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des Landes Oberösterreich
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VwSen-280284/5/Ur/Shn

Linz, 14.11.1996

VwSen-280284/5/Ur/Shn Linz, am 14. November 1996 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch seine 2. Kammer (Vorsitzender Dr. Langeder, Beisitzer Dr. Bleier, Berichter Dr. Guschlbauer) über die Berufung des Herrn Günter M, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land vom 26.7.1996, Ge96-50-1996-KM/ZE, wegen Übertretung des Arbeitszeitgesetzes, zu Recht erkannt:

Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 AVG iVm § 24 VStG, Art.15 Abs.3 der Verordnung (EWG) Nr.3821/85 des Rates vom 20. Dezember 1985 über das Kontrollgerät im Straßenverkehr, § 45 Abs.1 Z1, zweiter Sachverhalt VStG.

Es entfällt ein Kostenbeitrag zum Berufungsverfahren.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.1 VStG Entscheidungsgründe:

Die Bezirkshauptmannschaft Wels-Land hat den Berufungswerber mit dem angefochtenen Straferkenntnis schuldig erkannt, es als verantwortlicher Beauftragter der G mit dem Sitz in E bei L, verantworten zu müssen, daß der Lenker Mechmet P, am 31.8.1995, vom 2.9. bis einschließlich 23.9.1995, am 25.9.1995 und vom 27.9. bis einschließlich 30.9.1995 (insgesamt an 28 Tagen) den Zeitgruppenschalter des Kontrollgerätes (LKW) nicht korrekt eingestellt habe.

Wegen Verletzung des Artikel 15 Abs.3 der VO EWG Nr.

3821/1985 des Rates vom 20.12.1985 über das Kontrollgerät im Straßenverkehr in Verbindung mit § 28 Abs.1b Z.2 AZG, BGBl.Nr.461/1969 idgF wurde Herrn Günter M als verantwortlich Beauftragtem der G deswegen eine Geldstrafe von 15.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe 6 Tage) und ein Verfahrenskostenbeitrag von 10 % der ausgesprochenen Geldstrafe auferlegt.

Eine mündliche Verhandlung konnte im Sinne des § 51e Abs.1 VStG unterbleiben.

Ohne vorerst auf das Berufungsvorbringen näher einzugehen, im gegenständlichen LKW (Kennzeichen) sei ein EC-Automatic-Gerät eingebaut gewesen, welches eine händische Betätigung des Zeitgruppenschalters nicht erforderlich mache, hat der O.ö. Verwaltungssenat in Entsprechung der kürzlich ergangenen Entscheidungen des VwGH zu einem ähnlich gelagerten Sachverhalt (Zlen. 96/11/0062-0065 vom 25.6.1996 und Zl. 96/11/0113 vom 6.8.1996, zu Art.13 und 15 der VO EWG Nr.3821/1985 iVm § 28 Abs.1b Z.2 AZG) folgendes erwogen:

Die im vorliegenden Fall zur Anwendung gebrachte Strafnorm des § 28 Abs.1b Z.2 AZG idgF bestimmt:

"Arbeitgeber und deren Bevollmächtigte, die die Pflichten betreffend das Kontrollgerät und das Schaublatt gemäß Art.3 Abs.1, Art.13, Art.15 Abs.1 bis 3, 5 oder 7 oder Art.16 der Verordnung (EWG) Nr.3821/85 verletzen sind, .................... zu bestrafen." Art.13 der EWG VO Nr.3821/85 lautet:

"Der Unternehmer und die Fahrer sorgen für das ordnungsgemäße Funktionieren und die richtige Verwendung des Gerätes." Art.15 Abs.3, 2. Halbsatz, der EWG VO führt aus:

"Die Fahrer betätigen die Schaltvorrichtung des Kontrollgerätes so, daß folgende Zeiten getrennt und unterscheidbar aufgezeichnet werden:

a) ... : die Lenkzeiten; b) ... : alle sonstigen Arbeitszeiten; c) ... : die Bereitschaftszeit, ... ; d) ... : die Arbeitsunterbrechungen und die Tagesruhezeiten." Der Verwaltungsgerichtshof führt in den zitierten Entscheidungen im wesentlichen aus, daß Art.13 der Rats-VO nur eine einleitende Bestimmung des Kapitel IV (Benutzungsvorschriften) ist. Sie sagt aus, daß Unternehmer (Arbeitgeber) und die Fahrer für das ordnungsgemäße Funktionieren und die richtige Funktion des Kontrollgerätes sorgen. Die folgenden Art.14 bis 16 der VO führen diese allgemeine Aussage aus, indem sie konkrete Verpflichtungen des Arbeitgebers einerseits sowie des Arbeitnehmers andererseits begründen. Art.13 hat lediglich ankündigenden Charakter und stellt keinen (Verwaltungs-)Straftatbestand dar. Demzufolge enthalten Art.13 und Art.15 keine Verwaltungsstraftatbestände, welche gemäß § 28 Abs.1b Z.2 AZG zur Bestrafung des Arbeitgebers wegen Verstößen gegen Art.15 der Rats-VO führen können.

In Anlehnung an die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ist daher festzuhalten, daß Art.15 Abs.3 der EWG VO Nr.3821/85 nur Verpflichtungen des Fahrers statuiert und Unterlassungen der Fahrer dem Unternehmer nicht zum Vorwurf gemacht werden können.

Wie im Erkenntnis des O.ö. Verwaltungssenates vom 29.1.1996, VwSen-280154/6/Le/La (siehe hiezu auch etwa OGH vom 4.10.1994, 4 Ob 88/94) dargelegt, ist die in Rede stehende europarechtliche Norm seit Inkrafttreten des EU-Beitrittsvertrages unmittelbar anwendbares Recht geworden.

Sie steht auf verfassungsrechtlicher Stufe und geht im Kollisionsfall dem innerstaatlichen Recht vor.

Bezogen auf den gegenständlichen Sachverhalt kann daher grundsätzlich eine eventuelle Unterlassung der korrekten Betätigung des Zeitgruppenschalters durch den Fahrer dem von Arbeitgeberseite bestellten verantwortlichen Beauftragten nicht zum Vorwurf gemacht werden.

Da die dem Beschuldigten zur Last gelegte Tat keine Verwaltungsübertretung nach § 28 Abs.1b Z.2 AZG bildet, war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Im übrigen hat das Arbeitsinspektorat mit Schreiben vom 29.10.1996, Zl.2260/31-5/96, bekanntgegeben, daß von der Anzeige betreffend das Vorliegen eines Straftatbestandes wegen Nichtbetätigung des Zeitgruppenschalters Abstand genommen wird, da es sich um ein EC-Automatic-Gerät gehandelt hat. Auf das Erkenntnis des O.ö. Verwaltungssenates vom 11.12.1995, VwSen-280137/7/Gu/Atz, hinsichtlich eines ähnlich gelagerten Sachverhaltes wird verwiesen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Beilage Dr. Langeder

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