Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-280311/6/Kl/Rd

Linz, 21.02.1997

VwSen-280311/6/Kl/Rd Linz, am 21. Februar 1997 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch das Mitglied Dr. Klempt über die Berufung des FW, vertreten durch RAe, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land vom 28.10.1996, Ge96-260-1994-KM/BMC, wegen einer Verwaltungsübertretung nach dem Arbeitszeitgesetz zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

II. Es entfällt die Verpflichtung zur Leistung von Verfahrenskostenbeiträgen.

Rechtsgrundlagen:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 44a, 45 Abs.1 Z3 und 51 VStG iVm § 26 Abs.1 und 6 AZG, BGBl.Nr. 461/1969 idF BGBl.Nr.

446/1994.

zu II.: § 66 Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land vom 28.10.1996, Ge96-260-1994-KM/BMC, wurde über den Berufungswerber (Bw) eine Geldstrafe von 3.000 S, Ersatz freiheitsstrafe von 12 Stunden, wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 26 Abs.1 und Abs.6 AZG verhängt, weil er als handelsrechtlicher Geschäftsführer der persönlich haftenden Gesellschafterin "H H GesmbH" der Kommanditgesellschaft "H KG" mit Sitz in S (Zweigniederlassung S) und somit als zur Vertretung nach außen berufenes Organ (§ 9 VStG, BGBl.Nr. 52/1991 idgF) und Arbeitgeber gemäß § 26(1) AZG, BGBl.Nr. 461/1969 idgF zu verantworten hat, daß - festgestellt am 14.10.1994 anläßlich einer Kontrolle (Arbeitsinspektorat für den 5.

Aufsichtsbezirk in Wien) der weiteren Betriebsstätte (Filiale) der Fa. H KG in T - folgende Übertretungen des AZG begangen wurden:

Für die Filialleiterin Frau G und für die Filialleiterinstellvertreterin Frau J konnten keine Arbeitszeitaufzeichnungen iSd § 26 AZG vorgelegt werden.

Gemäß § 26 Abs.1 AZG hat der Arbeitgeber zur Überwachung der Einhaltung der im AZG geregelten Angelegenheiten in der Betriebsstätte Aufzeichnungen über die geleisteten Arbeitsstunden zu führen.

Um eine Kontrolle der Einhaltung der Bestimmungen des AZG zu ermöglichen, müssen aus diesen Aufzeichnungen für jeden einzelnen Arbeitnehmer - die Dauer der Tages- und Wochenarbeitszeit - die Lage der Tagesarbeitszeit - die Dauer und Lage der Ruhepausen - die Überstunden ersichtlich sein.

2. Dagegen wurde fristgerecht Berufung eingebracht und darin die Bestellung von verantwortlichen Beauftragten bzw. der Einsatz von Bevollmächtigten vorgebracht und daher die Verantwortung des Bw bestritten. Auch stützte sich die Berufung auf die Eigenschaft als leitende Angestellte iSd AZG für die Filialleiterin und deren Stellvertreterin.

3. Die BH Wels-Land als belangte Behörde hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt.

Der O.ö. Verwaltungssenat hat iSd ArbIG das Arbeitsinspektorat für den 5. Aufsichtsbezirk am Verfahren beteiligt, welches auf die Judikatur des VwGH hinwies.

4. Der O.ö. Verwaltungssenat hat Einsicht in den vorgelegten Verwaltungsstrafakt genommen. Da bereits aus der Aktenlage ersichtlich war, daß das Straferkenntnis aufzuheben war, war eine öffentliche mündliche Verhandlung gemäß § 51e Abs.1 VStG nicht anzuberaumen.

5. Der O.ö. Verwaltungssenat hat erwogen:

5.1. Gemäß § 26 Abs.1 Arbeitszeitgesetz, BGBl.Nr. 461/1969 idF BGBl.Nr. 446/1994, (gemäß § 1 Abs.1 VStG ist die zum Tatzeitpunkt geltende Fassung zur rechtlichen Beurteilung heranzuziehen) - AZG, hat der Arbeitgeber zur Überwachung der Einhaltung der in diesem Bundesgesetz geregelten Angelegenheiten in der Betriebsstätte Aufzeichnungen über die geleisteten Arbeitsstunden zu führen.

Gemäß § 26 Abs.6 leg.cit. haben die Arbeitgeber dem Arbeitsinspektorat die erforderlichen Auskünfte zu erteilen, und auf Verlangen Einsicht in die Aufzeichnungen über die geleisteten Arbeitsstunden zu geben.

Gemäß § 28 Abs.1 Z5 leg.cit. sind Arbeitgeber und deren Bevollmächtigte, die die Aufzeichnungspflichten gemäß § 26 Abs.1, 2, 4 oder 5 oder die Auskunfts- und Einsichtspflichten gemäß § 26 Abs.6 verletzen, sofern die Tat nicht nach anderen Vorschriften einer strengeren Strafe unterliegen, von der Bezirksverwaltungsbehörde mit einer Geldstrafe von 300 S bis 6.000 S zu bestrafen.

5.2. Gemäß § 44a Z1 VStG hat der Spruch eines Straferkenntnisses, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten. Danach ist es rechtlich geboten, die Tat hinsichtlich des Täters und der Tatumstände so genau zu umschreiben, daß 1) die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale ermöglicht wird und 2) die Identität der Tat (zB nach Ort und Zeit) unverwechselbar feststeht. Was den vorstehenden Punkt 1) anlangt, sind entsprechende, dh, in Beziehung zum vorgeworfenen Straftatbestand stehende wörtliche Anführungen erforderlich, die nicht etwa durch bloße paragraphenmäßige Zitierung von Gebots- oder Verbotsnormen ersetzt werden können. Was den vorstehenden Punkt 2) anlangt (unverwechselbares Festhalten der Identität der Tat) muß im Spruch des Straferkenntnisses dem Beschuldigten die Tat insoweit in konkretisierter Umschreibung zum Vorwurf gemacht werden, daß er in die Lage versetzt wird, im ordentlichen Verwaltungsstrafverfahren und gegebenenfalls im außerordentlichen Verfahren auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen, und es muß ferner der Spruch geeignet sein, den Beschuldigten rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden.

Gemäß § 31 Abs.1 und 2 VStG ist die Verfolgung einer Person unzulässig, wenn gegen sie binnen der Verjährungsfrist von sechs Monaten von der Behörde keine Verfolgungshandlung vorgenommen worden ist. Verfolgungshandlung iSd § 32 Abs.2 VStG ist jede von einer Behörde gegen eine bestimmte Person als Beschuldigten gerichtete Amtshandlung.

Es muß daher die Tat unter Anführung aller wesentlicher Tatbestandsmerkmale dem Beschuldigten innerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist vorgeworfen werden. Eine Umschreibung der Tatbestandsmerkmale lediglich in der Bescheidbegründung reicht im Bereich des Verwaltungsstrafrechtes nicht aus (vgl. Hauer-Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, Seite 937 ff).

Diesen Anforderungen wird aus nachstehenden Gründen nicht entsprochen:

Sowohl in der Strafverfügung vom 30.1.1995 als erster und einziger Verfolgungshandlung innerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist sowie auch im Spruch des nunmehrigen Straferkenntnisses ist als einzige Zeitangabe der Tag der Kontrolle, nämlich der 14.10.1994, angeführt.

Weitere Zeitangaben befinden sich im Tatvorwurf nicht.

Es fehlt daher dem Spruch des Straferkenntnisses der Tatzeitraum, für welchen keine Aufzeichnungen der Arbeitsstunden geführt wurden. Andererseits kann aber aus dem Vorwurf nicht geschlossen werden, daß am Kontrolltag, dem 14.10.1994, keine Aufzeichnungen erfolgten, weil dieser Tag noch nicht abgeschlossen war und daher noch keine Aufzeichnungen vorliegen mußten. Auch ist denkbar, daß am Kontrolltag ein vorausgegangener Zeitraum kontrolliert wurde, nicht aber dieser Tag selbst. Dies ist angesichts weiterer beim O.ö. Verwaltungssenat anhängiger, gleichgelagerter Strafverfahren offensichtlich nicht von der Hand zu weisen.

Weil aber von der Angabe der Tatzeit die Identität der Tat abhängt und diese auch für die Berechnung der Verjährungsfristen maßgeblich ist, fehlte es schon aus diesem Grund an der erforderlichen Konkretisierung.

Zur Umschreibung der Tathandlung ist jedoch auszuführen, daß diese iSd obigen Ausführungen so eindeutig zu fassen ist, daß der Täter davor geschützt wird, kein zweites Mal wegen derselben Tat zur Verantwortung gezogen zu werden, und daß es ihm ermöglicht wird, sich hinsichtlich der Tat durch ein Vorbringen und geeignete Beweismittel zu verteidigen. Genau diesen Anforderungen ist aber die belangte Behörde mit ihrer Spruchfassung nicht nachgekommen. Es kann nämlich iSd eingangs zitierten Bestimmungen nicht entnommen werden, ob dem Bw das "Nichtführen von Aufzeichnungen" (wohl gemeint in einem bestimmten Zeitraum, welcher aber nicht konkretisiert wurde) iSd § 26 Abs.1 AZG oder das "Nichterteilen von Auskünften" oder das "Nichtgeben der Einsicht in die Aufzeichnungen" iSd § 26 Abs.6 AZG vorgeworfen wird. Aus der spruchgemäßen Umschreibung "... konnten keine Arbeitszeitaufzeichnungen ... vorgelegt werden" kann jedenfalls nicht entnommen werden, welche Tat vorgeworfen werden soll. Auch wurde dann bei der verletzten Rechtsvorschrift sowohl § 26 Abs.1 als auch § 26 Abs.6 AZG zitiert.

Jedes der genannten Verhalten bildet aber einen gesonderten Straftatbestand nach § 28 Abs.1 Z5 AZG, weshalb iSd ständigen Judikatur des VwGH der Vorwurf von Alternativtatbeständen rechtswidrig ist.

Da aber innerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist eine nach Tatzeit und Tathandlung konkretisierte Verfolgungshandlung nicht gesetzt wurde, konnte eine Korrektur durch den O.ö.

Verwaltungssenat nicht vorgenommen werden und war daher aus diesem Grunde das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

6. Bei diesem Verfahrensergebnis waren keine Verfahrenskostenbeiträge vorzuschreiben (§ 66 Abs.1 VStG).

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Dr. K l e m p t

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