Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-280210/11/Kon/Fb

Linz, 17.10.1996

VwSen-280210/11/Kon/Fb Linz, am 17. Oktober 1996 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch das Mitglied Dr. Robert Konrath über die Berufung des Herrn Dipl.-Ing. E H, pA H BaugesmbH, W, L, vertreten durch die Rechtsanwälte Prof. Dr. H, DDr. M, Dr. W, Dr. M, Dr. G, K, L, gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 21. Februar 1996, GZ 502-32/Kn/We/2/96e, wegen Übertretung des Arbeitnehmerschutzgesetzes (ASchG), zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird insofern Folge gegeben, als die verhängte Geldstrafe auf den Betrag von 5.000 S, bei unveränderter Dauer der Ersatzfreiheitsstrafe herabgesetzt wird. Der Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens wird auf den Betrag von 500 S herabgesetzt.

II. Ein Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens entfällt.

Rechtsgrundlage:

zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG iVm § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 - VStG, § 16 Abs.1 VStG und § 19 VStG.

zu II.: § 65 VStG.

Entscheidungsgründe:

zu I.:

Das angefochtene Straferkenntnis enthält nachstehenden Schuld- und Strafausspruch:

"Der Beschuldigte, Herr Dipl. Ing. E H, geboren am 1.12.1935, wohnhaft: L, D, hat es als handelsrechtlicher Geschäftsführer der H BaugesmbH, L, und somit als gem. § 9 VStG verwaltungsstrafrechtlicher Verantwortlicher zu vertreten, daß auf der von o.a. BaugesmbH betriebenen Baustelle 'P, Mischwasserkanal Strang 1, neben P vor Brücke M', am 8.8.1995, wie anläßlich einer Kontrolle durch das Arbeitsinspektorat für Bauarbeiten, Wien, festgestellt wurde, in einer bereits fertig maschinell ausgegrabenen ca. 16 m langen, ca. 1,80 m tiefen und ca. 1,50 m breiten Künette, Arbeitnehmer der o.a. BaugesmbH mit dem Einbringen von Beton beschäftigt waren (es war bereits auf ca. 12 m Länge ein Betonrohr auf einer Betonbettung verlegt worden), wobei die Künettenwände weder abgeböscht (sie waren senkrecht), ver baut oder gepölzt, noch durch geeignete Verfahren zur Bodenverfestigung (erdig-lehmiges Material) gesichert waren, sodaß eine Gefährdung für die Arbeitnehmer durch abrutschendes oder herabfallendes Material bestand, obwohl § 48 Abs. 2 der Bauarbeiterschutzverordnung vorschreibt, daß beim Ausheben von Gruben, Gräben oder Künetten von mehr als 1,25 m Tiefe, deren Wände durch Abböschen, Verbauen oder durch die Anwendung von geeigneten Verfahren zur Bodenverfestigung derart zu sichern sind, daß Arbeitnehmer durch abrutschendes oder herabfallendes Material nicht gefährdet werden können und § 48 Abs. 7 BAV vorschreibt, daß Baugruben, Gräben oder Künetten nur betreten werden dürfen, wenn die Sicherheitsmaßnahmen nach Abs. 2 durchgeführt sind.

Der Beschuldigte hat hiedurch eine Verwaltungsübertretung gemäß § 130 Abs. 5 Z 1 i.V.m. § 118 Abs. 3 Arbeitnehmerschutzgesetz (ASchG), BGBl.Nr.450/1994 i.V.m. § 48 Abs. 2 und 7 der Bauarbeiterschutzverordnung (BAV), BGBl.Nr. 340/1994, begangen und wird über ihn wegen dieser Verwaltungsübertretung gemäß § 130 Abs. 5 ASchG eine Geldstrafe von S 10.000,-- verhängt.

Im Falle der Uneinbriglichkeit der Geldstrafe tritt an deren Stelle eine Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von 1 Tag.

