Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-280233/9/Kon/Fb

Linz, 24.10.1996

VwSen-280233/9/Kon/Fb Linz, am 24. Oktober 1996 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch seine 7. Kammer (Vorsitzender: Mag. Gallnbrunner, Berichter: Dr. Konrath, Beisitzer: Dr. Grof) über die Berufung des Herrn M H, S, H, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Eferding vom 9. April 1996, Ge96-61-7-1995-Do/M, wegen Übertretung der Bauarbeiterschutzverordnung - BauV, BGBl.Nr. 340/1994, zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.

II. Der Bestrafte hat zuzüglich zu den Verfahrenskosten erster Instanz einen Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens in Höhe von 20 % der verhängten Geldstrafe, ds 4.000 S, zu zahlen.

Rechtsgrundlage:

zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG iVm § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 - VStG, § 16 Abs.1 VStG und § 19 VStG.

zu II.: § 64 Abs.1 und 2 VStG.

Entscheidungsgründe:

zu I.:

Das angefochtene Straferkenntnis enthält nachstehenden Schuld- und Strafausspruch:

"Sie haben, wie durch eine Anzeige des Arbeitsinspektorates Wels vom 03. Oktober 1995, Zl. 1160/25-19/95-Bri, bekannt wurde, als Verantwortlicher für die Einhaltung der Arbeitnehmerschutzbestimmungen in Ihrem Bau- und Zimmermeisterbetrieb sowie Sägewerk in H, A, folgende Verwaltungsübertretung begangen:

Am 14. September 1995 um ca. 15.30 Uhr führte Herr H E, geb.

04. Februar 1961, Isolierarbeiten auf einem nicht durchbruchsicher eingerichteten Dach des Hauses J R, P, H, durch.

Die Isolierarbeiten auf dem Dach wurden ohne die in § 90 Abs. 2 der Bauarbeiterschutzverordnung aufgezählten Sicherungsmaßnahmen, wie 1. Unterdachkonstruktionen, wie z.B. volle Schalung, Unterspanntafeln oder korrosionsbeständiges Maschendrahtgitter; 2. Lauf- und Arbeitsstege; 3. Dachleitern; durchgeführt. Die Dachneigung betrug ca. 24 Grad, die Absturzhöhe ins Innere des Gebäudes 5,5 m (laut Erhebungsbericht des Gendarmeriepostenkommandos A).

Durch den Umstand, daß diese Sicherheitsmaßnahmen nicht angebracht waren, haben Sie als Arbeitnehmerschutzverantwortlicher in Ihrer Firma eine Verwaltungsübertretung nach:

§ 24 Abs. 3, § 130 Abs. 5 Ziffer 1 und § 118 Abs. 3 ArbeitnehmerInnenschutzgesetz, BGBl.Nr. 450/1994, in Verbindung mit § 90 Abs.1 und 2 der Bauarbeiterschutzverordnung, BGBl.Nr. 340/1994, begangen.

Wegen dieser Verwaltungsübertretung wird über Sie folgende Strafe verhängt:

Geldstrafe von S 20.000,--; falls diese uneinbringlich ist, eine Ersatzfreiheitsstrafe von 37 Stunden; gemäß § 130 Abs. 5 Ziffer 1 des ArbeitnehmerInnenschutzgesetzes und § 16 Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl.Nr.

52/1991 in der Fassung BGBl.Nr. 620/1995.

Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 (VStG) zu zahlen:

S 2.000,-- als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, d.s. 10 % der Strafe (je ein Tag Freiheitsstrafe wird gleich S 200 angerechnet).

Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten) beträgt daher S 22.000,--. Außerdem sind die Kosten des Strafvollzuges zu ersetzen (§ 54 d VStG)." Nach der Begründung des bekämpften Bescheides, ist das Verschulden des Bestraften im wesentlichen im Fehlen eines funktionierenden Kontrollsystemes gelegen, demzufolge die Nichteinhaltung von Vorschriften der BauV hätte sofort festgestellt und abgestellt werden können.

