Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-280330/4/Le/Ha

Linz, 28.08.1997

VwSen-280330/4/Le/Ha Linz, am 28.August 1997 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Leitgeb über die Berufung des Gerhard K, L, K gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Freistadt vom 21.1.1997, Ge96-55-1996-Gat, wegen Übertretungen des Arbeitszeitgesetzes iVm der Verordnung (EWG) Nr. 3820/85 zu Recht erkannt:

Der Berufung wird Folge gegeben; das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

Es entfällt die Verpflichtung zur Leistung jeglicher Verfahrenskostenbeiträge.

Rechtsgrundlage: Zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG, BGBl.Nr. 51/1991, iVm §§ 24, 44a, 45 Abs.1 Z1, 51 Abs.1, 51c und 51e Verwaltungsstrafgesetz 1991 - VStG, BGBl.Nr. 52 idgF. Zu II.: § 66 Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

Zu I.:

1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Freistadt vom 21.1.1997 wurde über den nunmehrigen Berufungswerber (im folgenden kurz: Bw) wegen Übertretungen des § 28 iVm anderen Bestimmungen des Arbeitszeitgesetzes und der Verordnung (EWG) Nr. 3820/85 drei Geldstrafen in Höhe von je 3.000 S (Ersatzfreiheitsstrafen in der Dauer von je drei Tagen) verhängt; gleichzeitig wurde er zum Ersatz der Verfahrenskosten in Höhe von 10 % der verhängten Strafe verpflichtet.

Im einzelnen wurde ihm vorgeworfen, er habe es als gemäß § 9 VStG verantwortlicher Geschäftsführer der K Transport Ges.m.b.H & Co.KG zu vertreten, daß der Lenker Johannes F mit dem LKW a) am 5.5.1995 die gesetzlich zulässige Lenkzeit überschritten habe (Lenkzeit ca. 14 Stunden und 10 Minuten, und b) am 5.5.1995 die gesetzlich vorgeschriebenen Lenkpausen nicht einhalten konnte und c) vom 5.5.1995 auf 6.5.1996 die gesetzlich vorgeschriebene tägliche Ruhezeit nicht einhalten konnte. (Anmerkung: die Jahreszahlen beziehen sich in Wahrheit jeweils auf das Jahr 1996!).

In der Begründung dazu wurde nach einer Darlegung der Rechtslage und der Verschuldensvermutung des § 5 Abs.1 VStG die Rechtfertigung des Beschuldigten wiedergegeben. Dem wurde die Aussage des Zeugen Johannes F entgegengehalten und daraus der Schluß gezogen, daß der Beschuldigte nicht glaubhaft machen konnte, daß ihn hinsichtlich der Verletzung der Verwaltungsvorschriften kein Verschulden treffe. Rechtswidrigkeit sei aufgrund der Ausführungen in der Anzeige des Arbeitsinspektorates Linz (Anmerkung: die jedoch nicht näher dargelegt wurden) als erwiesen anzunehmen. Sodann legte die Erstbehörde die Gründe der Strafbemessung dar.

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig eingebrachte Berufung vom 30.1.1997, mit der beantragt wird, das angefochtene Straferkenntnis zu beheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen. In der Begründung verwies der nunmehrige Bw darauf, daß Herr Johannes F als Berufskraftfahrer tätig war und somit über die Lenk- und Ruhezeiten Bescheid wissen mußte. Zu den Aussagen des Herrn F merkte er an, daß dieser durch die Entlassung sauer sei und er ihm daher etwas anhängen wolle. (Die weiteren Ausführungen kritisieren die Gesetzgebung hinsichtlich der Einhaltung der Arbeitszeitvorschriften und die Verantwortung des Arbeitgebers dafür).

3.1. Die Bezirkshauptmannschaft Freistadt hat die Berufung und den zugrun-deliegenden Verwaltungsakt dem unabhängigen Verwaltungssenat zur Entschei-dung vorgelegt; eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen.

3.2. Aus dem vorgelegten Verwaltungsakt ist der für die spruchgemäße Entscheidung maßgebliche Sachverhalt einwandfrei ersichtlich, sodaß eine öffentliche mündliche Verhandlung entfallen konnte.

3.3. Der Anzeige des Arbeitsinspektorates vom 5.6.1996 liegen die Kopien der am 8.5.1996 vom Landesgendarmeriekommando für Oberösterreich, Verkehrsabteilung, abgenommenen Schaublätter zugrunde. Das linke Schaublatt wurde mit dem Namen "F Johannes" ausgefüllt; Abfahrts- und Zielort wurden nicht eingetragen. Als Datum wurde 5.5.1996 und 6.5.1996 eingetragen, das Kennzeichen des Fahrzeuges wurde mit angegeben. Der Anfangskilometerstand wurde mit 381.182 eingetragen, der Endkilometerstand mit 381.417. Auf der zweiten Diagrammscheibe (= das rechte Schaublatt auf der Kopie) wurde der Name mit "F" eingetragen, der Abfahrtsort als "Halamki"; der Zielort wurde nicht eingetragen. Als Datum findet sich der Vermerk "5.5.1996" und "6.5.1996". Als Kennzeichen wurde eingetragen. Der Anfangskilometerstand wurde mit 381.417, der Endkilometerstand mit 382.117 eingetragen. Die erste Scheibe wurde nach den vom Kontrollgerät auf den Schaublättern vorgenommenen Eintragungen in der Zeit zwischen 9.00 Uhr bis 14.50 Uhr (mit einigen Unterbrechungen) verwendet; das zweite Schaublatt wurde lt. diesen automatischen Aufzeichnungen in der Zeit zwischen 9.00 Uhr und 21.20 Uhr (mit einigen Unterbrechungen) verwendet.

Daraus folgt, daß beide Schaublätter am 5.5.1996 bis 6.5.1996 in der Zeit zwischen 9.00 Uhr bis 14.50 gleichzeitig beschriftet wurden.

4. Hierüber hat der O.ö. Verwaltungssenat erwogen:

4.1. Im Verwaltungsstrafverfahren steht den Parteien gemäß § 51 Abs.1 VStG das Recht der Berufung an den unabhängigen Verwaltungssenat jenes Landes zu, in dem die Behörde, die den Bescheid erlassen hat, ihren Sitz hat. Daraus ergibt sich die Zuständigkeit des O.ö. Verwaltungssenates.

4.2. Wie aus den unter 3.3. beschriebenen Schaublättern ersichtlich ist, stammen beide von Herrn F und wurden lt. händischen Eintragungen beide vom 5.5. bis 6.5.1996 verwendet. Die vom Kontrollgerät vorgenommenen Eintragungen, nämlich Strecken-, Balken- und Rüttelschrieb, beginnen bei beiden Scheiben jeweils um 9.00 Uhr (vormittags). Auf der einen Scheibe (die auf der der Anzeige beigelegten Kopie links abgedruckt ist) enden die Aufzeichnungen um 14.50, während auf der zweiten Scheibe diese Aufzeichnungen erst um 21.20 enden; auf dieser Scheibe ist dann noch die Ruhezeit aufgezeichnet, was bei der ersten Scheibe fehlt.

Es ist technisch unmöglich, daß in einem einzigen Kontrollgerät gleichzeitig zwei Scheiben beschriftet werden. Es ist daher anzunehmen, daß der Fahrer Johannes F die Eintragungen auf den beiden Schaublättern nicht ordnungsgemäß vorgenommen, sondern sich beim Eintragen der Kalenderdaten geirrt hat.

Das hat für das ggst. Verwaltungsstrafverfahren die Konsequenz, daß die Tatzeit nicht einwandfrei festgestellt wurde.

4.3. § 44a Z1 VStG bestimmt folgendes:

"Der Spruch hat, wenn er nicht auf Einstellung lautet, zu enthalten: 1. Die als erwiesen angenommene Tat; ... " Dieser Verfahrensvorschrift ist dann entsprochen, wenn im Spruch des Straferkenntnisses dem Beschuldigten die Tat in so konkretisierter Umschreibung vorgeworfen ist, daß er in die Lage versetzt wird, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen und der Spruch weiters geeignet ist, den Beschuldigten rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden.

Dazu ist es erforderlich, daß Tatort und Tatzeit möglichst präzise angegeben werden. Eine Tatzeit ist im ggst. Straferkenntnis zwar angegeben, doch stimmt diese nicht mit den der Anzeige beigelegten Beweisstücken, nämlich den beiden Schaublättern, überein. Die lt. Anzeige des Arbeitsinspektorates vorgeworfenen Verwaltungsübertretungen sind aus diesen beiden Schaublättern nicht mit der für ein Verwaltungsstrafverfahren erforderlichen Sicherheit ableitbar; weitergehende Ermittlungen hat die Erstbehörde nicht angestellt. Damit wurde die Tatzeit mangelhaft festgestellt.

4.4. Dazu kommt, daß die Erstbehörde aufgrund der Anzeige des Arbeitsinspektorates vom 5.6.1996 die Strafverfügung vom 20.6.1996 erlassen hat, die als erste Verfolgungshandlung anzusehen ist. In dieser Strafverfügung wurden die Tatzeiten jeweils mit "5. Mai 1995" bzw. - im dritten Tatvorwurf - mit "vom 5. Mai 1995 auf 6. Mai 1996 ..." angegeben. Auch im Rechtshilfeersuchen vom 11.9.1996 (zur Vernehmung des Zeugen F) wurden die Tatzeiten so angegeben.

Schließlich sind auch im angefochtenen Straferkenntnis die in der Strafverfügung vorgeworfenen Zeiten enthalten und somit falsch.

Das bedeutet jedoch, daß hinsichtlich der (in Wahrheit gemeinten) Tatzeit "5. Mai 1996" gegen den Beschuldigten nie eine Verfolgungshandlung im Sinne des § 32 Abs.2 VStG vorgenommen wurde, sodaß diesbezüglich daher Verfolgungsverjährung im Sinne des § 31 Abs.1 VStG eingetreten ist.

Dieser Mangel konnte vom unabhängigen Verwaltungssenat nicht mehr saniert werden.

4.4. Ungeklärt blieb im erstbehördlichen Ermittlungsverfahren auch der zeitliche Widerspruch zwischen Anzeige und Verantwortung des Berufungswerbers: Während in der Anzeige als Tatzeit 5.5. bis 6.5.1996 angegeben wurde, hatte der Berufungswerber in seinen Eingaben mehrmals darauf hingewiesen, daß er Herrn F erst ab 6.5.1996 beschäftigt hatte.

Dieser Widerspruch hätte geklärt werden müssen, weil ansonsten davon auszugehen gewesen wäre, daß Herr K am 5.5.1996 nicht als Arbeitgeber des Herrn F verantwortlich gemacht werden konnte.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zu II.: Wird ein Strafverfahren eingestellt, so sind gemäß § 66 Abs.1 VStG die Kosten des Verfahrens von der Behörde zu tragen. Damit war der Verfahrenskostenausspruch der belangten Behörde aufzuheben. Die Kosten des Berufungsverfahrens sind gemäß § 65 VStG dem Bw nicht aufzuerlegen, wenn der Berufung auch nur teilweise Folge gegeben wurde.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Ergeht an: Beilage Dr. L e i t g e b

Beschlagwortung: Tatzeit

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum