daß im September 1995 beim Lkw Mercedes mit dem Kennzeichen ein Kontrollgerät eingebaut und überprüft worden ist; die Zulassungsstelle zog den Schluß, daß anzunehmen sei, daß der Mercedes nicht zeitgerecht mit einem entsprechenden Kontrollgerät ausgerüstet war.

4. Hierüber hat der O.ö. Verwaltungssenat erwogen:

4.1. Im Verwaltungsstrafverfahren steht den Parteien gemäß § 51 Abs.1 VStG das Recht der Berufung an den unabhängigen Verwaltungssenat jenes Landes zu, in dem die Behörde, die den Bescheid erlassen hat, ihren Sitz hat.

Daraus ergibt sich die Zuständigkeit des O.ö. Verwaltungssenates.

4.2. Das vom unabhängigen Verwaltungssenat durchgeführte Beweisverfahren hat gemeinsam mit den bereits im Verwaltungsakt der Erstbehörde enthaltenen Unterlagen ergeben, daß der verfahrensgegenständliche Lkw der Marke Mercedes Benz 1632 K mit dem Kennzeichen an den vorgeworfenen Tattagen 7., 10. und 12.6.1995 nicht mit einem EG-Kontrollgerät und damit auch nicht mit einem Zeitgruppenschalter ausgestattet war. Ein gegenteiliges Beweismittel kam im Verfahren nicht zutage. Die vom Rechtsvertreter des Bw beantragte Überprüfung des ursprünglich eingebauten Fahrtenschreibers, ob dieser ein Kontrollgerät im Sinne der bereits mehrfach zit. EU-Verordnung ist, konnte unterbleiben, weil das ursprünglich eingebaute Gerät der Marke VDO mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit kein EG-Kontrollgerät im Sinne der genannten Verordnung war, weil es sich - aus der Typenbezeichnung ableitbar - um ein älteres Modell handelte, das noch nicht mit einem Zeitgruppenschalter ausgestattet war, sodaß ansonsten der Austausch wohl überflüssig gewesen wäre.

4.3. Zur vorgenommenen Berichtigung der angefochtenen Erkenntnisse:

Vorauszuschicken ist, daß es sich bei allen drei von der Erstbehörde vorgeworfenen Verwaltungsübertretungen um ein und denselben Lkw der Marke Mercedes Benz 1632 K mit dem Kennzeichen sowie jeweils um dieselbe übertretene Norm, nämlich Art.3 Abs.1 der Verordnung (EWG) Nr. 3821/85 handelt. Der Unterschied in den drei Straferkenntnissen besteht lediglich in den Tatzeiten.

Die Erstbehörde hat daraus drei Verwaltungsübertretungen abgeleitet und jede einzelne davon mit 5.000 S bestraft.

Dieser Rechtsauslegung konnte jedoch aus folgenden Gründen nicht gefolgt werden:

Die der angewendeten Blankettstrafnorm des § 28 Abs.1b Z2 AZG zugrundliegende Gebotsnorm findet sich in Art.3 Abs.1 der Verordnung (EWG) Nr. 3821/85. Diese Verordnung ist als solche seit Inkrafttreten des EU-Beitrittsvertrages in Österreich unmittelbar anwendbares Recht geworden (zum Anwendungsvorrang von Verordnungen der EU siehe etwa die Ausführungen im h. Erkenntnis vom 29.1.1996, VwSen-280155, Seite 4 bis 6).

Diese unmittelbar anwendbare Verordnung beschreibt das gebotene Verhalten damit, daß das Kontrollgerät bei Fahrzeugen eingebaut und benutzt werden muß. Der Tatbestand beschreibt daher nicht, daß das Einsetzen eines Lenkers ex lege verboten wäre, sondern es wird (lediglich) verlangt, daß im Lkw (über 3,5 t höchstzulässigem Gesamtgewicht) ein EG-Kontrollgerät eingebaut sein muß.

Damit hat der Bw jedoch nicht drei Delikte zu verantworten, sondern lediglich ein Delikt, daß er über einen Zeitraum von insgesamt drei (näher bezeichneten) Tagen beim verfahrensgegenständlichen Lkw kein EG-Kontrollgerät (mit Zeitgruppenschalter) eingebaut hatte.

Dieser Umstand konnte dem durchgeführten Beweisverfahren entnommen werden. Wenngleich das durchgeführte Beweisverfahren ergeben hat, daß der Bw seit Anfang Jänner 1995 im verfahrensgegenständlichen Lkw kein Kontrollgerät eingebaut hatte, konnte doch dieser Umstand von der Berufungsbehörde aus kompetenzrechtlichen und verjährungsrechtlichen Gründen nicht mehr aufgegriffen werden.

4.4. Der Umstand, daß eine Verwaltungsübertretung über einen Zeitraum von mehreren Tagen hin begangen wurde, konnte allenfalls bei der Strafbemessung Berücksichtigung finden.

Allerdings konnte im vorliegenden Fall mit der Verhängung der in § 28 Abs.1b AZG vorgesehenen Mindeststrafe das Auslangen gefunden werden, da - entgegen den Behauptungen der Erstbehörde - im vorgelegten Verwaltungsstrafregister keine einschlägige Verwaltungsübertretung betreffend das Arbeitszeitgesetz iVm der Verordnung (EWG) 3821/85 gefunden werden konnte. Damit aber ist das Merkmal der einschlägigen Vorstrafe nicht erfüllt.

Überdies wurde als mildernd angesehen, daß der Bw rasch auf die ihm vorgeworfene Verwaltungsübertretung reagiert hat, indem er ein entsprechendes EG-Kontrollgerät einbauen ließ. Überdies sind keine nachteiligen Folgen der vorgeworfenen Verwaltungsübertretung bekannt geworden, sodaß mit der Verhängung der verringerten Strafe den general- und spezialpräventiven Aspekten der Strafverhängung genüge getan wurde.

Zu II.:

Gemäß § 64 Abs.1 VStG ist in jedem Straferkenntnis auszusprechen, daß der Bestrafte einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens zu leisten hat.

Dieser Beitrag ist nach § 64 Abs.2 VStG mit 10 % der verhängten Strafe zu bemessen.

Da durch die gegenständliche Berufungsentscheidung die verhängte Strafe herabgesetzt wurde, war auch der Kostenbeitrag zum Strafverfahren der Erstinstanz entsprechend anzupassen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens waren gemäß § 65 VStG dem Bw nicht aufzuerlegen, weil der Berufung zumindest teilweise Folge gegeben wurde.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Dr. L e i t g e b

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