Bei der Strafbemessung sei von einem geschätzten monatlichen Nettoeinkommen von 30.000 S ausgegangen worden. Als straferschwerend sei eine einschlägige Bestrafung vom 24. Mai 1993, Ge96/10/1993, zu werten gewesen. Im Hinblick auf die gesetzliche Strafobergrenze und den erheblichen Unrechtsgehalt der Tat erweise sich die verhängte Strafe von 20.000 S als angemessen. Strafmildernde Umstände seien nicht zutage getreten.

Durch die in diesem Ausmaß verhängte Strafe solle der Beschuldigte in Hinkunft vor der Begehung weiterer gleichartiger Verwaltungsübertretungen wirksam abgehalten werden.

Gegen dieses Straferkenntnis hat der Beschuldigte Berufung erhoben und zu deren Begründung im wesentlichen ausgeführt:

Der Mitarbeiter H E sei seit März 1987 bei ihm beschäftigt und als zuverlässiger und gewissenhafter Vorarbeiter bekannt. In dieser Zeit habe es nie einen Grund zur Beanstandung gegeben. Er habe alle Arbeiten zur vollsten Zufriedenheit sowohl der Firma als auch der Kunden erledigt.

Es hat während dieser Zeit auch keinerlei Beanstandungen durch das Arbeitsinspektorat gegeben. Der Vorarbeiter E habe bei seiner Zeugeneinvernahme angegeben, daß er am Vortag vom Beschuldigten (Baumeister H) sehr wohl über sämtliche Vorschriftsmaßnahmen im Sinne des ArbeitnehmerInnenschutzgesetzes und der Bauarbeiterschutzverordnung belehrt worden sei. Diese Belehrung sei deshalb am 13. September erfolgt, da der Beschuldigte am 14. September 1995 durch unaufschiebbare Termine den ganzen Tag außer Haus gewesen wäre. Hiedurch sei er nicht in der Lage gewesen, seine Belehrungen nochmals zu kontrollieren. In der Regel würde der Beschuldigte sämtliche Baustellen laufend und unangemeldet besuchen und werde dabei von ihm die Einhaltung der Vorschriften der BauV überprüft.

Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

Gemäß § 90 Abs.1 BauV dürfen nicht durchbruchsichere Dachflächen nur betreten werden, wenn Sicherungsmaßnahmen nach Abs.2 bis 7 getroffen sind.

Gemäß § 90 Abs.2 leg.cit. sind geeignete Sicherungsmaßnahmen gegen Durchbrechen:

1. Unterdachkonstruktionen, wie volle Schalung, Unterspanntafeln oder korrosionsbeständige Maschendrahtgitter, 2. Lauf- und Arbeitsstege, 3. Dachleitern.

Gemäß § 118 Abs.3 ASchG gilt die BauV, BGBl.Nr. 340/1994, nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen als Verordnung nach diesem Bundesgesetz.

Gemäß § 130 Abs.5 Z1 ASchG begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe von 2.000 S bis 100.000 S, im Wiederholungsfall mit Geldstrafe von 4.000 S bis 200.000 S zu bestrafen ist, wer als Arbeitgeber/in den nach dem 9. Abschnitt weiter geltenden Bestimmungen zuwiderhandelt.

Gemäß § 5 Abs.1 VStG genügt, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nicht anderes bestimmt, zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, daß ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

Die objektive Tatseite der dem Beschuldigten angelasteten Verwaltungsübertretung, nämlich die Nichtvornahme geeigneter Sicherungsmaßnahmen iSd § 90 Abs.2 BauV gegen Durchbrechen ist aufgrund der Aktenlage eindeutig erwiesen und wird vom Beschuldigten auch nicht bestritten.

Was die subjektive Tatseite der gegenständlichen Verwaltungsübertretung (das Verschulden) betrifft, wird der Beschuldigte auf die obzitierte Bestimmung des § 5 Abs.1 VStG verwiesen. Demnach hätte es ihm oblegen, glaubhaft darzutun, daß ihn an der Verletzung der Bestimmungen des § 90 Abs.1 und 2 BauV kein Verschulden trifft. Dies bedeutet, daß er initiativ alle Umstände, die für seine Entlastung sprechen, hätte darlegen müssen. Das wäre dann der Fall, wenn der Beschuldigte auf ein wirksames Kontrollsystem betreffend die Einhaltung der Bestimmungen der BauV hätte verweisen können.

