Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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Linz, 31.10.1997

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E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch das Mitglied Mag. Gallnbrunner über die Berufung des Helmut F, vertreten durch Dr. Johann S, Rechtsanwalt in R, gegen die Straferkenntnisse der Bezirkshauptmannschaft Rohrbach zu den Zahlen: Ge-96-117-1995 und Ge96-117-1 bis Ge96-117-6-1995, alle vom 15. April 1996, wegen Übertretungen des Bundesgesetzes über die Beschäftigung von Kindern und Jugendlichen 1987 - KJBG, nach öffentlicher mündlicher Verhandlung am 17. Oktober 1997 zu Recht erkannt:

Der Berufung wird stattgegeben; die angefochtenen sieben Straferkenntnisse werden aufgehoben und die Verfahren in diesen Fällen eingestellt.

Rechtsgrundlage: § 66 Abs.4 AVG; § 24, § 51 Abs.1, § 51c, § 51e Abs.1, § 51i, § 66 Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Mit den angefochtenen Straferkenntnissen vom 15. April 1996 wurde der Berufungswerber jeweils schuldig erkannt, er habe in seinem Gastgewerbebetrieb in P iM eine mit Namen und Geburtsdatum angegebene jugendliche Arbeitnehmerin in der Zeit zwischen 2. bis 14. August 1995 beschäftigt und dabei gegen Vorschriften des KJBG verstoßen. So sei (hinsichtlich) dieser jugendlichen Arbeitnehmerin / sei diese jugendliche Arbeitnehmerin 1. entgegen § 11 Abs.3 KJBG an bestimmten Tagen die Tagesarbeitszeit von neun Stunden überschritten worden (Ge96-117-1995), 2. entgegen § 11 Abs.1 KJBG in beiden Beschäftigungswochen (31. und 32. Woche) die Wochenarbeitszeit von 40 Stunden überschritten worden (Ge96-117-1-1995), 3. entgegen § 15 Abs.1 KJBG an bestimmten Tagen keine Ruhepause von mindestens einer halben Stunde nach einer Arbeitszeit von jeweils mehr als viereinhalb Stunden gewährt worden (Ge96-117-2-1995), 4. entgegen § 16 KJBG an bestimmten Tagen keine ununterbrochene Ruhezeit von mindestens zwölf Stunden gewährt worden (Ge96-117-3-1995), 5. entgegen § 17 Abs.1 KJBG an bestimmten Tagen länger als bis 20.00 Uhr beschäftigt worden (Ge96-117-4-1995), 6. entgegen § 18 Abs.3 KJBG am Sonntag, dem 6. August und am Sonntag, dem 13. August 1995 beschäftigt worden, obwohl der zweite Sonntag hätte arbeitsfrei bleiben müssen (Ge96-117-5-1995) und 7. entgegen § 19 Abs.3 KJBG in der zweiten Woche keine ununterbrochene wöchentliche Freizeit von zwei zusammenhängenden Kalendertagen gewährt worden (Ge96-117-6-1995). Wegen dieser Verwaltungsübertretungen wurde über den Berufungswerber in allen sieben Fällen eine Geldstrafe in der Höhe von je 4.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe: je zwei Tage) je kostenpflichtig verhängt.

2. Alle zugrunde liegenden Strafverfahren wurden durch die Anzeige der Arbeiterkammer Linz, bei der die Jugendliche mit ihrer Mutter vorgesprochen und dabei ihre eigenen Arbeitszeitaufzeichnungen vorgelegt hatte, bzw des Arbeitsinspektorats veranlaßt. Nach darüber geführten Ermittlungsverfahren schloß die belangte Behörde aus der erwähnten Aufzeichnung, den Aussagen der als Zeugen vernommenen Jugendlichen und ihrer Mutter sowie der Anmeldung bzw der Berichtigung dieser Anmeldung zur Pflichtversicherung auf die Tatbestandsmäßigkeit, verwarf die Verantwortung des Berufungswerbers, wonach die involvierte Jugendliche in der ersten Woche nur als Volontär tätig gewesen sei und im übrigen die Aufzeichnungen über die Arbeitszeiten nicht stimmen könnten, nahm (wenigstens) konkludent das Verschulden des Berufungswerbers im Grunde des § 5 Abs.1 VStG an und ging bei der Strafbemessung - zutreffend - von keinem Wiederholungsfall aus.

3. Mit seinem - von der belangten Behörde zugleich mit den Verfahrensakten und ohne Gegenäußerung vorgelegten - Rechtsmittel bekämpft der Berufungswerber jeweils die Tatseite, indem er bemängelt, daß seine Verteidigungsangaben durchwegs als Schutzbehauptungen abgetan worden seien; er beantragt Aufhebung und Verfahrenseinstellung, hilfsweise Strafminderung bzw Absehen von der Strafe. Das zur Berufung angehörte Arbeitsinspektorat verwies auf die Aussage der jugendlichen Arbeitnehmerin und auf die Anzeige der Arbeiterkammer Linz.

4. Die Verfahrensakten allein erlaubten in diesen Berufungsfällen keine abschließende Beurteilung der Sachlage. Insbesondere waren Widersprüchlichkeiten in den Aussagen der Jugendlichen und ihrer Mutter zu sonstigen Akteninhalten offensichtlich. In einem Ergänzungsschriftsatz beantragte der mittlerweile rechtsfreundlich vertretene Berufungswerber die zeugenschaftliche Vernehmung der von ihm zur fraglichen Zeit beschäftigt gewesenen anderen Lehrlinge. Die deshalb anzuberaumende öffentliche mündliche Verhandlung wurde am 17. Oktober 1997 in Anwesenheit des Berufungswerbers und seines Rechtsfreundes sowie eines Vertreters der Amtspartei durchgeführt. Auch die belangte Behörde war geladen, jedoch nicht vertreten. Von den unter Angabe des Beweisthemas geladenen Zeugen erschienen und wurden förmlich vernommen: die als jugendliche Arbeitnehmerin involviert gewesene Michaela P (im folgenden kurz: M.P.), geb. 5.12.1979, heute Schülerin, sowie die Köchin Ranka M (im folgenden kurz: R.M.), geb. 21.3.1976, zur fraglichen Zeit Koch-Lehrling im 2. Lehrjahr im Betrieb des Berufungswerbers. Die als Zeugen geladenen Irmgard Löffler (Mutter der M.P.) und Daniela Z (gleichfalls ehemalige "Kollegin" der M.P.) fehlten hingegen entschuldigt wegen Krankheit; die Nachholung ihrer Vernehmung war jedoch entbehrlich und wurde daher auch nicht beantragt, weil, wie sich herausstellte, dies keine weitere Aufhellung in den wesentlichen Tatfragen hätte erbringen können. Die vom Berufungswerber im Zuge seiner Vernehmung übergebenen 'Arbeitszeitkarten' der Lehrlinge M und Z wurden ebenso eingesehen und der Beweiserörterung unterzogen wie diverse Urkunden aus den Verfahrensakten (insbes. der Lehrvertrag, die Anmeldungen zur OÖGKK sowie die Arbeitszeitnotizen der M.P.; sämtliche nur in Kopie vorgelegen).

5.1. Auf Grund des Beweisverfahrens steht folgender Sachverhalt fest:

Beginn der Tätigkeit der M.P. im Gasthaus des Berufungswerbers war Mittwoch, der 2. August 1995. Die Jugendliche wollte ihre Schulausbildung (HBLA in Rohrbach) nicht mehr fortführen, sondern eine Lehre beginnen. Von der Mutter ging die Idee aus, diese Lehre im Gastgewerbebetrieb des Berufungswerbers zu versuchen. Die nähere Gestaltung des Arbeitsverhältnisses besprach dann die Mutter mit dem Berufungswerber, zu dem sie sich gemeinsam mit ihrer Tochter an diesem Tag begeben hatte. Die Mutter bat um Aufnahme ihrer Tochter mit der Begründung, daß diese sich zur Zeit in keiner guten seelischen Verfassung befinde; sie leide noch unter der Scheidung der Eltern. M.P. solle daher die Arbeit im Gastgewerbe erst mal kennenlernen dürfen, ohne daß gleich ein fixes Arbeitsverhältnis begonnen werde. Mit diesen Angaben des Berufungswerbers stimmt die Aussage der Jugendlichen überein, die demnach den Beginn ihrer Tätigkeit so aufgefaßt hatte, daß sie zunächst einmal sehen sollte, wie so ein Küchenbetrieb in einem Gasthaus läuft, was es da alles gibt an Vorbereitungen und Handgriffen; auch wurde ihr das Lager gezeigt und die Einrichtung in der Küche erläutert und war ihr bewußt, daß der schon erfahrene Lehrling R.M. sie bei diesem Kennenlernen betreuen sollte. Im Ergebnis dachte sie sich, daß ihr bis auf weiteres der ganze Küchenbetrieb erst einmal gezeigt werden sollte, wenngleich sie rückblickend ihre gesamte Tätigkeit im Gasthof Post eigentlich nicht als Schnupperlehre empfunden hat. Vom ersten Tag an bewohnte M.P. im Gasthaus ein Zimmer (Kost und Logis), und zwar gemeinsam mit dem Kellnerlehrling Daniela Z. Für den unabhängigen Verwaltungssenat steht fest, daß auf Grund eines bloß informell gebliebenen Agreements zwischen dem Berufungswerber und der Mutter der Jugendlichen, diese den Küchenbetrieb vorerst und jedenfalls bis auf weiteres nur kennenlernen sollte. Ihre Einschulung wurde der R.M. anvertraut. Diese sollte sie mit dem Hausbrauch vertraut machen und ihr verschiedene, einfache Verrichtungen und Grundbegriffe der Küchenarbeit zeigen, sodaß sie nach und nach dann schon bei kleinen Küchenleistungen (zB Anrichten eines Salates oder Toastes) mithelfen konnte. Einer strikten Arbeitszeit-Einteilung war M.P. in diesen ersten Tagen nicht unterworfen. Allerdings war ihr gewissermaßen empfohlen, sich hinsichtlich der Arbeitszeit mehr oder weniger an der Arbeitszeit der "Kolleginnen" zu orientieren, sodaß sie in den Folgetagen gemeinsam mit ihnen in der Früh um 08.00 Uhr begann und dann bis zum Beginn der Nachmittagsfreizeit sowie neuerlich ab den späteren Nachmittagsstunden in der Regel bis zum "Schluß" in der Küche weilte. Anschließend suchte sie ihr Zimmer auf, nur manchmal war sie im TV-Raum. Für die erste Woche war der Jugendlichen die im Betrieb des Berufungs-werbers verwendete 'Arbeitszeitkarte' noch nicht ausgehändigt; ihr war auch nicht aufgetragen, sonstige Aufzeichnungen über ihre Arbeitszeiten zu führen. Dies deshalb, weil ihr, wie dargelegt, die Arbeitszeit eigentlich freigestellt war und sie gemäß dem Wunsch der Mutter zwecks Kennenlernens im Küchenbetrieb einfach mitarbeiten können sollte; freilich war ihr bedeutet, daß sie sich dabei wohl am leichtesten tue, wenn sie mit den anderen in der Früh aufsteht und sich auch sonst nach den anderen richte. Die Mutter des Berufungswerbers trat nur am Morgen beim gemeinsamen Frühstück, das sie meistens selbst zubereitete, in Erscheinung. Nur im Zusammenhang damit ergingen von ihr diverse kleinere Aufforderungen an die Lehrlinge, ihr bei diesem oder jenem Handgriff behilflich zu sein. Grundsätzlich jedoch war die Küche nicht ihr "Revier"; ihre Mithilfe im Familienbetrieb erstreckte sich in der Hauptsache auf Büroarbeiten, ua den Schriftverkehr mit den Behörden und auf gelegentliche Aushilfe im Service bzw bei der Gästebetreuung. Chef (auch) in der Küche war der Berufungswerber.

In der Küche war ein "Ruheeck" eingerichtet, das von R.M. auch nach Küchenschluß - grundsätzlich 21.00 Uhr mit Schwankungsbreite zehn bis zwanzig Minuten plus - genützt wurde. M.P. leistete ihr dort Gesellschaft, aber es kam auch vor, daß sie schon früher auf ihr Zimmer ging - an welchen Tagen, war nicht mehr feststellbar. Jedenfalls aber durfte M.P. am Abend früher aufs Zimmer gehen; eine Anordnung des Berufungswerbers (und auch nicht seiner Mutter), daß sie auch noch nach Küchenschluß mit R.M. in der Küche für eine Mithilfe bei allfälligen Spätdiensten zu bleiben habe, ist nicht hervorgekommen. Andererseits legte der Berufungswerber grundsätzlichen Wert darauf, daß sämtliche Lehrlinge nach Beendigung des Abenddienstes das Haus nicht mehr verlassen; dies sollte selbstverständlich auch von der Jüngsten, nämlich M.P., von Anfang an beherzigt werden. Der Beginn des eigentlichen Lehrverhältnisses mit der Jugendlichen wurde gemäß dem - von allen Beteiligten ordnungsgemäß unterfertigten - Lehrvertrag ab der zweiten Woche, somit für den 10. August 1995 vereinbart und sollte nach vierjähriger Lehrzeit mit 9. August 1999 enden. Von dieser zweiten Woche an sollte dann M.P. ihre Arbeitszeiten anhand der - ihr glaublich von der Mutter des Berufungswerbers auch ausgehändigten - Arbeitszeitkarte aufschreiben. Tatsächlich aber verwendete M.P. diesen Behelf nicht, sondern notierte "Arbeitsstunden" handschriftlich auf einem gewöhnlichen Blatt Papier und zwar beginnend mit 2. August und endend mit 14. August 1995. Zumindest teilweise erfolgten diese Notizen im voraus. Die jeweiligen Beendigungszeiten weichen durchwegs erheblich von den entsprechenden Eintragungen der R.M. in deren 'Arbeitszeitkarte' ab. Das nur in Kopie vorgelegte Notizblatt der M.P. (das Original befindet sich nach übereinstimmenden Aussagen bei der Arbeiterkammer Linz) trägt keinerlei Unterschrift oder sonstigen Vermerk über die Authentizität. Die Jugendliche hatte über diesen ihren Aufzeichnungsbehelf weder den Berufungswerber noch dessen Mutter informiert. Dem im Lehrvertrag vereinbarten Beginn des Lehrverhältnisses entsprach auch die (erst am 16. August 1995, somit nach bereits erfolgtem Abbruch des Lehrverhältnisses eingelangte) Anmeldung zur Pflichtversicherung des jugendlichen Lehrlings. Die Anmeldung wurde vom Steuerberater des Berufungs-werbers mit Datum '10.8.1995' durchgeführt und gab als Beginn der Beschäftigung als Koch- und Kellnerlehrling den 10. August 1995 an. In diese Anmeldung ist weder die Laufzeit des Lehrverhältnisses noch die mit 14. August 1995 feststehende tatsächliche Beendigung der Beschäftigung eingetragen. Die am 17. Oktober 1995 eingelangte (wiederum vom Steuerberater des Berufungswerbers vorgenommene) "Berichtigung" der Anmeldung zur Pflichtversicherung gibt als Beginn der Beschäftigung hingegen den 2. August 1995 an; das tatsächliche Ende des Lehrverhältnisses ist neuerlich nicht eingetragen.

