Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-280337/8/Kl/Rd

Linz, 18.03.1998

VwSen-280337/8/Kl/Rd Linz, am 18. März 1998 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Klempt über die Berufung des G, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Rohrbach vom 30.1.1997, Ge96-83-1996, wegen einer Verwaltungsübertretung nach der AAV bzw. ASchG zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird insofern Folge gegeben, als die verhängte Geldstrafe auf 3.000 S, für den Fall der Uneinbringlichkeit die Ersatzfreiheitsstrafe auf zehn Stunden, herabgesetzt wird. Im übrigen wird das Straferkenntnis mit der Maßgabe bestätigt, daß - als verletzte Rechtsvorschrift iSd § 44a Z2 VStG zu zitieren ist: "§ 35 Abs.1 Allgemeine Arbeitnehmerschutzverordnung - AAV, BGBl.Nr. 218/1983 idF BGBl.Nr. 369/1994, iVm §§ 109 Abs.2 und 130 Abs.5 Z1 ArbeitnehmerInnenschutzgesetz - ASchG, BGBl.Nr. 450/1994" und - als Strafnorm iSd § 44a Z3 VStG zu zitieren ist: "§ 130 Abs.5 Einleitungssatz ASchG".

II. Der Kostenbeitrag zum Verfahren erster Instanz ermäßigt sich auf 300 S. Zum Verfahren vor dem O.ö. Verwaltungssenat ist kein Kostenbeitrag zu leisten.

Rechtsgrundlagen: zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 16, 19 und 51 VStG. zu II.: §§ 64 und 65 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Rohrbach vom 30.1.1997, Ge96-83-1996, wurde über den Bw eine Geldstrafe von 5.000 S, für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von zwei Tagen, wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 35 Abs.1 AAV und § 130 Abs.5 ASchG verhängt, weil er als handelsrechtlicher Geschäftsführer und verwaltungsstrafrechtlich Verantwortlicher und somit als das gemäß § 9 Abs.1 VStG zur Vertretung der "G GmbH" mit dem Sitz in P., die wiederum persönlich haftende Gesellschafterin der "G GmbH & Co KG" mit dem Sitz in N ist, nach außen berufenes Organ, am 5.9.1996 im Standort die Zuführungswalze zum Spaltautomat ohne Sicherung der Gefahrenstelle betrieben hat. Die Arbeitnehmerin mußte mit ihren Händen bis zur Zuführungswalze, hinter der das Spaltmesser frei und ungeschützt lag, greifen. Ein Zugriff auf dieses Messer war, da die Spaltbreite ca. 30 mm betrug, jederzeit möglich und ist bei dieser Art von Arbeiten ebensowenig auszuschließen wie das Quetschen der Hände durch die Zuführungswalze. 2. Dagegen wurde fristgerecht mündlich Berufung eingebracht und ausgeführt, daß der zur Last gelegte Tatbestand richtig ist. Allerdings habe der Bw bis zum Beratungsgespräch durch die Allgem. Unfallversicherungsanstalt am 2.12.1996 nicht gewußt, wie er die Gefahrenstelle absichern sollte. Aufgrund dieses Beratungsgespräches wurden die Schutzvorrichtungen installiert. Es wurde bei der Zuführungswalze zum Spaltautomat ein Plexiglas installiert und wurden Feststellschrauben angebracht. Auch hat der Sicherheitsbeauftragte, Herr Franz S, im Herbst 1996 einen Sicherheitskurs besucht. Es wurde daher die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens begehrt. In einer ergänzenden Stellungnahme wurde nochmals darauf hingewiesen, daß seitens des Arbeitsinspektorates konkrete Vorschläge für Schutzmaßnahmen nicht gemacht worden seien. Es wurde darauf hingewiesen, daß die Maschinen teilweise in Eigenbau entstanden sind, etwa 40 Jahre alt sind und daher moderner Sicherheitsschutz (zB Lichtschranken) sinnlos und unbezahlbar wäre. 3. Die Bezirkshauptmannschaft Rohrbach als belangte Behörde hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt. Das zuständige Arbeitsinspektorat für den 9. Aufsichtsbezirk wurde vom O.ö. Verwaltungssenat auch im Berufungsverfahren beteiligt. Dieses wies in einer Stellungnahme vom 13.3.1997 auf das große Verletzungsrisiko der gegenständlichen Maschinen hin und gab zu bedenken, daß bei einem Unfall die Folgen jedenfalls als schwer für den Arbeitnehmer zu bezeichnen wären. 4. Weil mit der gegenständlichen Berufung lediglich die rechtliche Beurteilung angefochten wurde und eine mündliche Verhandlung nicht beantragt wurde, war eine öffentliche mündliche Verhandlung nicht anzuberaumen (§ 51e Abs.2 VStG). Der Sachverhalt wurde nicht bestritten und die zur Last gelegte Tat als richtig anerkannt. Da schon bereits aus dem vorgelegten Verwaltungsakt ein genügend geklärter Sachverhalt vorlag, waren keine weiteren Beweise mehr aufzunehmen.