Demgegenüber ist festzustellen, daß der Beschuldigte in seiner Berufung das Vorhandensein eines solchen Kontrollsystems nicht einmal behauptet hat. So gibt er selbst an, aufgrund unaufschiebbarer Termine nicht in der Lage gewesen zu sein, die Einhaltung der Vorschriften am Vorfallstag zu kontrollieren. Der Umstand, daß er am Vortag den Vorarbeiter E über die Bestimmungen der BauV und des ASchG belehrt hat dies wurde durch die zeugenschaftliche Aussage des genannten Vorarbeiters bestätigt - reicht nicht aus, ihn von seiner verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortlichkeit zu entlasten.

So hat auch der Verwaltungsgerichtshof in zahlreicher Rechtsprechung, beispielsweise vom 27.1.1995, 94/02/0381, zum Ausdruck gebracht, daß die bloße Erteilung von Weisungen und auch Belehrungen nicht ausreicht, die Einhaltung der den Arbeitnehmerschutz betreffenden Bestimmungen zu gewährleisten. Entscheidend sei vielmehr deren wirksame Kontrolle, wobei das Kontrollsystem darzulegen sei. Wie der Verwaltungsgerichtshof in der einschlägigen Rechtsprechung hiezu weiter ausführt, würde auch eine bloß stichprobenartige Kontrolle in bezug auf die Einhaltung der Arbeitnehmerschutzbestimmungen nicht ausreichen, ein wirksames Kontrollsystem darzustellen. In Anbetracht dieser Erfordernisse ist sohin auch die subjektive Tatseite der gegenständlichen Verwaltungsübertretung voll gegeben. Der Schuldspruch der belangten Behörde ist daher zu Recht ergangen.

Zur Strafhöhe:

Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

Gemäß § 19 Abs.2 leg.cit. sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen und auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des StGB sinngemäß anzuwenden.

Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Der Beschuldigte wird zunächst darauf hingewiesen, daß die Strafzumessung innerhalb eines gesetzlichen Strafrahmens eine Ermessensentscheidung darstellt, die nach den vom Gesetzgeber im § 19 VStG festgelegten Kriterien vorzunehmen ist (VwGH vom 25.3.1980, Slg 10077 A ua). Eine Rechtswidrigkeit bei der Strafbemessung liegt dann nicht vor, wenn die Behörde von dem ihr eingeräumten Ermessen im Sinne des Gesetzes (§ 19 VStG) Gebrauch macht. Demgemäß obliegt es der Behörde, in der Begründung ihres Bescheides die für die Ermessensausübung maßgebenden Umstände und Erwägungen insoweit aufzuzeigen, als dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien und für die Nachprüfbarkeit des Ermessensaktes auf seine Übereinstimmung mit dem Sinn des Gesetzes erforderlich ist (VwGH vom 15.11.1989, 89/03/0278 uva). Dieser Obliegenheit ist die belangte Behörde in der Begründung ihres Straferkenntnisses durchaus nachgekommen, als sie von einem erheblichen Unrechtsgehalt der Tat bei der Strafbemessung ausgegangen ist und diesbezüglich darauf hinweist, daß durch die Mißachtung von Sicherheitseinrichtungen die betroffenen Arbeitnehmer der Gefahr einer körperlichen Schädigung ausgesetzt sind. Von der Berufungsinstanz ist hiezu anzumerken, daß der Unrechtsgehalt der Tat durch den erlittenen Arbeitsunfall des Arbeiters H E in besonders eindringlicher Weise vor Augen geführt wird. Zu Recht wurde auch eine einschlägige Vormerkung als straferschwerend gewertet. Rechtens ist weiters, daß auch präventive Überlegungen in die Strafbemessungsgründe einbezogen wurden. Auch die gebotene Bedachtnahme auf die Einkommens-, Familien- und Vermögensverhältnisse des Beschuldigten ist erfolgt. Eine dem Gesetz nicht entsprechende Ermessensausübung bei der Strafzumessung war daher nicht festzustellen. Aus diesem Grund war auch das Strafausmaß zu bestätigen.

zu II.:

Der Kostenspruch ist in der zitierten Gesetzesstelle begründet.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Mag. Gallnbrunner

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum