Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-280239/9/Ga/Ha

Linz, 07.10.1997

VwSen-280239/9/Ga/Ha Linz, am 7. Oktober 1997 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch das Mitglied Mag. Gallnbrunner über die Berufung des Stefan B, vertreten durch Mag. W, Rechtsanwalt in Linz, gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Wels vom 25. April 1996, Ge-621/95, wegen Übertretung von Arbeitnehmerschutzvorschriften, zu Recht erkannt:

I. Zu Faktum 1. wird der Berufung stattgegeben; diesbezüglich wird das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verfahren eingestellt.

II. Zu Faktum 2. wird die Berufung hingegen abgewiesen; diesbezüglich wird das angefochtene Straferkenntnis in Schuld und Strafe bestätigt; dies mit der Maßgabe, daß a) der Schuldspruch wie folgt zu präzisieren bzw richtigzustellen ist: "Sie haben (....) zu vertreten, daß 2. am 21.3.1995 am Arbeitsplatz im nördlichen Teil der LKW-Garage (....) ca. 100 l Lack und ca. 50 l Verdünnungen für den Fortgang der Spritz- lackierungsarbeiten vorhanden waren. Diese Arbeitsstoffe (....)."; b) als Strafverhängungsvorschrift (§ 44a Z3 VStG) anzugeben ist: "§ 130 Abs.5 Einleitung ASchG".

III. Hinsichtlich Faktum 2. hat der Berufungswerber als Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem unabhängigen Verwaltungssenat 2.000 S zu leisten.

Rechtsgrundlage: § 66 Abs.4 AVG. § 24; § 51 Abs.1, § 51c, § 51e, §§ 64 ff VStG.

Entscheidungsgründe:

1.1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde der Berufungswerber schuldig gesprochen, er habe in seiner Eigenschaft als handelsrechtlicher Geschäftsführer der Stefan B Gesellschaft m.b.H., Sitz in der Stadt S, H Straße für Verstöße gegen Arbeitnehmerschutzvorschriften in zwei Fällen einzustehen. Im einzelnen (§ 44a Z1 VStG) habe er zu vertreten, daß "1. am 21.3.1995 im nördlichen Teil der LKW-Garage in der Betriebsstätte oa. Firma in S, H, ein Arbeitnehmer oa. Firma Container spritzlackierte, ohne daß dafür gesorgt wurde, daß dieser Arbeitsvorgang so vorbereitet, gestaltet und durchgeführt wurde, daß ein wirksamer Schutz des Lebens und der Gesundheit dieses Arbeitnehmers erreicht wurde, da für einen wirksamen Schutz eine entsprechende Absaugung vorzusehen gewesen wäre. Dies stellt eine Übertretung der Bestimmungen des ArbeitnehmerInnen-schutzgesetzes (ASchG) dar. 2. am 21.3.1995 im nördlichen Teil der LKW-Garage in der Betriebsstätte oa. Firma in S, H, unmittelbar neben den zu lackierenden Containern Farben, Lacke und Verdünnungen (ca. 100 l Lack und ca. 50 l Verdünnungen) gelagert wurden. Diese Arbeitsstoffe waren leicht ent-zündlich bzw. entzündlich und die gelagerte Menge lag weit über dem Tages-bedarf, obwohl gesundheitsgefährdende, brandgefährliche und explosions-gefährliche Arbeitsstoffe an Arbeitsplätzen nur in der für den Fortgang der Arbeiten erforderlichen Menge, höchstens jedoch jener eines Tagesbedarfes, vorhanden sein dürfen. Dies stellt eine Übertretung der Bestimmungen der Allgemeinen Arbeitnehmerschutzverordnung (AAV) und des Arbeitnehmer-Innenschutzgesetzes (ASchG) dar." Dadurch seien 1. § 60 Abs.1 iVm § 130 Abs.1 Z19 ASchG und 2. § 52 Abs.4 und § 54 Abs.6 AAV iVm § 110 Abs.8 und § 130 Abs.5 Z1 ASchG verletzt worden. Über den Berufungswerber wurde 1. gemäß § 130 Abs.1 Z19 ASchG und 2. gemäß § 130 Abs.5 Z1 ASchG je eine Geldstrafe in der Höhe von 10.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe: je 72 Stunden) je kostenpflichtig verhängt.