Als Entgelt für die erste Woche der Tätigkeit der M.P. im Betrieb des Berufungswerbers wurde konkret nichts vereinbart. Erst als der Entschluß zur Beendigung des Lehrverhältnisses gefallen war, brachte die Mutter die Rede darauf. Der Berufungswerber gab diesbezüglich zu verstehen, daß am besten die Tochter selbst angeben solle, was sie sich vorstellt. Dies führte in der Folge jedoch dazu, daß M.P. gemeinsam mit ihrer Mutter bei der Arbeiterkammer vorsprach, woraufhin dann der Berufungswerber von der Arbeiterkammer vorgeladen und ihm dort mitgeteilt wurde, daß M.P. Überstunden geleistet hätte und ihr diese abgegolten werden müßten. Diese Forderung ergäbe sich aus der Auswertung der von der Jugendlichen selbst geführten, der Arbeiterkammer nun vorliegenden Aufzeichnung ihrer Arbeitsstunden. Dem Berufungswerber wurde als Nachzahlungsforderung der Betrag von 3.200 S genannt, welchen dieser in der Folge auch überwies. Ebenso veranlaßte er, weil dies, wie ihm bedeutet wurde, für die Sanierung des für die erste Woche so vereinbart gewesenen "Volontärverhältnisses" dennoch erforderlich sei, die vorhin dargestellte Nachtragsanmeldung bei der OÖGKK. Nach den von ihrer Umgebung wahrgenommenen Symptomen war aber M.P. von Anbeginn ihres Aufenthaltes im Betrieb des Berufungswerbers in keiner guten psychischen Verfassung. Sie weinte jeden Tag, auch in der Küche und auf ihrem Zimmer. Sie war kaum zu beruhigen, obwohl insbesondere R.M. versuchte, sie über das - vermutete - Heimweh hinwegzutrösten. Auch aus diesem Grund war es nicht leicht, sie für Hilfstätigkeiten selbst einfacher Art in der Küche heranzuziehen. Nach der ersten Woche wurde dann die Mutter der M.P. kontaktiert und zu einer Aussprache in den Betrieb gebeten, damit geklärt werden könne, wie es unter diesen Umständen mit ihrer Tochter weitergehen soll. Die Mutter war zunächst dafür, daß M.P. dennoch im Betrieb bleiben soll, nach einer Aussprache aber mit ihrer Tochter im Zimmer, haben dann beide doch erklärt, daß das Lehrverhältnis gelöst werden soll und M.P. im Herbst wieder zur Schule gehen werde.

5.2. Alle diese Feststellungen sind das Ergebnis folgender Beweiswürdigung:

5.2.1. Wie sich auf Grund des unmittelbaren Eindrucks in der öffentlichen mündlichen Verhandlung herausgestellt hat, sind die Arbeitszeit-Notizen der M.P. der springende Punkt für die Beurteilung dieses Falles. Wenngleich die unter Wahrheitspflicht hiezu vernommene Jugendliche dazu angab, daß die aufgeschriebenen Stunden die tatsächliche Arbeitszeit wiedergäben, vermag ihr der unabhängige Verwaltungssenat in diesem Punkt keinen Glauben zu schenken. Zu groß ist der Widerspruch zu den entsprechenden Angaben der R.M., die als Zeugin gleichfalls unter Wahrheitspflicht aussagte. Schon die Beendigungszeiten der Vormittagsarbeit und die Wiederbeginnzeiten der Nach-mittagsarbeit differieren auffällig. Es kam aber im Beweisverfahren - weder für die erste noch für die zweite Woche - keine plausible Erklärung zu Tage, warum M.P. mit der Arbeit regelmäßig erheblich später aufzuhören bzw erheblich früher zu beginnen gehabt hätte, als die im zweiten Lehrjahr befindliche (bereits über 18-jährige) R.M. als ihre "Betreuerin" und auch nicht dafür, warum unter den ermittelten Umständen M.P. ausgerechnet am Sonntag, dem 6. August 1995 vormittags und nachmittags (bis 22.00 Uhr!) zur Arbeit eingeteilt gewesen sein sollte, während R.M. diesen Sonntag hingegen gänzlich frei hatte - dies, obwohl nach übereinstimmenden Aussagen M.P. jedenfalls in den ersten Tagen nur Hilfstätigkeiten einfachster Art zumutbar gewesen sind bzw sie wegen ihres nahezu unentwegten Weinens zu einer betriebsdienlichen Arbeitsleistung eigentlich nicht heranziehbar gewesen ist. Ebenso unerklärlich ist, daß M.P. ausnahmslos auch am Abend jeweils länger Dienst zu machen gehabt hätte als ihre Betreuerin R.M., und zwar im zT erheblichen Mehrleistungsausmaß von bis zu zweieinhalb Stunden (sogar schon am zweiten Tag ihres Aufenthaltes, das ist Donnerstag, der 3. August 1995, hätte M.P. gemäß diesen ihren Notizen bereits eine um eineinhalb Stunden längere Arbeitszeit gehabt als R.M.!). In der öffentlichen mündlichen Verhandlung ist aber - auch nach gezielter Befragung der Zeugin durch den Vertreter des Arbeitsinspektorates - nur hervorgekommen, daß die eingetragenen Arbeitszeiten der R.M. in der Regel die tatsächliche Arbeitszeit wiedergeben und allenfalls am Abend die Arbeitszeit etwas länger - bis ca. 15 Minuten - gedauert hatte als eingetragen. Für die Glaubwürdigkeit dieser Angabe spricht, daß in diesem Punkt die Aussage des Berufungswerbers nur unwesentlich abweicht, indem er im Zuge seiner Vernehmung die gelegentlichen Differenzen zwischen eingetragener und tatsächlicher Arbeitszeit mit 10 Minuten bis höchstens 30 Minuten angab, gleichzeitig jedoch - im Hinblick auf die geschilderten, unstrittigen Umstände glaubhaft - hinzufügte, daß für "Noteinsätze" über das Ende der Arbeitszeit hinaus (zB eine Anzahl später Gäste, insbesondere in den Sommermonaten) M.P. gar nicht heranziehbar gewesen wäre. Das erkennende Mitglied hegt keine Zweifel an der Glaubwürdigkeit der Zeugin R.M. Sie konnte ihre Aussage nämlich unbelastet treffen (sie beendete ihr Arbeitsverhältnis im Betrieb des Berufungswerbers vor mehreren Monaten und arbeitet derzeit in gesicherter Stellung als Köchin in einem Gastgewerbebetrieb in Wels) und mußte augenscheinlich auch keine persönlichen Nachteile befürchten, wenn sie mit ihrer Aussage den Berufungswerber belastet hätte.

