Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-280255/13/Kop/Mm

Linz, 21.11.1996

VwSen-280255/13/Kop/Mm Linz, am 21. November 1996 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch seine 2. Kammer (Vorsitzender: Dr. LANGEDER, Berichter: Dr. GUSCHLBAUER, Beisitzer: Dr. BLEIER) über die Berufung des Dr. F. M., K.Platz, W., vertreten durch die Rechtsanwälte Dr. H. E. und Dr. W. G. vom 5. Juni 1996 gegen den Bescheid des Bürgermeisters der Stadt W. vom 21. Mai 1996, Zl., nach der am 29. Oktober 1996 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung mit anschließender Verkündung zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird mit der Maßgabe Folge gegeben, als die verhängte Strafe auf 10.000 S, die Ersatzfreiheitsstrafe auf drei Tage und der erstinstanzliche Verfahrenskostenbeitrag auf 1.000 S herabgesetzt wird; im übrigen wird das angefochtene Straferkenntnis vollinhaltlich bestätigt.

Rechtsgrundlagen:

§ 48 Abs.2 Z2 und Abs.7 Bauarbeiterschutzverordnung (BauV), BGBl.Nr.340/1994 i.d.F. BGBl.Nr.450/1994 iVm. § 130 Abs.1 Z6 ArbeitnehmerInnenschutzgesetz (ASchG), BGBl.Nr.450/1994; § 66 Abs.4 AVG 1991, BGBl.Nr.51/1991 iVm. §§ 5, 9, 17, 19, 24, 51e und 51i VStG 1991 i.d.F. BGBl.Nr.620/1995.

II. Für das Berufungsverfahren entfällt ein Verfahrens kostenbeitrag.

Rechtsgrundlagen:

§ 64 Abs.1 und 2 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Der Bürgermeister der Stadt W. hat mit Straferkenntnis vom 21.5.1996, Zl. (nachweislich zugestellt am 23.5.1996), über den Berufungswerber wegen der ihm angelasteten Übertretung nach § 48 Abs.2 Z2 iVm § 48 Abs.7 der Bauarbeiterschutzverordnung, BGBl.Nr.340/1994, eine Geldstrafe von 30.000 S und für den Fall der Nichteinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 10 Tagen verhängt, weil er es als handelsrechtlicher Geschäftsführer der Fa. M. Ges.m.b.H. W., K.Platz, zu vertreten hat, daß, wie aufgrund einer Überprüfung der Baustelle W., O.straße - Gelände der Fa. Z.

Handelsgesellschaft m.b.H. am 12.4.1995 um 11.50 Uhr durch Organe des Arbeitsinspektorates Wels festgestellt wurde, wie folgt dargestellt, gegen die Bauarbeiterschutzverordnung verstoßen wurde:

In einer 1,90 m tiefen Grube wurden von zwei Arbeitnehmern der Fa. M. Ges.m.b.H. Wasseranschlußarbeiten durchgeführt, ohne daß die Grube im Sinn des § 48 Abs.2 Z2 der Bauarbeitenschutzverordnung verbaut war. Die Grube befand sich im Bereich der nördlichen Fahrbahnhälfte. Die südliche Fahrbahnhälfte war bereits mit Schottermaterial zugeschüttet und über diese wurde der Fahrzeugverkehr, unter anderem auch LKW-Züge mit höchstzulässigem Gesamtgewicht von 38 Tonnen, abgewickelt.

Die Arbeiten wurden im nordöstlichen Bereich der Grube in gebückter Haltung durchgeführt. Der Bodenaufbau bestand aus Schotter.

Gemäß § 48 Abs.7 BauV dürfen Gruben nur betreten werden, wenn Sicherungsmaßnahmen nach § 48 Abs.2 BauV durchgeführt sind.

1.1. Begründend führte die Erstbehörde in der Sache im wesentlichen aus, daß der tatbestandsmäßige Sachverhalt von einem Organ des Arbeitsinspektorates in Ausübung seiner dienstlichen Tätigkeit festgestellt wurde, wobei die Richtigkeit dieser Feststellung durch die Aussage des als Bauleiter fungierenden Zeugen Ing. C. P. bestätigt werde.

2. In der fristgerecht eingebrachten Berufung bringt der Beschuldigte im wesentlichen folgendes vor:

Der angefochtene Bescheid sei deshalb mangelhaft, weil er sich mit dem Vorbringen des Beschuldigten, er hätte das Betreten der Baugrube durch seine Bediensteten nicht verhindern können, gar nicht auseinandersetze. Der Bedienstete, Herr T., habe eigenmächtig, also ohne Auftrag und ohne Wissen und Duldung des zuständigen Bauleiters Ing. P.

oder seitens des Beschuldigten die Baugrube betreten. Herr T. hätte erst am Nachmittag nach durchgeführter Pölzung die vorgesehenen Installationsarbeiten in der Baugrube vornehmen sollen, sodaß ein Verschulden des Beschuldigten keinesfalls vorliege.