1.2. Begründend verweist die belangte Behörde im wesentlichen auf die Anzeige des Arbeitsinspektorates, faßt die Rechtfertigung des Beschuldigten zusammen und gibt die angewendeten Gesetzesbestimmungen wieder. Nicht ausdrücklich, sondern nur konkludent ging sie in der rechtlichen Beurteilung von der Tatbestandsmäßigkeit aus und nahm schuldmäßig im Grunde des § 5 Abs.1 VStG, unter Hinweis auf die verwirklichten Ungehorsamsdelikte, die Vorwerfbarkeit der Zuwiderhandlungen an. Strafbemessend wurde eine einschlägige Vorstrafe als erschwerend, mildernd hingegen kein Umstand gewertet; im übrigen wurden die vom Beschuldigten selbst angegebenen sozialen und finanziellen Verhältnisse berücksichtigt.

2. Die mit näherer Begründung erhobene Berufung - der Beschuldigte bringt vor, er sei zu Unrecht bestraft worden und, davon abgesehen, seien die Strafen unangemessen; er beantragt Aufhebung und Einstellung, hilfsweise von den Strafen abzusehen, hilfsweise die Strafen herabzusetzen - wurde von der belangten Behörde zugleich mit dem Verfahrensakt, ohne Gegenäußerung, vorgelegt. Zum Inhalt der Berufung hörte der unabhängige Verwaltungssenat das Arbeitsinspektorat an; zu dessen Stellungnahme replizierte der Berufungswerber. Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

3. Zum Faktum 1. 3.1. Rechtlich verfehlt ist die Unterstellung des angezeigten Sachverhalts unter § 60 Abs.1 und § 130 Abs.1 Z19 ASchG. Auf den Berufungsfall sind diese Vorschriften aus folgenden Gründen (noch) nicht anzuwenden: Für sich allein ist § 60 Abs.1 ASchG zu allgemein gehalten, um in einem Verwaltungsstrafverfahren tatbestandstauglich zu sein. Davon abgesehen wäre eine grundsätzliche Bedachtnahme auf diese generalklauselartige Verhaltensregel allenfalls erst nach Erlassung der entsprechenden Durchführungsverordnung zulässig. Ohne solche Durchführungsvorschriften scheitert aber auch die Heranziehung des § 130 Abs.1 Z19 ASchG als (eigentlicher) Verwaltungsstraftatbestand für Fallkonstellationen wie vorliegend. Weil aber die erwähnte Rechtsverordnung jedenfalls zum Tatzeitpunkt noch nicht erlassen gewesen ist und im Mittelpunkt des Lebenssachverhaltes Arbeitsstoffe, von denen Brand- und Explosionsgefahren ausgehen konnten, standen, unterliegt die rechtliche Beurteilung des Faktums 1. dem Übergangsregime zum ASchG. Der danach gemäß § 110 Abs.8 ASchG als Bundesgesetz weiter geltende § 54 Abs.2 AAV ordnet an: "Die Vorbereitung, Gestaltung und Durchführung von Arbeitsvorgängen und Arbeitsverfahren hat derart zu erfolgen, daß die Entwicklung von Gasen, Dämpfen oder Staub leicht entzündlicher, entzündlicher oder schwer entzündlicher Arbeitsstoffe in einer für die Sicherheit der Arbeitnehmer gefährlichen Konzentration .... in Räumen, Bereichen und im Inneren von Betriebseinrich-tungen möglichst vermieden wird. Dementsprechend müssen Gase, Dämpfe oder Staub an der Entstehungs- oder Austrittsstelle .... abgesaugt oder die jeweils erforderlichen anderen Schutzmaßnahmen, wie .... künstliche oder natürliche Raumlüftung bei Vorhandensein nur geringer Mengen explosiver Gemische .... getroffen sein; ....".

Der die Einhaltung dieser Schutzvorschrift sichernde Straftatbestand ist im § 130 Abs.5 ASchG niedergelegt, wonach eine mit Geldstrafe von 2.000 S bis 100.000 S, im Wiederholungsfall mit Geldstrafe von 4.000 S bis 200.000 S zu bestrafende Verwaltungsübertretung begeht, wer als Arbeitgeber/in gemäß Z1 dieser Vorschrift den nach dem 9. Abschnitt weiter geltenden Bestimmungen zuwiderhandelt. Eine solche den Arbeitgeber bindende Vorschrift ist der oben als weitergeltend dargestellte § 54 Abs.2 AAV.

3.2. Der unabhängige Verwaltungssenat als Berufungsbehörde in Verwaltungsstrafsachen ist im Grunde des § 66 Abs.4 AVG (§ 24 VStG) berechtigt, die rechtliche Subsumtion eines Tatvorwurfs zu ändern bzw auszutauschen. Voraussetzung dafür ist ua, daß die zu unterstellende Tat - im Lichte des neu heranzuziehenden Tatbestandes - mit tauglicher Verfolgungshandlung angelastet wurde. Das aber ist, wie sich aus der Einsicht in den Strafakt erweist, hinsichtlich Faktum 1. nicht der Fall.

3.2.1. § 54 Abs.2 AAV birgt, was die dem Arbeitgeber aufgetragene Vermeidung von Gefahren für die Arbeitnehmer aus entzündlichen Arbeitsstoffen betrifft, unterschiedliche Tatbestandsvarianten, je nachdem, ob der betreffende Arbeitsvorgang sich in der Phase noch der Vorbereitung, der Gestaltung oder schon der Durchführung befindet. "Dementsprechend" ist, je nach Anforderungen an die Wirksamkeit, die Qualität der Schutzmaßnahme zu wählen: So kann, auch schon in der Phase der Vorbereitung, bereits die Absaugung der Gase/Dämpfe direkt an der Entstehungsquelle geboten sein. Oder aber es kann - noch - mit anderen, im § 54 Abs.2 AAV beispielsweise angeführten Maßnahmen das Auslangen gefunden werden, etwa wie künstliche oder natürliche Raumbelüftung dann, wenn nur geringe Mengen explosiver Gemische vorhanden sind.

3.2.2. Daß Letzteres hier ausreichend gewesen sein könnte, ist aber nach der Aktenlage nicht nur nicht auszuschließen, sondern hat die größere Wahrscheinlichkeit für sich.

Es enthält nämlich die Anzeige des Arbeitsinspektorates vom 12. Juni 1995 die ausdrückliche Mitteilung, daß "im nördlichen Teil der LKW-Garage ... zum Zeitpunkt der Kontrolle Container für die Spritzlackierung vorbereitet (wurden)." Daß am Feststellungstag (21. März 1995) Container einer Spritzlackierung tatsächlich unterzogen wurden, kann dem Anzeigeschriftsatz nicht entnommen werden. Ist aber davon auszugehen, daß hinsichtlich Faktum 1. der Feststellungstag zugleich der Tattag der Zuwiderhandlung ist, dann erweist sich der mit der ersten Verfolgungshandlung (AzR vom 26. Juni 1995) angelastete Sachverhalt, daß nämlich Container an diesem Tag spritzlackiert wurden, als aktenwidriger Vorwurf. Vielmehr hätte die Anlastung auf die VORBEREITUNG abzustellen gehabt. Daß aber schon in der Vorbereitungsphase einzig und allein die Absaugung den wirksamen Schutz hätte leisten können, ist eine überschießende, durch vom Kontrollorgan festgestellte und angezeigte Umstände nicht gedeckte Folgerung.

3.2.3. Bei seiner Vernehmung am 25. August 1995 bestritt der Beschuldigte diesen Vorwurf dezidiert (NS gleichen Datums: "Ich gebe ausdrücklich an, daß an diesem Tag 21.3.1995 in dieser Garage nicht lackiert wurde."). Dieser Einwand ist aus der Anzeige allein nicht zu widerlegen. Dem Umstand der Vorbereitung aber wäre Gewicht beizumessen gewesen, weil selbst nach allgemeiner (nicht nur: fachlicher) Lebenserfahrung nicht von vornherein auszuschließen ist, daß bei der bloßen Vorbereitung einer Spritzlackierung bzw der damit einhergehenden Manipulation mit entzündlichen Arbeitsstoffen (etwa Herbeischaffung und Kontrolle der die Lacke und die Verdünnung enthaltenden Gebinde) explosive Gemische in eben nur geringen Mengen vorhanden sind, sodaß die künstliche oder natürliche Raumlüftung im Sinne des § 54 Abs.2 zweiter Satz AAV ausreichend gewesen wäre und nicht ohne weiteres hätte angenommen werden dürfen, daß allein die Absaugung einzurichten gewesen wäre. Für einen hinreichend konkreten, die Verjährungsfrist unterbrechenden Tatvorwurf bedeutet dies aber, daß aus allen diesen Gründen das faktische Zutreffen des negativen Tatbetandsmerkmales (nämlich: daß eben nicht bloß geringe Mengen explosiver Dämpfe vorhanden waren) in die Anlastung hätte aufgenommen werden müssen.

3.3. Davon abgesehen, kann der zitierten ersten Verfolgungshandlung hinsichtlich Faktum 1. kein Sachverhalt entnommen werden, aus dem ein für die Zuwiderhandlung maßgebliches Arbeitgeber-Arbeitnehmerverhältnis unzwei-felhaft hervorginge (ein solches wurde offenbar stillschweigend zugrunde gelegt). Erst in den Schuldspruch des angefochtenen Straferkenntnisses - und somit bereits außerhalb der Verjährungsfrist - wurde die Angabe, daß "ein Arbeitnehmer oa. Firma" die Container auf die inkriminierte Weise spritzlackiert habe, erstmalig aufgenommen.

3.4. Zusammenfassend erweist sich aus dem Blickwinkel des Bestimmtheitsgebotes nach § 44a Z1 VStG die Anlastung der Verfolgungshandlung für eine Subsumierung unter den Tatbestand der Übertretung nach § 130 Abs.5 Z1 ASchG iVm § 54 Abs.2 AAV als nicht hinreichend, sodaß wegen mangelnder Tatkonkretisierung das Straferkenntnis im Faktum 1. aufzuheben und, weil Verfolgungsverjährung eingetreten ist, das Verfahren einzustellen war.

Die Aufhebung bewirkt zugleich auch den gänzlichen Entfall der Kostenpflicht des Beschuldigten hinsichtlich Faktum 1.

4. Zum Faktum 2. 4.1. Die Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses enthält auch zum Tatvorwurf gemäß Faktum 2. keine Erwägungen, aus denen die Annahme der Tatbestandsmäßigkeit nachvollzogen werden könnte. Davon aber abgesehen, ist aus dem Strafakt ersichtlich, daß dem Schuldspruch zu Recht die Erfüllung des Tatbildes eines Verstoßes gegen das Tagesbedarf-Überschreitungsverbot nach § 54 Abs.6 iVm § 52 Abs.4 sowie § 130 Abs.5 Z1 iVm § 110 Abs.8 ASchG zugrunde gelegt wurde. Die belangte Behörde hat den Sachverhalt auf der Grundlage der Wahrnehmungen des kontrollierenden Arbeitsinspektionsorgans vorgeworfen. Die wesentlichen, dem Beschuldigten diesfalls mit tauglicher Verfolgungshandlung vorgehaltenen Tatumstände, daß nämlich in der als Arbeitsraum benützten LKW-Garage zum Kontrollzeitpunkt neben den (erst) zu lackierenden Containern ca. 100 l Lack und ca. 50 l Verdünnung "lagerten", weiters diese Arbeitsstoffe leicht entzündlich bzw. entzündlich waren und daß diese Menge "weit" über dem Tagesbedarf lag, hat der nunmehrige Berufungswerber im Ermittlungsverfahren der belangten Behörde schon bei seiner Vernehmung am 3. Juli 1995 nicht bestritten, sondern sinngemäß ausgeführt, daß der involvierte Arbeitnehmer "diese großen Mengen an Farben und Lacken" ohne seine Kenntnis und Weisung gewissermaßen ausnahmsweise zum Arbeitsplatz "mitgenommen" hatte. Die ihm zur Kenntnis gebrachten Angaben des Arbeitsinspektorats in der Stellungnahme vom 7. August 1995, wonach "für den Fortgang der Arbeiten solche Mengen jedenfalls nicht erforderlich" gewesen seien, weil für die Außenlackierung eines Containers ca. 5 kg Lack und 1 l Verdünnung ausreichen würden, ließ der Beschuldigte dann im Zuge seiner zweiten Vernehmung am 25. August 1995 unerwidert.

4.2. Weil somit der maßgebende Sachverhalt - an dem im Schuldspruch bezeichneten Tag waren entzündliche bzw. leicht entzündliche Arbeitsstoffe, nämlich 100 l Lack und 50 l Verdünnung in der betrieblichen LKW-Garage vorhanden, die dort für den Fortgang von Container-Spritzlackierungsarbeiten verwendet werden sollten, wobei als Tagesbedarf für die Außenlackierung eines Containers die Menge von ca. 5 kg Lack und 1 l Verdünnung ausreicht - schon auf Grund der Ermittlungen der Strafbehörde vollständig vorlag und einer abschließenden Beurteilung in der Sache durch die Berufungsbehörde zugänglich war, weil weiters der Berufungswerber zur Tatseite in Wahrheit nur Rechtsargumente vorträgt, waren vom unabhängigen Verwaltungssenat keine Beweise (mehr) aufzunehmen und konnte daher eine öffentliche mündliche Verhandlung unterbleiben.

4.3. Gemäß § 54 Abs.6 AAV ist für Arbeiten mit brandgefährlichen Arbeitsstoffen und explosionsgefährlichen Arbeitsstoffen § 52 Abs.4 AAV sinngemäß anzuwenden. Gemäß § 52 Abs.4 leg.cit. dürfen gesundheitsgefährdende Arbeitsstoffe an Arbeitsplätzen nur in der für den Fortgang der Arbeiten erforderlichen Menge, höchstens jedoch jener eines Tagesbedarfes, vorhanden sein. Der für die Einhaltung dieser Schutzvorschrift erforderliche Straftatbestand ist mit dem oben schon zit. § 130 Abs.5 Z1 ASchG bestimmt (worauf - unter Einbeziehung des § 110 Abs.8 ASchG - zur Vermeidung von Wiederholungen verwiesen wird).

4.4. Vor dem Hintergrund dieser Rechtslage steht außer Zweifel, daß im Betrieb des Berufungswerbers am 21. März 1995 mit dem festgestellten Lebenssachverhalt (oben 4.2.) das der Abhaltung von speziellen Gefahren für Arbeitnehmer bei der Verwendung von brand- bzw. explosionsgefährlichen Arbeitsstoffen an Arbeitsplätzen dienende Verbot der Überschreitung von Tagesbedarfhöchstmengen objektiv verletzt wurde.

4.5. Mit seinen Einwänden gelingt es dem Berufungswerber nicht, diese Beurteilung zu erschüttern:

So ist schon mit der Auffassung, die belangte Behörde habe den Tatvorwurf rechtswidrig auf eine "Lagerung" der Arbeitsstoffe, welcher Vorgang jedoch gar nicht tatbildlich sei, gestützt, für den Berufungswerber nichts zu gewinnen, weil der verständige Leser aus dem ganzen Wortlaut des Schuldspruchs und dem unter Wahrung der Verteidigungsrechte des Berufungswerbers zustandegekommenen Verfahrensakt diese Ausdrucksweise unschwer als das Tatbestandsmerkmal des 'Vorhandenseins' erkennt. Allein auf dieses 'Vorhandensein' einer den Tagesbedarf überschreitenden Menge kommt es nach dem Tatbild an. Alle Deutungsversuche des Berufungswerbers in Richtung von "Verfügungsmenge", "Mischungsmenge" oder "Einsatzmenge" gehen daher ins Leere, weil vom Gesetzeswortlaut nicht gedeckt. Es genügt, daß eine unzulässige, nämlich für den Fortgang der Arbeiten nicht (mehr) erforderliche, dh den Tagesbedarf schlicht überschreitende Menge solcher Arbeitsstoffe am Arbeitsplatz VORHANDEN war. Ob diese Menge bereits fertig gemischt war oder einer Mischung erst zugeführt oder am Ende des Arbeitstages vom Arbeitsplatz wieder entfernt werden sollte, ist nach dem Wortlaut der Verbotsnorm, aber auch nach ihrem Schutzzweck unerheblich. Daß die als vorhanden festgestellte Menge an Lacken und Verdünnung weit über den hier in Rede stehenden Tagesbedarf hinausging, hat der Berufungswerber indirekt zugegeben, indem er bei seiner Vernehmung am 3. Juli 1995 ausführte, daß diese Menge ("so viele") an Lacken und Farben am Ende jenes Arbeitstages aus der Garage wieder entfernt worden seien. Unstrittig und erwiesen ist schließlich, daß es sich bei den vorhanden gewesenen Lacken und der Verdünnung um entzündliche, zum Teil sogar leicht entzündliche, somit im Sinne des § 54 Abs.6 AAV brand- und explosionsgefährliche Arbeitsstoffe gehandelt hatte.

4.6. Der Berufungswerber hat für das verpönte Verhalten auch einzustehen. Die Tat ist ihm verwaltungsstrafrechtlich im Lichte der ihm obliegenden Kontrollpflicht - der unabhängige Verwaltungssenat schließt sich im Ergebnis der Begründung der belangten Behörde an - aus dem Titel einer fahrlässig nicht genügend wirksam eingerichtet gewesenen Vorsorge gegen solche Verstöße persönlich zuzurechnen.