Der Beschuldigte hat gemäß § 64 Abs. 2 VStG als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens 10.v.H. der verhängten Strafe, das sind S 1.000,-- zu leisten." In bezug auf die verwaltungsstrafrechtliche Verantwortlichkeit des Beschuldigten führt die belangte Behörde begründend aus, daß die Bestellung von Frau Ing. G T zur verantwort lichen Beauftragten nicht rechtmäßig iSd § 9 VStG erfolgt sei. Dies deshalb, weil nach der Rechtsprechung des VwGH eine solche Bestellung keine Zweifel über den Umfang der Übertragung der Verantwortlichkeit offenlassen dürfe. Für ein und denselben Verantwortungsbereich könne nur ein verantwortlicher Beauftragter bestellt werden. Eine klar definierte Verantwortlichkeit sei dann nicht gegeben, wenn aufgrund überlappender Verantwortungsbereiche wiederum mehrere Personen nebeneinander und wiederum kumulativ für einen bestimmten Verstoß gegen eine Verwaltungsvorschrift bestraft werden können.

Im vorliegenden Fall seien dem Arbeitsinspektorat für Bauarbeiten, F, W, insgesamt vier Meldungen von verantwortlichen Beauftragten vorgelegt worden. Es handle sich dabei um folgende Personen:

Prokurist Ing. H H, Ing. G T, Ing. O S und Baumeister Dipl.-Ing. G F.

Die gegenständliche Baustelle sei in den räumlichen Zuständigkeitsbereich aller genannten Verantwortlichen gefallen, sodaß ein Fall überlappender Verantwortungsbereiche vorliege und eine klar definierte Verantwortlichkeit von Frau Ing. G T nicht gegeben sei.

Es sei sohin keine Exkulpierung des Beschuldigten durch die Bestellung eines verantwortlichen Beauftragten erfolgt und habe er die gegenständliche Verwaltungsübertretung in seiner Eigenschaft als handelsrechtlicher Geschäftsführer zu verantworten.

Aus diesem Grund und in Verbindung damit, daß die Verletzung der Bestimmungen des § 48 Abs.2 BauV eindeutig erwiesen sei, sei der objektive Tatbestand der gegenständlichen Verwaltungsübertretung als erfüllt anzusehen.

Dies treffe auch auf die subjektive Tatseite der gegenständlichen Verwaltungsübertretung zu, weil der Beschuldigte den ihm gemäß § 5 Abs.1 VStG obliegenden Schuldentlastungsbeweis nicht erbracht habe.

Was die Begründung des Strafausmaßes betrifft, hält die belangte Behörde fest, daß weder strafmildernde noch straferschwerende Umstände zu werten gewesen seien. Spezialpräventive Gesichtspunkte seien bei der Strafbemessung jedoch zu berücksichtigen gewesen. Der Beschuldigte solle dazu angehalten werden, sich in Zukunft vermehrt um die Einhaltung arbeitnehmerschutzrechtlicher Vorschriften zu kümmern.

Weiters sei bei der Strafbemessung maßgeblich gewesen, daß durch die Mißachtung der gegenständlichen Vorschriften ein erhebliches Risiko für das Leben und die Gesundheit der Arbeitnehmer gegeben gewesen wäre. Bei der Berücksichtigung der Vermögens-, Einkommens- und Familienverhältnisse sei mangels entsprechender Angaben des Beschuldigten von einem Monatsnettoeinkommen von 40.000 S und dem Nichtvorliegen von Sorgepflichten ausgegangen worden.

In seiner gegen dieses Straferkenntnis ergangenen Berufung wendet der Beschuldigte die Übertragung der verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortung an Frau Ing. G T ein und gibt hiezu an, daß Genannte mit der Bau- und Bereichsleitung Weinviertel-Ost, also auch für die in diesem Bereich gelegene Baustelle P bestellt worden sei.

Es liege daher keinesfalls eine überlappende Bestellung vor, da der Wirkungs- und Verantwortungsbereich der Frau Ing. G T eindeutig abgegrenzt sei.

Unter Z5 der Meldung vom 6.4.1994 sei eindeutig angeführt, daß Frau Ing. T mit der Leitung und der Bereichsleitung Weinviertel-Ost beauftragt worden sei. Daß darüber hinaus Frau Ing. T auch für andere räumliche Zuständigkeitsbereiche gemeldet worden sei, ändere nichts an der Tatsache, daß sie jedenfalls für die in diesem Bereich gelegene Baustelle eindeutig umschrieben verantwortlich sei.

Abschließend bringt der Beschuldigte vor, daß diese Vorgangsweise auch mit dem Arbeitsinspektorat abgesprochen worden sei.

Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

Zunächst wird festgehalten, daß die Verletzung der Bestimmungen des § 48 Abs.2 BauV laut Tatvorwurf in bezug auf die objektive Tatbestandsmäßigkeit als unstrittig zu gelten hat.

Vom unabhängigen Verwaltungssenat als Berufungsinstanz war im wesentlichen daher nur mehr zu prüfen, ob der Beschuldigte in seiner Eigenschaft als zur Vertretung nach außen berufenes Organ iSd § 9 Abs.1 VStG durch rechtswirksame Bestellung eines verantwortlichen Beauftragten iSd § 9 Abs.2 und 4 leg.cit. zum Tatzeitpunkt seiner verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortlichkeit entledigt war oder nicht.

Gemäß § 9 Abs.4 VStG kann verantwortlicher Beauftragter nur eine Person mit Wohnsitz im Inland sein, die strafrechtlich verfolgt werden kann, ihrer Bestellung nachweislich zugestimmt hat und der für den ihrer Verantwortung unterliegenden klar abzugrenzenden Bereich eine entsprechende Anordnungsbefugnis zugewiesen ist.

Demnach ist eine klare Abgrenzung des räumlichen Verantwortungsbereiches des verantwortlichen Beauftragten Voraussetzung für dessen rechtswirksame Bestellung erforderlich.

Diese ist nur dann gegeben, wenn für die in räumlicher, sachlicher und allenfalls auch zeitlicher Hinsicht abgegrenzte verwaltungsstrafrechtliche Verantwortlichkeit immer nur eine von vornherein feststehende Person in Betracht kommt. Die Strafbehörde darf nicht genötigt sein, die zum verantwortlichen Beauftragten bestellte Person wegen unklar abgegrenzter Zuständigkeitsbereiche erst ermitteln zu müssen.

Diesem Erfordernis entspricht die vom Beschuldigten vorgenommene Bestellung der Frau Ing. G T zur verantwortlichen Beauftragten insofern nicht, weil ihre örtliche Zuständigkeit für die gegenständliche Baustelle in P gegenüber anderen, ebenfalls vom Beschuldigten zu verantwortlich Beauftragten bestellten Personen, nicht klar abgegrenzt ist, sondern vielmehr mit deren räumlichen Verantwortungsbereich zusammenfällt.

So ist laut Bestellungsurkunde vom 6.4.1994, eingelangt beim Arbeitsinspektorat am 28. April 1994, der räumliche Zuständigkeitsbereich der Frau Ing. G T mit 21. und 22. Wiener Gemeindebezirk, die Verwaltungsbezirke Gänserndorf, Hollabrunn, Korneuburg und Mistelbach und das links der Donau gelegene Gebiet des Verwaltungsbezirks Wien-Umgebung, umschrieben. Die verfahrensgegenständliche Baustelle in P, bei der die Verwaltungsübertretung festgestellt wurde, ist im politischen Bezirk Mistelbach gelegen. Der politische Bezirk Mistelbach wie auch alle übrigen in der Urkunde angeführten Verwaltungsbezirke, sind wiederum im Bereich des 6. Aufsichtsbezirkes der Arbeitsinspektion gelegen. Da sich aber die Zuständigkeitsbereiche der anderen vom Beschuldigten bestellten verantwortlichen Beauftragten, wie die des Ing. H H und des Ing. O S auf den 6. Aufsichtsbezirk der Arbeitsinspektion erstrecken, liegen überlappende Zuständigkeitsbereiche vor.

Mit seinem Vorbringen, daß unter Z5 der Meldung vom 6.4.1994 an das Arbeitsinspektorat eindeutig angeführt sei, daß Frau Ing. T mit der Bauleitung und der Bereichsleitung Weinviertel-Ost beauftragt sei, ist für den Beschuldigten nichts gewonnen. Dies deshalb, weil sich der räumliche Bereich "Weinviertel-Ost" nur auf die firmeninternen Funktionen der Bau- und Bereichsleitung bezieht, nicht aber auf die Stellung als verantwortlich Beauftragter iSd § 9 Abs.2 VStG.

