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VwSen-280167/9/Kon/Fb

Linz, 10.06.1996

VwSen-280167/9/Kon/Fb Linz, am 10. Juni 1996 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch die 7. Kammer (Vorsitzender: Mag. Gallnbrunner, Berichter: Dr. Konrath, Beisitzer: Dr. Grof) über die Berufung des Herrn Ing. L H, B, K, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Freistadt vom 6. November 1995, Ge96-51-1995-Pa, wegen Übertretung der Bauarbeiterschutzverordnung - (BauV), BGBl.Nr. 340/1994, zu Recht erkannt:

Der Berufung wird Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde aufgehoben.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 AVG iVm § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 - VStG.

Entscheidungsgründe:

Das angefochtene Straferkenntnis enthält unter Faktum 1.

nachstehenden Tatvorwurf:

"Der Beschuldigte, Herr Ing. L H, geb. am 3.2.1951, wohnhaft in B, K, hat es als gemäß § 9 Abs.2 und 4 VStG 1991 be stellter verantwortlicher Beauftragter für die Einhaltung der Arbeitnehmerschutzvorschriften der Firma 'H ' (Baumeistergewerbe im Standort P, N) zu vertreten, wie anläßlich einer Überprüfung durch das Arbeitsinspektorat für den 9.

Aufsichtsbezirk festgestellt wurde, daß am 25. April 1995 bei der Baustelle (Erdgasleitung) in S, N zwischen Nr. bis (vor Einmündung der Dr. S) die Arbeitnehmer B T, geb. am 5.8.1940, und T E, geb. am 20.8.1973, in einem ca. 3 m langen, 1,5 m tiefen und 0,51 m breiten Künettenabschnitt mit dem Nachreinigen der Künettensohle und mit Nachgrabarbeiten für die Verlegung der Erdgasleitung beschäftigt waren, obwohl 1. die Wände dieser Künette weder abgeböscht noch verbaut waren und auch keine Bodenverfestigung erfolgt ist (Baugruben, Gräben oder Künetten von mehr als 1,25 m Tiefe dürfen nur betreten werden, wenn diese Sicherungsmaßnahmen durchgeführt sind!) und".

Der dem Tatvorwurf zugrundeliegende Sachverhalt wurde vom Arbeitsinspektorat für den 9. Aufsichtsbezirk am 25. April 1995 festgestellt und mit Schreiben vom 8. Mai 1995, Zl.

1160/66-9/95, der Bezirkshauptmannschaft Steyr-Land mit dem Hinweis, daß eine Verwaltungsübertretung gemäß § 48 Abs.2 und 7 BauV vorliege angezeigt. Diese Anzeige wurde zunächst von der Bezirkshauptmannschaft Steyr insoweit in Bearbeitung genommen, als sie vom Handelsgericht einen Firmenbuchauszug der H anforderte und weiters mit Schreiben vom 22.5.1995, Ge96-243-1995, die H mit dem Sitz in P und der Geschäftsadresse P, N, um Bekanntgabe der nach außen hin vertretungsbefugten Person und des für die Einhaltung der Arbeitnehmerschutzvorschriften auf der Baustelle in S, N zwischen Nr.

bis , Verantwortlichen ersuchte. Nach Bekanntgabe des Prokuristen Ing. L H als verantwortlichen Beauftragten für die gegenständliche Baustelle hat die Bezirkshauptmannschaft Steyr sodann mit Schreiben vom 30.5.1995, Ge-243-1995, die vorerwähnte Anzeige des Arbeitsinspektorates für den 9.

Aufsichtsbezirk unter Hinweis auf den Wohnort des Beschuldigten (B, K) gemäß § 29a VStG an die Bezirkshauptmannschaft Freistadt zur Durchführung des Verwaltungsstrafverfahrens abgetreten, welche in weiterer Folge das angefochtene Straferkenntnis erlassen hat.

In seiner dagegen erhobenen Berufung wendet der Beschuldigte unter anderem örtliche Unzuständigkeit der Bezirkshauptmannschaft Freistadt ein, weil als Tatort der Sitz der Unternehmensleitung, nämlich P, anzusehen sei. Maßgebendes Kriterium für die örtliche Zuständigkeit der Behörde zur Durchführung eines Verwaltungsstrafverfahrens sei der Tatort, nicht jedoch der Wohnsitz, welcher lediglich unter bestimmten Umständen als Anknüpfungspunkt für eine Übertragung des Strafverfahrens nach § 29a VStG sein könnte. Da weder einer Vereinfachung noch eine Beschleunigung des Verfahrens mit der Übertragung des Verwaltungsstrafverfahrens an die Bezirkshauptmannschaft Freistadt verbunden gewesen wäre, sei diese unzulässig erfolgt. Es ergebe sich daraus eindeutig die Zuständigkeit der Bezirkshauptmannschaft Perg für die Durchführung des Verwaltungsstrafverfahrens.

Mit diesem Vorbringen ist der Berufungswerber im Ergebnis aus folgenden Gründen im Recht:

Die dem Beschuldigten angelastete Verwaltungsübertretung stellt ein Unterlassungsdelikt dar, für das als Tatort jener gilt, an dem der Täter hätte handeln sollen. Dieses Handeln besteht im wesentlichen in der Schaffung eines lückenlosen Kontrollsystems, wie der Anordnung sonstiger Maßnahmen, welche der Einhaltung der Bestimmungen der BauV dienen. Dies ist nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes jener Ort, an dem der Sitz der Unternehmensleitung liegt. Betreiberin der Baustelle war zum Tatzeitpunkt die H mit dem Sitz in P; bestellter verantwortlicher Beauftragter für die verfahrensgegenständliche Baustelle war laut im Akt erliegender Bestellungsurkunde der Beschuldigte.

Als Dienstort des Beschuldigten in seiner Eigenschaft als verantwortlicher Beauftragter gemäß § 9 Abs.2 VStG ist aber laut im Akt erliegender Bestellungsurkunde Perg angegeben.

Demnach hat Perg als jener Ort zu gelten, an dem er jene Handlungen vorzunehmen hatte, die der Einhaltung der (übertretenen) Norm dienen. Dieser Ort gilt aufgrund der vorerwähnten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes als Tatort iSd § 27 VStG. Da sich demnach Perg als Tatort erweist, ergibt sich die Zuständigkeit der Bezirkshauptmannschaft Perg als Tatortbehörde. Daraus folgt, daß die Übertragung gemäß § 29a VStG nur von dieser hätte vorgenommen werden dürfen, nicht aber von der Bezirkshauptmannschaft Steyr-Land. Die Übertragung des Verwaltungsstrafverfahrens gemäß § 29a durch eine unzuständige Behörde, nämlich die Bezirkshauptmannschaft Steyr-Land bewirkt zunächst auch die Unzuständigkeit der Bezirkshauptmannschaft Freistadt als Strafbehörde erster Instanz. Aus diesem Grund war deren Straferkenntnis aufzuheben.

Bemerkt wird aber, daß auch eine örtlich unzuständige Strafbehörde taugliche Verfolgungshandlungen setzen kann.

Ob eine solche vorliegt, wird unter dem Blickwinkel des § 44a Z1 VStG und der hiezu ergangenen Judikatur von der Bezirkshauptmannschaft Perg zunächst zu prüfen sein.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Mag. Gallnbrunner

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