Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-280286/2/Ga/La

Linz, 27.09.1996

VwSen-280286/2/Ga/La              Linz, am 27. September 1996 DVR.0690392                                                          

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch das Mitglied Mag. Gallnbrunner über die Berufung des P D, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. W M, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Perg vom 13. August 1996, Zl. Ge96-103-1995-Fr/Gut, wegen Übertretung des ArbeitnehmerInnenschutzgesetzes - ASchG, zu Recht erkannt:

Der Berufung wird stattgegeben; das angefochtene Strafer kenntnis wird aufgehoben und das Verfahren eingestellt.

Rechtsgrundlage: AVG: § 66 Abs.4. VStG: § 24; § 45 Abs.1 Z2 und Z3, § 51c, § 51e Abs.1, § 66 Abs.1. ^abstand(3) Entscheidungsgründe:

1.1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde der Berufungswerber einer Verwaltungsübertretung gemäß § 130 Abs.1 Z21 iVm  § 113 Abs.2  ASchG schuldig erkannt. Als Tat wurde ihm vorgeworfen, er habe es als Arbeitgeber zu verantworten, daß ein in seinem Betrieb beschäftigter, namentlich bezeichneter Arbeitnehmer am 8. September 1995 auf einem in der Gemeinde Scheibbs/NÖ gelegenen Firmen gelände einen Hubstapler gelenkt habe, "ohne den Nachweis der Fachkenntnisse für bestimmte Tätigkeiten, BGBl.Nr. 441/ 1975, erbracht zu haben.". Wegen dieser Verwaltungsübertretung sei über ihn eine Geldstrafe in der Höhe von 10.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe: vier Tage) kostenpflichtig zu verhängen gewesen.

1.2. Nach Darstellung des Inhalts der Anzeige und der als verletzt zugrundegelegten Rechtsvorschrift wird zur objektiven Tatseite begründend ausgeführt, daß der Berufungs werber als Arbeitgeber gesetzlich verpflichtet sei, dafür Sorge zu tragen, daß keiner seiner Arbeitnehmer Tätigkeiten, für die besondere Fachkenntnisse erforderlich sind, ohne erbrachten Nachweis dieser Fachkenntnisse durchführt; diese Verpflichtung habe der Berufungswerber mißachtet und sei die in Rede stehende Verwaltungsübertretung als erwiesen anzu sehen.

2. Dagegen bringt der Berufungswerber, der den inkrimi nierten Vorfall selbst nicht bestreitet, in der Hauptsache vor, daß für seinen Arbeitnehmer überhaupt keine Notwendig keit bestanden habe, einen Hubstapler in Betrieb zu nehmen, daß der Arbeitnehmer bei seiner Befragung durch die erhe benden Gendarmeriebeamten den Umstand der ihm nicht erteilt gewesenen Fahrerlaubnis zugegeben habe, daß er als Arbeitgeber daher seinen Arbeitnehmer in keiner Weise zum Lenken eines Hubstaplers veranlaßt, sondern diesen sogar ausdrücklich auf die Einhaltung der einschlägigen Gesetzes bestimmungen verwiesen habe. Im übrigen sei die belangte Behörde, weil sich der Vorfall in Niederösterreich ereignet habe, örtlich unzuständig. Der Berufungswerber beantragt Aufhebung und Verfahrens einstellung.

Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

3. Gemäß § 130 Abs.1 ASchG begeht eine mit Geldstrafe von 2.000 S bis 100.000 S, im Wiederholungsfall mit Geld strafe von 4.000 S bis 200.000 S zu bestrafende Verwal tungsübertretung, wer als Arbeitgeber entgegen diesem Bundes gesetz oder den dazu erlassenen Verordnungen gemäß Z21 dieser Vorschrift nicht dafür sorgt, daß die Organisation und Vorbereitung von Arbeiten gemäß § 62 Abs.4 durch Personen erfolgt, die hiefür geeignet sind und die erforderlichen Fachkenntnisse nachweisen, oder selbst die Organisation und Vorbereitung entgegen § 62 Abs.7 durchführt. Als die in diesem Fall eigentlich als verletzt zu grundegelegte Gebotsnorm bestimmt § 62 Abs.4, daß dann, wenn es für eine sichere Durchführung der Arbeiten erforderlich ist, die Organisation und Vorbereitung (dieser Arbeiten) durch Personen zu erfolgen hat, die hiefür geeignet sind und die erforderlichen Fachkenntnisse nachweisen. §62 Abs.7 stellt sicher, daß auch der Arbeitgeber, wenn er selbst die Vorbereitungs- und Organisationsarbeiten vor nimmt, über die erforderlichen Fachkenntnisse verfügen und sie nachweisen muß.

