Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-280158/5/Le/La

Linz, 10.10.1996

VwSen-280158/5/Le/La Linz, am 10. Oktober 1996 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Leitgeb über die Berufung des R L, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. T S, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Steyr-Land vom 11.10.1995, Zl. Ge96-266-1995, wegen Übertretungen des Arbeitszeitgesetzes zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird, soweit sie sich gegen die Spruchpunkte 1. und 2. des angefochtenen Straferkenntnisses richtet, Folge gegeben; das angefochtene Straferkenntnis wird in diesem Umfang aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren diesbezüglich eingestellt.

Im übrigen (= hinsichtlich Spruchabschnitt 3.) wird die Berufung als unbegründet abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis diesbezüglich mit der Maßgabe bestätigt, daß - unter Berücksichtigung der vorstehenden Entscheidung - der Spruch wie folgt geändert wird:

"Sie haben es als handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit als für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften Verantwortlicher der G und v Ges.m.b.H. in W, R, zu verantworten, daß der Arbeitnehmer A D in der Zeit von 30.3.1995, 4.10 Uhr, bis zum 31.3.1995, 01.25 Uhr, ununterbrochen als Arbeitnehmer eingesetzt war (und zwar in der Zeit vom 30.3.1995, 4.10 Uhr bis 7.30 Uhr und vom 30.3.1995, 22.00 Uhr, bis 31.3.1995, 01.25 Uhr, als Lenker des Lastkraftwagens mit dem Kennzeichen O-, und in der Zeit vom 30.3.1995, 7.30 Uhr bis 22.00 Uhr als Gerüster). Seine Arbeitszeit in diesem Zeitraum betrug sohin insgesamt 21 Stunden und 15 Minuten, obwohl eine tägliche Arbeitszeit von höchstens 10 Stunden zulässig gewesen wäre." II. Die zu Spruchabschnitt 3. verhängte Geldstrafe bleibt unverändert.

III. Der Beitrag zu den Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens ermäßigt sich sohin auf 500 S.

Ein Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens entfällt.

Rechtsgrundlage:

Zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG, BGBl.Nr. 51/1991, iVm §§ 24, 44a, 45 Abs.1 Z1, 51 Abs.1, 51c und 51e Verwaltungsstrafgesetz 1991 - VStG, BGBl.Nr. 52 idgF.

zu II.: §§ 64 und 65 VStG.

Entscheidungsgründe:

Zu I.:

1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Steyr-Land vom 11.10.1995 wurde über den nunmehrigen Berufungswerber (im folgenden kurz: Bw) wegen Übertretungen des § 28 Abs.1b bzw. § 28 Abs.1 des Arbeitszeitgesetzes (im folgenden kurz: AZG) Geldstrafen in Höhe von zweimal 3.000 S und einmal 5.000 S (Ersatzfreiheitsstrafen in der Dauer von zweimal 36 und einmal 60 Stunden) verhängt; gleichzeitig wurde er zum Ersatz der Verfahrenskosten in Höhe von 10% der verhängten Strafe verpflichtet.

Im einzelnen wurde ihm vorgeworfen, es als handelsrechtlicher Geschäftsführer der G und v Ges.m.b.H. W verantworten zu haben, daß der LKW-Lenker A D das Diagrammblatt des Vortages nicht vorweisen konnte, daß auf dem Schaublatt die erforderlichen Eintragungen fehlten und die tägliche Arbeitszeit des Herrn A insgesamt 21 Stunden und 15 Minuten (bei einer höchstzulässigen täglichen Arbeitszeit von 10 Stunden) gedauert hätte.

In der Begründung wurde der Gang des Ermittlungsverfahrens dargestellt und die Rechtsgrundlage, insbesondere die Verordnung (EWG) Nr. 3821/85 dargelegt.

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig eingebrachte Berufung vom 30.10.1995, mit der beantragt wird, das angefochtene Straferkenntnis zu beheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

Im einzelnen brachte der Bw vor, daß der Lenker D A das Diagrammblatt des Vortages nicht vorweisen konnte, da er von der Gendarmerie danach nicht gefragt worden sei.

Hinsichtlich der Eintragung lediglich des Vornamens des Lenkers D A wies der Bw darauf hin, daß durch die Eintragung lediglich eines Teiles des Namens keinerlei Schaden eingetreten sei.

Es erscheine begrifflich ausgeschlossen, daß am 31.3.1995 um 1.25 Uhr festgestellt wurde, daß die tägliche Arbeitszeit des Herrn D A am 31.3.1995 insgesamt 21 Stunden und 15 Minuten betragen haben soll. Abgesehen davon, daß der Begriff "tägliche Arbeitszeit" eben eine solche bezeichnet, die täglich zu leisten sei, könne um 1.25 Uhr keinesfalls festgestellt worden sein, daß die Arbeitszeit an diesem Tag 21 Stunden und 15 Minuten betragen habe, weshalb der Spruch des Straferkenntnisses nicht den gesetzlichen Bestimmtheitserfordernissen entspreche.

3. Die Bezirkshauptmannschaft Steyr-Land hat die Berufung und den zugrundeliegenden Verwaltungsakt dem unabhängigen Verwaltungssenat zur Entscheidung vorgelegt; eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen.

Da der unabhängige Verwaltungssenat aus dem vorgelegten Verwaltungsakt sowie der Berufung einen ausreichend geklärten Sachverhalt vorfand, konnte in Anwendung des § 51e Abs.2 VStG von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung Abstand genommen werden.

4. Hierüber hat der O.ö. Verwaltungssenat erwogen:

4.1. Im Verwaltungsstrafverfahren steht den Parteien gemäß § 51 Abs.1 VStG das Recht der Berufung an den unabhängigen Verwaltungssenat jenes Landes zu, in dem die Behörde, die den Bescheid erlassen hat, ihren Sitz hat.

Daraus ergibt sich die Zuständigkeit des O.ö. Verwaltungssenates.

4.2. Die Tatvorwürfe in den Spruchabschnitten 1. und 2. des angefochtenen Straferkenntnisses stützten sich auf Art.15 Abs.7 bzw. Art.15 Abs.5 der Verordnung (EWG) Nr. 3821/85 des Rates. In beiden Bestimmungen wird der Fahrer verpflichtet, nicht aber der Unternehmer (= Arbeitgeber). Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis vom 25.6.1996, 96/11/0062 - 0065, ausgeführt, daß die Verordnung (EWG) Nr.

3821/1985 "über das Kontrollgerät im Straßenverkehr" ergangen ist, also verwaltungsstrafrechtlich nach österreichischer Rechtsterminologie kraftfahrrechtlichen Inhalts ist.

Der Arbeitgeber kann daher wegen Übertretung dieser Bestimmungen durch den Fahrer nicht bestraft werden.

Es wird darauf hingewiesen, daß gemäß § 134 Abs.1 des Kraftfahrgesetzes 1967 idgF Übertretungen dieser EU-Verordnung bestraft werden können; Normadressat ist hiefür allerdings der Fahrer.

4.3. Die höchstzulässige tägliche Arbeitszeit beträgt gemäß § 9 Abs.1 AZG 10 Stunden. Im vorliegenden Fall wurde der Arbeitnehmer D A in der Zeit vom 30.3.1995, 4.10 Uhr bis 31.3., 1.25 Uhr durchgehend beschäftigt, und zwar in der Zeit von 30.3., 4.10 Uhr bis 7.30 Uhr und in der Zeit vom 30.3.1995, 22.00 Uhr bis 31.3.1995, 1.25 Uhr, als LKW-Lenker sowie in der Zeit von 7.30 Uhr bis 22.00 Uhr des (30.3.1995) als Gerüstaufsteller.

Diese Arbeitseinteilung ist bewiesen aus der Diagrammscheibe des Kontrollgerätes, aus der Arbeitsaufzeichnung (Bau-Tagesbericht Nr. 53) sowie aus der Zeugenaussage des D A vor der Erstbehörde am 24.8.1995.

Damit aber ist der Tatvorwurf in objektiver Hinsicht bewiesen.

4.4. Arbeitgeber und deren Bevollmächtigte, die 1. Arbeitnehmer über die Höchstgrenzen der täglichen oder wöchentlichen Arbeitszeit gemäß ... § 9 ... hinaus einsetzen, sind gemäß § 28 Abs.1 AZG, sofern die Tat nicht nach anderen Vorschriften einer strengeren Strafe unterliegt, von der Bezirksverwaltungsbehörde ... mit einer Geldstrafe von 300 S bis 6.000 S zu bestrafen.

Der Bw hat sich als Arbeitgeber damit verantwortet, den Vorarbeiter R R angewiesen zu haben, in Wien zu übernachten.

Damit ist es dem Bw jedoch nicht gelungen glaubhaft zu machen, daß ihn an der Verletzung der vorgeworfenen Verwaltungsübertretung kein Verschulden trifft:

Abgesehen davon, daß die tägliche Arbeitszeit des Arbeitnehmers D A, wie dies die Erstbehörde bereits zutreffend festgestellt hat, bereits ab 30.3.1995, 4.10 Uhr überschritten worden war, hat es der Bw unterlassen, sein Kontrollsystem näher darzulegen bzw. ist hervorgekommen, daß der Bw zur Einhaltung der arbeitnehmerschutzrechtlichen Bestimmungen, insbesondere des Arbeitszeitgesetzes, kein Kontrollsystem eingerichtet hat. Er hat weder dargelegt, daß etwa der Vorarbeiter R R Bevollmächtigter iSd AZG war noch daß dieser verantwortlicher Beauftragter gewesen wäre (dazu VwGH vom 22.2.1996, 95/11/0302).

Selbst aber bei Bestellung eines Bevollmächtigten wäre die Einbindung des Arbeitgebers in das Kontrollsystem erforderlich gewesen und hätte der Bw als Arbeitgeber dieses Kontrollsystem auch näher darlegen müssen (siehe hiezu VwGH vom 28.11.1995, 95/02/0403).

Es ist daher dem Bw nicht gelungen, iSd § 5 Abs.1 VStG glaubhaft zu machen, daß ihn an der angelasteten Verwaltungsübertretung kein Verschulden trifft. Dazu hätte es nach den Vorgaben des Verwaltungsgerichtshofes im Erkenntnis vom 18.2.1991, 90/19/0177, der Darlegung bedurft, daß er Maßnahmen getroffen hat, die unter den vorhersehbaren Verhältnissen die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften mit gutem Grund erwarten lassen.

Die Mitwirkungspflicht der Parteien erfordert, daß der Beschuldigte nicht nur die ihm vorgehaltenen Beweisergebnisse für unrichtig erklärt, sondern er muß diesen konkrete Behauptungen entgegensetzen und dafür entsprechende Beweise anbieten (VwGH vom 15.9.1994, 94/09/0139).

Ein solches Vorbringen stellt der Antrag auf zeugenschaftliche Einvernahme des Vorarbeiters R R nicht dar, zumal nicht einmal ansatzweise behauptet wurde, daß ein funktionierendes Kontrollsystem besteht.

4.5. Die Überprüfung der Strafbemessung ergab, daß die Strafhöhe innerhalb der Grenzen des § 19 VStG sowie des Strafrahmens des § 28 AZG bemessen wurde. Im Hinblick auf die überaus massive Arbeitszeitüberschreitung von deutlich mehr als 100 % der höchstzulässigen Tagesarbeitszeit war die Verhängung einer Strafe im Ausmaß von 80 % der Höchststrafe angemessen.

4.6. Zur vorgenommenen Spruchkorrektur hinsichtlich des Tatvorwurfes Nr. 3 des angefochtenen Straferkenntnisses ist auszuführen, daß es sich hiebei um einen offensichtlichen Schreibfehler der Erstbehörde handelte, zumal auch dem Bw in jeder Phase des Verfahrens klar war, welcher Zeitraum ihm vorgeworfen wurde. So hat er selbst im Schriftsatz vom 11.5.1995 die richtige Tachoscheibe sowie den richtigen Bau-Tagesbericht Nr. 53 betreffend den 30.3.1995 vorgelegt.

Auch wurde in der Begründung auf den nunmehr im Spruch klargestellten Tatzeitraum Bezug genommen.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zu II.:

Gemäß § 64 Abs. 1 VStG ist in jedem Straferkenntnis auszusprechen, daß der Bestrafte einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens zu leisten hat.

Dieser Beitrag ist nach § 64 Abs.2 VStG mit 10% der verhängten Strafe zu bemessen.

Da durch die gegenständliche Berufungsentscheidung die beiden ersten Spruchpunkte aufgehoben wurden, war auch der Kostenbeitrag zum erstinstanzlichen Strafverfahren nur mehr vom verbliebenen 3. Tatvorwurf zu bemessen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens waren gemäß § 65 VStG dem Bw nicht aufzuerlegen, weil der Berufung zumindest teilweise Folge gegeben wurde.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Dr. L e i t g e b

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