Anders verhält es sich mit der Glaubwürdigkeit der M.P., die - zusammengefaßt - aussagte, daß sie auf ihrem Notizblatt jeweils nur die tatsächlich geleisteten Arbeitsstunden aufgeschrieben habe. Zum einen war sie in den Berufungsfällen persönlicher Anlaß und ist daher nahe involviert. Zudem hat sie selbst nach mehr als zwei Jahren noch immer kaum Abstand zu den Umständen ihres gleichwohl nur kurzzeitigen Zwischenspiels als Lehrling im Gastgewerbe (sie ist nach den Sommerferien 1995 wieder als Schülerin auf die HBLA Rohrbach zurückgekehrt!) gewonnen. Dies schließt der unabhängige Verwaltungssenat daraus, daß sie im Zeugenstand der Berufungsverhandlung nahezu während der gesamten Vernehmung mit den Tränen kämpfte und auch zu schluchzen und zu weinen begann und ihre Beruhigung nicht erreicht werden konnte, obwohl der Vorsitzende bemüht war, sie aufzumuntern und ein besonders zeugenfreundliches Vernehmungsklima sicherzustellen. Das Verhalten der M.P. während ihrer Vernehmung bekräftigt jedoch - die übereinstimmenden - Schilderungen ihres Gemütszustandes in der fraglichen Zeit, den die Mutter als Auswirkung ihrer offenbar erst kurz zurückliegenden Scheidung erklärte. Diese familiär bedingte Gemütsverfassung aber macht für das erkennende Mitglied plausibel, daß M.P. einerseits von zu Hause weg und die Schulausbildung abbrechen wollte, daß sie andererseits aber dann im Betrieb des Berufungswerbers ihr Alleinesein als besonders bedrückend empfand und daher die Gesellschaft zu ihren "Kolleginnen" möglichst lange auszudehnen suchte. Dies, so ist nach dem Ergebnis der öffentlichen mündlichen Verhandlung zu schließen, geschah in der nachvollziehbaren Weise, daß M.P. nach Beendigung der ihr anempfohlen gewesenen Arbeitszeit, somit also "immer früher" (so die Aussage der Zeugin R.M.) auf ihr Zimmer gegangen ist, dort aber nicht allein sein wollte und daher wieder in die Küche zurückkehrte und so wenigstens die Gesellschaft ihrer Betreuerin hatte (im "Ruheeck" der Küche). R.M. wiederum hat das dergestaltige Verweilen im "Ruheeck" selbst dann nicht als Arbeitszeit empfunden und daher als solche auch nicht aufgezeichnet, wenn sie gelegentliche Handgriffe für diverse Zubereitungen für "späte Gäste" übernahm. Indem aber M.P. ihre Gemütsverfassung und ihren damit erklärbaren Antrieb, die Küche mit dem wohl eine gewisse Geborgenheit vermittelnden "Drumherum" möglichst spät zu verlassen in nicht auszuschließender Weise verdrängte, könnte dies auch die Erklärung für die sonst - zumindest nach den Ergebnissen der öffentlichen mündlichen Verhandlung - unerklärliche Notierung einer im Vergleich zur R.M. derart langen Arbeitszeit sein. Dieselbe auffallende Abweichung ergibt sich im übrigen auch aus dem Vergleich mit der 'Arbeitszeitkarte' des weiteren Lehrlings Daniela Z, der ähnliche Eintragungen wie R.M. gemacht hatte, welchem Vergleich aber für die Beweiswürdigung nicht dieselbe Bedeutung zugemessen werden kann, weil Daniela Z im Gäste-Service und nicht (ausschließlich oder überwiegend) in der Küche gearbeitet hatte.

Aus einer anderen Warte stellt sich freilich auch die Frage, wie es zusammenpaßt, daß die mit den eigenständigen Gebräuchen im Gastgewerbe in jeder Hinsicht unerfahren gewesene und zudem gerade in der in Rede stehenden Zeit emotional gänzlich überforderte M.P. dann wie eine kühle Rechnerin mängelfreie Aufzeichnungen über ihre Arbeitszeit hätte machen können. Auch dieser Blickwinkel verstärkt daher die Beweiskraft der in der Verhandlung erörterten Kopie der Arbeitszeitnotizen der M.P. bzw die Glaubwürdigkeit ihrer Angaben hiezu nicht. Wegen der oben im Zusammenhang mit der geschilderten Gemütsverfassung der M.P. als immerhin möglich angenommenen Verdrängung war insgesamt der Verdacht einer falschen Zeugenaussage jedoch nicht zu hegen. 5.2.2. Soweit die belangte Behörde zur Begründung der angefochtenen Straferkenntnisse auf die am 7. Dezember 1995 erfolgte Zeugenvernehmung verweist, ist den in der Niederschrift gleichen Datums wiedergegebenen Aussagen kein Beweiswert zuzuerkennen, weil - abgesehen von offensichtlichen Widersprüchlichkeiten zum Ergebnis der Berufungsverhandlung - Mutter und Tochter Pachner gemeinsam vernommen wurden und im übrigen die Niederschrift durch die Beifügung eines nur vom Bearbeiter der belangten Behörde allein unterfertigten Aktenvermerks zusätzlich entwertet wurde.

