Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-280305/8/SCHI/Km

Linz, 09.02.1998

VwSen-280305/8/SCHI/Km Linz, am 9. Februar 1998 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch seine 6. Kammer (Vorsitzende: Dr. Klempt; Berichter: Dr. Schieferer; Beisitzer: Dr. Fragner) über die Berufung des R I, gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters (Magistrat - Bauwirtschaftsamt als Bezirksverwaltungsbehörde) der Landeshauptstadt Linz vom 28.10.1996, Zl. 502-32/Sta/153/96d, wegen Übertretungen des ArbeitnehmerInnenschutzgesetzes, zu Recht erkannt:

I. Die Berufung gegen die Schuldsprüche zu beiden Fakten wird abgewiesen und diesbezüglich das angefochtene Straferkenntnis mit der Maßgabe bestätigt, daß an Stelle der Wortfolge "in welcher 214 Arbeitnehmer", die Wortfolge "in welcher schwankend zwischen 195 und 206 Arbeitnehmer" zu treten hat.

II. Die verhängten Geldstrafen zu Faktum 1 und 2 werden je auf 20.000 S, die Ersatzfreiheitsstrafen je auf zwei Tage herabgesetzt; dadurch ergibt sich eine Verminderung der erstinstanzlichen Verfahrenskostenbeiträge auf je 2.000 S. Der Rechtsmittelwerber hat für das Berufungsverfahren keine Kostenbeiträge zu leisten.

Rechtsgrundlage: Zu I: § 66 Abs.4 AVG iVm § 24 VStG sowie den§§ 5, 16, 19, 51 Abs.1, 51c, 51d, und 51e Abs.2 VStG 1991, BGBl.Nr. 52 idF BGBl.Nr. 620/1995; § 1 Abs.1, § 2 Abs.1 und Abs.3, § 19 Abs.1, § 73 Abs.1, § 79 Abs.1, § 115 Abs.1 Z1, § 115 Abs.3 erster Satz, § 130 Abs.1 Z27 ASchG. Zu II: §§ 64 und 65 VStG.

Entscheidungsgründe:

Der Bürgermeister der Landeshauptstadt Linz als Bezirksverwaltungsbehörde hat mit dem angefochtenen Straferkenntnis den Rechtsmittelwerber schuldig erkannt, es als handelsrechtlicher Geschäftsführer der N R Gebäudereinigung und Service Ges.mbH., mit dem Sitz in L, welche wiederum persönlich haftende Gesellschafterin der N R Gebäudereinigung und Service Ges.mbH. & CO.KG mit dem Sitz in L, ist und somit als gemäß § 9 VStG zur Vertretung nach außen Berufener der N R Gebäudereinigung und Service Ges.mbH. & CO.KG verantworten zu müssen, daß die o.a. Ges.mbH. & CO.KG in der Zeit von 29.2.1996 bis 22.8.1996 in ihrer Arbeitsstätte in L, in welcher 214 Arbeitnehmer beschäftigt seien, der Verpflichtung 1. Sicherheitsfachkräfte und 2. Arbeitsmediziner zu bestellen, nicht nachgekommen, indem weder Sicherheitsfachkräfte noch ein Arbeitsmediziner bestellt worden seien.

Wegen Verletzung des § 130 Abs.1 Z27 ASchG iVm 1. § 73 Abs.1 leg.cit. 2. § 79 Abs.1 ASchG, wurden dem Beschuldigten in Anwendung des § 130 Abs.1 Einleitungssatz ASchG, Geldstrafen von je 50.000 S und Ersatzfreiheitsstrafen von je 84 Stunden sowie erstinstanzliche Verfahrenskostenbeiträge von 10 Prozent der ausgesprochenen Geldstrafen auferlegt.

Die erste Instanz stützt ihren Schuldspruch auf die Anzeige des Arbeitsinspektorates für den 9. Aufsichtsbezirk vom 2.9.1996 und weist im übrigen darauf hin, daß sich der Beschuldigte im Verfahren erster Instanz - trotz ergangener Aufforderung zur Rechtfertigung - in keiner Weise gerechtfertigt habe, weshalb das Verfahren ohne seine weitere Mitwirkung (§ 42 VStG) durchgeführt werden mußte. Bei der Strafbemessung wurde als mildernd die bisherige Unbescholtenheit des Rechtsmittelwerbers gewertet und als straferschwerend die lange Dauer der Übertretung und der Umstand in Anschlag gebracht, daß die Präventivdienste trotz Aufforderung des Arbeitsinspektorates nicht eingerichtet worden seien, woraus sich eine gleichgültige Einstellung gegenüber den Fragen der Arbeitssicherheit und Unfallverhütung ableite. Weiters wurden spezialpräventive Gesichtspunkte angeführt. Hinsichtlich der Vermögens-, Einkommens- und Familienverhältnisse ging die erste Instanz aufgrund einer unwidersprochen gebliebenen Schätzung von einem monatlichen Nettoeinkommen von 40.000 S bei keinen Sorgepflichten aus.

2. Der Berufungswerber (Bw) hat am 19.11.1996 beim Magistrat Linz mündlich Berufung erhoben, die in einer Niederschrift vom gleichen Tag festgehalten worden ist. Dabei führt der Bw im wesentlichen aus, er sei in der Tatzeit noch handelsrechtlicher Geschäftsführer der "N R Gebäudereinigung und Servic GmbH" gewesen. Er sei seit ungefähr 1983 handelsrechtlicher Geschäftsführer dieser Gesellschaft gewesen und sei nun aus der Firma ausgeschieden. Er sei ab 5.9.1996 dienstfrei gestellt worden und am 16.9.1996 als handelsrechtlicher Geschäftsführer abberufen worden. Aufgrund der internen Geschäftsverteilung sei für die Einhaltung der Arbeitnehmerschutzvorschriften der handelsrechtliche Geschäftsführer P zuständig gewesen. Er habe sämtliche Schreiben des AI Linz, insbesondere betreffend die Bestellung von Sicherheitsfachkräften und Arbeitsmedizinern an Herrn P weitergeleitet. Herr P habe zu ihm gesagt, er werde die Angelegenheit erledigen. Herr P habe jedoch bis zu dem Ausscheiden des Bw weder Sicherheitsfachkräfte noch einen Arbeitsmediziner bestellt. Er habe mitgeteilt, er werde in dieser Angelegenheit Berufung erheben. Der Bw sei sich eigentlich nicht bewußt gewesen, welche Verantwortung er als handelsrechtlicher Geschäftsführer gehabt habe, da er bei jeder Kleinigkeit Herrn P um Erlaubnis habe fragen müssen und keinen eigenen Verantwortungsbereich der Firma gehabt hätte. In seinem Dienstvertrag sei auch die Regelung enthalten gewesen, daß Angestellte, die über 13.000 S monatlich verdienen, nur mit Zustimmung des Herrn P eingestellt werden könnten. Er hätte daher allein weder Sicherheitsfachkräfte noch einen Arbeitsmediziner einstellen können. 3.1. Die Strafbehörde hat keine Berufungsvorentscheidung erlassen, sondern - als nunmehr belangte Behörde - die Berufung samt Strafakt vorgelegt und eine Gegenäußerung zum Berufungsvorbringen erstattet.

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich ist in diesem Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 51 Abs.1 VStG als Berufungsbehörde zuständig und entscheidet gemäß § 51c durch die nach der Geschäftsverteilung zuständige 6. Kammer, weil in den einzelnen Fällen eine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde.

3.2. Gemäß § 15 Abs.6 iVm § 11 Abs.1 ArbIG 1993 sowie § 51e Abs.2 VStG wurde die Berufung dem Arbeitsinspektorat für den 9. Aufsichtsbezirk zur Kenntnis gebracht; dieses gab mit Schreiben vom 23.12.1996 eine Stellungnahme ab, welche mit h. Schreiben vom 9.1.1997 dem Bw zugestellt wurde. Der Bw hat am 14.2.1997 telefonisch ersucht, den Termin für die abschließende Stellungnahme bis April 1997 zu verlängern, was ihm auch gewährt wurde. Der Bw hat jedoch bis heute keine Äußerung mehr erstattet. 3.3. Aufgrund des Umstandes, daß der maßgebliche Sachverhalt unbestritten geblieben ist und sich die Berufung im wesentlichen lediglich auf eine unrichtige rechtliche Beurteilung bezieht, weiters eine mündliche Verhandlung nicht verlangt worden war, war die vorliegende Entscheidung im Sinn des § 51e Abs.2 VStG ohne öffentliche mündliche Verhandlung zu treffen.

3.4. Aufgrund des gegenständlichen strafbaren Sachverhaltes wurden von der belangten Behörde gegen beide handelsrechtliche Geschäftsführer, nämlich dem Bw des gegenständlichen Verfahrens R I und dem Bw des Parallelverfahrens W P (Straferkenntnis vom 28.10.1996, Zl. 502-32/Sta/153/96e) Verwaltungsstrafverfahren durchgeführt. Im Parallelverfahren gegen W P hat dieser durch seinen Rechtsvertreter eine eingehende Berufung erhoben. Aufgrund dieser Berufung wurde vom O.ö. Verwaltungssenat (2. Kammer) am 15. April 1997 eine öffentliche mündliche Verhandlung durchgeführt, in der auch weitere Beweise vorgelegt und erörtert wurden (zB Kundenlisten usw.).

4. Der O.ö. Verwaltungssenat geht von folgendem entscheidungswesentlichen Sachverhalt aus:

4.1. Die N R Gebäudereinigung & Service Ges.mbH. & CO.KG hat ihren Sitz in L, und ist als solche im Firmenbuch des Landesgerichtes Linz protokolliert. Als persönlich haftender Gesellschafter der KG fungiert die N R Gebäudereinigung & Service Ges.mbH. ebenfalls mit dem Sitz in L und ist im Firmenbuch des Landesgerichtes Linz protokolliert. Der Rechtsmittelwerber war zur oben beschriebenen Tatzeit einer der handelsrechtlichen Geschäftsführer dieser Ges.mbH. und war zur selbständigen Vertretung berufen. Gegen einen weiteren handelsrechtlichen Geschäftsführer namens W P wurde wegen eines ähnlichen Tatvorwurfes (wie im vorzitierten Straferkenntnis des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz) ein Straferkenntnis erlassen, welches der O.ö. Verwaltungssenat im Zuge eines Berufungsverfahrens mit Erkenntnis vom 25.9.1997, VwSen-280306/11/GU/Mm, bestätigt hat.

Eine förmliche Einschränkung der verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortung auf einen bestimmten handelsrechtlichen Geschäftsführer oder die Delegation dieser Verantwortung an eine andere Person, welche für den Tatvorwurf einzustehen hätte, lag für den Tatzeitraum nicht vor. 4.2. Im Parallelverfahren VwSen-280306/11/Gu/Mm, wurden im Erkenntnis vom 25.9.1997 folgende weitere Feststellungen getroffen: Den Hauptgegenstand des Unternehmens bilden Dienstleistungen auf dem Gebiet der Reinigung, wobei wiederum die sogenannte Unterhaltsreinigung - im Sinne einer täglichen Innenreinigung von Räumen in Gebäuden - über 90 Prozent des Geschäftsumfanges beträgt. Dementsprechend untergeordnet sind Sonderreinigungen wie Fassadenreinigungen, Fensterreinigungen, fallweise auch Grundreinigungen, Baufeinreinigung und ähnliche Dinge. Am Sitz des Unternehmens in L mit der Geschäftsanschrift K, werden die allgemeinen Verwaltungsarbeiten erledigt, wozu die Vorbereitungsarbeiten für Zeiterfassung, die Führung der Buchhaltung, der Lohnverrechnung und die Ausstellung der Faktura an die Kundschaften zählen und hinsichtlich der Personalverwaltung die Förmlichkeiten bei Abschluß oder Endigung von Dienstverträgen die Meldung bzw. Abmeldung bei der Sozialversicherung, ferner die Ausstellung von Krankenscheinen etc.; ferner laufen die Fäden betreffend die Materialbeschaffung über den dort etablierten Zentraleinkauf zusammen. Naturgemäß geschieht die grundlegende Disposition über die Geschäfte und der Abschluß von Verträgen mit Kundschaften von der Zentrale aus. Räumlich gesehen erstreckt sich das operative Feld der Verwaltung in Linz auf den gesamten Raum in Oberösterreich mit Ausnahme des politischen Bezirkes Braunau, welcher von Salzburg aus betreut wird und schließt auch einen Teil von Niederösterreich - und zwar bis zum Traisenfluß - mit ein. Die östlichen Teile Niederösterreichs werden von Wien aus betreut. In Salzburg und Wien bestehen namensgleiche Unternehmen, welche rechtlich jedoch selbständig agieren.

Die N R Gebäudereinigung & Service Ges.mbH. & CO.KG mit dem Sitz in L, hatte am Stichtag 29.2.1996: 197 Dienstnehmer, am 31.1.1996: 195 Dienstnehmer, am 30.4.1996: 201 Dienstnehmer, am 30.5.1996: 197 Dienstnehmer, am 30.6.1996: 202 Dienstnehmer, am 31.7.1996: 201 Dienstnehmer und am 28.8.1996: 206 Dienstnehmer für den Standort L, zur Pflichtversicherung gemeldet.

Von diesen Dienstnehmern waren am 29.2.1996, 17 Dienstnehmer bei der BMW-Motoren Ges.mbH. in S, 10 Dienstnehmer bei der SCA L, 6 Dienstnehmer bei der NÖ. Landesregierung, 3 Dienstnehmer beim BG K, 10 Dienstnehmer beim BRG L, weitere 10 Dienstnehmer auf der U, 7 Dienstnehmer im Seniorenheim B, 11 Dienstnehmer im Seniorenheim L, 6 Dienstnehmer in der Landessonderschule L, 5 Dienstnehmer beim Arbeitsamt W, 2 Dienstnehmer im Wagner-Jauregg Krankenhaus L, 4 Dienstnehmer bei der Fa. H, 3 Dienstnehmer bei der Fa. L, 11 Dienstnehmer in der HTBLA-W, 2 Dienstnehmer in der HBLA-W, 2 Dienstnehmer im BRG V, weitere 2 Dienstnehmer bei der HTBLA V, 3 Dienstnehmer bei der Fa. I, 2 Dienstnehmer bei der G, 3 Dienstnehmer bei der Fa. O, 2 Dienstnehmer im Fernmeldebetriebsamt und weitere 2 Dienstnehmer bei der N mit Reinigungsarbeiten im Einsatz. Die Dienstnehmer der KG sind teils Arbeiter teils Angestellte, letztere insbesondere in der Verwaltung und im technischen Dienst. Die Arbeiter werden laut Kollektivvertrag besoldet und zwar entsprechend der Verwendung nach jenem der Denkmal- und Fassadenreiniger und der Gebäudereiniger. An der Spitze der Unterhaltsreinigung, die das Hauptgeschäft des Unternehmens darstellt, steht ein technischer Betriebsleiter. In weiterer Gliederung sind Objektleiter bestellt. Bis zu dieser Stufe stehen die verwendeten Personen im Angestelltenverhältnis. Bei größeren Kunden, das heißt, wenn zu Reinigungsarbeiten zahlreiche Dienstnehmer beschäftigt werden, gibt es vor Ort einen Objektleiter. Es bestehen aber auch Objektleiter, denen mehrere Objekte zugleich unterstehen. Bei einer geringeren Zahl von vor Ort Beschäftigten geschieht es auch, daß bloß eine Vorarbeiterin tätig ist. Ist ein(e) einzelne(r) Beschäftigte(r) tätig, dann untersteht sie (er) einem bestimmten Objektleiter, der mehrere dieser einzeltätigen Dienstnehmer betreut. Bereits die Vorarbeiterin und nicht nur der Objektleiter ist dazu berufen die Qualitätskontrolle durchzuführen, die Zeiterfassung der beschäftigten Dienstnehmer vorzunehmen, Material zu disponieren und zwar Materialeinsatzmenge und Nachbestellung vorzunehmen (dies allerdings im Wege über den Zentraleinkauf - die Auslieferung der Ware erfolgt z.B. zum Reinigungsobjekt BMW Steyr direkt nach Steyr) und den Kundenkontakt zu pflegen. Der Vorarbeiterin steht auch die Personaldisposition der ihr unterstellten Arbeiter bzw. Arbeiterinnen zu. Der Objektleiter ist in der Praxis das Bindeglied zwischen Unternehmensführung und dem am Ort der Tätigkeit vorhandenen Personal.

In der Regel werden jene Dienstnehmer und Dienstnehmerinnen die, wie vorhin erwähnt, in den Gebieten disloziert arbeiten und praktisch ansonsten keinen Kontakt zur Zentrale haben, aus der Umgebung des in Aussicht genommenen Wirkens rekrutiert und von der Vorarbeiterin oder dem Objektleiter aufgenommen. Die Anmeldung mit Formblatt bei der Gebietskrankenkasse erfolgt dann über die Zentrale in Linz. Die Vorarbeiterinnen sind vom Unternehmen geschult und besitzen demnach die Anwendungstechnik für den richtigen Einsatz von Reinigungsmittel und Reinigungsgeräten. Dies betrifft auch das Tragen der Schutzkleidung. Bezüglich der Außenreinigung sind die entsprechenden Dienstnehmer auf das Tragen von Schutzhelmen, Schutzausrüstung, Schutzkleidung und Sicherheitsgurten belehrt und kontrolliert. Wenngleich bei der dislozierten Tätigkeit eine gewisse Ähnlichkeit mit überlassenen Arbeitnehmern vorliegt, weil ja die Reinigungsarbeiten angepaßt an die örtlichen Verhältnisse und an die Wünsche des Kunden - insbesonders was den zeitlichen Ablauf anlangt - geschieht, liegt eine Überlassung von Dienstnehmern nicht vor, weil die Weisungsbefugnisse und alle sonstigen wesentlichen Merkmale des Dienstverhältnisses vom Unternehmen der N R Gebäudereinigung und Service Ges.mbH. & CO.KG gesteuert werden. Je nach Dienstnehmerstand steht dem Reinigungspersonal von den Auftraggebern eine Räumlichkeit zur Verfügung, welche nicht nur für die Aufbewahrung der Reinigungsgeräte und Reinigungsmittel Platz bietet, sondern wo auch Schreibwaren und Schreibgeräte sowie Sitzmöglichkeiten untergebracht werden können. Die Gespräche mit der Zentrale in Linz fernmündlicher Art werden, sei es über Handy, sei es über öffentliche Einrichtungen, sei es unter Mitbenützung der Fernmeldeeinrichtung des Kunden, abgewickelt. Krankenscheine werden von der Vorarbeiterin aus Linz angefordert. Ab acht Dienstnehmern ist die Vorarbeiterin faktisch nur mehr in Verwaltung und Organisation tätig. Bei bloß drei Dienstnehmern arbeitet sie noch teilweise mit, wobei der Verwaltungsanteil der Vorarbeiterinnen gerade in Urlaubszeiten oder bei Witterungsschwankungen (starke Verschmutzungen) und sonstigen Engpässen in der Personalsituation, oft sehr unterschiedlich ist. Objektleiter, denen die Aufsicht über Reinigungsobjekte bei nur wenig oder nur einzeln tätigen Personen obliegt, haben einen Schreibtisch im Büro der Zentrale in Linz und fahren dann häufig zur Kontrolle und zur Wahrnehmung der ihnen übertragenen Aufgaben die Reinigungsobjekte an. Über den Personalstand kann ein Objektleiter bzw. ein Vorarbeiter vor Ort nicht entscheiden. Dies ist grundsätzlich durch den Vertrag mit dem Vertragspartner bestimmt, worin die Anzahl der Arbeitsstunden und zum Teil auch die Anzahl der zum Einsatz kommenden Personen geregelt ist. Nur in diesem Rahmen ist der Objektleiter bzw. der Vorarbeiter befugt Personal einzustellen bzw. zu ersetzen.

Wenn sich für ein bestimmtes Objekt niemand findet oder in einer entfernten Region ein Kunde gewonnen werden soll und noch kein Stützpunkt besteht, wird in dieser Region geworben und ein Objektleiter begibt sich hinaus, um das Personal anzusehen und es aufzunehmen. 5. Der O.ö. Verwaltungssenat hat erwogen:

5.1. Zur Verantwortlichkeit:

Gemäß § 9 Abs.1 VStG ist für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften durch juristische Personen oder Personengemeinschaften ohne Rechtspersönlichkeit (um eine solche handelt es sich bei der in Rede stehenden KG), sofern die Verwaltungsvorschriften nichts anderes bestimmen und soweit nicht verantwortliche Beauftragte (Abs.2) bestellt sind, strafrechtlich verantwortlich, wer zur Vertretung nach außen berufen ist. Das ASchG bestimmt nichts besonderes über die verwaltungsstrafrechtliche Verantwortung. Die zur Vertretung nach außen Berufene ist im gegenständlichen Fall die N R Gebäudereinigung & Service Ges.mbH., welche wiederum vom zwischenzeitig verstorbenen E H, W P und dem gegenständlich Beschuldigten R I als handelsrechtliche Geschäftsführer vertreten wurde. Gemäß § 9 Abs.2 VStG sind die zur Vertretung nach außen Berufenen berechtigt, aus ihrem Kreise eine oder mehrere Personen als verantwortliche Beauftragte zu bestellen, denen für das ganze Unternehmen oder für bestimmte räumlich oder sachlich abgegrenzte Bereiche des Unternehmens die Verantwortung für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften obliegt.

Für bestimmte räumlich oder sachlich abgegrenzte Bereiche des Unternehmens können aber auch andere Personen zu verantwortlichen Beauftragten bestellt werden. Eine förmliche Bestellung einer bestimmten Person aus dem Kreise der Geschäftsführer, welche für die zum Vorwurf gemachte Tat die Verantwortung tragen müsse, liegt nicht vor. Auch die Bestellung einer anderen Person zum verantwortlichen Beauftragten für die Einhaltung der in Rede stehenden Verwaltungsvorschriften wurde nicht nachgewiesen. Das bloße Innenverhältnis, welches ohnedies nicht eindeutig ist, weil Pürstinger und der Beschuldigte einander wechselseitig die Verantwortung zuschieben, vermochte, weil keine förmliche Delegation der Verantwortung auf Pürstinger vorliegt, den Rechtsmittelwerber aus der verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortung nicht zu entlasten. Der Rechtsmittelwerber hat für die Unterlassung als außenvertretungsbefugtes Organ voll miteinzustehen, auch wenn er de facto (angeblich) kaum entscheidungsbefugt war und um jede "Kleinigkeit" Herrn P fragen mußte.

5.2. Gemäß § 73 Abs.1 ASchG haben Arbeitgeber Sicherheitsfachkräfte zu bestellen. Diese Verpflichtung kann erfüllt werden: 1. Durch Beschäftigung von Sicherheitsfachkräften im Rahmen eines Arbeits- verhältnisses (betriebseigene Sicherheitsfachkräfte) oder 2. durch Inanspruchnahme externer Sicherheitsfachkräfte oder 3. durch Inanspruchnahme eines sicherheitstechnischen Zentrums.

Gemäß § 79 Abs.1 AnSchG haben Arbeitgeber Arbeitsmediziner zu bestellen. Die Verpflichtung kann erfüllt werden: 1. Durch Beschäftigung von geeigneten Ärzten im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses (betriebseigene Arbeitsmediziner) oder 2. durch Inanspruchnahme externer Arbeitsmediziner oder 3. durch Inanspruchnahme eines bewilligten arbeitsmedizinischen Zentrums.

Gemäß § 115 Abs.1 ASchG tritt für Arbeitsstätten, in denen ein Arbeitgeber regelmäßig bis zu 250 Arbeitnehmer beschäftigt, die Verpflichtung zur Bestellung von Sicherheitsfachkräften und Arbeitsmedizinern nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen in Kraft: 1. Für Arbeitsstätten in denen regelmäßig 151 bis 250 Arbeitnehmer beschäftigt werden mit 1. Jänner 1996. 2. Für Arbeitsstätten in denen regelmäßig 101 bis 150 Arbeitnehmer beschäftigt werden mit 1. Jänner 1997. 3. - 5. ...

Gemäß § 115 Abs.3 ASchG sind Arbeitnehmer, die auf Baustellen oder auswärtigen Arbeitsstellen beschäftigt werden, bei der Ermittlung der Beschäftigtenzahlen nach Abs.1 und 2 jener Arbeitsstätte zuzurechnen, der sie organisatorisch zugehören, im Zweifel dem Unternehmenssitz. Dies gilt nicht für Arbeitnehmer auf Baustellen für die eine gesonderte, diesem Bundesgesetz entsprechende sicherheitstechnische und arbeitsmedizinische Betreuung eingerichtet ist.

Gemäß § 130 Abs.1 Z27 ASchG begeht eine Verwaltungsübertretung die mit Geldstrafe von 2.000 S bis 100.000 S, im Wiederholungsfall mit Geldstrafe von 4.000 S bis 200.000 S zu bestrafen ist, wer als Arbeitgeber entgegen diesem Bundesgesetz oder den zu erlassenen Verordnungen die Verpflichtung zur Bestellung oder zur Beiziehung von Sicherheitsfachkräften oder von Arbeitsmedizinern verletzt, sie nicht im erforderlichen Ausmaß beschäftigt, ihnen die erforderlichen Informationen und Unterlagen nicht zur Verfügung stellt, oder nicht dafür sorgt, daß sie ihre gesetzlichen Aufgaben erfüllen.

5.3. Im Parallelverfahren wurde aufgrund der Einwendungen in der Berufung dahingehend, ob die Vorschriften über die Präventivdienste auf Reinigungsunternehmen überhaupt anzuwenden seien, ob die durchgeführten Reinigungsarbeiten nicht unter dem Begriff "Baustellen" fielen, für die gesonderte, dem ASchG entsprechende sicherheitstechnische und arbeitsmedizinische Betreuungen eingerichtet seien und darum bei der Ermittlung der Beschäftigtenzahl nicht mitzurechnen seien im h. Erkenntnis vom 25.9.1997, VwSen-280306/11/Gu/Mm, eingehende Ausführungen gemacht. Der Bw hat zwar in seinem Rechtsmittel keinerlei diesbezügliche Einwendungen erhoben; dennoch sei - zur Wahrung des objektiven Rechts - darauf hingewiesen, daß sich aus den Sachverhaltsfeststellungen in Verbindung mit der Rechtslage, wonach das ASchG außer den Begriffen Arbeitsstätten, Baustellen oder auswärtige Arbeitsstellen keine weiteren diesbezüglichen Begriffe kennt, ergibt, daß die Erstinstanz es als zutreffend angesehen hat, daß es sich bei den Reinigungsarbeiten - da die Eigenschaften als Baustellen und selbständige Arbeitsstellen nicht vorliegen - um auswärtige Arbeitsstellen des Reinigungsunternehmens handelte. Zufolge der Zweifelsregelung in § 115 Abs.3 ASchG waren daher die in der Zeit zwischen 29.2.1996 und 28.8.1996 von der KG beschäftigten Personen, welche bei der O.ö. Gebietskrankenkasse für das in Linz niedergelassene Unternehmen zur Pflichtversicherung angemeldet waren, zum Unternehmenssitz zur Ermittlung der Beschäftigtenanzahl zuzurechnen. Hinsichtlich der näheren Begründung wird auf das schon mehrfach zitierte Erkenntnis des O.ö. Verwaltungssenates vom 25.9.1997 verwiesen. Daß für den vorgeworfenen Zeitraum keine Sicherheitskräfte und keine Arbeitsmediziner bestellt waren, wurde nicht bestritten. Somit erscheint der Tatbestand in objektiver Hinsicht als verwirklicht. 6. Zum Verschulden:

6.1. Gemäß § 5 Abs.1 VStG genügt, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nichts anderes bestimmt, zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandlung gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, daß ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft. Gemäß § 5 Abs.2 VStG entschuldigt Unkenntnis der Verwaltungsvorschrift, der der Täter zuwidergehandelt hat nur dann, wenn sie erwiesenermaßen unverschuldet ist und der Täter das Unerlaubte seines Verhaltens ohne Kenntnis der Verwaltungsvorschrift nicht einsehen konnte.

6.2. Nachdem der Verwaltungsgerichtshof bei Reinigungspersonal es als gegeben angenommen hat, daß für einen erheblichen Teil der Arbeitnehmer eine besondere Gefährdung besteht, zumal eine Verletzungsgefahr der Haut und Augen besteht (vergl. VwGH 28.7.1995, 95/02/0191), hätte ein maßgerechter außenvertretungsbefugter handelsrechtlicher Geschäftsführer die Zeit für die Einführung der Präventivdienste nicht ungenutzt verstreichen lassen dürfen, um sich der Sache zu entziehen, sondern hätte eine erstrebenswerte Koordination mit den ständigen Vertragspartnern gesucht und gefunden, um unter Vermeidung langwieriger Anfahrts- und Wegezeiten - allenfalls unter Beteiligung an den maßgeblichen Kosten auch das Reinigungspersonal vor Ort unter die entsprechende Vorsorge zu stellen. Das Schleifenlassen der Dinge, bzw. insbesondere Einstellung, wonach der weitere handelsrechtliche GF ohnehin dafür sorgen werde/müsse, bedeutete kein geringgewichtiges Verschulden.

7. Nachdem die objektive und subjektive Tatseite als erwiesen zu erachten ist, war bei der Strafbemessung zu bedenken:

7.1. Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Gemäß § 19 Abs.2 VStG sind im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

7.2. Der Strafrahmen beträgt, wie bereits dargetan, in Geld von 2.000 S bis 100.000 S.

7.3. Folgen der Tat sind für die Verwirklichung des Tatbestandes nicht erforderlich. Sie sind im gegenständlichen Fall aber auch nicht erwiesen. Daß ein gewisser Präventivdienst, welcher von den Sicherheitsvertrauenspersonen gewährleistet werden muß, ohnedies funktioniert hat, ist nicht widerlegt. Dies ließ den Unrechtsgehalt nicht so massiv erscheinen, daß selbst, wenn man das Verschulden nicht als gering erachtet und daher ein Absehen von einer Bestrafung nicht in Frage kam, trotz Unbescholtenheit die Hälfte des Strafrahmens hätte ausgeschöpft werden müssen, um den Rechtsmittelwerber zur Nachholung des Fehlenden zu veranlassen.

7.4. Andererseits muß das Einkommen des Beschuldigten (40.000 S monatlich) als wesentlich über dem Durchschnitt liegend bezeichnet werden. Alles in allem erachtet der O.ö. Verwaltungssenat Geldstrafen von je 20.000 S als hinreichend und zweckdienlich, um alle Strafzwecke zu befriedigen und geeignet, daß der Beschuldigte - da er zwischenzeitlich aus dem ggst. Unternehmen ausgeschieden ist - falls er in Hinkunft in einem anderen Unternehmen eine vergleichbare Stellung bekleidet, von weiteren gleichartigen Verwaltungsübertretungen abgehalten wird und sich dabei der Verantwortung einer derartigen Position mehr bewußt ist. Besondere Erschwerungsgründe sind auch im Berufungsverfahren nicht hervorgekommen.

8. Aufgrund des Teilerfolges der Berufung befreite dies den Rechtsmittelwerber von der Pflicht zur Leistung von Verfahrenskostenbeiträgen für das Berufungsverfahren (§ 65 VStG).

Rechtsmittelbelehrung: Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis: Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S zu entrichten.

Dr. Klempt

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