Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-280297/5/Le/La

Linz, 25.02.1997

VwSen-280297/5/Le/La             Linz, am 25. Februar 1997 DVR.0690392                                                          

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch die 9. Kammer (Vorsitzender: Dr. Bleier, Beisitzer: Mag. Kisch, Berichter: Dr. Leitgeb) über die Berufung des Ing. R K, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Perg vom 8.10.1996, Zl. Ge96-60-1995-Fr/Gut, wegen bertretung des Arbeitnehmerschutzgesetzes iVm der Bauarbeiterschutzverordnung zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis mit der Maßgabe bestätigt, daß der Spruch wie folgt richtig gestellt wird: Zwischen den Satzteilen "Sie haben es" und "als zur Vertretung nach außen berufenes Organ" wird die Wendung "als handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit" eingefügt. Weiters wird im letzten Satz des Spruches der Begriff "Verbauungskante" gestrichen und durch den Begriff "Verbauunterkante" ersetzt.

II. Der Berufungswerber hat einen Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens in Höhe von 20 % der verhängten Strafe, das sind  3.000 S, binnen zwei Wochen ab Zustellung dieses Erkenntnisses bei sonstiger zwangsweiser Einhebung zu entrichten.

Rechtsgrundlage: zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG, BGBl.Nr. 51/1991 idgF iVm §§ 24, 51 Abs.1, 51c und 51e Abs.1 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 - VStG, BGBl.Nr. 52/1991 idgF. zu II.: § 64 Abs.1 und Abs.2 VStG.

Entscheidungsgründe:

Zu I.:

1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis der Bezirks hauptmannschaft Perg vom 8.10.1996 wurde über den nunmehrigen Berufungswerber (im folgenden kurz: Bw) wegen Übertretung des § 51 Abs.4 der Bauarbeiterschutzverordnung, BGBl.Nr. 340/1994 (im folgenden kurz: BauV) gemäß § 130 Abs.1 Z19 ArbeitnehmerInnenschutzgesetz (im folgenden kurz: ASchG) eine Geldstrafe in Höhe von 15.000 S (Ersatz freiheitsstrafe in der Dauer von  acht Tagen) verhängt; gleichzeitig wurde er zum Ersatz der Verfahrenskosten in Höhe von 10% der verhängten Strafe verpflichtet.

Im einzelnen wurde ihm vorgeworfen, es als zur Vertretung nach außen berufenes Organ der Dipl.-Ing. Dr. techn. R K Ges.m.b.H. verantworten zu haben, daß bei der Baustelle "W" der Künettenverbau, welcher sich in der Künette zwischen dem Schacht 4b3b-4b3c befand, nicht so eingebracht war, daß er bis zur Aushubsohle reichte. Zwischen der Verbauungskante (richtig: Verbauunterkante) und der Aushubsohle waren ca. 1,30 m nicht gesichert.

In der Begründung dazu wurde im wesentlichen ausgeführt, daßáder im Spruch bezeichnete Tatbestand von einem Organ des Arbeitsinspektorates für den 12. Aufsichtbezirk im Zuge einer Baustellenkontrolle festgestellt und somit in objektiver Hinsicht als erwiesen anzusehen sei. Nach einer Wiedergabe der maßgeblichen Rechtslage sowie des durchgeführten Ermittlungsverfahrens kam die Erstbehörde zum Ergebnis, daß mit einer Bestrafung vorzugehen war, weil nach den Umständen der Tat eine zumindest grob fahrlässige Handlungsweise zu unterstellen war und das Verschulden nicht als geringfügig angesehen werden konnte. Sodann wurden die Strafbemessungsgründe dargelegt.

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig eingebrachte Berufung vom 16.10.1996, mit der zumindest schlüssig beantragt wird, das angefochtene Straferkenntnis zu beheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen. In der Begründung dazu brachte der Bw vor, daß 1. die Baustelle nicht von ihm persönlich geführt worden sei, sondern von der Firma Dipl.-Ing. R K Bauges.m.b.H.; 2. daß von ihm persönlich ausreichend bei Beginn der Baustelle für die ordnungsgemäße Ausstattung gesorgt worden wäre und 3. daß er deshalb um Strafmilderung ersuche, da von ihm persönlich kein Verschulden vorläge. Überdies bemerkte er, daß sich die Firma durch den Einbruch der Baubranche in finanziellen Schwierigkeiten befinde.

3. Die Bezirkshauptmannschaft Perg hat die Berufung und den zugrundeliegenden Verwaltungsakt dem unabhängigen Ver waltungssenat zur Entscheidung vorgelegt; eine Berufungs vorentscheidung wurde nicht erlassen.

Da aus dem vorgelegten Verwaltungsakt ein ausreichend ermittelter Sachverhalt hervorgeht, war aus verwaltungs ökonomischen Gründen die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung entbehrlich, zumal der Bw im wesentlichen auch nur eine Strafmilderungsbitte vorgebracht hat.

4. Der O.ö. Verwaltungssenat hat erwogen:

4.1. Im Verwaltungsstrafverfahren steht den Parteien gemäß᧠51 Abs.1 VStG das Recht der Berufung an den unabhängigen Verwaltungssenat jenes Landes zu, in dem die Behörde, die den Bescheid erlassen hat, ihren Sitz hat. Daraus ergibt sich die Zuständigkeit des O.ö. Verwaltungs senates.

Die unabhängigen Verwaltungssenate entscheiden gemäß § 51c VStG über Berufungen durch Kammern, die aus drei Mitgliedern bestehen, wenn aber im angefochtenen Bescheid weder eine primäre Freiheitsstrafe noch eine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch eines ihrer Mitglieder.

Da im vorliegenden Verfahren der Bw mit einer Geldstrafe in Höhe von 15.000 S bestraft wurde, war zur Durchführung des Verfahrens die nach der Geschäftsverteilung zuständige Kammer berufen.

4.2. § 51 Abs.4 BauV bestimmt folgendes: "Der Verbau muß ganzflächig direkt an den Künetten- oder Grubenwänden anliegen, bis zur Aushubsohle reichen und eine so dichte Wand bilden, daß durch Fugen oder Stöße keine Gefährdung und Beeinträchtigung der Arbeitnehmer durch durchtretendes Material auftritt. ..." Der Arbeitsinspektor hat bei seiner Überprüfung der gegenständlichen Baustelle am 27.6.1995 festgestellt, daßádie Künette eine Tiefe von 4,50 m hatte und der angebrachte Verbau eine Höhe von 3,20 m. Aus der Differenz ergab sich sohin, daß der Bereich von der Künettensohle bis zur Verbauunterkante ca. 1,30 m betrug, der durch einen Verbau nicht gesichert war. Der Arbeitsinspektor dokumentierte diese Feststellungen durch ein Lichtbild. Diese Feststellung, die dem Bw im Zuge des Ermittlungs verfahrens vorgehalten wurde, wurde von diesem nicht mehr bestritten, nachdem er zuvor im Ermittlungsverfahren behauptet hatte, daß der Abstand maximal 50 cm betragen hätte.

Der Tatbestand ist somit in objektiver Hinsicht als erfüllt anzusehen.

4.3. Der Bw hat die ihm angelastete Verwaltungsübertretung auch in subjektiver Hinsicht zu vertreten:

Es ist dem Firmenbuch zu entnehmen, daß der Bw zum Tat zeitpunkt handelsrechtlicher Geschäftsführer der Dipl.-Ing. Dr. techn. R K Ges.m.b.H. war. Als solcher ist er auch für die Einhaltung der Arbeitnehmerschutzvorschriften verantwortlich, weil er iSd § 9 Abs.1 VStG zur Vertretung dieser Gesellschaft nach außen berufen ist. Daß er diese Verantwortlichkeit iSd § 9 Abs.2 VStG auf eine andere Person übertragen hätte, hat der Bw zum einen im durchgeführten Verfahren nie behauptet, zum anderen wäre eine solche Abtretung erst dann wirksam gewesen, wenn sie zuvor dem Arbeitsinspektorat angezeigt worden wäre (§ 23 Abs.2 Arbeitsinspektionsgesetz).

Die Verantwortlichkeit iSd § 9 Abs.1 VStG bewirkt, daß es Sache des Bw als handelsrechtlicher Geschäftsführer der Dipl.-Ing. Dr. techn. R Ges.m.b.H. gewesen wäre, entsprechende Anweisungen an die Arbeitnehmer, Vorarbeiter, Poliere, Baustellenleiter hinsichtlich der Einhaltung der Arbeitnehmerschutzvorschriften zu geben sowie die Einhaltung dieser Weisungen durch wirksame Maßnahmen zu kontrollieren; dabei reicht eine bloße stichprobenartige Überprüfung nicht aus (siehe hiezu die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zum "Kontrollsystem: VwGH vom 27.1.1995, 94/02/0381 und die dort zitierte Vorjudikatur). Der Bw hat es nicht nur unterlassen, im Verwaltungs strafverfahren sein im Betrieb eingerichtetes diesbe zügliches Kontrollsystem darzulegen, sondern er hat bereits durch seine Berufungsargumentation zweifelsfrei zum Ausdruck gebracht, daß er überhaupt kein Kontrollsystem im Betrieb eingerichtet hat, was eindeutig aus dem ersten Berufungs argument ("Die Baustelle wurde von mir nicht persönlich geführt, sondern von der Firma Dipl.-Ing. R K Ges.m.b.H.") hervorgeht. Auch das zweite Berufungsargument, daß vom Bw persönlich bei Beginn der Baustelle ausreichend für die ordnungsgemäße Ausstattung gesorgt worden sei, konnte für den Standpunkt des Bw nichts gewinnen, weil ihm ja nicht vorgeworfen wurde, daß zu wenig Verbaumaterial auf der Baustelle vorhanden war, sondern vielmehr, daß 1,30 m zwischen Verbauunterkante und Künettensohle nicht gesichert waren.

In Ermangelung eines entsprechenden Kontrollsystems war dem Bw die gegenständliche Verwaltungsübertretung auch hinsichtlich der Verschuldensseite anzulasten.

4.4. Die Überprüfung der Strafbemessung ergab, daß diese entsprechend den Grundsätzen des § 19 VStG vorgenommen wurde.

Den zugegeben angespannten Einkommens- und Vermögensver hältnissen steht gegenüber, daß durch ungenügend gesicherte Künetten immer wieder schwere und schwerste Arbeitsunfälle passieren, die nicht selten zum Tod der verschütteten Arbeitnehmer führen. Es ist  daher als besonders erschwerend anzusehen, daß bei einer 4,5 m tiefen Künette die untersten 1,30 m nicht gesichert waren, obwohl gemäß § 52 Abs.1 BauV bereits nach maximal 25 cm, bei steifen oder halbfesten bindigen Böden nach höchstens 50 cm der Verbau nachzubauen ist. Dadurch wurden Arbeitnehmerschutzinteressen im erheblichen Ausmaß gefährdet, weshalb trotz der oben bereits angesprochenen Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Bw sowie der von ihm behaupteten finanziellen Schwierigkeiten des Betriebes eine Herabsetzung der Strafe nicht in Betracht kommen konnte.

Zu II:

Gemäß § 64 Abs.1 und 2 VStG ist in jeder Entscheidung eines Verwaltungssenates, mit der ein Straferkenntnis bestätigt wird, auszusprechen, daß der Bestrafte einen Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens zu leisten hat, der mit weiteren 20 % der verhängten Strafe zu bemessen ist. Da im vorliegenden Fall eine Geldstrafe in Höhe von 15.000 S verhängt wurde, beträgt der Verfahrenskostenbeitrag für das Berufungsverfahren 3.000 S.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungs gerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Dr. B l e i e r

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