Überdies würde auch mit der Umschreibung "Weinviertel-Ost" als heimatkundlichen und geografischen Begriff keine klare räumliche Abgrenzung erfolgen, liegt doch keine verbindliche Grenzfestsetzung hiefür vor.

Die vom Beschuldigten eingewandte Bestellung eines verantwortlichen Beauftragten wurde sohin zu Recht als rechtsunwirksam gewertet. Diese Rechtsunwirksamkeit ist auch vom Beschuldigten zu vertreten, da von ihm verlangt werden kann, daß er bei einer Bestellung zum verantwortlichen Beauftragten auf das Gebot klarer Abgrenzungen nach sachlichen und räumlichen Gesichtspunkten ausreichend Bedacht nimmt.

Da sich sohin die verwaltungsstrafrechtliche Verantwortlichkeit des Beschuldigten als gegeben erweist und dieser weiters auf keinerlei Kontrollsystem zu seiner Entlastung zu verweisen vermag, ist der Schuldspruch zu Recht ergangen.

Zur Strafhöhe:

Der Beschuldigte hat bereits im erstbehördlichen Verfahren, nämlich in seiner Stellungnahme vom 13.2.1996, sinngemäß vorgebracht, daß aufgrund der firmeninternen Kompetenzaufteilung der Betrieb der gegenständlichen Baustelle in den Verantwortungsbereich des Herrn Dipl.-Ing. J R, der wie er handelsrechtlicher Gesellschafter der GmbH sei, gewesen wäre, gefallen sei. Über Einladung des unabhängigen Verwaltungssenates (Schreiben vom 1. Oktober 1996, VwSen- 280210/8), hat der Beschuldigte sodann mit Schreiben vom 9. Oktober 1996 diese Kompetenzaufteilung wie folgt dargelegt:

Dipl.-Ing. R sei für die mittlerweile in Konkurs befindliche H BaugesmbH zum Tatzeitpunkt 8.8.1995 gemäß der unternehmensinternen Kompetenzaufteilung für die technische Geschäftsführung, die Aquisition und die Bauherrnbetreuung in Ostösterreich zuständig gewesen. Dem Beschuldigten Dipl.-Ing. E H sei die Kompetenz der kaufmännischen Geschäftsführung und der Bauherrnbetreuung in Westösterreich zugefallen. Mit der Betreuung, technischen Überwachung, Kontrolle, Überprüfung der Einhaltung der Arbeitnehmerschutzvorschriften betreffend die gegenständliche Baustelle in P, habe er jedenfalls aufgrund dieser firmeninternen Aufteilung nichts zu tun gehabt.

Die in der dargelegten Form behauptete Kompetenzaufteilung ist insofern glaubwürdig, als sie vom Beschuldigten bereits in einem anderen Verwaltungsstrafverfahren (VwSen-220912-1996) vorgebracht und auch vom damals zeugenschaftlich einvernommenen Dipl.-Ing. R bestätigt wurde (Erkenntnis des unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich vom 30. April 1996, VwSen-220912/30/Kon/Fb). Der firmeninterne Kompetenzbereich des Beschuldigten ist aber für die Bewertung seines Tatverschuldens und in weiterer Folge für die Strafbemessung von Bedeutung. Dies unabhängig davon, daß die interne Aufgabenverteilung, was die Frage der verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortlichkeit an sich betrifft, unerheblich ist (VwGH 24.7.1991, 91/19/0111 und auch vom 4.3.1994, 93/02/0194).

Aufgrund der aufgezeigten Kompetenzverteilung kann dem Beschuldigten jedoch nur eine wesentlich geringere Sorgfaltswidrigkeit angelastet werden, als jener, die der verhängten Strafe entsprechen würde. Diese war daher auf das im Spruch festgesetzte Ausmaß herabzusetzen. Eine Anwendung der Rechtswohltat des § 21 VStG war nicht möglich, weil die Folgen der Übertretung, die in einer wesentlichen Gefährdung des Lebens und der Gesundheit der auf der Baustelle beschäftigten Arbeitnehmer besteht, nicht unbedeutend geblieben sind. Mit dem herabgesetzten Strafausmaß wird den Strafzwecken der General- und Spezialprävention entsprochen.

zu II.:

Der Kostenspruch ist in der zitierten Gesetzesstelle begründet.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Dr. K o n r a t h

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