5.2.3. Auf der anderen Seite ist freilich als auffällig festzuhalten, daß - unter der Annahme des Beginns des Lehrverhältnisses erst mit 10. August 1995 - der Berufungswerber als Arbeitgeber der M.P. ihr für die zweite Woche keine Arbeitseinteilung vorgegeben hatte und er offenbar schon deswegen, wohl aber auch wegen des sich abzeichnenden vorzeitigen Ausstieges der Jugendlichen aus dem Lehrverhältnis nicht auf die gewissenhafte Aufzeichnung der Arbeitszeit anhand der im Hause gebräuchlichen 'Arbeitszeitkarte' bestanden hatte.

5.2.4. Das aber vermag nicht aufzuwiegen, daß alles in allem aus der Würdigung des Ergebnisses der öffentlichen mündlichen Verhandlung derart gewichtige Zweifel an der Richtigkeit der von M.P. vorgenommenen Notierung über geleistete Arbeitsstunden während des in den beiden Wochen zwischen 2. bis 14. August 1995 zugebrachten Aufenthaltes im Gasthof des Berufungswerbers übriggeblieben sind und daher - als rechtliche Konsequenz - unter Rückgriff auf diese Notierung allein auf die Tatverwirklichung nicht (mehr) geschlossen werden durfte. Insbesondere konnte M.P. als Zeugin das erkennende Mitglied aus den angeführten Gründen nicht von der Richtigkeit ihrer Arbeitszeit-Notizen überzeugen. Andere Nachweise über die tatsächlich geleisteten Arbeitsstunden sind schon der belangten Behörde nicht vorgelegen und auch in der öffentlichen mündlichen Verhandlung nicht hervorgekommen. Weil aber die Schuldsprüche sämtlicher angefochtenen Straferkenntnisse auf den, wie sich herausgestellt hat, nur vermeintlich erbrachten Nachweis der von M.P. geleisteten Arbeitsstunden gründen, waren - in dubio pro reo - daher auch sämtliche Straferkenntnisse aufzuheben; gleichzeitig war gemäß § 45 Abs.1 Z1 VStG die Einstellung der Strafverfahren zu verfügen.

6. Bei diesem Ergebnis konnten die Fragen, ob das vom Berufungswerber für die erste Woche der Beschäftigung der M.P. eingewendete Volontärverhältnis tatsächlich bestanden hatte oder nicht vielmehr auch für diese Zeit bereits ein Lehrverhältnis im Sinne des § 1 Abs.1 KJBG eingegangen war und weiters, wie sich dazu der - objektiv ein erst mit 10. August 1995 beginnendes Lehrverhältnis ausweisende - Lehrvertrag verhält und schließlich, ob unter den hervorgekommenen Umständen aus einer (erst nach dem bereits wieder aufgelöst gewesenen Lehrverhältnis) erfolgten Berichtigungsmeldung an die OÖGKK allein auf eine rechtswirksame Vordatierung des Beginns des Lehrverhältnisses geschlossen werden durfte, auf sich beruhen, weil diesen Fragen keine Entscheidungsrelevanz mehr zukommt.

7. Mit dieser Entscheidung ist der Berufungswerber in allen zugrunde liegenden Verfahren auch aus seiner Kostenpflicht entlassen.

Rechtsmittelbelehrung: Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis: Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S zu entrichten.

Ergeht an die Parteien dieses Verfahrens:

Anlagen: (Akt; Erkenntnis u.Mehrausfertigung) Mag. Gallnbrunner

 

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