Die Behörde habe es unterlassen, den Zeugen T.

einzuvernehmen, der angefochtene Bescheid führe nicht aus, aus welchen Gründen die Aussage des Herrn Ing. P. nicht glaubwürdig oder überzeugend sein solle. Es seien weiters im gesamten Verfahren keine Umstände hervorgekommen, welche die vom Beschuldigten bescheinigte Schuldlosigkeit widerlegt hätten.

Weiters liege eine unrichtige rechtliche Beurteilung vor, da der Beschuldigte seine Schuldlosigkeit bescheinigt und die Schuldvermutung des § 5 Abs.1, 1. Satz widerlegt habe und somit mangels Verschulden nicht bestraft werden hätte dürfen.

Weiters wurde die Strafhöhe gerügt, weil diese weder tatnoch schuldangemessen sei. Die Behörde hätte es als mildernd ansehen müssen, daß Herr T. eigenmächtig gehandelt habe, sein Tun sogar von zwei Polizisten beobachtet worden sei, die ihn jedoch am Betreten der Grube nicht gehindert hätten, und daß es schließlich Sache der Fa. D. gewesen wäre, dafür Sorge zu tragen, daß die Baugrube, für welche diese Firma die Verantwortung trage, vor einer Pölzung nicht betreten oder zumindest eine entsprechende Warntafel aufgestellt werde.

Der Berufungswerber stellt daher den Antrag, der unabhängige Verwaltungssenat wolle den angefochtenen Bescheid aufheben, das gegen ihn eingeleitete Verwaltungsstrafverfahren einstellen. Hilfsweise wird beantragt, den Bescheid aufzuheben und die Sache zur Verfahrensergänzung und neuerlichen Entscheidung an den Magistrat der Stadt W.

zurückzuweisen oder die verhängte Strafe auf die Mindeststrafe von 2.000 S herabzusetzen.

3. Da im angefochtenen Bescheid eine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, hatte der unabhängige Verwaltungssenat durch die nach der Geschäftsverteilung zuständige Kammer zu entscheiden (§ 51c VStG).

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes OÖ. hat in den Verwaltungsakt des Magistrates der Stadt L., Zl. , Einsicht genommen und am 29.10.1996 eine öffentliche mündliche Verhandlung gemäß § 51e VStG durchgeführt, in welcher die Zeugen Ing. C. P. und G. T. vernommen wurden.

4. Folgender Sachverhalt ist erwiesen:

Die Fa. M. Ges.m.b.H., handelsrechtlicher Geschäftsführer Dr. F. M., hat von der Fa. Z. Handelsges.m.b.H. einen Auftrag zur Wasserversorgung der Betriebsanlage der Fa. Z.

in W., E., erhalten. Da die Fa. M. Ges.m.b.H. über keine Baumaschinen verfügt, ließ sie durch die Fa. D. Bau GesmbH., W., K. Nr. 21 am 12.4.1995 eine ca. 1,90 m tiefe Baugrube auf der Höhe Fa. Z. Handels Ges.m.b.H. W., O.straße, errichten. Diese Grube befand sich im Anschluß an eine Künette im Bereich der nördlichen Fahrbahnhälfte, die südliche Fahrbahnhälfte war bereits mit Schottermaterial zugeschüttet und über diese wurde der Fahrzeugverkehr, unter anderem auch LKW-Züge mit höchstzulässigem Gesamtgewicht von 38 Tonnen, abgewickelt. Für diese Tätigkeit lag eine straßenpolizeiliche Bewilligung für Arbeiten auf oder neben der Straße gemäß § 90 StVO des Magistrates der Stadt W.

(Bescheid vom 23.3.1995, Zl. Bewilligungsinhaber Fa. D. Bau Ges.m.b.H.) vor.

Im Umfeld dieser Baustelle befanden sich zwei Polizisten, die den Verkehr auf der durch die Baustelle verengten Stelle der O.straße regelten.

Die Grube hatte eine leicht ovale Form, wobei der weiteste Durchmesser ca. 4,0 m betrug, der engere zwischen 2,5 und 4,0 m. Die Wände der Grube waren über den natürlichen Böschungswinkel steil, lediglich im bereich der zum Teil mit Schotter aufgefüllten Südseite der Grube betrug der Böschungswinkel annähernd 45 Grad.