4.1. Nicht im Recht ist der Berufungswerber mit dem Einwand der örtlichen Unzuständigkeit der belangten Behörde. Tatort in Übertretungsfällen des Arbeitnehmerschutzes ist nicht der Ort des tatsächlichen Zuwiderhandelns durch Arbeit nehmer, sondern jener Ort, an dem der Arbeitgeber geeignete Maßnahmen, um die Einhaltung der Schutzvorschriften durch seine Arbeitnehmer sicherzustellen, vorzukehren gehabt hätte bzw. vorzukehren unterlassen hat. Dies ist nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl etwa Erk vom 27.1.1995, 94/02/0407, mit Hinweisen auf Vorjudikatur) der Sitz der Unternehmensführung. Ausgehend von dem unstreitig in der Gemeinde Mauthausen gelegenen Sitz des Unternehmens des Berufungswerbers hat daher die belangte Behörde ihre örtliche Zuständigkeit zu Recht angenommen. Allerdings hat sie, insoweit das Bestimmtheitsgebot des § 44a Z1 VStG verletzend, übersehen, diesen Tatort in die Anlastung des Schuldspruchs aufzunehmen. Auch die erste Verfolgungshandlung, das ist die am 29. Dezember 1995 hinausgegebene Aufforderung zur Rechtfertigung, wirft den Tatort nicht vor. Dennoch kann daraus noch nicht die Untauglichkeit der Verfolgungshandlung zur Unterbrechung der Verjährung abgeleitet werden, weil die in Verfolgung gezogene Tat in anderer Weise, nämlich durch die Angabe des externen Ereignisses, örtlich hinreichend umschrieben ist.

4.2. Gleichfalls nichts für sich gewinnt der Berufungswerber nach Lage des Falles mit seinem auf die subjektive Tatseite zielenden Vorbringen, wonach er für den inkriminierten Vorfall nicht persönlich haftbar gemacht werden dürfe, weil er ausdrückliche Weisungen an den involvierten Arbeitnehmer erteilt habe, dieser jedoch, ohne daß der Berufungswerber als Arbeitgeber hätte eingreifen können, weisungswidrig gehandelt habe. Daß der Berufungswerber dennoch für das Fehlverhalten seines Arbeitnehmers verwaltungsstrafrechtlich einstehen muß, hat die belangte Behörde im Grunde des § 5 Abs.1 VStG zu Recht angenommen.

Nach der ständigen Rechtsprechung des VwGH (vgl zB Erk vom 13.10.1993, 93/02/0181) ist der Arbeitgeber durch die Erteilung von Weisungen, die Arbeitnehmerschutzvorschriften einzuhalten, nämlich nur dann entschuldigt, wenn er be hauptet und glaubhaft macht, daß er Maßnahmen ergriffen hat, um die Einhaltung der von ihm erteilten Anordnungen zwecks Beachtung der Schutzvorschriften zu gewährleisten, insbe sondere auch welche Kontrollen er eingerichtet und wie er sich vom Funktionieren des Kontrollsystems informiert hat. Im Falle eines unter Mißachtung der Weisung unternommenen Verstoßes gegen die Schutzvorschrift hat der verpflichtete Arbeitgeber dieses Kontrollsystem im einzelnen darzulegen. Dies ist vorliegend jedoch gänzlich unterblieben, sodaß im Ergebnis der Berufungswerber den Mangel an Kontrollsorgfalt haftungsbegründend gegen sich gelten lassen muß.