Die Erteilung von "auf den Schutz sämtlicher Arbeitnehmer gerichteten" Weisungen genügt im Sinne der einschlägigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes dann nicht, wenn, wie hier, "permanente Überprüfungen" zur Einhaltung dieser Weisungen (Seite 6 unten der Berufung) und das "effiziente und dichte Sicherheits- und Kontrollsystem" (Seite 7 oben der Berufung) bloß allgemein behauptet, nicht aber im Detail vom Berufungswerber selbst so konkret dargestellt werden, daß daraus die Beurteilung ermöglicht ist, ob die Kontrolle über alle Stufen ausreichend dicht sowie wirksam eingerichtet wurde. Wirksam so nämlich, daß Weisungen verläßlich befolgt werden bzw. bei weisungswidrigem Verhalten sofort und nachhaltig gegengesteuert werden kann. Aus allen diesen Gründen ist der Schuldspruch in Faktum 2. zu Recht erfolgt.

4.7. Was die Strafhöhe anlangt, war zu bedenken: Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Gemäß § 19 Abs.2 VStG sind im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches (StGB) sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Der Unrechtsgehalt der Tat - der Hauptstrafzumessungsgrund - wog vorliegend nicht gering. Zwar ist dem Berufungswerber eine bloß einmalige Zuwiderhandlung vorgeworfen, doch hat schon das Arbeitsinspektorat in seiner - dem Berufungswerber zur Kenntnis gebrachten - Äußerung vom 7. August 1995 von einer erheblichen Explosionsgefahr gesprochen und daß es nur "großem Glück" zu verdanken gewesen sei, daß es nicht tatsächlich zur Explosion gekommen war. Zutreffend hat die belangte Behörde den Erschwerungsgrund der einschlägigen Vortat angenommen.

Hingegen liegen die vom Berufungswerber eingewendeten Milderungsgründe nicht vor. So steht die erwähnte Vortat jedenfalls der sinngemäßen Anwendung des Milderungsgrundes nach § 34 Z2 StGB entgegen. Auch der Hinweis auf § 34 Z13 StGB kann eine Milderung hier nicht bewirken, weil gegenständlich - vorliegend handelt es sich um ein sogen. Ungehorsamsdelikt - die Schadenslosigkeit an sich schon Bestandteil der Tatvollendung ist. Entgegen dem Vorbringen des Berufungswerbers war schließlich auch kein Milderungsgrund iSd § 34 Z15 StGB zu werten, weil ein Schaden, der im Sinne des Tatbestandsmerkmals hätte "gutgemacht" werden können, nicht verursacht wurde und auch keine weiteren nachteiligen Folgen iSd Z15 leg.cit., um deren Verhinderung der Berufungswerber ernstlich bemüht gewesen wäre, vorlagen. Es waren aber auch vom unabhängigen Verwaltungssenat keine (sonstigen) Milderungsgründe aufzugreifen. Das hilfsweise begehrte Absehen von der Strafe (§ 21 VStG) war zu versagen, weil, wie aufgezeigt, schon das Gefährdungspotential aus der Schutzzweckverletzung nicht mehr dem Merkmal der Geringfügigkeit zugeordnet werden durfte. Im Ergebnis bewertet der unabhängige Verwaltungssenat angesichts eines Strafrahmens bis 100.000 S und unter Berücksichtigung der ungerügt gebliebenen persönlichen Verhältnisse des Berufungswerbers die mit 10.000 S festgesetzte Geldstrafe als nach den Umständen dieses Falles tat- und schuldangemessen. Aus allen diesen Gründen war auch das Strafausmaß zu 2. zu bestätigen.

4.8. Die gleichzeitig verfügte Präzisierung des Schuldspruchs und die Verbesserung des Spruchteiles gemäß § 44a Z3 VStG sind von § 66 Abs.4 AVG (§ 24 VStG) gedeckt.

4.9. Bei diesem Verfahrensergebnis war dem Berufungswerber hinsichtlich Faktum 2. ein Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem unabhängigen Verwaltungssenat in der gesetzlich bestimmten Höhe (ds 20% der bestätigten Geldstrafe) aufzuerlegen. Rechtsmittelbelehrung: Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis: Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S zu entrichten.

Ergeht an die Parteien dieses Verfahrens: Anlagen: (Akt; Erkenntnis u. Mehrausfertigung) Mag. Gallnbrunner

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