Herr G. T., Bediensteter der Fa. M. Ges.m.b.H., hatte vom Bauleiter Herrn Ing. C. P. den Auftrag erhalten, nach Fertigstellung der Grube durch die Fa. D. Bau GmbH., (der am 12.4.1995 um 13.00 Uhr erwartet wurde), mit Hilfe eines weiteren Arbeiters der Fa. M. GesmbH., die in der Grube befindliche freigelegte Hauptwasserleitung anzubohren und den Wasseranschluß durchzuführen und wurde bei dieser Tätigkeit in Anwesenheit von Herrn S., Bediensteter des Wasserwerkes der Stadt W., in gebückter Haltung in der unverbauten, ungepölzten und ungesicherten Grube - der Bodenaufbau bestand aus Schotter - von einem Organ des Arbeitsinspektorates um 11.50 Uhr angetroffen.

Nach dem internen Organisationsaufbau der Fa. M. GesmbH. ist Herr Ing. C. P. für den Bereich Sanitär- und Wasseranschluß und somit für die Tätigkeit des Herrn G. T. für die Einhaltung der Sicherheitsvorschriften zuständig. Herr Ing.

C. P. hat die gegenständliche Baustelle weder besucht noch kontrolliert und hatte auch nicht vor, dies zu tun, da die gegenständliche Baustelle im Vergleich zu sonstigen Baustellen der Fa. M. aus seiner Sicht unbedeutend war, zumal die Arbeit der o.g. Firma an jener Baustelle nur eine halbe Stunde ausmachte. Herr G. T. durfte seinen Anweisungen entsprechend mit seiner Arbeit sofort nach Fertigstellung der Grube durch Arbeiter der Fa. D. beginnen, ein Zuwarten bis 13.00 Uhr zwecks Kontrolle der Baustelle durch Herrn P.

oder den Berufungswerber oder sonstige Bedienstete der Fa.

M. GesmbH. bestand nicht.

Der Berufungswerber hat die Baustelle ebenfalls weder besichtigt noch kontrolliert.

5. Dieser Sachverhalt gründet sich auf die Zeugenaussagen des Herrn G. T., die Zeugenaussage des Bauleiters Herrn Ing.

C. P., die Äußerungen des Organes des Arbeitsinspektorates Ing. F. W. sowie die Aussagen des Beschuldigten in der mündlichen Verhandlung am 29.10.1996.

5.1. Der Aussage des Beschuldigten, die Baustelle hätte keine senkrecht stehenden Wände gehabt, sondern trichterförmig ausgebildete Begrenzungen mit einem Böschungswinkel von ca. 35 Grad, konnte der unabhängige Verwaltungssenat aus folgenden Gründen nicht folgen:

Zunächst hat die mündliche Verhandlung am 29.10.1996 ergeben, daß der Berufungswerber selbst die Baustelle weder gesehen hat, zum anderen steht diese Aussage im Widerspruch zu den glaubwürdigen Aussagen des Vertreters des Arbeitsinspektorates. Die mündliche Verhandlung brachte das Ergebnis, daß nach übereinstimmenden Zeugenaussagen die Baugrube ca. 4,0 m lang und zwischen 2,5 m (Aussage des Zeugen T.) und 4,0 m (Aussage des Arbeitsinspektors) breit war.

Auch der Zeuge T. sagte aus, daß die Böschungswände von unten aufsteigend einen Winkel von ca. 40 Grad zur Waagrechten hatten. Da die Grube nach Angaben des Arbeitsinspektorates ca. 1,90 m (Angaben des Zeugen T. 1,80 m) tief war, ist es schon allein rechnerisch unmöglich und widerspricht somit auch der allgemeinen Lebenserfahrung, daß der Böschungswinkel in der Grube auf allen Seiten 30 bis 40 Grad betragen hätte. (Ginge man von einem Böschungswinkel von 40 Grad und einer laut Aussage des Zeugen T. maximalen Breite der Grube von 2,50 m aus, so hätte allein rechnerisch die Grube an ihrer tiefsten Stelle nur ca. 1,0 m tief sein können.) Die Behörde ist daher von der Richtigkeit der Angaben des Arbeitsinspektors überzeugt.

Der Zeuge Ing. C. P. hat ausgesagt, daß "es nicht vereinbart war, daß T. die Arbeiten erst beginnen dürfe, wenn ich die Baustelle besichtigt hätte." Weiters führte der Zeuge an anderer Stelle folgendes aus: "In dem gegenständlichen Fall handelt es sich um eine kleine Baustelle, wo unsere Arbeiten nur eine halbe Stunde ausmachten. Diese Baustelle hatte ich daher nicht vor zu kontrollieren, habe es auch nicht gemacht." Diese Aussagen stehen im Widerspruch zu den im Verfahren vorgebrachten Behauptungen des Berufungswerbers, sein Bediensteter Herr T. hätte eigenmächtig bzw. entgegen seinen Anordnungen die Arbeiten vorgenommen, welchen daher seitens des unabhängigen Verwaltungssenates nicht gefolgt werden kann.

6. Rechtlich ist wie folgt zu erwägen:

Gemäß § 48 Abs.2 Bauarbeiterschutzverordnung BGBl.Nr.194/340 i.d.F. BGBl.Nr.1994/450 ist beim Ausheben von Gruben, Gräben oder Künetten von mehr als 1,25 m Tiefe unter Berücksichtigung der örtlichen Standfestigkeit des Bodens, der Wasserverhältnisse, der Auflasten sowie auftretender Erschütterungen eine der folgenden Maßnahmen durchzuführen, sodaß Arbeitnehmer durch abrutschendes oder herabfallendes Material nicht gefährdet werden können:

1. Die Wände von Gruben, Gräben oder Künetten sind entsprechend § 50 abzuböschen, 2. die Wände von Gruben, Gräben oder Künetten sind entsprechend §§ 51 und 52 zu verbauen oder 3. es sind geeignete Verfahren zur Bodenverfestigung (§ 53) anzuwenden.

Gemäß § 48 Abs.3 Bauarbeiterschutzverordnung (BauV) muß auch schon bei einer geringeren Tiefe als 1,25 m eine der Maßnahmen nach Abs.2 durchgeführt werden, wenn schlechte Bodenverhältnisse oder besondere Einflüsse, wie Erschütterungen durch den Straßen- oder Schienenverkehr, vorliegen.

Gemäß § 48 Abs.7 BauV dürfen Baugruben, Gräben oder Künetten nur betreten werden, wenn Sicherungsmaßnahmen nach Abs.2 durchgeführt sind.

Gemäß § 51(1) BauV, können Verbaue durch einen waagrechten oder lotrechten Verbau mit Pfosten (Holzbohlung), durch einen Verbau mit Kanaldielen, großflächigen Verbaublatten, Spundwänden, Trägerbohlwänden, Schlitz- und Pfahlwänden sowie verankerten Torketwänden erfolgen.

Gemäß § 130 Abs.1 Z6 ArbeitnehmerInnenschutzgesetz, BGBl.Nr.450/1994, begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe von 2.000 S bis 10.000 S, im Wiederholungsfall mit Geldstrafe von 4.000 S bis 200.000 S zu bestrafen ist, wer als Arbeitgeber entgegen diesem Bundesgesetz oder den dazu erlassenen Verordnungen die durchzuführenden Schutzmaßnahmen nicht festlegt oder nicht für deren Einhaltung sorgt.

Gemäß § 9 Abs.1 VStG 1991 i.d.g.F. ist für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften durch juristische Personen, soweit die Verwaltungsvorschriften nichts anderes bestimmen und soweit nicht verantwortliche Beauftragte (Abs.2) bestellt sind, strafrechtlich verantwortlich, wer zur Vertretung nach außen berufen ist.

6.1. Zum Tatbestand:

Da Herr Gerald T. und ein weiterer Bediensteter der Fa. M.

GmbH., deren handelsrechtlicher Geschäftsführer der Beschuldigte ist, in der gegenständlichen, 1,90 m tiefen, zumindest von drei Seiten nahezu 90 Grad steil abfallenden, unverbauten Grube, maximal eine halbe Stunde Wasseranschlußarbeiten für die Fa. M. GmbH. verrichteten, ist Tatbestand des § 48 Abs.2 und 7 BauV iVm. mit § 130 Abs.1 Z6 ASchG - wie die Erstbehörde zu Recht festgestellt hat - erfüllt.

6.2. Zum Verschulden:

Nach ständiger Judikatur des VwGH darf bei der Annahme einer grundsätzlichen Verantwortung des Arbeitgebers für die im Zusammenhang mit dem Betrieb stehenden Verwaltungsübertretungen nicht übersehen werden, daß die im heutigen Wirtschaftsleben notwendige Arbeitsteilung es nicht zuläßt, daß sich der Unternehmer aller Belange und Angelegenheiten selbst persönlich annimmt. Die rechtliche Konsequenz, die aus dieser Tatsache zu ziehen ist, besteht darin, daß dem Unternehmer zugebilligt werden muß, die Besorgung einzelner Angelegenheiten anderen Personen selbstverantwortlich zu überlassen und die eigene Tätigkeit in diesen Belangen auf eine angemessene Kontrolle zu beschränken. Ob der Unternehmer dann persönlich von der verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortung befreit ist, hängt im Einzelfall davon ab, ob er den Nachweis zu erbringen vermag, daß er Maßnahmen getroffen hat, die unter den vorhersehbaren Verhältnissen die Einhaltung der gesetzlichen Vorschrift mit gutem Grund erwarten lassen (vergl. VwGH vom 13.12.1990, 90/09/0141, ua.).

Im Sinne dieser Judikatur reicht die bloße Erteilung von Weisungen nicht aus, entscheidend ist, ob auch eine wirksame Kontrolle der vom Verantwortlichen erteilten Weisungen erfolgte (VwGH vom 30.3.1982, 81/11/0087).

Sind die Bauleiter eines Bauunternehmens auf den einzelnen Baustellen mit der Überwachung der Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen betraut, .... und wird die Vermeidung von bei Kontrollen auffallenden Mängeln vom handelsrechtlichen Geschäftsführer des Unternehmens veranlaßt, so hat der Geschäftsführer zur Vermeidung einer Bestrafung nach § 9 Abs.1 VStG wegen Verstoßes gegen die Arbeitnehmerschutzvorschriften darzulegen, daß er Maßnahmen getroffen hat, die unter den vorhersehbaren Verhältnissen die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften mit gutem Grund erwarten lassen.

Die allgemeine Behauptung des Bestehens eines Kontrollsystems ohne Darlegung, wie dieses Kontrollsystem im einzelnen insbesonders auf der gegenständlichen Baustelle funktionieren soll, reicht nicht aus. (VwGH v. 2.7.1990, Zl.

90/19/0109) Aus dem Beweisverfahren ist hervorgegangen, daß der Rechtsmittelwerber im Sinne der VwGH-Judikatur nicht alles Erdenkliche und Zumutbare getan hat, um im Vorfeld - etwa durch Schulung oder Einführung eines wirksamen Kontrollnetzes - die Tat zu verhindern.

Erst im nachhinein wurden die Sicherheitsvorschriften für den Tiefbau grundlegend erörtert und den Bediensteten nahe gebracht. Im Vorfeld wurden nur bei besonderen Vorkommnissen und nicht mit der gebotenen Regelmäßigkeit diesbezüglich die Kontrollen durchgeführt. Zu bedenken war, daß es sich um eine sensible Baustelle gehandelt hat, in deren Nähe der öffentliche Verkehr vorbeifloß und wegen des zu vermutenden Untergrundes und der Standfestigkeit der Grubenwände keine entsprechenden Erkundigungen und Vergewisserungen eingezogen wurden.

Die Anwesenheit eines Vertreters eines Wirtschaftskörpers von Wels sowie von Straßenaufsichtsorganen, denen die Vorschriften bei Bauarbeiten nicht geläufig sein konnten, hatte keinen Einfluß auf das Gefahrenmoment oder auf das Verschulden.

6.3. Strafzumessung:

Bei der Strafzumessung war von Bedeutung, daß die objektive Tatseite mehr als ein mittleres Gewicht aufwies, aber andererseits eine unmittelbare Gefahr für Leib und Leben nach den Beobachtungen des Arbeitsinspektors, der den Arbeitnehmer, wenn auch nur mehr geringe Zeit, in der Baugrube verweilen ließ, offensichtlich nicht gegeben war.

Die subjektive Tatseite war von ebenfalls mittlerem Gewicht, da sich herausstellte, daß die vorangegangenen Schulungen sich eher auf das Auflegen von Papier erstreckten. Dem Rechtsmittelwerber ist allerdings zugute zu halten, daß er sofort nach Beanstandung reagierte. Ein Kontrollsystem herrschte zum Tatzeitpunkt nicht in ausreichendem Maß, zumal der Bauleiter und techn. Angestellte Ing. C. P. zum Ausdruck brachte, daß er nicht die Absicht hatte, die Baustelle zu visitieren, obwohl es sich objektiverweise um eine sensible Baustelle handelte.

Bei der Strafbemessung war kein Umstand erschwerend. Für den Beschuldigten sprach, daß sein Verhalten - gemessen an seinem Vorleben - in verwaltungsstrafrechtlicher Hinsicht in Widerspruch stand, zumal von einem ordentlichen Vorleben auszugehen ist.

Unter Berücksichtigung aller Umstände kam daher die 2. Kammer zur Überzeugung, daß die nunmehr herabgesetzte Strafe allen Strafzwecken, insbesonders der Generalprävention und der Spezialprävention in ausreichendem Maße dient.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Dr. G u s c h l b a u e r

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