5. Das angefochtene Straferkenntnis war jedoch - gemäß᧠51e Abs.1 VStG in diesem Fall ohne öffentliche mündliche Verhandlung - aus folgenden Gründen aufzuheben:

5.1.  Gemäß dem Wortlaut der als verletzt vorgeworfenen Rechtsvorschrift kommt es tatbildlich auf die Organisation und die Vorbereitung von Arbeiten an. Zu dem in dieser Vorschrift verwiesenen § 62 Abs.4 führt Dietrich Scherff in: Arbeitnehmerschutz, Sondernummer des ARD-Betriebsdienstes (1994), 52, aus, daß davon jene Fälle betroffen sind, in denen besondere Anforderungen nicht für die Durchführung der Arbeiten gelten, sondern für die Organisation und Vorbereitung. Derartiges, nämlich die Organisation und die Vorbereitung von Arbeiten durch fachlich unqualifizierte Arbeitnehmer (erster Fall) oder durch den fachlich unqualifizierten Arbeitgeber selbst (zweiter Fall) ist vorliegend schon nicht als Sachverhalt festgestellt und als Tat nicht in Verfolgung gezogen worden. Die Tatanlastung des Schuldspruchs (und, überein stimmend, der ersten Verfolgungshandlung) besteht vielmehr im Vorwurf, mit der Durchführung einer bestimmten Arbeit (Lenken eines Hubstaplers) einen Arbeitnehmer beschäftigt zu haben, ohne daß dieser den Nachweis von bestimmten Fachkenntnissen erbracht habe. Dieser Lebenssachverhalt allerdings ist dem Tatbild des § 130 Abs.1 Z21 iVm § 62 Abs.4 ASchG nicht unterstellbar. Der dennoch die Übertretung gemäß § 130 Abs.1 Z21 ASchG anlastende Schuldspruch ist daher inhaltlich rechtswidrig. Hingegen wäre der vom Arbeitsinspektorat angezeigte und von der belangten Behörde in Verfolgung gezogene Sachverhalt möglicherweise dem Tatbestand des § 130 Abs.1 Z20 (erster Fall) iVm § 62 Abs.1 ASchG zu subsumieren gewesen.

5.2. Dem unabhängigen Verwaltungssenat obliegt grundsätzlich, eine bloß verfehlte rechtliche Beurteilung der Strafbehörde im Wege einer Änderung der rechtlichen Qualifikation zu sanieren. Dies allerdings hat jedenfalls zur Voraussetzung, daß sämtliche, im Lichte des § 44a Z1 VStG wesentlichen Sachverhaltselemente noch innerhalb der Verjährungsfrist angelastet wurden. Vorliegend ist das nicht geschehen. Aus dem Blickwinkel der vom § 130 Abs.1 Z20 ASchG verwiesenen, hier maßgeblichen Gebotsnorm des § 62 Abs.1 ASchG ist für die Tatbestandsmäßigkeit vorauszusetzen, daßáes sich um eine Arbeit handelt/gehandelt hat, die mit einer besonderen Gefahr für die damit beschäftigten oder für andere Arbeitnehmer verbunden ist. Der Umstand jedoch der zufolge besonderer Gefahr qualifizierten Arbeit ist im Berufungsfall schon nicht ermittelt, geschweige denn als wesentliches Sachverhaltselement angelastet worden. Daher wäre die für eine sanierende Änderung der rechtlichen Qualifikation erforderliche Ergänzung des angefochtenen Schuldspruchs durch Aufnahme eben dieser Sachverhaltselemente eine im Grunde des § 66 Abs.4 VStG bereits unzulässige Auswechslung der Tat (und nicht etwa bloß eine zulässige Modifizierung der Tatumschreibung).

5.3. Zusammenfassend war daher wie im Spruch zu er kennen, weil hervorgekommen ist, daß der Berufungswerber einerseits die ihm spruchgemäß angelastete Verwaltungs übertretung nicht begangen hat und andererseits Umstände vorliegen, die seine Verfolgung wegen einer Verwaltungs übertretung nach § 130 Abs.1 Z20 ASchG in dieser Sache ausschließen.

6. Mit dieser Entscheidung entfällt die Kostenpflicht des Berufungswerbers (die Aufhebung bewirkt zugleich auch den Wegfall des strafbehördlichen Kostenausspruchs; Beiträge zu den Kosten des Berufungsverfahrens waren nicht auf zuerlegen).

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungs gerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Mag. Gallnbrunner

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