5. Der O.ö. Verwaltungssenat hat erwogen:

5.1. Gemäß § 35 Abs.1 der Allgemeinen Arbeitnehmerschutzverordnung - AAV, BGBl.Nr. 218/1983 idF BGBl.Nr. 369/1994, müssen bewegte Teile von Betriebseinrichtungen, die der Bearbeitung, Verarbeitung, Herstellung oder Zuführung von Stoffen oder Werkstücken dienen, wie Werkzeuge sowie bewegte Werkstücke, die Quetsch-, Scher-, Schneid-, Stich-, Fang-, Einzugs- oder andere Gefahrenstellen bilden, durch Schutzvorrichtungen gegen gefahrbringendes Berühren gesichert sein, soweit dies der jeweilige Arbeitsvorgang zuläßt.

Gemäß § 109 Abs.2 ArbeitnehmerInnenschutzgesetz - ASchG, BGBl.Nr. 450/1994, gelten bis zum Inkrafttreten einer Verordnung nach diesem Bundesgesetz zur Durchführung des 3. Abschnittes für Arbeitsmittel iSd Bundesgesetzes ua §§ 34 bis 36 der Allgemeinen Arbeitnehmerschutzverordnung (AAV) als Bundesgesetz.

Gemäß § 130 Abs.5 Z1 ASchG begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe von 2.000 S bis 100.000 S, im Wiederholungsfall mit Geldstrafe von 4.000 S bis 200.000 S zu bestrafen ist, wer als Arbeitgeber/in den nach dem 9. Abschnitt weitergeltenden Bestimmungen zuwiderhandelt.

5.2. Aufgrund des erstinstanzlichen Verwaltungsstrafverfahrens sowie des Eingeständnisses des Bw ist erwiesen, daß der Bw den objektiven Tatbestand gemäß den obzitierten Bestimmungen erfüllt hat. Auch in subjektiver Hinsicht hat er diese Verwaltungsübertretung zu verantworten. Wie die belangte Behörde bereits rechtsrichtig zugrundegelegt hat, ist gemäß § 5 Abs.1 VStG Fahrlässigkeit für eine Bestrafung ausreichend und ist Fahrlässigkeit bei Ungehorsamsdelikten - wie auch die gegenständliche Verwaltungsübertretung - ohne weiteres anzunehmen, sofern der Bw nicht glaubhaft macht, daß ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft (§ 5 Abs.1 zweiter Satz VStG). Eine solche Entlastung ist hingegen dem Bw weder im Verfahren erster Instanz noch vor dem O.ö. Verwaltungssenat gelungen. Vielmehr hat das Arbeitsinspektorat zu Recht aufgezeigt, daß der Bw schon vor Anzeigenerstattung über die fehlenden Schutzmaßnahmen aufmerksam gemacht wurde und zu einer Mängelbehebung aufgefordert wurde. Dieser Aufforderung kam er aber nicht nach. Es ist daher zunächst von einer Uneinsichtigkeit des Bw auszugehen und war daher jedenfalls Verschulden des Bw anzunehmen. Wenn er sich damit verantwortet, daß er die konkret vorzunehmenden Sicherungsmaßnahmen nicht gekannt hätte, so kann ihn dies ebenfalls nicht entlasten, zumal er als Unternehmer und Arbeitgeber schon durch das Gesetz gehalten ist, sich von den gesetzlichen Bestimmungen Kenntnis zu verschaffen und nötigenfalls bei der zuständigen Behörde Informationen einzuholen. Daß er diesbezügliche Schritte unternommen hätte, wird aber vom Bw nicht vorgebracht. Es hat sich daher der Bw jedenfalls Fahrlässigkeit anzulasten. Allerdings ist dem Bw zugutezuhalten, daß er nunmehr im Zuge des Verwaltungsstrafverfahrens zügig sich um durchführbare Schutzmaßnahmen erkundigt hat und diese auch bereits installiert hat und daher Sorge getragen hat, daß er seinen gesetzlichen Verpflichtungen nachkommt. Dies wird insbesondere im Rahmen der Strafbemessung zu berücksichtigen sein. 5.3. Gemäß § 19 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat (Abs.1). Im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des StGB sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen. Die belangte Behörde hat den Unrechts- und Schuldgehalt der Tat - wenn auch undifferenziert - bei der Strafbemessung berücksichtigt und die vom Bw angegebenen persönlichen Verhältnisse zugrundegelegt. Mildernd wurde die Unbescholtenheit, erschwerend kein Umstand gewertet. Diese Strafbemessungsgründe sind richtig und sind auch weiterhin der Strafbemessung zugrundezulegen. Im Hinblick auf den Unrechtsgehalt der Tat hat die belangte Behörde zu Recht auf den Schutzzweck der Strafdrohung hingewiesen. Es ist dem Bw aber zugutezuhalten, daß es sich einerseits um nicht sehr große Anlagen handelt und andererseits, daß er in kürzester Zeit entsprechende Schutzmaßnahmen bereits gesetzt hat, sodaß eine Spezialprävention nicht mehr zu greifen hat. Im übrigen sind keine nachteiligen Folgen eingetreten. Auch treten generalpräventive Gründe in den Hintergrund, zumal es sich um teilweise in Eigenbau entstandene Maschinen handelt und daher eine Sondersituation anzunehmen war. Darüber hinaus wurde auch der Sicherheitsbeauftragte des Unternehmens zu einem Lehrgang geschickt, sodaß die Kontrolle und Aufrechterhaltung der Sicherheitsstandards nunmehr gewährleistet erscheint. Unter Berücksichtigung dieser Umstände sowie auch der durchschnittlichen Einkommensverhältnisse des Bw war es daher gerechtfertigt, die Geldstrafe auf das nun festgesetzte Ausmaß herabzusetzen. Die nunmehr verhängte Geldstrafe ist aber auch insbesondere im Hinblick auf die gesetzlich festgelegte Mindeststrafe von 2.000 S angemessen und nicht überhöht.

Ein Absehen von der Strafe gemäß § 21 VStG war aber insofern nicht gerechtfertigt, als die Voraussetzung des geringfügigen Verschuldens nicht gegeben war. Nach der ständigen Rechtsprechung des VwGH ist ein solches nur dann anzunehmen, wenn das tatbildmäßige Verhalten des Bw in erheblichem Maß hinter dem in der betreffenden Strafdrohung typisierten Unrechts- und Schuldgehalt zurückbleibt. Weil aber zum Tatzeitpunkt keine Maßnahmen gesetzt wurden und daher genau jene Schutzzwecke verletzt wurden, die den Unrechtsgehalt der Tat ausmachen, war die genannte Voraussetzung nicht erfüllt.

Gemäß § 16 VStG war auch die gleichzeitig festzusetzende Ersatzfreiheitsstrafe entsprechend herabzusetzen.

6. Gemäß § 64 Abs.1 und 2 VStG war entsprechend der nunmehr verhängten Geldstrafe der Kostenbeitrag zum Verfahren erster Instanz mit 300 S festzusetzen. Weil der Berufung teilweise Erfolg beschieden war, war ein Kostenbeitrag zum Verfahren vor dem O.ö. Verwaltungssenat gemäß § 65 VStG nicht vorzuschreiben. Rechtsmittelbelehrung: Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis: Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S zu entrichten.

Dr. Klempt

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